Oskar Welzl: Weblog zur Homepage

Hardware und Software



Nokia World: Lumia 920 oder so

Ballmer führt Elop und das Lumia 920 vor Hätte es das früher gegeben? Nokia veranstaltet eine Hausmesse, stellt sein neues „Flaggschiff“ vor … und ich schreib nichts drüber?

Nein, früher nicht. Jetzt schon. Dieser Artikel ist auch mehr eine Erklärung dafür als das übliche „Was gibts neues von Nokia?“ auf diesem Blog.

Die Finnen haben etwas vorgestellt, was sie Lumia 920 nennen. Im Gegensatz zu den Vorgängermodellen läuft es bereits mit Windows Phone 8. Die wichtige Frage wäre daher gewesen: Sind all die massiven Schwächen von Windows Phone 7 jetzt Vergangenheit? (Um mich nicht zu wiederholen: Hier der Link auf den Artikel, der meinen Frust mit einem Lumia 800 unter WP7 zusammenfaßt.)

Kein Mensch weiß das, niemand sagt etwas Konkretes über den direkten Vergleich WP7 vs. WP8. Stattdessen wird ein Feature am Lumia 920 angepriesen, das es gar nicht hat: PureView. Ganz klar und zum Mitschreiben: Es gibt keine PureView-Technologie am Lumia 920. Nichts von dem, was Nokia unter dem Namen PureView im Nokia 808 eingeführt hat, steckt im Lumia 920. (Eine genauere Analyse findet sich hier bei Steve Litchfield.) Eine Werbelüge? PureView ist eine von Nokia erfundene Bezeichnung. Es steht dem Unternehmen natürlich frei, in Zukunft jede Nokia-Kamera mit dem Etikett „PureView“ zu versehen. Wichtig zu wissen ist nur: Wer eine Bildqualität wie beim Nokia 808 haben will, muß auch das 808 kaufen. Das Lumia 920 bringts nicht.

Apropos bringts nicht: Nokia will uns natürlich vom Gegenteil überzeugen und hat Beispiele für die überragende Qualität der Videos und Fotos ins Netz gestellt, die wir vom Lumia 920 erwarten dürfen. Innerhalb weniger Stunden wurde aufgedeckt: Nichts davon wurde mit einem Nokia-Handy aufgenommen. Das gesamte Material wurde mit professionellen Video- bzw. Spiegelreflexkameras geschossen. Die Artikel dazu gibt es hier und hier, Nokia hat sich mittlerweile halbherzig für das „Mißverständnis“ und die „Verwirrung“ entschuldigt und das Video mit einer Einblendung versehen, die es als Technologiedemonstration kennzeichnet. Die armen unverstandenen Jungs.

Daß der Kurs der Nokia-Aktie während der Präsentation des Lumia 920 um volle 16% gefallen ist, spricht Bände. Das Gerät war die letzte Chance für Mr. Flop, seinen umstrittenen Windows-Kurs zu rechtfertigen und zu einem guten Ende zu bringen. Mit einem aufregenden und revolutionären Modell hätte er es vielleicht geschafft. Stattdessen hat er ein zweites Mal das Lumia 900 präsentiert, nur mit einer neuen Modell-Nummer und einem irreführenden Etikett auf der Kamera. Nicht aufregend. Keinen Echtzeit-Artikel in meinem Blog wert.


Android: bester Freund, größter Feind

Kann sich noch jemand erinnern? Im Jänner habe ich hier das auf GNU/Linux basierende Tablet „Spark“ vorgestellt. Spark mußte mittlerweile seinen Namen aus rechtlichen Gründen in „Vivaldi“ ändern. Ansonsten ist es (zumindest nach außen hin) recht ruhig geworden um das Projekt. Es gibt kaum noch Fortschritte, das angekündigte Lieferdatum ist längst überschritten. Indirekt liegt die Schuld bei Android und Googles Lizenzpolitik.

Was ist passiert? Der chinesische Hardware-Lieferant hat seit dem Projektstart die Baupläne mehrmals geändert. Für die aktuelle Version gibt es einfach keinen Linux-Kernel mehr, der die nun verwendete Hardware unterstützt. Keine Hardware-Unterstützung, kein Tablet.

Der Stammleser fragt nun verwundert: „Nanü?“ - Stimmt ja: Vivaldi heißt zwar Vivaldi, ist aber nichts anderes als das C71 von Zenithink. Dieses wiederum wird mit Android verkauft. Ist denn Android nicht auch ein Linux-System? Wieso kann Android auf dem Ding laufen, andere GNU/Linux-Varianten aber nicht?

