Oskar Welzl: Weblog zur Homepage

Hardware und Software



Wechselt YotaPhone von Android auf Sailfish?

Das YotaPhone Seit wenigen Stunden jagt die Meldung durch alle einschlägigen Webseiten: Der russische Smartphonehersteller Yota Devices, bekannt durch seine ungewöhnliche Idee mit den zwei Bildschirmen am Handy, soll sich angeblich von Google abwenden und neue Modelle nicht mehr mit Android, sondern mit Sailfish OS als Betriebssystem ausliefern.

Jetzt sind solche Gerüchte, die sich wellenartig im Netz ausbreiten, natürlich mit Vorsicht zu genießen. Weder bei Jolla noch bei Yota Devices findet sich eine offizielle Bestätigung auf der Homepage. Allerdings paßt das Gerücht einfach verdammt gut in die Entwicklung des letzten halben Jahres:

  • Im Februar haben sich führende Mitarbeiter von Jolla mit dem russischen Minister für Kommunikation und Medien, Nikolai Nikiforow, zu einem Arbeitsgespräch getroffen. Nikiforows Ministerium arbeitet an einer Strategie, Russland unabhängiger von den US-Systemen Android und iOS zu machen. (Zur gleichen Zeit liefen Gespräche mit Samsung, das mit dem Betriebssystem Tizen einen ebenfalls geeigneten Kandidaten im Rennen hatte.) Russische IT- und Internetfirmen waren an den Treffen beteiligt.
  • Im Mai wurde bekannt, daß bereits ein Prototyp eines unter Sailfish OS laufenden YotaPhone existiert.
  • Ende Juni veröffentlichte das Ministerium ein Dokument, wonach die Evaluierung zugunsten von Jolla und damit gegen Samsung ausgefallen war. (Eine finale politische Entscheidung steht aber noch aus.) Falls dem Bericht nun auch eine politische Unterstützung für ein russiches Ökosystem mit Sailfish als Unterbau folgt, empfehlen die Experten die „Umsetzung auf einem russischen Mobilgerät“ (das heißt dann wohl: einem YotaPhone).
  • Seit heute geistert auf allen möglichen Smartphone-Seiten im Internet die Meldung herum, Yota Devices habe den Wechsel von Android auf Sailfish offiziell verkündet. Quellen gibt kein einziger dieser Artikel an; wenn doch, führen die Links alle zu einer Meldung auf Yahoo-News.

Ich bin sehr gespannt, wohin das alles führt. Jolla fährt derzeit nämlich eine Strategie, die durchaus interessant werden kann, wenn die richtigen Partner mitmachen: Die Finnen verkaufen ein mehr oder weniger nacktes Betriebssystem, in das Partner wie z.B. der russische Internet-Riese Yandex ihre Services integrieren können. Wer am Schluß die Hardware baut, ist nicht der zentrale Punkt. Wenn also irgendwo auf der Welt Firmen, die lokale Services anbieten, unter der Macht der Google-Konkurrenz erdrückt zu werden drohen, könnte eine Zusammenarbeit mit Jolla für sie genau die richtige Medizin sein.

Google macht das Gegenteil: Google verschenkt das Betriebssystem an die Hardwarehersteller, koppelt daran aber die Bedingung, daß die eigenen Services mitinstalliert werden. Diese Services sind es, an denen Google verdient - und deren erzwungene Omnipräsenz der Konkurrenz zunehmend das Leben schwer macht.

So. Und jetzt setz ich mich hin und warte, ob am Montag eine Bestätigung oder ein Dementi aus Moskau kommt. :)


Die Tastatur ist da!

Jolla Phone mit QWERTZ Tastatur Ein bißchen ist es ja auch mein Baby, weil ich via Kickstarter an der Finanzierung des Projekts beteiligt war. Zumindest kann ich versuchen, mir das einzureden. :)

Die wahren Helden sind Dirk van Leersum, Andrew Zhilin und Kimmo Lindholm. Die drei haben es geschafft, aus handelsüblichen Elektronik-Bauteilen und Plastik vom 3D-Drucker eine Hardware-Tastatur fürs Jolla-Phone zu bauen, die perfekt aussieht und auch tatsächlich funktioniert. Heute hatte ich sie im Postkasten: Man steckt sie auf, das Jolla-Phone erkennt sie automatisch und lädt Treiber und Konfigurationssoftware herunter, als Sahnehäubchen gibts ein funky ambience … und flutscht!

