Oskar Welzl: Weblog zur Homepage

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Mir geht das Geld aus

50 Cent sind Mangelware So. Jetzt ist es so weit. Ich bin nicht mehr flüssig, Kolleginnen müssen mir verschämt Cent-Münzen zustecken, damit ich über die Runden komme.

Begonnen hat die Abwärtsspirale vor ungefähr einem Jahr. Aufgrund der angehäuften Ersparnisse hab ich aber lang nicht bemerkt, daß die wenigen Zugänge schon längst nicht mehr ausreichen, um die Abgänge zu kompensieren. Jetzt erst wird das Unheil sichtbar … und führt dazu, daß ich mir elementare Dinge wie Wäschewaschen nur mehr mit finanzieller Vorausplanung und der erwähnten Unterstützung von Kollegen leisten kann.

Was ist passiert? Das Jahr 2014 war für mich das Jahr der Abkehr vom Bargeld. Noch nie zuvor in meinem Leben habe ich innerhalb so kurzer Zeit so viele (mehr oder weniger) häufige Bezahlvorgänge in die virtuelle Welt verschoben. Natürlich war die Kreditkarte zuvor schon der ständige Begleiter für die seltenen und verhaßten Großeinkäufe (Hemden, Socken, …). Natürlich hat der Billa sein Geld für frisches Gemüse und gesunden Fisch (wen hör ich da jetzt kichern? *gg*) immer schon via Bankomat bekommen. Aber viele andere Ausgaben waren früher eben noch dem Bargeld vorbehalten: der Hamburger Royal beim McDonald's, die 22:00-Uhr-Pizza vom Lieferservice, die Mützchen-Festhalt-Taxifahrt nach 11 Stunden Arbeit im Büro, die täglichen € 4,11 in der Kantine für „New Orleans Gemüse Jambalaya mit Langkornreis“, … Anfang 2014 waren diese Dinge alle noch mit Scheinen und Wechselgeld verbunden. Heute, ein Jahr später, hole ich den bereits via Handy im Voraus bezahlten Burger im Vorübergehen vom McDonald's ab, ohne mich dort anzustellen. MyTaxi wird ebenfalls bargeldlos mit dem Handy bezahlt. Die Pizza, die knusprige Ente oder den Burger mit Pommes - was immer der Lieferdienst in der Nacht noch bringt, ich habe es bei der Bestellung bereits von der Kreditkarte abbuchen lassen. Das tägliche Mittagessen in der Kantine bezahle ich, indem ich locker-lässig mein Tascherl mit der NFC-fähigen Bankomatkarte an das Lesegerät halte.

Wie führt das alles nun dazu, daß ich mir das Wäschewaschen nicht mehr leisten kann und wie ein junger Punk um Cent-Münzen betteln muß? Geb ich durch die innerhalb eines Jahres forcierte Bargeldabschaffung so viel mehr Geld aus, daß ich den Überblick über meine Finanzen verloren habe? Nicht wirklich, nein. Es ist nicht der Kontostand, der mir Probleme bereitet. Es ist der durch den Mangel an Bargeldgeschäften entstandene Mangel an Wechselgeld, insbesondere an 50-Cent-Münzen, der mir zunehmend zu schaffen macht. Die Waschküche verlangt nämlich genau diese eine Münzsorte, sonst gibts keinen Strom für Waschmaschine und Trockner. Früher wars kaum möglich, einen Arbeitstag zu verbringen, ohne daß ich mit Cent-Münzen gefüttert wurde. (Allein bei der Bezahlung des € 4,11-Mittagessens war immer ein 50erl im Wechselgeld.) Heute: Keine Barzahlung, kein Wechselgeld, keine Münzen für die Waschmaschine. Ich mußte tatsächlich eine Kollegin um ihre Münzvorräte erleichtern, sonst wär sich das Wäschewaschen heute nicht mehr ausgegangen. (OK, ganz so selbstlos war die Hilfe der Kollegin nicht: Ich sitze unmittelbar neben ihr, sie hätte unter der Verwendung „relativer Hemden“ am meisten gelitten.)

Natürlich sinds nicht nur die 50-Cent-Münzen, auch wenn mir der Effekt bei denen am stärksten auffällt. Immer öfter steh ich vor einem Getränkeautomaten und kann mir trotz gefüllter Geldtasche nichts leisten. Immer öfter fragt mich die Kollegin beim (noch) bargeldbetriebenen Frühstückswagerl vergeblich, ob ich die drei Cent nicht klein hätte.

Ich überleg grad, wie ich mit der neuen Situation umgeh. Soll ich mir allen Ernstes Münzrollen von der Bank besorgen? Das erscheint mir doch irgendwie affig. Oder soll ich mir fürs Jolla eine kleine Applikation schreiben, die für mich berechnet, wann ich wieder eine Barzahlung einzuschieben habe? Oder (und diese Option gefällt mir am besten) soll ich in die Offensive gehen und versuchen, die verbliebenen Bargeld-Räuber (wie die Waschküche) durch plastikbefeuerte Alternativen zu ersetzen? Man hört Gutes vom Hemdenservice der Putzereien. :)


Ein Klavier! Ein Klavier!

Eigentlich hätten wir ja schon Urlaubssperre. Heute aber mußte ein Klavier in den 4. Stock, und das nur ganz kurz vor unserem Schwabl-Slot … also saßen Conny und Daniel plötzlich beim Schwabl und wir mit ihnen. Ganz spontan. :)

Daß die beiden unsere exakte Tagesplanung leicht durcheinander gebracht haben (Schwabl ist normalerweise um 16:30, nicht um 15:00 Uhr), mußten sie sich mehrfach anhören. Durcheinander gebracht haben wir alle zusammen aber auch die im christlichen Abendland übliche, anständige Speisefolge … und damit den armen Kellner: Es gab zuerst Suppe, Vorspeise, Hauptspeise und Dessert mehr oder weniger auf einmal. Danach nochmal Dessert und zum Abschluß wieder eine Hauptspeise. (Und das war weder ein Fehler in der Küche noch im Service, nein, wir wollten das so.) Sowas kommt raus, wenn man eigentlich nur auf einen Kaffee mit Sojamilch gehen möchte. (Zu trinken gabs stattdessen maden suyu, bira und meyve suyu - gell, Conny? *gg*)

Neben detailreichen Schilderungen des Beamtendienstrechts und tiefenpsychologischen Analysen anderer Blogger gabs (endlich!) auch die Auflösung der Geschichte mit dem Polizeieinsatz. (Wie passend: Conny und ich hatten den Vormittag damit verbracht, die Frisur des Polizeikommissars Cem Kaya in „Auf Streife“ zu bewundern - was für sich allein genommen fast schon eine bloggenswerte Skurrilität darstellt.) Hui, dort spielt sich was ab! Da kann nicht mal mein verruchtes Café Oko mithalten. Wir werden immer gespannter auf die Terrasse. :)

In Summe konnten wir den Nachmittag mit Kunst, A1, McDonald's, Gartenhäuschen, den Krankengeschichten der unverwüstlichen Frau H. und bösen Sticheleien gegen grünwählende Lehrerinnen so vergnüglich verlängern, daß wir den Schwabl erst ziemlich pünktlich zur Soll-Zeit wieder verlassen haben. Außerdem hatte Daniel sein erstes Mal bei Schwabl. Sehr schöne Sache, das. Gerne wieder.