Antwort: Android verwendet eine sehr stark veränderte Variante des Linux-Kernels. Nicht alles, was mit dem normalen Linux-Kernel funktioniert, funktioniert unter Android … und umgekehrt. Man kann also nicht einfach den jetzt mit dem C71 ausgelieferten Android-Kernel hernehmen und für Vivaldi verwenden, das auf einem echten GNU/Linux aufbaut.

Aber was ist mit dem vielgerühmten Open Source Prinzip? Android, Linux, … das ist doch alles Open Source? Man muß doch nur den Quelltext ansehen und die C71-spezifischen Änderungen am Android-Kernel auch im echten Linux-Kernel vornehmen, oder? Das müßte doch funktionieren? Müßte, ja, funktioniert aber nicht. Android ist nämlich nur auf dem Papier Open Source. Tatsächlich werden die Quellcodes für Geräte wie das C71 nie veröffentlicht. Das widerspricht zwar der Lizenz (GPL), aber das chinesische Rechtssystem kümmert das nicht. Was viel wichtiger ist: Auch Google ist das wurscht. Google könnte ja sehr wohl auf Einhaltung der Lizenzbestimmungen bei Android-Systemen schauen. Tun sie aber nicht - oder nur dann, wenn es ihre ureigenen Geschäftsinteressen betrifft.

Diese Situation ist äußerst unbefriedigend und langfristig gefährlich. Aaron Seigo, das Gesicht zum Vivaldi-Projekt, bezeichnet daher auch Android als best friend and worst enemy of open devices. Er sagt: The device manufacturers don’t really want to invest in Linux per se, but want to focus on Android, which is a different thing.

Unterm Strich heißt das für Konsumenten, die sich für freie Software interessieren und auch moralisch vertretbare Geräte kaufen möchten: Android ist nicht automatisch ein „gutes“ System, nur weil ein Linux-Kernel (oder was davon übrig ist) verwendet wird. Android-Geräte sind nur dann moralisch vertretbar, wenn die Hersteller auch den Quellcode rausrücken. Tun sie das nicht, ist Android fast „böser“ als ein von vornherein geschlossenes System: Es saugt nämlich die Innovation und Arbeitsleistung der Community in sich auf und verwendet sie zu seinem Vorteil, gibt aber dann nichts von den eigenen Leistungen (vor allem die dringend benötigten Hardwaretreiber) zurück.

Aaron Seigo hat laut diesem Artikel eine Lösung für das Vivaldi-Projekt angekündigt. Irgendwie soll es funktionieren, es wirft nur den Zeitplan wieder einmal komplett über den Haufen. Besser wärs, Google (oder auch Linus Torvalds, die selbstverliebte Schlampe) würden sich um die Durchsetzung der Lizenzvereinbarungen kümmern.


Jolla: Neues MeeGo-Smartphone aus Finnland?

Together with international investors and partners, Jolla Ltd. will design, develop and sell new MeeGo based smartphones. The Jolla team consists of a substantial number of MeeGo's core engineers and directors, and is aggressively hiring the top MeeGo talent to contribute to the next generation smartphone production.

Eine Homepage für diese Firma Jolla hab ich noch nicht gefunden, aber es gibt einen Eintrag auf LinkedIn und einen Twitter-Account.

Grundaussage: Man sammelt gefeuerte Ex-Nokia-Mitarbeiter ein und baut auf Basis der freien Komponenten von MeeGo ein neues Smartphone. Wobei: Wieder einmal stimmt „MeeGo“ hier nicht ganz. Wie zuvor schon andere Hardware will Jolla das Grundsystem aus dem Mer-Projekt verwenden, das den MeeGo-Code in Zeiten wie diesen weiterführt.

Wem das alles ein bißchen bekannt vorkommt: Ja, wir hatten sowas schon mal. Das Vivaldi-Tablet (früherer Name: Spark) ist eine ähnliche Initiative, nur eben auf dem Tablet-Markt. Ich erwähne das, weil Vivaldi dem ursprünglichen Zeitplan hoffnungslos hinterherhinkt und jede Kommunikation nach außen de facto eingestellt hat. Angeblich ist Vivaldi zwar noch nicht wirklich tot, scheitert im Moment aber am alten Problem freier Software generell: den Hardwaretreibern. Ob Jolla hier mehr Glück haben wird? Ich sehs vorläufig mal skeptisch. Andererseits wärs natürlich eine wunderbare Sache. Es war der Traum aller Maemo-Fans seit dem Nokia 770, daß das Betriebssystem seine Unabhängigkeit von Nokia erlangt. Mer ist der notwendige technische Unterbau dafür. Jetzt fehlen die Hardware und ein brauchbares User Interface, um daraus ein fertiges Produkt zu machen. Egal ob nun Vivaldi oder Jolla … auffällig ist, daß die Interessenten auf diesem Gebiet eher mehr als weniger werden. Irgendwer, so hoffe ich, wird schon Erfolg haben.