OK, flutscht noch nicht ganz: Ich hab die QWERTZ-Variante, also das deutsche Layout. In der vorliegenden Version 0.3 kann die Software nur mit englischen QWERTY-Tastaturen umgehen, was das Schreibvergnügen etwas trübt. (Ans vertauschte Y und Z gewöhnt man sich ja, aber die Umlaute fehlen genauso wie meine geliebte ſʒ-Ligatur.) Irgendwo muß Jolla da noch einen Haken im Sailfish-Betriebssystem anbringen, an dem die drei Helden dann den Befehl zur Sprachauswahl aufhängen können. Angeblich ist das intern sogar schon passiert und soll „soon™“ in ein Betriebssystem-Update einfließen. :)

Ebenfalls erkennt man in der Praxis rasch, warum Jolla den im Netz so laut geäußerten Wunsch nach einer Hardware-Tastatur nicht gleich selbst umgesetzt hat: Aufgrund der Größe des Telefons ist die Tastatur einfach verdammt breit. Obwohl ich nicht grad die kürzesten Finger hab: Im N900-Stil die Daumen von beiden Seiten entspannt über die Buchstaben flitzen zu lassen, das geht nicht. Da muß sich die Hand schon mal mit bewegen.

Ebenso zeigt das Projekt die Grenzen der Garagen-Produktion auf: Wenn so eine Tastatur gleich mit dem Gerät konzipiert und eingebaut wird, können die Entwickler platzsparende Tricks jenseits des 3D-Drucks verwenden. Die nachträglich angesteckte Tastatur hingegen macht aus dem eleganten finnischen Telefon einen Block mit 1,7cm Dicke. Size matters. :)

Auf der Habenseite steht jedoch eine ganze Menge:

Wir sprechen von einer kompletten, 5reihigen Tastatur mit zusätzlichen, frei belegbaren Sondertasten (F1-F12). Sie ist auf Wunsch beleuchtet, steuert die Zwischenablage wie am PC (Strg+C, Strg+V etc.), hat Pfeiltasten (ein Traum beim Korrigieren von Tippfehlern), kann über Alt+Tab zwischen geöffneten Fenstern wechseln, Programme starten (über die Funktionstasten) und verhält sich auch sonst wie eine „große“ Tastatur (Strg+Ende, Strg+Pfeiltasten, Strg+A, …). Genial!

Unterm Strich freu ich mich trotz der erwähnten Schwächen wie ein Schneekönig über das kleine Spielzeug: Gar nicht so sehr, weil es die lange vermißte Tastatur ist. Ich freue mich vor allem, weil hier drei geniale Menschen aus unterschiedlichen Ländern zusammengefunden und etwas gebaut haben, was man noch vor sehr kurzer Zeit ausschließlich von größeren Unternehmen kaufen hätte können. Von Unternehmen, die an der Zubehörproduktion für ein Nischenprodukt wie dem Jolla Phone wohl nicht interessiert gewesen wären. Die ganze Gschicht ist also original people powered, wie's im Jolla-Sprech so schön heißt.

Ich bedanke mich für die verspätete Geburtstagsfreude und warte mit Andacht aufs nächste Update. ;)


Schmeicheln im Jolla-Store: Flattr ist da!

flattr-Unterstützung beim gPodder-ClientAus welchen Gründen auch immer: Jolla hat sich bisher strikt geweigert, im Jolla-Store eine konventionelle Bezahlfunktion einzubauen. Wer seine Programme dort zum Download anbietet, stellt sie grundsätzlich gratis zur Verfügung. Erst im Programm selbst kann man natürlich Links zu Spendenseiten einbauen.

Seit heute ist das geringfügig anders - und einmal mehr beweist Jolla, daß es hinter seinem Firmenslogan „#unlike“ steht. Eine traditionelle Bezahlfunktion à la Google oder Microsoft gibt es nämlich nach wie vor nicht. Stattdessen kooperieren die Finnen mit dem schwedischen Unternehmen Flattr, das sich auf die Überweisung von (typischerweise kleinen) Spenden im Internet spezialisiert hat. Ein knallgrüner „Flattr“-Button wird im Jolla-Store an immer gleicher Stelle über den Screenshots eines Programms eingeblendet, wenn der Programmierer das will.