Syrien: Muß denn Europa alle Flüchtlinge aufnehmen?

Ja Himmelherrschaft! Muß denn Europa wirklich alle Flüchtlinge aus Syrien aufnehmen? Die sind ja sicher alle arm und so, aber wir können uns das auf Dauer auch nicht leisten, daß alle zu uns kommen. Nicht wahr?

So oder so ähnlich hört mans immer wieder in letzter Zeit, und je öfter mans hört, desto eher stimmt man zu. Wer viel in den Abwasserkanälen des Internet unterwegs ist, liest das dann auch noch garniert mit dem Vorwurf der Faulheit (Unsere Leute sind auch geblieben und haben das Land nach dem Krieg wieder aufgebaut!) und natürlich der Abzockerei (Bei uns wird denen halt alles hinten reingeschoben!)

Ziemlich unvorbereitet getroffen hat mich heute eine Aufbereitung der Flüchtlingszahlen auf der Seite der Grünen im Europaparlament. Sie macht neugierig - und man kommt schnell drauf, daß die Zahlen falsch sind, mit denen dort operiert wird. Allerdings gibt es seriöses Zahlenmaterial im Web, und das bestätigt zumindest das von den Grünen gezeichnete Gesamtbild:

Die überwiegende Mehrheit der syrischen Flüchtlinge, rund zwei Drittel, bleibt in ihrem Heimatland. Sie fliehen vor den Kampfhandlungen in andere Landesteile, gehen aber nicht über die Grenze. Die, die außer Landes gehen, bleiben in den Auffanglagern der Nachbarstaaten: Die Türkei, der Libanon, der Irak und Jordanien schultern gemeinsam die Last von fast 4 Millionen Flüchtlingen, das ist etwa ein weiteres Drittel. Nur etwa 3,5% der Flüchtlinge zieht es in Regionen, die keine gemeinsame Grenze mit ihrer Heimat haben. Davon geht der größte Teil nach Ägypten (135.000 Menschen) und in die EU (253.859 Asylwerber seit Ausbruch des Bürgerkriegs 2011).

In bunt und zum Angreifen sieht das so aus:

Nur 2% der Flüchtlinge kommen nach Europa

Land Flüchtlinge
Syrien6.500.000
Libanon1.772.535
Türkei1.174.690
Jordanien629.128
EU253.859
Irak249.656
Ägypten134.329

Fast 11 Millionen Menschen auf der Flucht, 253.859 davon in der EU. Wie war das nochmal? Muß denn Europa wirklich alle Flüchtlinge aus Syrien aufnehmen?

Die Verteilung wirkt noch beeindruckender, wenn man die Bevölkerungszahl der einzelnen Staaten mit betrachtet. Im Libanon kommt ein Flüchtling auf 3 Einwohner. In Jordanien ist dieses Verhältnis 1:11, in der Türkei 1:66. Bei uns in der EU kommt ein syrischer Flüchtling auf 2.000 Einwohner. Wie um alles in der Welt entsteht das Bild, daß sich der gesamte Flüchtlingsstrom über die EU ergießt?

In den oben erwähnten Abwasserkanälen des Web hat eine besonders begnadete Tieffliegerin die Zahlen relativiert mit dem Einwand, die EU sei ja wohl auch viel weiter weg als Ägypten oder der Irak. Man könne hier also gar nicht vergleichen …

Nun, ein bißchen Allgemeinbildung schadet nie. Im konkreten Fall ist Geographie gefragt. Ein Blick auf die Landkarte verrät nämlich: Von der syrischen Westgrenze zum nächsten Flughafen auf EU-Territorium sinds gerade mal 200km Luftlinie übers Meer. Wer von der gleichen Ecke Syriens in den Irak möchte, muß hingegen 450km durch Bürgerkriegsgebiet. Auch vom südlichsten Zipfel Syriens nach Ägypten ist es weiter als diese 200km. Nein, die EU ist keinesfalls weit weg von Syrien. Wir sind quasi unmittelbare Nachbarn. Das sollte man sich vor Augen halten, wenn man Syrien gedanklich weit fort schiebt.


Juhuuu! Geburtstag!

Geburtstagspäckchen Für den Fall, daß es jemand noch nicht mitbekommen hat: Ich bin gerade dabei, meinen Geburtstag zu feiern. :)

Heute hatte ich zum dritten Mal Gelegenheit dazu. Begonnen hats mit einem ausgesprochen feinen Essen beim Schwabl. Danach gabs Heimatlektüre aus den Alpen, so etwas wie einen Treppenlift (nur fast, leider *gg*) und die Rache für die Pfanne. ;)

Den krönenden Abschluß bildete der von Dr. Schnipsler kunstfertigst restaurierte Bär. Hut ab, muß man sagen. Ich kenne ja die Vorher-/Nachher-Bilder. *LOL*

Eine sehr schöne Sache ist so ein Geburtstag, da kann man sagen, was man will. Und ich habe noch nicht vor, ihn einfach so enden zu lassen. Da kommt noch was. *gg*


Plachutta: Schon wieder Geburtstag

Möchten Sie vielleicht eine kurze Pause machen? Da war sowas wie Besorgnis in den Augen des jungen Kellners, der den Tisch nach der Vorspeise abgeräumt hat. Ja, wollten wir tatsächlich: Wir hatten innerhalb weniger Minuten alle Weißbrotvorräte des Restaurants aufgebraucht (Jourgebäck und Toast) und dazu die nicht zu knapp bemessenen Vorspeisen vertilgt. *rülps*

Eingeweihte wissen jetzt: Ich hab schon wieder Geburtstag gefeiert. ;) Zwecks dessen wurde ich, der Tradition entsprechend, zum Plachutta ausgeführt. Hollundersekt (wie immer), Gänseleberpastete (wie immer), Lungenbraten (wie immer), zwei große Flaschen Mineralwasser (wie immer) und als Dessert überraschenderweise Schwarzwälder-Mousse; die „wie immer“ Crème Brûlée war nämlich von der Karte verschwunden. Sapperlot.