PR 1.3 fürs Nokia N9

Seit gestern ist mein N9 wieder auf dem neuesten Stand: Die aktuellste Version von Harmattan, PR 1.3, hat es erfolgreich auf mein Handy geschafft.

Was früher immer von viel kindlich-weihnachtlicher Freude begleitet war, glich diesmal eher einem leisen Abschied. PR 1.3 ist mit ziemlicher Sicherheit das letzte Update für das N9 und damit eine der letzten Versionen für ein Smartphone-Betriebssystem von Nokia überhaupt. Was bleibt sind die Featurephone-Reihen Lumia und Asha.

Zum eher trüben emotionalen Gesamtbild trägt auch der Inhalt des Updates bei. Es ist eine reine Bugfix-Release. Angeblich hat man knapp 1000 Fehler behoben bzw. Performancebremsen gelöst. Blöd wieder mal: Gerade der eine Fehler, der einzige, der mich betrifft, war nicht dabei. Ich kann mir auch nicht vorstellen, daß in der Vorgängerversion PR 1.2 so viele Bugs versteckt waren, die mir nie aufgefallen sind. Naja, seis drum.

Übrigens bin ich nicht der einzige, den das Update etwas wehmütig zurückläßt. Unter dem Titel „Bittersweet: N9 gets PR 1.3, community says goodbye to Nokia’s finest“ hat Michael Faro-Tusino eine ähnlich trübselige Grabrede veröffentlicht.

Bleibt nur zu sagen: Danke an das Maemo-Team bei Nokia, das mich seit März 2006 begleitet hat.


Meltemi tot, Nokia tot

Nach Nokias Presseaussendung vom 14.6. haben sich die Medien auf zwei Aspekte konzentriert: den erneuten Stellenabbau (10.000 Menschen verlieren ihre Arbeit) und die düsteren Aussichten auf die Ergebnisse des zweiten Quartals 2012, die auch den Aktienkurs erneut in den Keller schickten.

Die eigentliche Hiobsbotschaft steckt, von den Mainstream-Medien unbemerkt, zwischen den Zeilen:

In Mobile Phones, […] Nokia aims to further develop its Series 40 and Series 30 devices, and invest in key feature phone technologies like the Nokia Browser, aiming to be the world's most data efficient mobile browser. Early results of this innovation can be found in Nokia's latest Asha feature phones which offer a full-touch screen experience at lower prices.

Die Tragik dahinter erschließt sich nur, wenn man weiß, was in diesem Absatz fehlt: die Erwähnung von Meltemi und Qt. Bis zu dieser Presseaussendung galt nämlich: Das Qt Entwicklerframework wird die Basis für die Mobiltelefone der „Next Billion“-Strategie. Inoffiziell war längst durchgesickert, daß zusätzlich zu Qt auch alte Bekannte aus der Maemo/MeeGo-Ära an dieser Strategie beteiligt waren: Der Linux Kernel und WebKit. Zusammen mit Qt sollten sie eine zukunftssichere Basis für jene Marktsegmente bilden, die Nokia nicht exklusiv an Microsoft gebunden hatte. (Siehe dieser Artikel zu Meltemi.)

Nicht nur fehlt Meltemi in der Strategie zu den feature phone technologies. Die Standorte, an denen nun massiv Personal abgebaut wird, sind genau jene, an denen die Entwicklung für die geplanten Meltemi-Produkte stattfand (Software und Hardware). Außerdem wird Mary McDowell (liebevoll auch Mary McMental geschimpft) das Unternehmen verlassen. Unter ihrer Führung wurde Meltemi entwickelt.

Warum ist das so bitter? Meltemi war - zumindest soweit bekannt ist - das letzte Betriebssystem, das Nokia hausintern entwickelte. (S40/S30 werden zwar weitergeführt, zählen für mich aufgrund ihrer langen Geschichte aber jetzt nicht wirklich als Neuentwicklungen.) Es war zwar nicht wirklich ein 1:1-Nachfolger der legendären Maemo-Linie, die mit dem N9 endete. Technisch war Meltemi aber ähnlich genug, auch die Philosophie schien vergleichbar zu sein. Tatsächlich schreibt ein nun gefeuerter Entwickler anonym auf Tomi Ahonens Blog:

Meltemi was going to be a Smartphone (and Tablet!) OS

It was not really Meego based. Base system was OpenSUSE based + QT on top

Wenn diese Aussage stimmt, war Meltemi also zwar offiziell auf den Feature Phone Markt ausgerichtet, hatte aber auch das Potential zum Smartphone- und Tablet-OS. Das klingt sehr wahrscheinlich: Was sollte ein Betriebssystem mit diesen technischen Eckdaten davon abhalten, auch ein Tablet zu betreiben?