Das englische Verb „flatter“ bedeutet schmeicheln, was dem Sinn des Spendens für kreative Leistungen im Web schon sehr nahe kommt. Gleichzeitig lehnt sich der Firmenname an das Wort „flat“ an, das wir aus der Flatrate kennen: Man hat bei Flattr nämlich so etwas wie eine Spenden-Flatrate. Ich stelle einen monatlichen Fixbetrag ein und kann unbesorgt so oft auf den „Spenden“-Button klicken, wie ich möchte. Von der Kreditkarte abgebucht wird nicht pro Klick, es bleibt beim Fixbetrag. Habe ich im Monat 1x gespendet, geht dieser Betrag zur Gänze an diesen einen Empfänger. War ich großzügiger und habe 20x geklickt, müssen sich 20 Empfänger mein Spendenbudget anteilsmäßig teilen.

Aus Sicht des Gesamt-Ökosystems ist diese Lösung wahrscheinlich die beste. Programmierer haben sich schon lange irgendeine Form der finanziellen Vergütung gewünscht, die in standardisierter Weise direkt beim Programmdownload eingebaut ist. Kritiker wollten unbedingt eine Kommerzialisierung des Nischensystems vermeiden. Flattr trägt den Anliegen beider Seiten Rechnung und hat noch eine Reihe weiterer Vorzüge:

  • Flattr wird als Marktführer unter den Spendendiensten im Micropayment-Bereich gehandelt. Viele User werden ihr Flattr-Konto also ohnehin bereits besitzen.
  • Jolla hat immer wieder versucht, in erster Linie mit finnischen oder doch zumindest mit skandinavischen Partnern zusammenzuarbeiten. Flattr als schwedisches Unternehmen paßt perfekt in diese Tradition.
  • Vergeßliche User können Spenden in Form von Abos verwalten. Jeden Monat einen Teil meines Spendenbudgets an einen bestimmten Entwickler, solange ich sein Programm verwende? Kein Problem.
  • Weil das System von Jolla komplett unabhängig ist (Jolla zweigt auch nichts von den Zahlungen ab), kann der Programmierer den gleichen Flattr-Button z.B. auf jeder Website verwenden, die mit dem Programm in Zusammenhang steht. Bereits heute nicht unüblich ist die Verlinkung der in öffentlichen Versionsverwaltungssystemen wie GitHub gepflegten Quelldateien mit einem Flattr-Account. Ebenfalls denkbar ist der Flattr-Button unter einem Blog-Artikel, in dem der Programmierer über ein Update berichtet. So laufen alle Zahlungen zusammen, nicht nur die von Jolla-Besitzern.

Das erste Programm, mit dem man die neue Funktion heute testen konnte, war der gute alte gPodder, den Thomas seit den alten Tablet-Tagen unermüdlich für Maemo und jetzt eben auch für Sailfish bereitstellt. Wenn ich jetzt sag, daß auch ich draufgeklickt hab, um die Sache auszuprobieren, dann mach ich den letzten Vorzug von Flattr zunichte:

  • Es bleibt alles anonym. Von der Bezahlung des Konsumenten an den Programmierer bekommt Jolla nichts mit, die sind nicht involviert. Der Programmierer erhält nur die Gesamtsumme, sieht aber nicht, wer gespendet hat und wieviel. Nur Flattr selbst behält zwangsläufig den Überblick - die müssen das Geld ja abbuchen.

Fein gelöst, liebe Sailors.


Jollas Aaslakkajärvi: Betriebssystem-Update aus dem Naturschutzgebiet

Aaslakkajärvi Update Aaslakkajärvi ist ein See, der mehr als 12 Autostunden nördlich von Helsinki liegt. (Das Mehr als ist dabei sehr wörtlich zu nehmen: Die Lage des Sees im Tarvantovaara Naturschutzgebiet im nördlichsten Zipfel Finnlands macht eine genaue Routenberechnung unmöglich. Der Mangel an Straßen dürfte seinen Teil dazu beitragen.)