Sehr fein wars und, weil wir so mitten drin gsessen sind im Getümmel, auch sehr unterhaltsam. Die Suppeneinlagen (Frittaten, Fleischstrudel,...) und Beilagen (Apfelkren, Semmelkren,...) mußten diesmal für britische Gäste übersetzt werden, die auch noch genau wissen wollten, was ein „Schulterscherzel“ ist. (Der Kellner war sehr geduldig; wir haben unseren des Deutschen nicht mächtigen Freunden in solchen Situationen immer nur gesagt: It's meat. Gegebenenfalls kam ein hilfreiches An Austrian specialty hinzu.)

Ein bezauberndes älteres Ehepaar saß links von uns. Denen hat man angesehen, daß sie sich solche Abende nicht oft leisten können. Trotzdem haben sie's richtig krachen lassen: Wenn schon, dann ordentlich! Das genaue Gegenteil war die Dame auf der anderen Seite: gelangweilte Hietzinger Dekadenz, zehn Jahre zu alt für die Haarfarbe und den muskulösen Begleiter im engen T-Shirt, der unbeholfen sein Schnitzel zersäbelte und ganz offensichtlich nicht in erster Linie als Gesprächspartner vorgesehen war. Sie bestand darauf, immer von mindestens einem Kellner unterhalten zu werden, bis der junge Begleiter seine Eiweißaufnahme abgeschlossen hatte. Daß das den Betrieb ganz gewaltig durcheinander brachte, schien sie als einzige nicht wahrzunehmen. :)

Sehr lustig wars, so wird gefeiert!


Schmeicheln im Jolla-Store: Flattr ist da!

flattr-Unterstützung beim gPodder-ClientAus welchen Gründen auch immer: Jolla hat sich bisher strikt geweigert, im Jolla-Store eine konventionelle Bezahlfunktion einzubauen. Wer seine Programme dort zum Download anbietet, stellt sie grundsätzlich gratis zur Verfügung. Erst im Programm selbst kann man natürlich Links zu Spendenseiten einbauen.

Seit heute ist das geringfügig anders - und einmal mehr beweist Jolla, daß es hinter seinem Firmenslogan „#unlike“ steht. Eine traditionelle Bezahlfunktion à la Google oder Microsoft gibt es nämlich nach wie vor nicht. Stattdessen kooperieren die Finnen mit dem schwedischen Unternehmen Flattr, das sich auf die Überweisung von (typischerweise kleinen) Spenden im Internet spezialisiert hat. Ein knallgrüner „Flattr“-Button wird im Jolla-Store an immer gleicher Stelle über den Screenshots eines Programms eingeblendet, wenn der Programmierer das will.

Das englische Verb „flatter“ bedeutet schmeicheln, was dem Sinn des Spendens für kreative Leistungen im Web schon sehr nahe kommt. Gleichzeitig lehnt sich der Firmenname an das Wort „flat“ an, das wir aus der Flatrate kennen: Man hat bei Flattr nämlich so etwas wie eine Spenden-Flatrate. Ich stelle einen monatlichen Fixbetrag ein und kann unbesorgt so oft auf den „Spenden“-Button klicken, wie ich möchte. Von der Kreditkarte abgebucht wird nicht pro Klick, es bleibt beim Fixbetrag. Habe ich im Monat 1x gespendet, geht dieser Betrag zur Gänze an diesen einen Empfänger. War ich großzügiger und habe 20x geklickt, müssen sich 20 Empfänger mein Spendenbudget anteilsmäßig teilen.

Aus Sicht des Gesamt-Ökosystems ist diese Lösung wahrscheinlich die beste. Programmierer haben sich schon lange irgendeine Form der finanziellen Vergütung gewünscht, die in standardisierter Weise direkt beim Programmdownload eingebaut ist. Kritiker wollten unbedingt eine Kommerzialisierung des Nischensystems vermeiden. Flattr trägt den Anliegen beider Seiten Rechnung und hat noch eine Reihe weiterer Vorzüge:

  • Flattr wird als Marktführer unter den Spendendiensten im Micropayment-Bereich gehandelt. Viele User werden ihr Flattr-Konto also ohnehin bereits besitzen.
  • Jolla hat immer wieder versucht, in erster Linie mit finnischen oder doch zumindest mit skandinavischen Partnern zusammenzuarbeiten. Flattr als schwedisches Unternehmen paßt perfekt in diese Tradition.
  • Vergeßliche User können Spenden in Form von Abos verwalten. Jeden Monat einen Teil meines Spendenbudgets an einen bestimmten Entwickler, solange ich sein Programm verwende? Kein Problem.
  • Weil das System von Jolla komplett unabhängig ist (Jolla zweigt auch nichts von den Zahlungen ab), kann der Programmierer den gleichen Flattr-Button z.B. auf jeder Website verwenden, die mit dem Programm in Zusammenhang steht. Bereits heute nicht unüblich ist die Verlinkung der in öffentlichen Versionsverwaltungssystemen wie GitHub gepflegten Quelldateien mit einem Flattr-Account. Ebenfalls denkbar ist der Flattr-Button unter einem Blog-Artikel, in dem der Programmierer über ein Update berichtet. So laufen alle Zahlungen zusammen, nicht nur die von Jolla-Besitzern.

Das erste Programm, mit dem man die neue Funktion heute testen konnte, war der gute alte gPodder, den Thomas seit den alten Tablet-Tagen unermüdlich für Maemo und jetzt eben auch für Sailfish bereitstellt. Wenn ich jetzt sag, daß auch ich draufgeklickt hab, um die Sache auszuprobieren, dann mach ich den letzten Vorzug von Flattr zunichte:

  • Es bleibt alles anonym. Von der Bezahlung des Konsumenten an den Programmierer bekommt Jolla nichts mit, die sind nicht involviert. Der Programmierer erhält nur die Gesamtsumme, sieht aber nicht, wer gespendet hat und wieviel. Nur Flattr selbst behält zwangsläufig den Überblick - die müssen das Geld ja abbuchen.

Fein gelöst, liebe Sailors.


Geburtstagsbier

Zum Geburtstag gabs heut statt Prosecco nur Bier. Gebt dem Daniel die Schuld an der Sache, nicht mir.

Krawumm in Wien - Teil 2

Krawummst hats noch auf eine ganz andere Art in Wien heute: Ich hatte meinen ersten richtigen Autounfall (den Katzer am Auto des Nachbarn, den ich als Führerscheinneuling beim Rausfahren verursacht habe, nicht mitgezählt).

Also bevor sich jetzt jemand Sorgen macht: Ich bin nicht gefahren und mir ist auch nichts passiert. Ich war „nur“ Fahrgast im Taxi. Dieses war auf der linken Spur unterwegs, als ein ungefähr ½ Fahrzeuglänge rechts vor uns fahrender PKW ziemlich plötzlich auf die Idee kam, ungebremst nach links abzubiegen. Über unsere Schnauze drüber quasi. Nicht gut. Gar nicht gut.