Aus meiner Sicht war Meltemi also immer der logische Plan B für den sehr wahrscheinlichen Fall, daß Nokia mit Windows Phone Schiffbruch erleidet. (Es ist ja nicht so, daß die Konsumenten dem Hersteller seine Lumia-Modelle aus der Hand reißen. Das Positivste, was Mr. Flop über die Verkaufserfolge sagen kann, ist: Die Leute mögen es, wenn sie es einmal in der Hand haben - aber sie kriegen es nicht in die Hände, weil die Regale voll mit Android und iOS sind.) Meltemi, selbst wenn es aus Rücksicht auf Microsoft nie oder nur eingeschränkt auf Produkten zu finden gewesen wäre, wäre das fertige System gewesen, das man nach Elop, nach der offiziellen Abkehr von Windows Phone aus dem Hut zaubern hätte können. Die Entwicklung dieses Systems vollkommen einzustellen heißt, das Schicksal des Unternehmens ohne Wenn und Aber an Windows Phone zu ketten. Genau das zu einem Zeitpunkt zu tun, zu dem der kommerzielle Erfolg dieser Plattform unsicherer denn je erscheint, ist im besten Fall mutig, realistisch betrachtet wohl eher wahnsinnig.

Was sagt die Börse zu Elops seltsamen Manövern? Die Aktie hat schon wieder mal 16% ihres Wertes verloren und liegt nun bei historischen $ 2,35. Zur Erinnerung: Vor Elops Ankündigung, von Symbian/MeeGo auf Windows Phone zu wechseln, lag der Kurs bei $ 11,73. Stephen Elop hat tatsächlich 80% des Unternehmenswertes durch strategische Fehlentscheidungen vernichtet. Das wäre nicht einmal dann gelungen, wenn man einfach gar keinen Chef installiert hätte und das Unternehmen ohne Führung weitergesegelt wäre. (Zumindest hätte man damit Zeit gewonnen und nicht so viel Kapital verloren.)

Unterm Strich heißt das: Nokia geht der Atem aus. Die für Herbst angekündigten neuen Lumia-Geräte sind eine schwache Hoffnung für das Unternehmen, die Erfolgsaussichten gering. Noch hält man sich durch den Verkauf des Familiensilbers (Patente, Vertu) über Wasser, der einträgliche Smartphone-Markt aber ist verloren. Selbst wenn Windows Phone irgendwann am Markt Fuß faßt, ist es eben ein weiteres Feature Phone System neben iOS und S40/Asha. Smartphones von Nokia wird es dann nicht mehr geben.


SMS vom PC aus beantworten mit HeySMS

Klassischer Fall von lästig: Man ist konzentriert am PC zugange, das Telefon empfängt eine SMS. Aufstehen, Telefon holen, SMS beantworten, Telefon weglegen, am PC weitermachen, … und 5 Sekunden später kommt die Antwort-SMS. Muß man denn an zwei Geräten rumtippen? Muß man denn auf einem Touchscreen rumfitzeln, wenn man eine komplette Tastatur vor sich hat?

Muß man grundsätzlich nicht. Seit Jahr(zehnt)en bieten Handy-Hersteller in ihren begleitenden PC-Programmen irgendeine Möglichkeit an, auch SMS-Nachrichten zu empfangen und zu versenden. Das nützt nur nix: Erstens laufend diese Programme tendenziell selten unter GNU/Linux, zweitens hat man sie mit 99,9%iger Sicherheit nicht offen, wenn grad eine SMS kommt. Was aber auf jedem Betriebssystem läuft und was man immer offen hat (jedenfalls als Internetgiftler) ist irgendein Chat-Programm. SMS, Chat, … eigentlich ist das ja das gleiche. Das müßt sich doch irgendwie zusammenstöpseln lassen? Läßt sich!

