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Umfragen zur Bundespräsidenten-Wahl

Die verschiedenen Meinungsforschungs-Institute haben mehrfach durchblicken lassen: So wirklich vertrauen sie ihren eigenen Ergebnissen für die Wahl am Sonntag nicht. Zu ungewöhnlich ist die Ausgangslage mit den vielen Kandidaten, die vor allem nicht alle den traditionellen Parteilagern zugerechnet werden können. Klassische Methoden der Nachschärfung bei politischen Umfragen versagen hier.

Eines allerdings läßt sich mit Sicherheit sagen: Die von den Medien in den letzten Wochen regelmäßig zitierten Ergebnisse sind mit hoher Wahrscheinlichkeit falsch. Dies schlicht und ergreifend deshalb, weil sie nicht einmal den Umfragen entsprechen. Was liest man seit Wochen?

  • Van der Bellen unangefochten auf Platz 1 mit ca. 25%
  • Hofer auf Platz 2 mit ca. 23% (es gab eine einzige Umfrage, die ihn nur auf Platz 3 hinter Griss sah)
  • Griss auf Platz 3 mit ca. 20%

Das wars also. Stichwahl zwischen Van der Bellen und Hofer und die Gschicht hat sich.

Mitnichten. Wieder einmal offenbart ein Blick auf neuwal.com, was die Meinungsforscher eigentlich sagen - und was Journalisten der kurzen Schlagzeile zuliebe weglassen: Natürlich geben die Institute Schwankungsbreiten zu ihren Umfragen an, die unterschiedlich groß sind, aber meist so zwischen drei und fünf Prozent liegen; drei und fünf Prozentpunkte nach oben und nach unten, um genau zu sein. Wenn also im Kurier steht, daß Alexander Van der Bellen 25% der Stimmen vorhergesagt werden, dann hat OGM in Wahrheit berichtet: Irgendwas zwischen 22% und 28% wirds wohl sein. Für den gleichen Kandidaten hat Gallup irgendwas zwischen 22% und 30% errechnet - das klingt ganz anders als die punktgenauen 26%, die der Auftraggeber (die Zeitung Österreich) draus macht.

Das Spiel mit der Schwankungsbreite ist deshalb so spannend, weil es ja am Sonntag nicht darum geht, ein Parlament repräsentativ zu besetzen. Da freut oder ärgert sich eine Partei über den Unterschied zwischen 22% und 24%. Am grundlegenden Kräfteverhältnis ändert das kaum jemals etwas. Anders bei dieser Bundespräsidentenwahl, die (und das läßt sich sicher vorhersagen) in eine Stichwahl münden wird: Schon eine Nachkommestelle macht den Unterschied zwischen dem undankbaren dritten Platz und intakten Chancen im zweiten Durchgang.

Es gibt seit Wochen kein Umfrageergebnis mehr, das unter Einbeziehung der Schwankungsbreite ein klares Bild an der Spitze zeichnet. Neuwal.com macht es in der Detailinterpretation der Ergebnisse klar: Die Aussage „Kandidat X liegt mit Sicherheit vor Kandidat Y“ läßt sich in Bezug auf Van der Bellen, Griss und Hofer nicht tätigen. Eine Stichwahl Hofer-Griss ist genauso möglich wie die Konstellationen Griss-Van der Bellen oder Van der Bellen-Hofer.

(Ziemlich gesichert scheint hingegen, daß die Kandidaten der ehemals großen Volksparteien SPÖ und ÖVP kaum noch Chancen auf die ersten beiden Plätze haben. Sollten Kohl oder Hundstorfer es in die Stichwahl schaffen, hätten alle Meinungsforscher versagt. Ein zweiter Wahldurchgang ohne einen Kandidaten der Parteien, die in der zweiten Republik ununterbrochen an der Macht waren, teils mit absoluter Mehrheit … das kann man auch als Befreiungsschlag für das Land begreifen.)

Was heißt das alles für den Wähler? Taktisch wählen hat noch weniger Sinn als sonst jemals. Einen anderen Kandidaten als den eigentlich favorisierten zu wählen, nur um ein laut Umfragen zu erwartendes Ergebnis zu verhindern - das ist absurd, wenn die Umfragen so viel Spielraum lassen.

 
Deep_Blue meinte am :
Üerbewertet
Diese Meinungsumfragen sind wie Kaffeesudlesen.

Gerade die letzte Wien Wahl hat ja gezeigt, wie daneben diese "Meinungsforscher" liegen.
Kommt auch wahrscheinlich immer darauf an, wer der Auftraggeber ist.

Das Getöse um den Bundespräsidenten ist irgendwie befremdlich.
Klar, eine Watsche für die Regierenden wäre schon klasse, aber warten wir einmal ab.

Der neue Präsident wird genauso in Lethargie verfallen wie alle vor ihm, ein paar Hände schütteln eine Neujahrsansprache halten und das war es.

Das schlimmste was der FPÖ passieren könnte wäre, wenn Hofer diese Wahl wirklich gewinnt - im Hinblick auf die nächste Nationalratswahl.
Weil für einen blauen Präsidenten und einen blauen Kanzler ist Österreich noch nicht reif. 
ossi1967 antwortete am :
Wie erfrischend!

Wie erfrischend es ist, ins Gehirn eines FPÖ-Wählers sehen zu können! Ich weiß, das hab ich schon oft genug gesagt - aber es ist immer wieder ein Spaß. (Fast so lustig wie die Grammatik-, Satzbau- und Orthographiefehler, die ausgerechnet diese selbsternannten Hüter des Deutschtums regelmäßig verbrechen in ihren Pamphleten.)

Bei der letzten Wien-Wahl gabs genau ein einziges Umfrage-Institut, das sich geirrt hat - das war Unique Research. Alle anderen haben (zumindest in den letzten Wochen vor der Wahl) die Ergebnisse für alle (jetzt im GR vertretenen) Parteien zutreffend vorhergesagt. Aber die bösen und manipulativen Umfragen sind wahrscheinlich einer der vielen Strohhalme, die der vom eigenen Leben enttäuschte FPÖ-Wähler so braucht.

Was erwartest denn von einem Präsidenten außer Neujahrsansprachen? Fällst Du auf die dumpfbackige FPÖ-Propaganda rein, die suggeriert, ein Bundespräsident könne Einfluß auf die Tagespolitik nehmen?

 
Deep_Blue antwortete am :
Lol
Tja, so ein Blick in das Gehirn eines durchschnittlichen Wählers kann wahrlich erfrischend sein.

Der Hr. Gscheit und seine Meinungsforscher, lol. 
ossi1967 antwortete am :
@Deep

Nana, die durchschnittlichen Wähler kenn ich ja. Unterhaltsam sind wirklich nur die FPÖ-Wähler, weil die halt so in ihrer Parallelwelt leben, in der weder Naturgesetze noch Mathematik Gültigkeit haben, in der man sich vor Faktenwissen fürchtet, Intelligenz als Beleidigung versteht und alle zwei Monate an ein neues Märchen glaubt.