Zwar hat der Taxilenker erstaunlich schnell reagiert, zwar passiert bei zwei mit annähernd gleicher Geschwindigkeit fahrenden Wagen bei dieser Art von Unfällen deutlich weniger als beim Aufprall auf ein stehendes oder entgegenkommendes Fahrzeug … trotzdem: Die wenigen Augenblicke, in denen man unkontrolliert über die dreispurige Straße schlittert und nicht weiß, was als Nächstes kommt, sind nicht schön. Dafür sind sie lang.

Wie gesagt: Mir war ja nichts passiert, den beiden beteiligten Lenkern auch nicht, nur beide Autos hatten unschön verformte Türen. Rückblickend nicht ganz so schlimm. Hätte ich nicht den Fehler begangen und dem Taxifahrer zugesagt zu warten, bis die Polizei kommt. Eilig hatte ichs ja nicht, aber der Taxler wurde nervös, weil sein junger Unfallgegner schon an einer Alternativvariante bastelte: In Wahrheit sei nämlich er es gewesen, der zum Abbiegen auf der äußerst linken Spur unterwegs gewesen war.

Dann kam die Polizei. Und darauf bezieht sich eigentlich das „Krawumm“ im Titel. Oida, bist du deeeppat heast? Da sieht man am frühen Nachmittag auf Sat 1 noch die freundlichen und immer hilfsbereiten Kölner Polizisten Cem Kaya und Co., die in ganzen deutschen Sätzen und mit guten Manieren auch die größten Flegel beamtshandeln. Und dann wird man beinhart mit der Wiener Realität konfrontiert: Vom „Freund und Helfer“ ist hierzulande nur mehr das „Und“ geblieben - und auch das nur, weils halt zwei waren. Unfreundlich, angepißt, verbal aggressiv und ohne auch nur die Grundzüge mitteleuropäischen Sozialverhaltens. Hätts uns jo net anrufn brauchn, I wü nix mehr hean jetzt, wonns es zwa z'dappat sats zum Autofoan waren die Freundlichkeiten in der Aufwärmrunde. Das kommt wahrscheinlich automatisch statt eines Grußes, den meine Eltern mir noch beigebracht hätten für so eine Situation.

Relativ gut behandelt wurde der junge, blonde (ich weiß nicht, warum ich die Haarfarbe jetzt erwähne) Unfallverursacher, der in Wiener Sprachfärbung seine Version erzählte. Mein türkischer Taxifahrer kam im Vergleich weniger gut weg: Es sei ja auf den ersten Blick offensichtlich, so der Beamte, daß bei dieser Art von Schaden seine Geschichte einfach nicht stimmen könne. (Erst als ich sie auf Zwischenfrage des zweiten Polizisten bestätigte, kamen dem Zweifel und er berichtigte seinen Kollegen: rechte Tür hier, linke Tür da … eigentlich ergab nur die Schilderung des Taxifahrers Sinn.)

Auch beim Angeben meiner eigenen Daten hatte ich das Gefühl, als wäre ich der Unfallverursacher und hätte betrunken die Oma des Polizisten überfahren: Nach dem Notieren der Ausweisdaten gabs statt eines neutralen „Und Ihre Adresse noch, bitte?“ ein im militärischen Befehlston hingeschnauztes Adresse! Türnummer!! Telefonnummer!, das manche Menschen bei Uniform-Rollenspielen vielleicht reizvoll finden. Im Umgang eines öffentlich Bediensteten mit einem Bürger, der einfach nur hilfreich sein wollte, ist dieses aggressive Verhalten eher unangebracht. Das anschließende ständige Herumkommandieren bezüglich meines momentanen, konkreteren Aufenthaltsortes (Weg von dort!, Net do stehn!) machte uns auch nicht zu besseren Freunden.

Ich hab dem Taxifahrer noch meine Daten gegeben, falls sich da versicherungstechnisch noch was ergibt. Dann hab ich das nächste Taxi gerufen, um doch noch heim zu kommen. Während ich gewartet hab, durfte ich noch zuhören, wie die Polizisten dem Taxifahrer beim Ausfüllen des Unfallberichts „zur Hand gingen“. Unwürdig.

Was lernen wir? Erstens: Wenn man das nächste Mal Unfallzeuge wird, einfach nichts gehört und gesehen haben. Ich hätt aussteigen und wegrennen können, der Taxler wußte ja nicht, wer ich war.

Zweitens: Dieses Wetter macht den Straßenverkehr nicht sicherer. Schon am Freitag wurde ich ja Zeuge einer Beinahe-Schlägerei, weil so eine Kretzn von Motorradfahrer grundlos durch Fahren von Schlangenlinien einen Autofahrer zum zweimaligen Spurwechsel genötigt, schließlich gestoppt und durch offene Fenster als „Dreckskanake“ beschimpft hat. Ebenfalls auf einer stark befahrenen 3spurigen Straße.

Drittens: So sind die Wiener eben. Die ändern sich auch 40 Jahre nach dem Mundl nicht mehr. Zuwanderung jetzt für eine lebenswertere Stadt!


Krawumm in Wien - Teil 1

Es gibt ja kaum etwas Schöneres und Befreienderes als ein heftiges Sommergewitter nach einem bleischweren, heißen Nachmittag. Wenn man sowieso schon mal vor hat, ins Wirtschaus zu gehen und dort im Schanigarten zu essen … spricht eigentlich irgendetwas dagegen, das Schauspiel erste Reihe fußfrei im Freien zu genießen? Eigentlich nicht. Na eben.

Während also alle anderen Gäste beim Schwabl den Schanigarten verlassen haben und ins Lokal hinein geflüchtet sind und während der Kellner blitzartig alles abgeräumt hat, was der Wind umwerfen oder verblasen könnte, sind wir seelenruhig sitzen geblieben; unterm Schirm natürlich, auf den der Regen lautstark geprasselt hat und von dem das Wasser an den Seiten in Strömen abgelaufen ist. Krawumm und Donnergroll.

