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Nationalpark Hietzing
Wie in solchen Parks üblich wird gebeten, vom Füttern der einheimischen Fauna abzusehen. Dafür scharwänzelt geschultes Fachpersonal durch die Anlage und hält auch die vielen schon arg verhutzelten Exemplare mit Spezialkost am Leben. (Ich schwöre, ich habe dort heute meine Kindergartentante gesehen. Zumindest ihre Frisur.)
Dem Treiben zuzusehen ist den Besuch dort jedes Mal wert. Heute wieder: Die Frau mit viel Orange und ohne Hals. Was die für Blicke werfen konnte! Ihr Mann verflucht sicher auch den Tag, an dem er in Pension geschickt wurde. (Ooohh Richard!
)
Abseits des Unterhaltungsprogramms: Essen und Service wunderbar. Man scharwänzelt eben auch um uns herum. ;)
Und der nächste Wechsel
Was man davon halten soll, ist noch nicht so ganz klar. Einerseits war Glawischnig-Piesczek niemals eine Sympathieträgerin. In mir hat sie eine geradezu körperliche Abwehrreaktion ausgelöst. Andererseits, und das ist paradox, war sie es, die der Partei die erfolgreichsten Jahre seit ihrem Bestehen beschert hat. Wahlergebnisse auf Bundes- und Europaebene, von denen andere grüne Parteien außerhalb Österreichs nur träumen können; erfolgreiche Regierungsbeteiligungen auf Landesebene; … so sehr Glawischnig-Piesczek auch innerparteilich und in den Medien kritisiert wurde, der Erfolg scheint ihr (rückblickend) Recht zu geben.
Aber: Was kommt jetzt? Und: Sind Lunacek und Felipe die richtigen Personen dafür?
Lunacek und Felipe sind mir eigentlich wurscht. Ja, mit einem Pilz oder einem Dönmez hätt ich mich wohl noch wohler gefühlt, aber darauf kommts nicht an. Gesichter und Spitzenkandidaten sind, wie wir gerade lernen, sehr schnell austauschbar. Und Lunacek ist nicht die schlechteste Wahl als „das Gesicht“ zur Nationalratswahl: Sie hat sich, nach einem ordentlich verpatzten Start im Konflikt rund um die EU-Kandidatur 2009, Respekt und Sympathie erarbeitet. Vielleicht ist sie nicht so unverbindlich-mehrheitsfähig wie Glawischnig-Piesczek, vielleicht ist sie kantiger. Aber genau darauf wirds ankommen:
Was an der Politik der Grünen in den letzten Jahren zunehmend schwer zu rechtfertigen war, war der Drang zur politischen Mitte, die Aufgabe definitiv nicht mehrheitsfähiger (dafür umso richtigerer) Positionen zugunsten einer koalitionstauglichen Beliebigkeit, die sich teilweise an die SPÖ, vor allem aber an die ÖVP angebiedert hat. Mit vollem Recht wurden die vergangenen Wahlkämpfe in den Medien als „Wohlfühlkampagnen“ kritisiert. Nur nicht anecken, nur nicht Stellung beziehen, nur niemanden verschrecken. Das kann eine Zeit funktionieren: Stammwähler kennen das Parteiprogramm und lassen sich von unglücklichen Plakatsujets nicht irritieren, die dafür andererseits wieder experimentierfreudige Konservative anlocken.
Auf lange Zeit gesehen jedoch ist die Strategie zum Scheitern verurteilt: Das Wohlfühlimage der Plakate durchdringt auch die tatsächliche Politik. Auch wo die Grünen an der Macht sind, ist kaum noch die linke Handschrift zu spüren, die die Stammwählerschaft erwarten und das Parteiprogramm diktieren würde. Und nicht immer liegt das nur an den Zwängen der Koalition. Nach dem kurzfristig erkauften Höhenflug kann es meines Erachtens nur bergab gehen. Die Frage ist: Bergab in die völlige Bedeutungs- und Orientierungslosigkeit? Oder bergab auf ein stabiles Niveau mit einer glaubwürdigen Politik ehrlicher linker Werte?