Aaslakkajärvi ist auch der Name der neuesten Betriebssystem-Version für mein Jolla-Handy, die heute doch ziemlich überraschend im Rahmen des „Early Access“-Programms veröffentlicht wurde. Sie trägt die Versionsnummer 1.1.6, weil 1.1.5 got dropped early in the RC phase. :)

Damit beantwortet Jolla einerseits die Frage, die ich am 18.4. gestellt habe: Nein, Äijänpäivänjärvi war nicht das letzte Update vor Sailfish 2.0. Andererseits werden aber auch wieder eine Reihe netter neuer Features vorgestellt. Meine persönlichen Highllights:

  • Im Mail-Client gibts neue Funktionen, die vor allem Operationen mit mehreren Mails auf einmal verbessern.
  • Ein „Private Browsing“-Modus im Web Browser - endlich! (Diese Verbesserung wurde in der Roadmap bereits angekündigt.)
  • Mehr Details in der Anrufliste - auch das wurde schon seit langer Zeit vehement eingefordert!
  • Verschiedene neue Sicherheitsnetze, um den Updateprozess des Betriebssystems selbst noch risikofreier zu machen. (Das sorgt für ein gutes Gefühl, wobei ich sagen muß: Ich hatte noch nie ein Problem, und das will was heißen bei fast monatlichen Updates.)

Ferner nennt Jolla als besondere Verbesserungen die genauere Aufschlüsselung der Belegung des Massenspeichers (dafür hatte ich aber immer schon Drittprogramme), den verbesserten Umgang mit importierten .vcs und .ical Dateien (darauf haben viele gewartet, mein Anwendungsfall ist es nicht), Empfangsbestätigungen für MMS, Warnungen über Probleme mit dem Dateisystem, die Unterstützung für „stille SMS“ zur Anzeige von Voicemail-Nachrichten (die A1 ohnehin nicht verwendet) und schließlich die Anpassung des Facebook-Clients an die neue Facebook-API (als ob mich das jucken tät *gg*). Noch nicht ganz klar ist, wie die Flattr-Unterstützung im Store funktionieren wird: Für die neue Version des Store-Clients gibt Jolla Flattr-Integration als Verbesserung an. Eine Eingabemöglichkeit für ein Flattr-Konto habe ich aber nicht gefunden. Vielleicht wird das ja mit dem Jolla-Account verknüpft …

Mit vielen kleinen Fehlerbehebungen, Sicherheitsupdates und allgemeinen (Performance-)Verbesserungen kommt Aaslakkajärvi in Summe auf beachtliche 440 Änderungen in 95 Systemkomponenten. Dieser Artikel auf TJC listet sie vorbildlich auf. Er verlinkt sogar zu den jeweiligen Einträgen im öffentlichen Mer-Bugzilla, sofern die behobenen Probleme dort dokumentiert waren. Sehr fein gemacht, so muß offene Entwicklung sein!


Jolla: Gute Zeichen, schlechte Zeichen

Private Browsing kommt demnächst aufs Jolla Phone Die Signale aus Finnland bescheren der Jolla-Gemeinde ein emotionales Auf und Ab: Gerade erst wurden wir im Jolla-Blog davon verständigt, daß ein Problem mit dem Display die Auslieferung des Jolla Tablets von Mai/Juni auf Ende Juli verschieben wird. (Das heißt für mich wahrscheinlich: Ich bekomme es erst im August, nach dem Urlaub.)

Fast zeitgleich packten die Sailors endlich ein Geschenk aus, auf das sowohl Entwickler als auch Benutzer schon lange gewartet hatten: Einen mittelfristigen Zeitplan der bis ins dritte Quartal 2015 geplanten Neuerungen am Sailfish Betriebssystem.