Weil es trotz allem kurzarmkompatibel warm geblieben ist, hat uns auch der gelegentlich heftige Wind wenig gestört. Er hat nur dazu geführt, daß der Chef die Markise über dem Gehsteig einfahren mußte, die zuvor noch eine trotz Regens fast 100%ig trockene Passage vom Gastraum in den Schanigarten garantiert hat. Ergebnis: Der arme Kellner mußte mit Erdäpfelcremesuppe, Eierschwammerln und Marillenknödeln immer durch den Regenguß. Er hat uns auch ein bißchen leid getan, wie er da jedes Mal zögerlich gen Himmel geblickt hat mit unseren Tellern am Unterarm, bevor er beherzt losgesprintet ist. :)

Die Marillenknödel hab ich übrigens genau diesem Sommergewitter zu verdanken: Eigentlich war ja noch genau eine Portion Erdbeer-Tiramisu da. Weils aber völlig klar war, daß wir noch länger nicht unter dem schützenden Schirm hervor konnten, hab ich mich für die mit 20 Minuten Wartezeit gekennzeichneten Knödel entschieden. Einmal mußte das ja sein. :)


Jolla - Connecting People :)

Wie lustig war das denn!? Den Thomas kenn ich seit ungefähr 7 Jahren. Wobei eben: So richtig gekannt hab ich ihn bis heute nicht. Wir hatten die gleiche Maemo-Tablets und -Telefone von Nokia, haben uns daher in den gleichen Ecken des Internet herumgetrieben. Ich hab die von Thomas geschriebenen Programme verwendet, hab hier in diesem Blog deshalb mehrfach über ihn geschrieben und ihm zum „I Love Free Software“-Day auch mal die Kosten für ein Glas Bier überwiesen. (Die Free Software Foundation Europe will das so.) Ein paar Mails sind aus unterschiedlichsten Anlässen hin und her gegangen, das wars dann aber auch.

Vor gar nicht allzu langer Zeit hab ich herausgefunden, daß Thomas hin und wieder ausgerechnet in unserem Bürogebäude zu tun hat. Wir haben uns vorgenommen, einander bei Gelegenheit dort in der Kantine zu treffen und - heut hats geklappt. Sehr unterhaltsam wars: Thomas gehört nämlich zu den Menschen, die das Betriebssystem meines Jolla-Telefons schreiben. Daß er Programmcode nach Finnland exportiert, war mir grundsätzlich bekannt (irgendwas mit Computern *gg*). Ich hatte nur keine Ahnung, wie viel er da macht. Reschpeckt, junger Mann! Zwar hat er keine Betriebsgeheimnisse ausgepackt (das nächste Mal geh ich mit ihm wohl irgendwo hin, wo's viel Bier gibt), für mich waren die Schilderungen über das Innenleben meines geliebten GNU/Linux-Telefons aber trotzdem spannend und unterhaltsam wie ein Kriminalroman. Gelegentlich mußte ich einfach auch laut lachen bei einigen Äußerungen, die er da mit staubtrockenem Humor rausgeschoben hat … So hab ich mir Jolla immer vorgestellt. Im allerbesten Sinn. ;)

Sehr viel Spaß hats gemacht. „Jolla - Connecting People“ wär der passende Spruch für diesen Abend gewesen … ich weiß nur nicht, ob die Finnen den Vorschlag annehmen. *LOL*


Jollas Aaslakkajärvi: Betriebssystem-Update aus dem Naturschutzgebiet

Aaslakkajärvi Update Aaslakkajärvi ist ein See, der mehr als 12 Autostunden nördlich von Helsinki liegt. (Das Mehr als ist dabei sehr wörtlich zu nehmen: Die Lage des Sees im Tarvantovaara Naturschutzgebiet im nördlichsten Zipfel Finnlands macht eine genaue Routenberechnung unmöglich. Der Mangel an Straßen dürfte seinen Teil dazu beitragen.)

Aaslakkajärvi ist auch der Name der neuesten Betriebssystem-Version für mein Jolla-Handy, die heute doch ziemlich überraschend im Rahmen des „Early Access“-Programms veröffentlicht wurde. Sie trägt die Versionsnummer 1.1.6, weil 1.1.5 got dropped early in the RC phase. :)

Damit beantwortet Jolla einerseits die Frage, die ich am 18.4. gestellt habe: Nein, Äijänpäivänjärvi war nicht das letzte Update vor Sailfish 2.0. Andererseits werden aber auch wieder eine Reihe netter neuer Features vorgestellt. Meine persönlichen Highllights:

  • Im Mail-Client gibts neue Funktionen, die vor allem Operationen mit mehreren Mails auf einmal verbessern.
  • Ein „Private Browsing“-Modus im Web Browser - endlich! (Diese Verbesserung wurde in der Roadmap bereits angekündigt.)
  • Mehr Details in der Anrufliste - auch das wurde schon seit langer Zeit vehement eingefordert!
  • Verschiedene neue Sicherheitsnetze, um den Updateprozess des Betriebssystems selbst noch risikofreier zu machen. (Das sorgt für ein gutes Gefühl, wobei ich sagen muß: Ich hatte noch nie ein Problem, und das will was heißen bei fast monatlichen Updates.)

Ferner nennt Jolla als besondere Verbesserungen die genauere Aufschlüsselung der Belegung des Massenspeichers (dafür hatte ich aber immer schon Drittprogramme), den verbesserten Umgang mit importierten .vcs und .ical Dateien (darauf haben viele gewartet, mein Anwendungsfall ist es nicht), Empfangsbestätigungen für MMS, Warnungen über Probleme mit dem Dateisystem, die Unterstützung für „stille SMS“ zur Anzeige von Voicemail-Nachrichten (die A1 ohnehin nicht verwendet) und schließlich die Anpassung des Facebook-Clients an die neue Facebook-API (als ob mich das jucken tät *gg*). Noch nicht ganz klar ist, wie die Flattr-Unterstützung im Store funktionieren wird: Für die neue Version des Store-Clients gibt Jolla Flattr-Integration als Verbesserung an. Eine Eingabemöglichkeit für ein Flattr-Konto habe ich aber nicht gefunden. Vielleicht wird das ja mit dem Jolla-Account verknüpft …

Mit vielen kleinen Fehlerbehebungen, Sicherheitsupdates und allgemeinen (Performance-)Verbesserungen kommt Aaslakkajärvi in Summe auf beachtliche 440 Änderungen in 95 Systemkomponenten. Dieser Artikel auf TJC listet sie vorbildlich auf. Er verlinkt sogar zu den jeweiligen Einträgen im öffentlichen Mer-Bugzilla, sofern die behobenen Probleme dort dokumentiert waren. Sehr fein gemacht, so muß offene Entwicklung sein!


Frieren bei 30°

Blick von der Terrasse Ein verlängertes 30°-Wochenende nicht in Wien, sondern in Linz zu verbringen, hat einige Vorteile. Da wär zum Beispiel der Hund, der immer wieder für gute Laune sorgt. Oder eben gemütliche Exxtrablatt-Treffen, verbunden mit neugierigem Leutschaun. Oder das Kalbsgulasch und die Schinkenfleckerl. Natürlich auch die Jindrak-Mehlspeisen und die Brandl-Semmerl. :)

Ein ganz wesentlicher Aspekt hängt aber mit dem vielen Grün zusammen, von dem man umgeben ist, wenn man auf der Terrasse sitzt. (Das ist ja eine durchaus erstaunliche Sache: Obwohl das Haus nur wenige Gehminuten vom Hauptbahnhof entfernt steht, duckt sich die Stadt so geschickt hinter Bäumen und Hecken weg, daß man sich wie am Land fühlt.) Das viele Grün machts wohl aus, daß die ganze Gschicht rundherum sich nicht so elendiglich aufheizt wie in Wien. Ein wunderbares und ganz ungewohntes Erlebnis an so heißen Tagen: Ich schlafe bei offenem Fenster und wache um 5:00 Uhr auf, weil mir kalt ist! Wie geil ist das? Und wann passiert das jemals in Wien, wo sich schon nach wenigen warmen Tagen die Tag- und Nachttemperaturen in der Wohnung angleichen und man auch bei geöffnetem Fenster keine Abkühlung hat?