Ob nun also Lunacek im Juni als Spitzenkandidatin bestätigt wird oder nicht, scheint mir nebensächlich zu sein. Viel wichtiger ist es, daß die Partei ihre Richtung korrigiert. Es darf nicht mehr passieren, daß die eigenen Internetauftritte beherrscht werden von Wellness im Park und Urban Gardening in Währing. Die zentralen Themen müssen sein: Vermögenssteuer, Wertschöpfungsabgabe, Bildung, Klimaschutz, Wohnkosten, Energiewende, Arbeitnehmerrechte, internationale Solidarität … kurz: Es muß endlich prononciert linke Politik gemacht werden. ÖVP und Grüne müssen wieder unterscheidbar werden.
Wenn Glawischnig-Piesczek als Teil der bürgerlichen Seitenblicke-Gesellschaft beschimpft wurde, war das nicht in erster Linie Kritik am oberflächlichen Narzissmus und Hedonismus, den das TV-Format propagiert. Es war vor allem auch Kritik daran, daß sie als Repräsentantin einer Partei, die eigentlich links sein sollte, sich selbst vor den Kameras als priviligierte Upper-Class-Lady zumindest inszenierte. Das mußte bei jenen als Verrat gesehen werden, auf deren Kosten die Upper Class lebt, von denen die Upper Class stiehlt - und für die Politik zu machen das Kerngeschaft der Grünen ist (oder einmal war). Da spielt es auch keine Rolle mehr, ob Glawischnig-Piesczek die Auftritte nur inszeniert hat.
Lunacek, Felipe, wer auch immer bis zur Wahl das Sagen hat: Es gilt, die Text-Bild-Schere zu schließen und endlich wieder das zu machen, was die Grünen im Kern einmal ausgemacht hat. Glaubwürdige linke Politik nämlich.
Hey, ich bins!
Hey, ich bins, dein Uber-Fahrer. Wo bist denn du? Ich seh dich nicht, sagt der Uber-Fahrer Igor am Telefon. Ich steh auch wirklich ein bißchen versteckt.
Kaum bin ich eingestiegen dann: Wenn Sie möchten, können Sie gern das Fenster zumachen. Ich schalt dann die Klimaanlage für Sie ein.
Für diesen Wechsel vom Du zum Sie gibts einen Punkteabzug. Igor! Wie konntest Du! *LOL*
ESC 2017: Die Charterfolge
Wie schon in den vergangenen Jahren sind die Top 100 der europäischen iTunes Download Charts ein Familientreffen der ESC-Teilnehmer. Wir finden da:
Platz | Land | Interpret |
Song | ||
2 | Portugal | Salvador Sobral |
„Amar Pelos Dois“ | ||
5 | Belgien | Blanche |
„City Lights“ | ||
8 | Moldau | Sunstroke Project |
„Hey Mamma“ | ||
14 | Bulgarien | Kristian Kostov |
„Beautiful Mess“ | ||
17 | Italien | Francesco Gabbani |
„Occidentali's Karma“ | ||
20 | Schweden | Robin Bengtsson |
„I Can't Go On“ | ||
27 | Rumänien | Ilinca ft. Alex Florea |
„Yodel It!“ | ||
31 | Norwegen | JOWST |
„Grab The Moment“ | ||
33 | Ungarn | Joci Pápai |
„Origo“ | ||
42 | Niederlande | OG3NE |
„Lights And Shadows“ | ||
48 | Frankreich | Alma |
„Requiem“ | ||
52 | Vereinigtes Königreich | Lucie Jones |
„Never Give Up On You“ | ||
55 | Australien | Isaiah |
„Don't Come Easy“ | ||
61 | Österreich | Nathan Trent |
„Running On Air“ | ||
62 | Kroatien | Jacques Houdek |
„My Friend“ | ||
69 | Zypern | Hovig |
„Gravity“ | ||
100 | Aserbaidschan | Dihaj |
„Skeletons“ |
Das entspricht in groben Zügen der tatsächlichen Reihung beim ESC. Wenn ich den Überblick nicht verloren habe ist lediglich Australien etwas weiter nach hinten gerutscht, Österreich und das Vereinigte Königreich ein Stück weiter nach vor. Alle anderen Ländern sind in der Reihenfolge ±2 Plätze dort, wo sie auch bei Contest selbst waren. (Was übrigens für den Abstimmungsmodus spricht.)
Einzige Ausnahme: Zypern. Hovig befreit sich mit seinem „Gravity“ aus dem Block derer, die noch keiner kaufen will, und setzt sich auf Platz 69. Nicht übel.