Thibault Cohen hat ein Programm für das Nokia N900 geschrieben, das dieses Problem auf beeindruckend simple Weise löst. Solange HeySMS am N900 läuft, erzeugt es dort für jeden SMS-Absender einen Chat-Account, der sofort als Gesprächspartner am PC sichtbar wird. Man sitzt also am PC, sieht einen neuen Kontakt online gehen (mit dem Namen, der im Telefonbuch des N900 für den Absender hinterlegt ist) und empfängt seine SMS als Chat. Geantwortet wird im Chat-Fenster am PC, das N900 sendet die Antwort per SMS wieder zurück. Der Witz dabei: Am PC muß man dafür nichts installieren oder ändern. Weil HeySMS auf existierenden Standards aufbaut, passiert das alles automatisch. Einzige Voraussetzung: Das Chat-Programm muß vor HeySMS gestartet werden und muß einen Account nach dem XMPP Serverless Messaging Protokoll aktiviert haben, an den HeySMS andocken kann. Serverless Messaging wird unter anderem von Pidgin, Empathy (und allen anderen Telepathy-Clients), Adium, iChat, Kopete, Trillian und Miranda unterstützt - das deckt alle Desktop-Betriebssysteme ab, theoretisch ist damit sogar die Weiterleitung von einem N900 aufs andere möglich. Besonders gefällt mir natürlich, daß Empathy hier von Haus aus mitspielt. Dieser Client ist fest mit meinem Gnome-Desktop verdrahtet und schiebt eine dezente kleine Chat-Zeile über den Bildschirmrand, auch wenn ich ihn zuvor gar nicht extra gestartet habe.

Ich war von Anfang an begeistert von HeySMS, das gerade heftig perfektioniert wird (Code hier). Warum genau es mir solche Freude bereitet hat, war mir zunächst nicht ganz klar … bis ich dann draufgekommen bin: Ich selbst hab 2010 genau dieses Programm vorgeschlagen! Wie geil!

Einziges Manko: Meine Haupt-SIM-Karte steckt nicht mehr im N900. Thibault Cohen plant zwar, HeySMS auch noch aufs N9/N950 zu portieren. Für mein C7 siehts aber düster aus. Ich glaub nicht, daß der Python-Code dort läuft. Wurscht erst mal, ich freu mich über diese simple und nützliche Applikation. Ist es nicht beeindruckend, wie aus der Maemo-Community immer wieder solche Lösungen kommen, obwohl Nokia selbst das N900 schon 3x totgeschlagen hat? Ätsch, Herr Elop. Ätsch! :)


Nokia Swipe User Interface um € 63,-

Nokia Asha 311Im September 2011 hab ichs hier versprochen. (Also eigentlich hats Marko Ahtisaari versprochen, aber was macht das schon für einen Unterschied? *gg*) Gestern kam die entsprechende Pressemitteilung:

Die ersten Billig-Telefone auf Basis der mit dem N9 vorgestellten Swipe-Oberfläche sind da. Zum Listenpreis von € 63,- bis € 92,- gibt es drei neue S40-Featurephones, die optisch an ein „Best Of“ von MeeGo Harmattan und Nokia Belle erinnern. Die Swipe-Oberfläche ist dreigeteilt wie beim N9. Ein Teil davon ist der gewohnte Launcher für installierte Programme. Statt der Multitasking-Übersicht (die bei S40 unsinnig wäre, das Ding kann kein Multitasking) gibt es eine Fläche, auf der das Lieblingsprogramm immer geöffnet bleibt. Vernünftigerweise könnte das das Telefon-Programm sein, sodaß man es zum Wählen/Telefonieren nicht immer erst starten muß. Im französischen Nokia-Video zum Asha 311 hat man stattdessen den Musik-Player dort abgelegt. Wirkt wahrscheinlich cooler auf YouTube als eine Ansammlung grauer Knöpfchen mit Ziffern drauf. :)

Der dritte Teil ist ein Belle-ähnlicher Homescreen, auf dem häufig verwendete Shortcuts und Kontakte abgelegt werden. Beim N9 hätte man hier den sogenannten Event-Feed mit der chronologischen Übersicht über RSS-/StatusNet-/Twitter-/Facebook-/…-Updates gefunden. Weil die Asha-Serie auf eine Zielgruppe ausgelegt ist, die nicht 24 Stunden am Tag online sein kann, war es wohl sinnvoll, stattdessen etwas weniger Netzabhängiges in den Vordergrund zu stellen.

Von Nokia Belle, der aktuellen Symbian-Version, kommt die Benachrichtigungsleiste, die man vom oberen Bildschirmrand herunterziehen kann. WLAN-Status, neue SMS/MMS-Nachrichten, … alles wie gewohnt.