Meine persönlichen Highlights aus der rund 100 Punkte umfassenden Liste:

  • SIP-Integration
  • Flattr-Support im Store
  • Private Browsing
  • Unterstützung der Hardware-Tastatur auf Betriebssystem-Ebene
  • Split Screen
  • Fotos direkt auf SD-Karte speichern
  • UPnP/DLNA auf Betriebssystemebene
  • WPA Enterprise

Die vielen Anfragen zu diesen Leistungsmerkmale wurden von Jolla bisher nur mit „Wir haben das am Radar und kümmern uns drum“ beantwortet. Ein auf einzelne Monate heruntergebrochener Zeitplan für die konkrete Implementierung ist da schon ganz etwas anderes. (Wobei natürlich wie immer gilt: Daß etwas geplant ist heißt nicht, daß es auch fertig wird. Und selbst wenn es fertig wird kann die Veröffentlichung im Rahmen eines Betriebssystem-Updates sich noch einmal um einige Monate hinauszögern.)


Powervoting mit dem Jolla

Voting-Skript Die wenigsten Menschen verstehen ja, warum mir bei einem Telefon der Zugriff auf die Kommandozeile so wichtig ist. Ganz einfach: Weil ich nur so das Telefon wirklich zu 100% nutzen kann. Jedes „intuitive und benutzerfreundliche“ grafische User Interface ist ja doch nur eine künstliche Barriere zwischen der ungezügelten Macht des Computers und mir als seinem Meister. :)

Egal ob N900, N9 oder Jolla: Auf allen diesen Telefonen habe ich mit wenigen Befehlen auf der Kommandozeile Dinge gezaubert, für die iOS- und Android-User erst irgendwelche „Äpps“ zusammenkaufen müssen (wenns denn überhaupt geht).

Typisches Beispiel aus der Song-Contest-Zeit: das Televoting. Wie ich die 20 mir zugestandenen Stimmen auf die einzelnen Songs verteile, weiß ich ja schon vorher. Bleibt für den großen Moment der Stimmabgabe nur die repetitive Handlung, 20x die Nummer für SMS oder Anruf ins Telefon zu tippen und sich dabei möglichst nicht zu verzählen. („Wie oft hab ich schon für Belgien angerufen? Muß ich noch einmal für Armenien stimmen oder war das schon genug?“)

Was macht man als Computerbesitzer, wenn man repetitive Tätigkeiten nicht selbst erledigen und außerdem Flüchtigkeitsfehler verhindern will? Genau, man delegiert das an den Blechtrottel. Mittel der Wahl für so simple Verrichtungen ist das, was gemeinhin als Batch-Datei, Stapelverarbeitungsprogramm oder Shell-Script bekannt ist. Da hält man sich nicht lang mit überflüssiger grafischer Gestaltung auf sondern sagt dem Telefon in knappen Worten, was zu erledigen ist. (Großer Vorteil des Jolla Phone für mich: Ich muß nichtmal eine neue Spache lernen. Am Jolla läuft die Bash, die sowieso auf so gut wie allen GNU/Linux-Systemen für die Eingabe von Kommandos und die Abarbeitung von Skripten zuständig ist.)

Für den Song Contest und ähnliche Televoting-Veranstaltungen verwende ich Variationen dieses Skripts:

#!/bin/sh

# kostenpflichte Nummer, bitte nicht am Handy ausprobieren; 
telefonnummer=090105905

for endziffer in 02 02 03 03 03 03 03 03 03 03 07 07 15 15 15 15 15 15 15 15 
do
	echo "SMS an $telefonnummer$endziffer"
	dbus-send --system --dest=org.ofono /ril_0 org.ofono.MessageManager.SendMessage string:$telefonnummer$endziffer string:$endziffer
done

(Achtung: Das Ding hämmert völlig unbemerkt im Hintergrund 20 SMS an eine gebührenpflichtige Nummer raus und verpulvert so € 10,-. Nicht zuhause nachmachen. *gg*)

Das einzige, was davon wirklich systemspezifisch ist und nicht genauso auf jedem anderen GNU/Linux-PC funktioniert, ist (wenig überraschend) der Parameter --dest=org.ofono /ril_0 org.ofono.MessageManager.SendMessage, mit dem der Befehl dbus-send den Versand einer SMS ansteuert. (dbus-send selbst hingegen gehört zu den Befehlen, die auch vom Desktop her bekannt sind.) Genau das ist der wesentliche Punkt: Man muß sich kein Spezialwissen aneignen, man muß nicht unbedingt erst lernen, wie man „Jolla-Äpps“ schreibt, so wie man das Programmieren von „iPhone-Äpps“ oder „Windows Phone Äpps“ oder „Android Äpps“ erlernen müßte. Man geht einfach mit dem Wissen her, das man seit Jahren am Desktop gesammelt hat, und klopft damit in 90 Sekunden ein kleines Helferlein am Telefon zusammen, das man dann immer und immer wieder verwenden kann. Außerdem erspart man sich die ganzen Scheißereien, die ein professionelles Programm mit der gleichen Aufgabenstellung hätte: Jolla würde nämlich nicht zulassen, daß es 20 SMS rausschickt, ohne daß der Benutzer etwas davon mitbekommt.