Exxtrablatt: Flashback

Das Exxtrablatt hat sich in den letzten 30 Jahren um rund 250 Meter nach Westen bewegt und verfügt nun über einen hübschen Schanigarten am Beginn der Linzer Fußgängerzone. Ich wüßte von all dem gar nichts, hätte nicht unser aller Lieblingsethem mich heute dorthin vazaht.

Die historische Bedeutung dieser Exxtrablatt-Wanderung und des heutigen Wiedersehens mit dem Lokal erschließt sich dem Leser nur dann, wenn er weiß, daß ich vor rund 30 Jahren fast jeden freien Nachmittag im „Ur-Extrablatt“ (es hatte damals tatsächlich ein „x“ weniger) verbracht habe … bevor es irgendwann schick wurde und mich die einfallenden Marketingtussen und Werbefritzen vertrieben haben.

Heute also: Flashback! Ich sitze wieder im Exxtrablatt und fühl mich wie 17. (Ethem versichert: Ich sehe auch so aus! *gg*) Was eigentlich als kurzes „After-Work-Beer“ (eine sprachliche Verbeugung vor dem dortigen Stammpublikum) geplant war, hat sich dann doch über mehrere Stunden hingezogen. Einerseits, weil wir immer genügend Leut finden, die wir rücksichtslos ausrichten können. („Pretty in Beige“, sag ich nur.) Andererseits, weil ich irgendwann am späteren Abend die Michi kennenlernen durfte, die nochmal viel Schwung in die Unterhaltung brachte und für die wir all unsere Bösartigkeiten gerne ein zweites Mal aufwärmten.

Ich bin ein bißchen verblüfft darüber, was der guteste Ethem der Michi vorher so alles über mich erzählt hat - man hat ja selbst so gar keine Idee, was die offenbar größte Leistung im eigenen Leben ist, die einem die Nachwelt später mal in den Grabstein ritzen wird. *LOL* Nett wars aber, es haben sich daraus gleich wieder ein paar neue Geschichten spinnen lassen. ;)

Wenn ich mich richtig erinnere, hab ich außerdem eine Einladung zum Abendessen ausgefaßt. Ich halt das hier mal sicherheitshalber schriftlich fest.

Ein kleiner Abendspaziergang auf der Landstraße hat den Abend für mich beendet. Wohin Ethem und Michi sich verkrümelt haben, konnte ich nur ansatzweise verstehen. Gottseidank! *LOL*


Wir werden alle sterben: Wie die Politik versagt

Wenn in Tagen wie diesen ÖVP und SPÖ wieder ganz verdutzt in die Welt gucken und nicht verstehen wollen, wie eine Partei ohne Inhalte, ohne politisches Programm, ohne Personal und ohne aktives Bemühen die Stimmen der Wähler für sich gewinnt … Nun, Zeitung lesen, meine Herrschaften! Nicht die Artikel der Berufsjournalisten, die sind unter aller Sau. Nein, die Gastkommentare sind es, die spannendes Gedankenfutter liefern.

Den gestrigen Wahlsonntag irgendwie vorhergesehen hat zum Beispiel Michel Reimon bereits am 16. August 2011. In seiner zu 100% lesenswerten Analyse „Die Hegemonie der Abstiegsangst“ wirft er den Machthabern, aber auch seinen eigenen Parteikollegen in der Opposition einige unschöne Wahrheiten um die Ohren. (Hören will die bis heute freilich keiner.)

Ich erlaube mir, zwei seiner Gedanken kurz anzureißen und mit meinen eigenen Beobachtungen zu würzen:

Populistische Parteien wie die FPÖ müssen nichts tun, um erfolgreich zu sein. Sie leben von der Abstiegsangst vor allem derer, die ohnehin nur wenig haben. Es sind die Leute, die vom Leben nichts mehr erwarten, keine Hoffnungen und Träume mehr haben, nur mehr die Sorge, es könne ihnen morgen schlechter gehen als heute, die der FPÖ auf den Leim gehen. Die Freiheitlichen bieten nämlich etwas unschätzbar Wertvolles: den Schuldigen, den Dieb, der diese diffuse Abstiegsangst fortwährend nährt und konkretisiert. So tief unten kann ein wahlberechtigter Österreicher auf der sozialen Leiter gar nicht stehen, daß ihm die FPÖ nicht jemand noch ärmeren, noch chancenloseren präsentieren könnte. Auf den muß man heruntertreten und sagen: „Nein, streck Deine dreckigen Pfoten erst gar nicht aus, von meinem Tisch bekommst du nichts! Ich könnte morgen selbst schon kaum noch genug haben.“

Diese Abstiegsangst wirkt, und die FPÖ ist ausschließlich dort erfolgreich, wo sie grassiert: In der Steiermark haben gestern 42% jener Menschen, die nur über einen Pflichtschulabschluß verfügen, die Freiheitlichen gewählt. Von den Akademikern waren es nur 4%. Mit diesen 42% muß man nicht über Politik reden, über die Lust am Gestalten, über eine bessere Zukunft. Die sind nicht empfänglich für Themen, die sie im Leben weiterbringen könnten, für eine Bildungsreform, für Steuergerechtigkeit, für Arbeitsmarktimpulse, für bessere Gesundheitsversorgung, niedrige Kriminalität und eine schnellere Zugverbindung nach Graz. Die wollen einfach nur nichts verlieren.

Das ist der Grund, warum die FPÖ kein Programm hat und auch keines braucht. Ihre Klientel will nichts verbessert und gestaltet haben. Die will einfach möglichst gar nichts verändert haben. Ewiger Stillstand als Preis für den Nicht-Abstieg. Das Drama dabei: Keine andere Partei kommt daran vorbei, zu den von der FPÖ affichierten Slogans Stellung zu beziehen, und sei's nur in TV-Konfrontationen. Mit jeder dieser Stellungnahmen wird die empfundene Bedrohung in der Welt der Ängstlichen realer: Schließlich spricht jetzt auch die SPÖ darüber. Und die ÖVP. Und sogar die Grünen äußern sich. Und plötzlich stehen Themen im Zentrum, die objektiv gesehen im Leben der Menschen hinter dem aktuellen Sonderangebot in der Gartenabteilung rangieren. Ernsthafte Diskussionen über Steuern und Pensionen bleiben auf der Strecke, mit denen gewinnt man kaum Wählerstimmen.