Technisch bekommt man im Spitzenmodell Asha 311 Dinge, die einen an der Bezeichnung Feature-Phone zweifeln lassen: 1GHz CPU, WLAN und HSPA, kapazitiver Touch-Screen (ja, mit Affenglas und Multitouch), Nokia Maps mit einer Kombination aus WLAN- und 3G-Positionsbestimmung (allerdings ohne GPS), Bewegungs- und sonstige Sensoren, Bluetooth mit allen gängigen Profilen, USB mit MTP-Support, SyncML, … Da sind Dinge dabei, die weder Windows Phone 7 noch Android unterstützen, iOS erst recht nicht. Das einzige, was an die angepeilte Zielgruppe erinnert, ist die magere RAM-Ausstattung (128MB), der kleine Bildschirm (3" mit 240x400 Pixel) und vor allem der eingesetzte S40-Browser. Der ist nämlich in erster Linie darauf ausgelegt, das Datenvolumen zu reduzieren. Deshalb schickt er alle Seiten (wie sein Opera-Gegenstück) über einen Proxy, der sie für mobile Ansicht optimiert und komprimiert. Gut für langsame und teure Internet-Verbindungen in Nordostpakistan, nicht unbedingt der geeignete Fokus für User mit Daten-Flatrate in Westeuropa.

Die Reise soll hier nicht zu Ende sein. Irgendwann, so verspricht die Gerüchteküche, wird auch der technische Unterbau erneuert. Der Linux Kernel und Qt sollen angeblich die Basis für die nächste Generation dieser Billigtelefone bilden - Meltemi, so heißt es, wird das neue Betriebssystem genannt. Mal sehen.


Nokia: Wieder Entwicklerprogramm für N9/N950!

Da soll noch jemand aus den Finnen schlau werden: Der öffentliche Bug-Tracker für das N9 wurde längst geschlossen, die neue Firmware PR 1.3 soll angeblich die letzte sein, in einigen Märkten wurde das Modell schon wieder aus dem Katalog gestrichen, … und jetzt startet man ein großes Entwicklerprogramm für das tote Kind.

Summer '12 Device Program“ heißt die Initiative. Insgesamt 100 Harmattan-Geräte (N9 und N950) werden nochmal zum Nulltarif unters Programmierervolk gebracht. Zum Teil (25 der 100 Geräte) gehts ums Schließen von Lücken im Applikations-Angebot. Wer z.B. ein existierendes Programm von Symbian auf Maemo/Harmattan portiert, darf hier mit der Unterstützung in Form kostenloser Hardware rechnen. Das würd ich mir mit viel Phantasie noch als Kundenstammpflege verkaufen lassen. Anderes ist allerdings viel stärker in die Zukunft ausgerichtet. So sind ebenfalls 25 Stück für Entwickler reserviert, die das noch im Beta-Stadium befindliche Qt5 aufs N9 bringen und testen möchten.

Natürlich fragt man sich jetzt als gelernter Konsument: „Because of why?!“ Wirtschaftlich gesehen hat Nokia exakt gar keine Veranlassung, sich den ganzen Zauber anzutun. (Da gehts nicht nur um 100 Geräte, die verschenkt werden. Teuerer ist wahrscheinlich die interne Organisation des Programms.) Das N9 ist Schnee von gestern, wozu also nochmal in seine Infrastruktur und in eine Entwickler-Community investieren? Noch dazu in eine zukünftige (!) Infrastruktur wie Qt5, von der existierende N9-Kunden mangels weiterer Firmware-Upgrades voraussichtlich nie profitieren werden?

Ich hab da meine eigene Theorie. Die Gerüchteküche geht ja ziemlich fix davon aus, daß Nokia unter dem Codenamen Meltemi an einem neuen GNU/Linux-basierenden System, diesmal für low-end Featurephones arbeitet (siehe dieser Artikel). Zwar soll die Enticklung daran relativ unabhängig von der bisherigen Maemo/MaeeGo-Codebasis erfolgen, eine Gemeinsamkeit ist aber ziemlich sicher: Qt als Entwicklungsplattform. Wenn das alles stimmt, investiert Nokia mit dieser vordergründig aufs N9 zugeschnittenen Aktion hauptsächlich in irgendein Qt-System auf GNU/Linux-Basis und stellt sicher, daß pünktlich zur Markteinführung des neuen Meltemi-Systems ein reichhaltiges Angebot an Software zur Verfügung steht - Software, die ursprünglich zwar fürs N9 geschrieben wurde, wahrscheinlich aber mit nur minimalen Modifikationen auf der neuen Modellreihe läuft.

Wenn meine Vermutung zutrifft, ist der Plan gar nicht so bescheuert wie die Firma an sich. Offenbar hat Stephen Flop doch nicht nur die Leute behalten, die sich in finnischen Wintern das Hirn rausgesoffen haben. Der eine oder andere smarte Nokianer hat sich erfolgreich vor Flop verstecken können.