Einfach und schnörkellos. Mehr Zeit für Brötchen und Prosecco. ;)


Äijänpäivänjärvi

Äijänpäivänjärvi ist ein See, der knapp sieben Autostunden nordöstlich von Helsinki liegt, kurz vor der russischen Grenze. Äijänpäivänjärvi heißt auch das neueste Update 1.1.4 für mein Jolla Smartphone, das diese Woche im „Early Access“-Programm freigegeben wurde.

Aufmerksame Leser stellen sofort fest: Hoppla! Da hat sich doch jemand verzählt? Fast richtig: Das letzte Update trug die Versionsnummer 1.1.2, die fehlende Release 1.1.3 ist offenbar in den teilweise parallel laufenden Entwicklungszyklen einfach von Äijänpäivänjärvi überholt worden. (Sowas gabs schon einmal, als im Juni 2014 statt der erwarteten Version 1.0.6 gleich 1.0.7 veröffentlich wurde.)

Neue Features sind kaum mehr hinzugekommen, offenbar ist Sailfish 1 für Jolla mittlerweile dort angekommen, wo es sein soll. Gerade mal die Unterstützung für IMAP Idle, Verbesserungen in der Kartendarstellung, neue optische Effekte in der Benutzeroberfläche sowie die daumenfreundlichere geteilte Tastatur im Querformat werden als Highlights genannt. Dazu noch einige Sicherheitsupdates, neue Sprachen für Tastatur und Autokorrektur (unter anderem Türkisch), das wars. Im Hintergrund sorgen fast 600 technische Änderungen in 125 Systemkomponenten für eine gesteigerte Performance, bessere Bedienbarkeit und mehr Kompatibilität mit diversen Online-Services. Dazu kommen neue APIs für Programmierer. Viel Augenmerk wurde auch auf das Herauslösen hardwarespezifischer Programmteile gelegt, um in Zukunft eine saubere Weiterentwicklung für Tablet und Telefon zu gewährleisten. Damit dürfte Äijänpäivänjärvi zu den umfangreicheren Updates zählen, auch wenns an der Oberfläche zunächst nicht danach aussieht. Stille Seen sind eben tief - 21 Meter, um genau zu sein. :)

Bleibt die Frage: Gibts noch ein Update 1.1.5 vor Sailfish 2 oder ist Äijänpäivänjärvi schon der rote Teppich, der für Sailfish 2 ausgelegt wurde?

PS: In Sachen Aussprache ist Äijänpäivänjärvi wahrscheinlich die größte Herausforderung, mit der Jolla seine Kunden je konfrontiert hat. Review #Jolla hilft mit einer Audiodatei und erklärt, was der Name bedeutet: Ostersee. :)


Nokias Erben III: Zwei Jahre später

Das kommt davon, wenn man sein eigenes Blog liest: Anfang 2013 gabs bei mir zwei Artikel über die möglichen Nachfolger der Maemo/MeeGo-Linie von Nokia. In „Nokias Erben: Jolla? Ubuntu? Firefox? Tizen?“ habe ich die vier Betriebssysteme Sailfish OS, Firefox OS, Tizen und Ubuntu Phone danach beurteilt, wie gut sie (nach den damals zur Verfügung stehenden Informationen) meine Anforderungen erfüllen. Etwas später gabs in „Nokias Erben II“ eine Zusammenfassung der Meinung des Analysten Tomi Ahonen, der sich natürlich mehr auf die Marktchancen konzentrierte.