Wie absurd diese Abstiegsangst ist, thematisiert Michel Reimon ebenfalls - und ich bin fast rot angelaufen beim Lesen, weil er auch mich ertappt hat:

Allgemeiner Konsens ist doch: Wir müssen alle den Gürtel enger schnallen. Die Wirtschaft - naja, man weiß nicht so recht. Ob unsere Pensionen noch gesichert sind? Womit werden wir die Hypo-Milliarden zurückzahlen? Krankenhäuser werden geschlossen, an Schulen bröckelt der Putz von den Wänden, Universitäten können weder Forschung noch Lehre angemessen finanzieren, die Polizei hat auch kein Geld mehr … Ein bißchen muß man da doch die Abstiegsängste der unqualifizierten Unterschicht verstehen, oder? Oder?

Bödsinn, sagt Reimon. Und wiederholt einfach nur, was wir eh alle wissen: Wir sind so reich wie noch nie in der Geschichte dieses Landes. Allein seit 1995 hat sich das BIP (ein doch recht brauchbarer Wohlstandsindikator) annähernd verdoppelt. Alles, was in den 1990ern gerade nicht mehr finanzierbar war, könnten wir uns jetzt locker leisten: SimCity-Spieler würden gleich die neue Universität und das Sportstadion bauen, die U-Bahn verlängern und optimistisch in die Zukunft blicken. Die Österreicher sollten fragen: Jetzt, wo's uns so gut geht wie nie, was machen wir mit dem vielen Geld? Wo investieren wir in Forschung und Entwicklung? Welche Infrastruktur-Angebote müssen verbessert werden? Wie können wir mit Investitionen unsere Sozialsysteme nachhaltig sichern? Welche Chancen bieten sich uns? Sie sollten diese Fragen ihren Politikern stellen und zukunftsweisende Antworten verlangen.

Stattdessen sitzen alle - wir alle, mich eingeschlossen - vor der „Zeit im Bild“ und nehmen die bedrohlich über der Innenpolitik schwebende Wolke vom zunehmenden Sparzwang wie ein Naturgesetz hin. Fragt denn niemand, wo der ganze Zaster geblieben ist? Wie kann es sein, daß ein Land seinen Wohlstand Jahr für Jahr vermehrt, sich die Menschen darin aber ernsthaft vom wirtschaftlichen Abstieg bedroht sehen? Wer sind die Leute, die heute um so viel reicher sind als 1995 … und warum konnten sie es auf Kosten unseres tatsächlichen, nicht statistischen berechneten Wohlstandes werden? 8,5 Millionen Österreicher haben dieses Geld als Volkswirtschaft gemeinsam erarbeitet, nur rund 85.000 von ihnen genießen die Früchte dieser Arbeit, während die restlichen 8,4 Millionen sich um ihr Geld real immer weniger leisten können.

Es wird Zeit für eine Politik, die diese Zustände hinterfragt, die die Umverteilung rückgängig macht und wieder alle am gemeinsam gebackenen Kuchen mitnaschen läßt. Vielleicht versteht dann auch ein frustrierter FPÖ-Wähler, daß nach unten zu treten nicht die einzige Perspektive in seinem traurigen Leben ist; daß es ganz im Gegenteil von Jahr zu Jahr besser gehen kann und man sich dafür entscheiden muß, welche Partei dafür die tauglicheren Angebote macht. Und, wer weiß: Vielleicht entschließt sich ja dann auch die FPÖ, endlich solche Angebote zu präsentieren.


ESC 2015: Die Charts

Måns Zelmerlöw siegt auch in den Charts 2014 habe ich zum ersten Mal nachgesehen, wie sich die Teilnahme am Song-Contest auf die Verkaufserfolge der einzelnen Songs auswirkt. Das mach ich doch gleich nochmal für 2015! :)

Die European iTunes Song Charts listen unter ihren erfolgreichsten 250 folgende ESC-Titel:

Platz Land Interpret
Song
1 Schweden Måns Zelmerlöw
„Heroes“
4 Belgien Loïc Nottet
„Rhythm Inside“
7 Italien Il Volo
„Grande amore“
14 Russland Polina Gagarina
„A Million Voices“
15 Estland Elina Born & Stig Rästa
„Goodbye To Yesterday“
17 Australien Guy Sebastian
„Tonight Again“
22 Israel Nadav Guedj
„Golden Boy“
24 Norwegen Mørland & Debrah Scarlett
„A Monster Like Me“
26 Lettland Aminata
„Love Injected“
35 Slowenien Maraaya
„Here For You“
43 Deutschland Ann Sophie
„Black Smoke“
51 Spanien Edurne
„Amanecer“
56 Österreich The Makemakes
„I Am Yours“
82 Georgien Nina Sublatti
„Warrior“
91 Serbien Bojana Stamenov
„Beauty Never Lies“
99 Zypern John Karayiannis
„One Thing I Should Have Done“
102 Frankreich Lisa Angell
„N'oubliez pas“
120 Montenegro Knez
„Adio“
189 Litauen Monika Linkytė & Vaidas Baumila
„This Time“
207 Rumänien Voltaj
„De la capăt / All Over Again“
220 Ungarn Boggi
„Wars For Nothing“
227 Niederlande Trijntje Oosterhuis
„Walk Along“

Die österreichischen iTunes-Charts sind noch eindeutiger in der Hand der ESC-Teilnehmer. In den Top 10 gibt es nur einen einzigen Song, der nicht beim Bewerb mitmachte - und auch der kommt vom Song Contest: Es ist die Eröffnungsnummer „Building Bridges”. Das also laden die Österreicher derzeit herunter:

  1. Måns Zelmerlöw, „Heroes“ (Schweden)
  2. Loïc Nottet, „Rhythm Inside“ (Belgien)
  3. The Makemakes, „I Am Yours“ (Österreich)
  4. Il Volo, „Grande amore“ (Italien)
  5. Elina Born & Stig Rästa, „Goodbye To Yesterday“ (Estland)
  6. Mørland & Debrah Scarlett, „A Monster Like Me“ (Norwegen)
  7. Guy Sebastian, „Tonight Again“ (Australien)
  8. The ESC Vienna All Stars (feat. Conchita, Wiener Sängerknaben, ORF RSO), „Building Bridges“
  9. Polina Gagarina, „A Million Voices“ (Russland)
  10. Maraaya, „Here For You“ (Slowenien)

Auch bei den weltweiten Charts siehts, genauso wie im Vorjahr, ziemlich beeindruckend aus: Gleich fünf ESC-Songs haben es unter die Top 25 geschafft, nämlich „Heroes“ (Platz 10), „Rhythm Inside“ (Platz 13), „Grande Amore“ (Platz 21), „Tonight Again“ (Platz 22) und „A Million Voices“ (Platz 25).