(Falls sich jemand fragt, wo Nathan Trents Eigenkomposition „Running On Air“ gekauft wird: Natürlich vor allem in Österreich, dann aber auch in den Niederlanden, in Dänemark, in Rumänien und in Weißrussland. In all diesen Ländern liegt der Song besser als im Europaschnitt, in Weißrussland ist er sogar die aktuelle Nummer 1.)
Beim Publikum nicht so beliebt sind die Titel aus Weißrussland, Armenien, Griechenland, Dänemark, Polen, Israel, der Ukraine, Deutschland und Spanien. Das waren die Schlußlichter in der ESC-Wertung, nun scheinen sie auch in den Top 100 nicht auf.
Übrigens: Sowohl Salvador Sobral als auch Francesco Gabbani können überdurchschnittlich profitieren und haben gleich mehrere Titel in der Wertung. Auch alte Bekannte tauchen wieder auf: Loïc Nottet beispielsweise ist mir beim Vorbeiscrollen aufgefallen. Freut mich für ihn, der kann was. :)
ESC 2017: Unser Voting
Wie also war unsere Wertung? Wer hat uns mehr, wer weniger gefallen? Hier die traditionelle Tabelle mit der gemeinsamen Punktewertung:
Rang | Land | Song | Punkte |
Interpret | |||
1 | Portugal |
Amar Pelos Dois |
24 |
Salvador Sobral |
|||
2 | Italien |
Occidentali's Karma |
20 |
Francesco Gabbani |
|||
3 | Ungarn | Origo | 18 |
Joci Pápai |
|||
4 | Bulgarien |
Beautiful Mess |
17 |
Kristian Kostov |
|||
5 | Frankreich | Requiem | 16 |
Alma | |||
6 | Zypern | Gravity | 14 |
Hovig | |||
6 | Rumänien |
Yodel It! |
14 |
Ilinca ft. Alex Florea |
|||
8 | Australien |
Don't Come Easy |
13 |
Isaiah | |||
8 | Belgien |
City Lights |
13 |
Blanche | |||
10 | Weißrussland |
Story Of My Life / Historyja majho žyccia |
12 |
Naviband | |||
10 | Armenien |
Fly With Me |
12 |
Artsvik | |||
12 | Aserbaidschan | Skeletons | 11 |
Dihaj | |||
12 | Kroatien |
My Friend |
11 |
Jacques Houdek |
|||
12 | Ukraine | Time | 11 |
O.Torvald | |||
15 | Norwegen |
Grab The Moment |
10 |
JOWST | |||
16 | Griechenland |
This Is Love |
9 |
Demy | |||
17 | Niederlande |
Lights And Shadows |
8 |
OG3NE | |||
17 | Moldau |
Hey Mamma |
8 |
Sunstroke Project |
|||
17 | Spanien |
Do It For Your Lover |
8 |
Manel Navarro |
|||
20 | Israel |
I Feel Alive |
7 |
IMRI | |||
20 | Polen | Flashlight | 7 |
Kasia Moś |
|||
20 | Dänemark |
Where I Am |
7 |
Anja | |||
20 | Vereinigtes Königreich |
Never Give Up On You |
7 |
Lucie Jones |
|||
20 | Schweden |
I Can't Go On |
7 |
Robin Bengtsson |
|||
25 | Deutschland |
Perfect Life |
5 |
Levina |
Es war also doch, wie jedes Jahr, ein großartiger, spannender Song Contest. Obwohl, das muß man bei aller Liebe sagen, die Ukrainer Präsentation und Rahmenprogramm komplett vergeigt haben. Bitte, liebes Europa: In absehbarer Zeit nicht mehr für ukrainische Songs abstimmen. ;)
ESC 2017: Letzte Wettquoten vor dem Finale
Zwei Clown-Nummern haben es auch in die Top 10 geschafft: Moldau und Kroatien. Soll sein. Dafür sind auch Frankreich und Belgien wieder zurück.