Mein HTC Desire S

HTC Desire SAm Smartphone-Markt wird es zunehmend eng: Nachdem Maemo/MeeGo weggebrochen ist und Symbian nur noch in homöopathischen Dosen zur Verfügung steht, welches Telefon soll ich mir dereinst nehmen? Mit welchem Betriebssystem soll ich mich ins Bett legen? Um diese Frage zu klären, habe ich vor einiger Zeit ein Lumia 800 ausprobiert - um ernüchtert festzustellen: Das ist kein Smartphone, das ist höchstens sowas wie ein iPhone.

Was also ist die nächste Wahl? Richtig, Android. Ich habe jetzt ein HTC Desire S. Es ist mir billig entgegengefallen. (Nein, nicht vom Lastwagen.)

Für einen Testbericht ist es zu früh, aber es gibt erste Eindrücke:

Sehr, sehr schnell (keine Spur vom angeblichen „Ruckeln“, das Apple-Fanboys Android immer unterstellen); die Oberfläche reagiert deutlich flüssiger als das genau dafür immer gelobte Windows Phone 7. Die erste Einrichtung geht sehr rasch und freundlich vonstatten. Beeindruckend: Ich hab keine SIM-Karte drin, finde aber in den Telefoneinstellungen gleich das Untermenü für SIP. Kurz mal die Daten meines A1overIP-Kontos eingetragen, schon konnte ich telefonieren! Ganz ohne SIM! Da kommen fast Maemo-Gefühle auf. Friß das, Windows Phone!

Überhaupt erinnert so ein Desire S wohltuend an ein Symbian oder Maemo-Telefon: Da gibt es verschiedene Homescreens, durch die man blättern kann. Es gibt live-Widgets und Shortcuts auf diesen Homescreens. Benachrichtigungen klappen à la Belle vom oberen Bildschirmrand herunter. Wie viel davon klassisches Android ist und was HTC-eigene Weiter(?)entwicklung (Stichwort „Sense“), kann ich nicht beurteilen - interessiert mich aber im Moment auch nicht. Es gefällt mir und ich weiß, daß es so etwas zu kaufen gibt. Das ist ja schon mal beruhigend.

Ein kleiner Schwachpunkt ist der Browser. Er ist zwar bisher (wie gesagt: erst wenige Stunden) noch nicht ernsthaft an Seiten gescheitert. Allerdings hat er oft sehr eigenartige Vorstellungen davon, was genau ich gerade anklicken will. Da wird ein ganzer Absatz in freundlichem Grün markiert, wenn ich doch eigentlich auf einen Link in diesem Absatz klicken wollte … naja. Pillepalle. Ich kann mich erinnern, daß irgendeine Maemo-Version mal ein ähnliches Problem hatte.

Alles happy also? Mitnichten. Einer der Gründe, warum Android bisher für mich nie eine ernsthafte Option war, ist die enge Bindung des Systems an Google. Es ist für mich völlig undenkbar, eine Google-ID auf einem von Google kontrollierten Smartphone-OS einzugeben. Nun: Android-Fans in diversen Internet-Foren haben mir versichert, daß es möglich ist, ein Android Handy auch ganz ohne Google-Konto zu verwenden. Es sei halt einfach nur ein bißchen mühsamer und nicht alles so gut integriert, meinten sie. Falsch: Es ist unendlich mühsam und es ist kein Licht am Ende des Tunnels in Sicht.

Beispiel gefällig? Die Synchronisation von Kontakten. Das Desire S bietet leider nicht die Möglichkeit, ein SyncML-Konto einzurichten. Es geht davon aus, daß man die Synchronisierung über das Google-Konto durchführt. Macht nichts: Für SyncML gibt es Programme, die man installieren kann. Woher bekommt man die? Von Google play, dem ehemaligen „Marketplace“. Experten wissen, was jetzt kommt: Um Programme von dort runterzuladen, braucht man - na? - ein Google-Konto! Natürlich bekommt man Programme auch außerhalb von Google play. (Auch da zeigt sich: Android ist doch ein Smartphone-Betriebssystem, anders als Windows Phone oder iOS). Das sind aber dann nicht die Programme, die ich jetzt installieren will, um mein Telefon in einen halbwegs vernünftigen Anfangszustand zu versetzen. Heißt für mich: Ja, theoretisch kann man jeden Schritt für sich ohne Google-Konto erledigen. Man kann an Google vorbei mit einem beliebigen SyncML-Server synchronisieren. Man kann an Google vorbei von einer beliebigen Quelle im Netz ein Programm installieren. Aber irgendwie sind das alles nur Einzelaufgaben, für die man kurz aus dem Google-Korsett raus kommt. Es scheint mir, daß man irgendwann in den sauren Apfel beißen und zumindest für die ersten paar Schritte diesen verfluchten Account anlegen muß. Und ich bin mir sicher, daß 99,9% der Benutzer ihn dann nie wieder löschen. „Wieso denn, funktioniert ja eh so super!“

Ich bin gespannt, wie lange es dauert, bis ich doch nachgebe und zumindest fürs Installieren von Software einen Account anlege. Noch habe ich die Hoffnung, daß ich irgendwo den rettenden Tip im Netz finde. Wenn nicht: Das nächste Abenteuer wird zunächst mal, dieses Telefon mit SIM-Karte zu betreiben. Wie aufregend! :)


Nokia: Wackelt Elop?