Gewonnen hat allerdings wieder einmal - Conchita. *LOL* In den europäischen Charts finden sich gleich drei („Firestorm“, „You Are Unstoppable“, „Rise Like a Phoenix“), in den weltweiten Charts zwei Titel von ihr („Firestorm“ und „You Are Unstoppable“). Sie hat die Bühne, die ihr geboten wurde, gut genutzt. :)


ESC 2015: Merci, Jury

Il Volo haben für Italien die Telefonabstimmung gewonnen Beim Song Contest 2014 hat Conchita sowohl bei den Telefonabstimmungen als auch bei den Fachjurys gewonnen. Wie aber sieht das heuer aus? Waren die Branchenexperten und das TV-Publikum wieder einer Meinung?

Nein. Waren sie nicht. Wäre es nach den Zusehern gegangen, würde der Song Contest 2016 in Rom stattfinden. Italien hat die Telefonabstimmung für sich entschieden, auf den Plätzen folgen Russland und Schweden. Die Fachjurys hingegen haben Schweden mit großem Abstand auf Platz 1 gewählt, dahinter das unmögliche Gsangl aus Lettland und auf Platz drei dann die blondierte Russin.

Obwohl beide Teilergebnisse gleichberechtigt zu 50% ins Gesamtergebnis einfließen, sorgte der überdeutliche Vorsprung im Jury-Voting gegenüber dem sehr knappen Rennen bei der Telefonabstimmung für den schwedischen Sieg. Merci, Jury, kann man da nur sagen. Der italienische Schmachtfetzn hätte mich in meiner Song-Contest-Ehre verletzt. *LOL*

Wer selbst analysieren will, findet die Detailergebnisse auf der Song-Contest-Seite der EBU. :)


ESC 2015: Unser Voting

Hier sind sie, die Ergebnisse unserer kleinen, aber feinen ESC-Party 2015:
Rang Land Interpret Punkte
    Song  
1 Belgien Loïc Nottet 24
    „Rhythm Inside“  
2 Slowenien Maraaya 20
    „Here For You“  
2 Estland Elina Born & Stig Rästa 20
    „Goodbye To Yesterday“  
2 Australien Guy Sebastian 20
    „Tonight Again“  
5 Schweden Måns Zelmerlöw 18
    „Heroes“  
5 Rumänien Voltaj 18
    „De la capăt / All Over Again“  
7 Israel Nadav Guedj 16
    „Golden Boy“  
7 Norwegen Mørland & Debrah Scarlett 16
    „A Monster Like Me“  
9 Serbien Bojana Stamenov 15
    „Beauty Never Lies“  
9 Zypern John Karayiannis 15
    „One Thing I Should Have Done“  
11 Frankreich Lisa Angell 14
    „N'oubliez pas“  
12 Montenegro Knez 13
    „Adio“  
12 Deutschland Ann Sophie 13
    „Black Smoke“  
12 Aserbaidschan Elnur Huseynov 13
    „Hour Of The Wolf“  
15 Ungarn Boggi 12
    „Wars For Nothing“  
16 Vereinigtes Königreich Electro Velvet 11
    „Still In Love With You“  
16 Litauen Monika Linkytė & Vaidas Baumila 11
    „This Time“  
18 Italien Il Volo 10
    „Grande amore“  
19 Armenien Genealogy 9
    „Face The Shadow“  
19 Spanien Edurne 9
    „Amanecer“  
21 Griechenland Maria-Elena Kyriakou 8
    „One Last Breath“  
21 Russland Polina Gagarina 8
    „A Million Voices“  
23 Georgien Nina Sublatti 7
    „Warrior“  
24 Polen Monika Kuszyńska 6
    „In The Name Of Love“  
25 Lettland Aminata 3
    „Love Injected“  
25 Albanien Elhaida Dani 3
    „I'm Alive“  

Die Abstimmung war für uns so spannend wie kaum jemals zuvor: Es drohte lange Zeit der Super-GAU mit Russland oder Italien an der Spitze. Gottseidank haben es sich die europäischen und australischen Zuseher dann doch anders überlegt. „Heroes“ von Linnea Deb, Joy Deb und Anton Hård af Segerstad war zwar nicht unser Favorit, aber wir können mit dem Ergebnis sehr, sehr gut schlafen gehen. :) (Einige haben sich da ja Sorgen gemacht und sich per SMS nach unserer psychischen Verfassung erkundigt. *gg*)

Auch sehr schön: Nach den Unsympathlern aus Russland und Italien folgte gleich auf Platz vier unser gemeinsamer 12-Punkte-Favorit Loïc Nottet. Das war bis zu einem gewissen grad doch unerwartet und freut uns sehr.

Interessantes Detail am Rande: Die Top 5 entsprechen exakt der Reihung, die sich heute Nachmittag aus den Wettquoten ergeben hat.


ESC 2015: Letzte Wettquoten

Eurovision Song Contest - Vienna 2015 Fünf Stunden vor Beginn des 60. Eurovision Song Contest lohnt sich ein letzter Blick auf die Wettquoten:
Rang Land Interpret Song
1 Schweden Måns Zelmerlöw Heroes
2 Russland Polina Gagarina A Million Voices
3 Italien Il Volo Grande amore
4 Belgien Loïc Nottet Rhythm Inside
5 Australien Guy Sebastian Tonight Again
6 Estland Elina Born & Stig Rästa Goodbye To Yesterday
7 Serbien Bojana Stamenov Beauty Never Lies
8 Norwegen Mørland & Debrah Scarlett A Monster Like Me
9 Lettland Aminata Love Injected ↑︎
10 Aserbaidschan Elnur Huseynov Hour Of The Wolf

Russland hat, was sich bereits abgezeichnet hat, Italien überholt. Meine beiden „Mag ich nicht“-Songs liegen also auf den Plätzen 2 und 3. Loïc Nottet aus Belgien hat mit seinem „Rhythm Inside“ nochmal ein paar Plätze vorgearbeitet. (Was ich ihm durchaus vergönne: Der 19jährige singt nicht nur, sondern hat den Song auch komponiert und an der Choreographie und dem Bühnenbild mitgearbeitet.)

Auch am Finaltag gibt es noch einen Neueinsteiger in die Top 10 der Buchmacher: Lettland. Warum auch immer.

Eine interessante Ergänzung übrigens zum Stimmungsbild, das aus den Wettquoten resultiert, sind die Downloadcharts und YouTube-Zugriffe, die auf esctracker.com gezählt werden:

Bei den Downloads liegen Schweden, Russland, Estland, Belgien und Italien vorne. Auf YouTube liegt Italien mit über 26 Millionen Klicks in Führung, gefolgt von Russland, Aserbaidschan, Albanien und Rumänien.