Es ist irgendwie interessant, zwei Jahre später nachzusehen, ob die damaligen Einschätzungen einer Überprüfung in der Realität auch standhalten. Der Zeitpunkt ist ideal: Seit dieser Woche sind erstmals Telefone mit allen vier damals verglichenen Betriebssystemen regulär zu kaufen - wenn auch teilweise mit regionalen Einschränkungen.

Von den Marktchancen her hielt Ahonen Tizen für eine sichere Bank und sagte dem Samsung-Betriebssystem bis zu 5% Marktanteil bis Ende 2014 voraus. Bei Jolla und Firefox OS wollte er sich nicht so recht festlegen, sah die Sache aber eher schwierig. Daß Ubuntu auf Smartphones ein Erfolg werden könnte, schloß Ahonen eher aus.

2015 wissen wir: Tizen ist so gut wie nicht existent. Trotz der beeindruckenden Liste an Firmenlogos auf der Homepage der Tizen Association scheint nur mehr Samsung ein bißchen Interesse an dem Projekt zu haben. Das erste Tizen-Telefon kam auch erst im Jänner 2015 auf den Markt - und das nur in Indien. Keine Rede also von 5% Marktanteil. Genauer gesagt auch keine Rede von einem Smartphone-Betriebssystem: Das schwachbrüstige Samsung Z1 wird für umgerechnet 77 Euro verkauft.

Ebenfalls nicht wirklich existent ist Ubuntu: Auch in diesem Fall hat es bis 2015 gedauert, bis ein kommerzielles Produkt verfügbar war. Der spanische Hersteller BQ hat sich erbarmt und eine Ubuntu-Version seines Aquaris E4.5 gebaut. So richtig verkauft wird es erst seit dieser Woche, zuvor gab es nur sogenannte „Flash Sales“ mit geringen Stückzahlen via Twitter. Die Pressereaktionen bei der Vorstellung waren verhalten: Canonical hatte über Jahre hinweg eine Erwartungshaltung aufgebaut, der das Mittelklasse-Handy trotz einiger interessanter Ansätze nicht entspricht. (Die nächste Chance kommt angeblich in Form des Meizu MX4, das ebenfalls mit Ubuntu ausgestattet werden soll.)

Anders sieht es bei Jolla aus: Die Finnen hatten schon 2013 ein echtes Smartphone auf dem Markt, haben Verträge mit Carriern in Europa, Afrika und Asien und mittlerweile ein Netz von Vertriebspartnern, mit dem sie die drei Kontinente recht gut abdecken. Auch wenn Ahonens Vorhersage zutrifft, daß mit Saifish OS keine nennenswerten Marktanteile zu gewinnen sind … zumindest ist da ein Produkt, das funktioniert, regulär zu kaufen ist und auch seine Kinderkrankheiten bereits hinter sich hat. Außerdem ist Jolla kurz davor, mit dem Tablet eine weitere Geräteklasse anzusprechen. Das alles ist deutlich mehr, als Samsung und Canonical mit ihren jeweiligen Lösungen derzeit bieten können.

Bleibt zum Schluß die Überraschung in diesem Feld: Firefox OS. Von Ahonen vor zwei Jahren eher skeptisch beurteilt, ist es das einzige der vier hier bestprochenen Betriebssysteme, das seit Mitte 2013 auf unterschiedlichsten Modellen verschiedenster Hersteller läuft und so gesehen tatsächlich Erfolg hat. Neben kleineren Firmen haben große Unternehmen wie Alcatel, ZTE, Huawei und LG das Betriebssystem von Mozilla auf ihre Hardware gepackt. Auch die Carrier haben mitgespielt und die entsprechenden Geräte als Vertragshandys günstig unters Volk gebracht. „Günstig“ ist anscheinend überhaupt das Stichwort: Kaum ein Gerät kostet mehr als € 100,-, Funktionsumfang und Bedienung erinnern mehr an die verblichene Asha-Serie von Nokia als an Smartphones der Gegenwart. Im Rahmen des eben zu Ende gegangenen Mobile World Congress 2015 wurde ein brandneues Modell mit den Worten präsentiert: … and it has all the sort of features you've come to expect in a smartphone: dialler, SMS, contacts application, Firefox browser … Damit ist die Zielgruppe von Firefox OS wahrscheinlich ausreichend beschrieben.

