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ORF@ESC 2013: Wie mans verbockt

Ein guter Platz beim Song Contest ist nie gänzlich ausgeschlossen, aber: man kann sich bemühen und alles tun, um ihn zu verhindern. Wie der ORF.

Schon vor Monaten stand der völlig verquere Auswahlmodus fest, der für 2013 gelten sollte. Statt nämlich gute Songs zu suchen, durchforstete man die heimische Musikszene nach fünf unbekannten Interpreten, die dringend irgendeine Form von PR benötigen. Wichtigste Eigenschaften laut ORF: künstlerische Eigenständigkeit und eine herausragende Stimme. Als obs darum ginge.

Die fünf, über Nacht zu vielversprechenden Talenten mutiert, stehen jetzt fest. Yela, Natália Kelly, The Bandaloop, Elija und Falco Luneau heißen sie. Nie gehört? Pfrt! Falco Luneau muß man kennen. Der lieferte heuer die berühmte Showeinlage beim 20. Jahrestag des Deutschen Friesenzuchtverbandes.

Nochmal und langsam zum Mitschreiben: Keine Sau interessiert sich beim Eurovision Song Contest für den Sänger oder seine Stimme, geschweige denn für seine künstlerische Eigenständigkeit. Es ist völlig abartig, monatelang nach Interpreten zu suchen. Was die Leute zum Anrufen bringt ist ein guter Song, ein Ohrwurm. Den sollte man also schleunigst herbeizaubern. Wäre der ORF halbwegs logisch vorgegangen, hätte man also einen Sänger fix nominiert und verschiedene Komponisten gebeten, Songs für ihn zu schreiben. Genau das passiert nicht. Wenn ich die ORF-Aussendung richtig lese, steuert Thomas Rabitsch die musikalische Auswahl gleich für alle fünf antretenden Interpreten. Da kann man sich eine Vorauswahl mit Publikumsabstimmung auch gleich sparen: Der Rabitsch wirds, das steht schon fest.

Es reicht aber nicht, beim Auswahlmodus das Pferd von hinten aufzuzäumen. Will man die Veranstaltung wirklich versenken, muß man auch noch sichergehen, daß bei der Songauswahl alles schief geht. ORF-Fernsehdirektorin Mag. Kathrin Zechner erklärt den Plan:

Wir haben uns zum Ziel gesetzt, anspruchsvolle, international konkurrenzfähige und österreichische Interpreten in der Vorausscheidung zu präsentieren, die den Vergleich auf höchstem künstlerischem Niveau nicht zu scheuen brauchen."

Hallo? Hat da jemand „Ohrwurm“ gesagt? Oder „kommerziell erfolgreicher Pop“? Nein? Dann wirds wohl daran liegen, daß es genau das bräuchte, um beim ESC auf die vorderen Plätze zu kommen. Die Zauberformel heißt: Das Publikum sowohl in Malmö als auch vor jedem europäischen TV-Gerät muß spätestens nach der ersten Minute mitsingen, obwohl es den Song noch nie gehört hat. Wie verhindert man das, Frau Zechner? Genau. Mit anspruchsvollem Gedudel auf höchstem künstlerischem Niveau.

Damit aller guten Dinge dann auch wirklich drei sind, darf auch der erfolgsverwöhnte „Mr. Douze Points“ des ORF, Unterhaltungschef Edgar Böhm, noch ein paar Worte sagen:

Mit der Reduktion auf fünf Acts und der aktiven Suche nach diesen Talenten wollten wir das Wesentliche des Song Contests wieder in den Mittelpunkt stellen: große Talente mit internationalem Format und unverwechselbaren Stimmen. Mein Dank gilt dem Scouting-Team um Thomas Rabitsch, das diese spannenden Talente für unseren Vorentscheid gefunden hat.

Talente, Talente? Eines der größten Mißverständnisse beim ORF ist, daß es sich beim Song Contest um eine Talente-Show handelt. Um „Die Große Chance“ der EBU, um „Europa sucht den Superstar“. Das kann so funktionieren, wenn gute Autoren hinter dem Song stehen. Auf der sichereren Seite ist man aber mit Künstlern und ihren Produzenten, die eine Karrieren abseits des ESC aufgebaut haben und von denen man weiß, daß sie den Nerv des Publikums treffen. Dima Bilan, Željko Joksimović, Dino Merlin, maNga, Patricia Kaas, Kenan Doğulu, Lordi, Elena Paparizou, Athena, … sie alle sind in den vergangenen Jahren mit einer bestehenden, erfolgreichen Karriere im Rücken beim Song Contest angetreten und wurden mit einem Platz unter den Top 10 (bzw. dem Sieg) belohnt. - Natürlich verstehe ich Herrn Böhms verzweifeltes Zurückrudern auf „Talente“ bis zu einem gewissen Grad: In Österreich tut sich einfach nichts in Sachen Musik. Das liegt wahrscheinlich sogar weniger an den Musikern hierzulande als am ORF selbst. Der nämlich lutscht lieber Schüler ohne Bühnenerfahrung in Talenteshows aus, statt einer vielleicht kommerziell verwertbaren Band durch gezielten TV- und Radio-Einsatz auf die Sprünge zu helfen.

(Und bevor mir jetzt jemand Böses unterstellt: Ich hab nichts gegen Yela, Natália Kelly, The Bandaloop, Elija und Falco Luneau. Dieser Artikel richtet sich keinesfalls gegen diese fünf. Sie sind mir nur im Zusammenhang mit dem Song Contest so lange völlig wurscht, solange nicht die jeweiligen Songs bekannt sind … und auch dann sind es in erster Linie die Songs, die mich interessieren, nicht wer sie singt.)

 
Deep_Blue meinte am :
Sei doch froh !
So müssen wir nicht mit der schon lieb gewonnen Tradition brechen - Austria 0 Points :-)))

Im Prinzip hast du Recht, aber letztes Jahr, die Trackshittaz, dass war doch auch ein Ohrwurm und hat auch nicht geklappt, oder siehst du das anders ? 
ossi1967 antwortete am :
Das seh ich anders

„Woki mit deim Popo“ war eben genau kein Ohrwurm (im Gegensatz zu „That's What I Am“ von der Wurst). Zu einem Ohrwurm gehört Melodie. Den gabs nicht beim Trackshittaz-Song.

(Anders war das bei „Oida taunz!“.)

 
Deep_Blue meinte am :
Ach sowas
meinst du !!

http://www.youtube.com/watch?v=yFPQbnraeVg

Hat damals aber auch nix genutzt.

kann es sein, dass der ESC eigentlich vollkommen unbedeutend ist, für die Musikwelt.

Ich möchte dir da jetzt aber nicht zu nahe treten, du lebst ja für das Zeugs. :-) 
ossi1967 antwortete am :
Wann? Wem? Und wie?

Wann hätte was wem nutzen sollen? Das Liedchen, auf das Du da verlinkst, war nie beim Song Contest.

 
gagalope (Gast) meinte am :
ich machte mir die mühe!
..den ganzen mist von denen anzuhören! :) alles scheisse, ausser die von denen ich mir aufgrund des selten dämlichen bandnamens am wenigsten erwartet hätte: the bandaloop. die werns zwar eh nicht, aber deren 80s electropop find ich sehr süss, wenn auch noch nicht ganz ausgereift. wobei von ausgereift braucht man bei den anderen gar nicht zu reden, das waren ja kirmessänger... um gottes willen.... ;) 
ossi1967 antwortete am :
Ich geb mir das noch gar nicht

Mal warten, bis der Rabitsch seine Songs ausm Hut zaubert.

 
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