Mit Elop gehts bergab Zum ersten Mal tummeln sich im Netz leise Gerüchte, wonach Stephen Elops Sessel bei Nokia wackelt. Stephen Elop, das ist der Mann, der mit seinem „Burning Platform Memo“ und dem Strategiewechsel von Qt (MeeGo/Symbian) zu Windows Phone in etwas über einem Jahr 60% (!) des Unternehmenswertes vernichtet hat. Das ist der Mann, der es geschafft hat, daß die vor seinem Strategiewechsel profitable und wachsende Smartphone-Sparte auf ein Drittel geschrumpft ist (10 Millionen statt 30 Millionen Stück pro Quartal) und das Unternehmen herbe Verluste schreibt.

Überraschend ist, daß diese Gerüchte erst jetzt auftauchen. Elop hat bisher keinen einzigen Erfolg zu verbuchen. Die wenigen Dinge, mit denen Nokia noch positive Aufmerksamkeit erregen konnte (das N9 und PureView), sind lange vor seiner Zeit entstanden. Sein eigenes Baby, die Lumia-Reihe, bewegt sich unterhalb der Wahrnehmungsschwelle. Die finanzielle Situation des Unternehmens ist katastrophal.

Noch ist die Gerüchtesuppe sehr dünn: Da ist jemand, der seinen Namen nicht nennt und behauptet, er würde bei einem Dubliner Finanzinstitut arbeiten. Im Zuge der Beurteilung der Kreditwürdigkeit von Nokia wären diese aus dem Unternehmen selbst gestreuten Gerüchte mit eingeflossen … Ja, sehr dünn. Trotzdem: Bisher gabs gar nichts dergleichen. Mal sehen.

Wirklich übel an der Situation ist ja: Elop hat die Firma so sehr ruiniert, daß auch ein Nachfolger ein schweres Stück Arbeit vor sich haben wird. Der Microsoft-Vertrag ist nun mal da und läuft bis 2016, da kommt Nokia nicht raus. Noch kann Nokia parallel verstärkt in die ursprüngliche Qt-Infrastruktur investieren. Grundsätzlich ist alles da, trotz Outsourcing hat Elop eine Unterstützung von Symbian bis ebenfalls mindestens 2016 angekündigt. Qt und die MeeGo-Basis laufen ohnehin nicht weg. Das große Problem beim Schwenk zurück: Elop hat die Marke nachhaltig beschädigt. Kein Entwickler glaubt ein zweites Mal daran, daß sich Investitionen in Qt lohnen. Kein Verkäufer dreht seinem Kunden jetzt das „tote“ Symbian an. Würde ein neuer CEO an die alte Strategie anknüpfen wollen, es hätte etwas von einer Exhumierung an sich. Nicht sexy.

Gibt es einen Plan B? Interessant finde ich ja zum Beispiel, daß Nokia munter neue Symbian-Modelle vorstellt, nachdem Elop das Betriebssystem vor über einem Jahr zunächst totgesagt hat. Interessant finde ich auch den mittlerweile fast ein Jahr alten Artikel von Nokias Maemo-Ikone Quim Gil, in dem er sinngemäß schreibt: „Auch wenn es heißt, daß MeeGo tot ist - hängt Euch nicht an Namen auf. Nokia arbeitet weiter am Linux Kernel, am WebKit-Browser, an Qt.“ Tatsächlich: Trotz des Abschieds von MeeGo und trotz der angeblich exklusiven Bindung an Windows Phone gehörte Nokia auch 2011 zu den 20 Firmen, die am meisten zum Linux-Kernel beigetragen haben. Was ich mir also durchaus vorstellen kann ist, daß die Namen sterben, der technische Unterbau und das Know-How sowohl von Symbian (das ja ohnehin schon „Nokia Belle“ heißt) und Maemo/MeeGo in ein altes/neues System mit einfließen, mit dem man das chronisch schwache Windows Phone ergänzt.

Mal sehen. Ich würd mich nur freuen, wenn Elop wirklich geht. Er hat die Entwicklung des Smartphone-Marktes um zwei Jahre zurück geworfen.