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Tanz der Vampire

Tanz der Vampire Mit Raini (Kartenheld!) und Wolfi im Ronacher bei „Tanz der Vampire“! Wenn ein ausgewiesener Musical-Skeptiker (wir nennen hier keine Namen) einen Musical-Abend mit knapp 3 Stunden Dauer als kurzweilig bezeichnet, dann muß die Inszenierung etwas richtig gemacht haben.

Hat sie auch. Man kann nur nicht gleich genau sagen, was es ist. :)

Der „Tanz der Vampire“ war schon 1967 als Film eine teilweise schleppende und ganz sicher nicht von zu viel Handlung gequälte Angelegenheit. Gute 1½ Stunden klamaukten sich damals Roman Polański und Sharon Tate durch den mit zwei Millionen Dollar Produktionskosten eher billigen Streifen.

1997 machten die Vereinigten Bühnen Wien daraus ein Musical. Komponist Jim Steinman verwendete dafür zu 70% bereits vorhandenes Material. Ein Teil davon kam tatsächlich von ihm und wurde ursprünglich für Meat Loaf, Bonny Tyler oder Pandora’s Box geschrieben. Steinman verwendete aber auch zwei Songs von David Bowie - bis heute weiß niemand, ob Bowie ursprünglich Steinmans Kompositionen als die seinen ausgegeben hat oder ob Bowie nur aufgrund einer gefinkelten Vertragsklausel nicht als Mitkomponist von „Tanz der Vampire“ genannt wird. Unterm Strich bleibt: Wer bisher kein Fan von Meatloaf war, dem geht auch die Musik zu „Tanz der Vampire“ nicht ins Ohr.

Was ist es nun, das aus einer eher undankbaren Musik und einer sehr dünnen, auf drei Stunden ausgewalzten Handlung doch noch einen unglaublich unterhaltsamen, kurzweiligen Theaterabend zaubert?

Es ist beste, hochprofessionelle Handwerkskunst auf allen Theaterebenen. Regisseur der Wiener Inszenierung von 1997 war Roman Polański höchstselbst und man spürt in jeder Minute, daß er die Bühnenshow so gestaltet hat, wie er den Film eigentlich haben hätte wollen: Was sich bewährt hat, wurde erhalten. Das betrifft die Kostüme und Frisuren von Alfred und Professor Abronsius genauso wie eine ganze Reihe von Szenen und Dialogen, die fast 1:1 aus dem Film übernommen wurden. Hinzugefügt wurde, was dem Film so gänzlich fehlt: Die Opulenz des Schaurigen. Das Original aus 1967 sollte eine ironische, witzige Persiflage auf das klassische Horror-Genre sein, eine Persiflage aber, die mit den bekannten Versatzstücken arbeitet und zwischen all dem Slapstick durchaus auch Grusel aufkommen läßt. Die billigen Papp-Requisiten haben den Versuch damals im Keim erstickt. Nicht so auf der Bühne:

Die Rollen der Sarah und vor allem die des Grafen von Krolok wurden ausgebaut und neu gestaltet. Der Graf ist deutlich bedrohlicher und gleichzeitig faszinierender als auf der Leinwand, Sarah unschuldiger und naiver. Steinmans Musik mag kaum Ohrwürmer liefern, aber sie sorgt für eine passend düstere Grundstimmung - etwas, was dem Film komplett fehlt. Die größte Schwäche des Films - die billigen Bauten, die mißlungene Kombination von Studioaufnahmen mit Hintergrundprojektionen - wird zur größten Stärke der Bühnenshow. Eine geradezu unglaubliche Bühnentechnik, die mit Licht, Perspektive, Projektion sowie dreh- und kippbaren Elementen die Physik außer Kraft zu setzen scheint. (Wie ist der so schnell von da oben hinunter gekommen zu ihr?)

Stichwort „Bühnenshow“: Roman Polański hat nicht vergessen, daß die zahlende Kundschaft unterhalten werden will. Er läßt gelegentlich die Handlung auch mal beiseite und baut mitreißende Tanz- und Chorszenen ein oder schickt die Vampire ins Publikum (die arme Frau hinter uns hat noch 5 Minuten nach ihrer Begegnung mit einem Blutsauger nach Luft geschnappt), um in all dem „Alfred sucht Sarah“ (Ups! Jetzt hab ich die Handlung verraten) auch mal richtig Party zu machen. Man dankt es ihm und bewundert die Professionalität der Akteure.

Womit ich eine letzte geniale Überleitung geschaffen hätte: Akteure. Man könnt jetzt sagen: Hach, schade, Pech, eine Zweitbesetzung für die Hauptrolle, für den Grafen von Krolock. (Ich hab mir seinen Namen nicht gemerkt.) Allerdings: Wenn man nicht gerade ein besonderer Fan des einen und einzigen Sängers ist, ist das bei den Vereinigten Bühnen Wien mittlerweile wurscht. Und das verdient besondere Erwähnung. Ich kann mich an Zeiten erinnern, zu denen eine Zweitbesetzung in einer etwas anspruchsvolleren Hauptrolle den Abend zunichte gemacht hat. Die Personaldecke war damals dünn, man mußte froh sein, wenn das jeweilige Chorknäblein nicht zu atmen vergaß. Heute schaffen es die Vereinigten Bühnen Wien offenbar, aus dem Stand mehrere Grafen zu besetzen, die vielleicht in Nuancen unterscheidbar sind, die Rolle aber allesamt mehr als nur meistern. Gratulation auch dazu.

Nachher gabs Burger mit Ente. War auch cool. Und, bei dir so? - Jo, eh.