Positiv ist: Alle vier Anfang 2013 besprochenen (mehr oder weniger) „freien“ Betriebssysteme sind noch im Rennen. Ich hätte persönlich durchaus damit gerechnet, daß dem einen oder anderen Projekt im Lauf dieser zwei Jahre der Atem ausgeht. Das bedeutet: Nach dem Dämpfer, den die Idee vom freien Smartphone-Betriebssystem durch das Ende von Nokia erfahren hat, ist die Marktlage heute besser als je zuvor. Wer sich für Handy-Betriebssysteme abseits der goldenen Käfige von Apple und Google interessiert, hat überraschend viel Auswahl.

Unerwartet: Gerade die von den größten Unternehmen getragene Alternative, Tizen, ist gegenüber den ursprünglichen Ankündigungen hoffnungslos im Rückstand und hat bisher keine der Erwartungen erfüllt.

Was heißt das in Bezug auf die beiden Artikel aus 2013? Tomi Ahonen hat sich jedenfalls geirrt. Tizen, das er als Nummer eins gesehen hat, ist weit von einer tatsächlichen Marktrelevanz entfernt. Dafür haben ausgerechnet Sailfish OS und vor allem Firefox, bei denen Ahonen eher skeptisch war, sich ihre Marktnischen geschaffen.

Meine eigene Einschätzung hat gehalten. Ich habe damals ja weniger die Marktchancen beurteilt sondern die Frage, inwieweit die vier Konkurrenten meine Ansprüche an ein Smartphone-Betriebssystem erfüllen. 2013 wie heute gilt: Ubuntu und Sailfish OS sind tatsächlich entsprechend leistungsfähig, Tizen ist zu eingeschränkt und Firefox OS ist überhaupt eher in der Geräteklasse der Feature-Phones unterwegs. (Und während ich das hier tippe überlege ich mir gerade: Sollte ich nicht die Verfügbarkeit eines Ubuntu-Smartphones nutzen, um Sailfish OS und Ubuntu auch in der Praxis gegeneinander antreten zu lassen? *gg*)


N900: Neue Infos von - Microsoft!

Hätte mir das jemand vor fünf Jahren erzählt, wie ich das unter GNU/Linux laufende Nokia N900 als Smartphone verwendet (und hier sehr oft darüber geschrieben) habe, ich hätt ihn für verrückt erklärt:

Vier Jahre nach dem endgültigen Aus jeglicher Unterstützung für das Gerät durch Nokia finde ich eine funkelnagelneue und hochoffizielle Hilfe- und Supportseite von … Microsoft! Die Amis geben dort tatsächlich nützliche Hinweise für die sieben auf der ganzen Welt versprenkelten Leute, die das N900 noch aktiv als Smartphone verwenden. Microsoft. Für ein GNU/Linux-Handy. Das muß man sich auf der Zunge zergehen lassen. :)

Ein ganz kleines bißchen bösartig ist nur die unter „Useful Links“ angebotene Information: Sie erschöpft sich in den Punkten „Recycling“ und „Neue Telefone“. Nützlicheres, so meint man, kanns für N900-Besitzer nicht geben. :)


Update für Bücher

Normalerweise berichte ich hier über Software-Updates für Handys, gelegentlich auch über neue Versionen von Desktop-Software.

Die Zeiten ändern sich, es gibt jetzt auch Betriebssystem-Updates für meine Bücher. :) Die gestern auf unseren Tolino Visions gelandete Version 1.6 bietet zum ersten Mal mehr als nur kleine Fehlerbehebungen: Textdarstellung im Querformat, verbesserte Kapitelnavigation und die schnellere Veränderung der Textgröße durch „Pinch to Zoom“ sind die Highlights beim eReader selbst. Für mich persönlich viel wichtiger sind Verbesserungen im Browser: Der unterstützt jetzt endlich Favoriten und reagiert auch besser beim Scrollen und Vergrößern/Verkleinern. Das bedeutet mehr Komfort sowohl beim Lesen von Onlinetexten als auch beim Anzapfen von EPUB-Quellen außerhalb des Thalia-Shops.

Ich bin sehr zufrieden. Und ich finds toll, daß endlich auch Bücher Betriebssystem-Updates erhalten. Es sollte für alles regelmäßige Updates geben. ;)