Rang | Land | Song | ⇅ |
Interpret | |||
1 | Portugal | Amar Pelos Dois | ↗ |
Salvador Sobral | |||
(Nach vielen Jahren endlich wieder Wunderschönes aus dem ansonsten fadogebeutelten Land. Ein naives Märchen zwischen Disney und Audrey Hepburn.) | |||
2 | Italien | Occidentali's Karma | ↘ |
Francesco Gabbani | |||
(Ein hinreißendes Schlitzohr mit einem Affen, eine Melodie in der richtigen Balance zwischen „Ohrwurm“ und „nicht zu langweilig“, ein schlauer Text und eine Choreographie, die auch ich mitmachen kann. (Und: Keine Ballade!)) | |||
3 | Bulgarien | Beautiful Mess | ↔ |
Kristian Kostov | |||
(Radiotaugliche Ballade mit sympathischen Ethnosprenkeln.) | |||
4 | Belgien | City Lights | ↑ |
Blanche | |||
(Zeitgemäßer, charttauglicher Song, der aber leider irgendwo auf halber Strecke hängenbleibt.) | |||
5 | Schweden | I Can't Go On | ↘ |
Robin Bengtsson | |||
(Seelenlos konstruierte, äußerst professionelle Nummer. Passend seelenloser, äußerst unsympathischer Sänger.) | |||
6 | Rumänien | Yodel It! | ↔ |
Ilinca ft. Alex Florea | |||
(Billig, billiger, Ostblocktrash. Wenn ich ganz allein bin und Kopfhörer aufhab …) | |||
7 | Vereinigtes Königreich | Never Give Up On You | ↗ |
Lucie Jones | |||
(Grundgütiger!) | |||
8 | Kroatien | My Friend | ↑ |
Jacques Houdek | |||
(Die Single, die am Muttertag verschenkt wird. Schlimm, schlimm, schlimm.) | |||
9 | Frankreich | Requiem | ↑ |
Alma | |||
(La France, je t'embrasse, je te dis que je t'aime … von der ersten Minute an ein Ohrwurm.) | |||
10 | Moldau | Hey Mamma | ↑ |
Sunstroke Project | |||
(Ein klein bißchen peinlich. Bleibt nicht hängen.) |
Für mich interessant: Alle vier Spitzenplätze wären Sieger, mit denen ich sehr gut leben könnte. Es könnt also sein, daß der ESC 2017 einen zufriedenen Ossi zurückläßt. :)
Christian Kern - gar nicht so übel
Wir wollen keine Neuwahlen, wir werden weiter versuchen im Parlament sachpolitische Lösungen zu erzielen – und das auch, falls nötig, mit wechselnden Mehrheiten.
Wenn uns die ÖVP den Stuhl vor die Tür stellt, bedeutet das auch das Ende für eine rot-schwarze Zusammenarbeit für sehr lange Zeit.
Diese Sätze stammen aus einem Gespräch mit der Presse. Außerdem fordert er dort eine Entschuldigung von Kurz für dessen Behauptung, Kern wäre ein Lügner.
Warum freut mich diese Aussage so?
Weil endlich mal jemand auf den Tisch haut. Da geht es gar nicht darum, wie realistisch das Weiterregieren mit wechselnden Mehrheiten denn wirklich sein kann, wenn auch die FPÖ eigentlich Neuwahlen will. Auch die Aufkündigung der Zusammenarbeit für sehr lange Zeit
kann ein Bluff sein, der der Vernunft weichen muß. Aber, geben wirs doch zu: Noch jeder SPÖ-Kanzler der letzten Jahre wurde von der ÖVP am Nasenring durch die Manege gezogen. Und jeder SPÖ-Kanzler der letzten Jahre hat das widerstandslos geschehen lassen. Weil es einfach alternativlos schien unter den beiden Prämissen, daß a) die SPÖ unter allen Umständen an der Macht bleiben muß und b) über eine rot-blaue Koalition nicht einmal laut nachgedacht werden darf.
Die Folge: Seit nunmehr genau 30 Jahren regiert die ÖVP dieses Land ununterbrochen. (Um nicht zu sagen: hat die ÖVP Österreich im Würgegriff.) Niemals zuvor in der Geschichte der Zweiten Republik war eine Partei so lange ohne Pause an den Schalthebeln der Macht. (Die Erste Republik hat gleich erst gar nicht so lange existiert wie die derzeitige ÖVP-Herrschaft.) Die Folge ist ein politischer Stillstand. Längst notwendige Reformen scheitern seit 30 Jahren an der Klientelpolitik der schwarzen Betonköpfe. Dazu kommt, daß diese Macht nicht wirklich durch Wählerstimmen legitimiert ist: In den letzten 30 Jahren kam die ÖVP nur selten über 30% der Stimmen hinaus, zuletzt hielt sie bei mageren 24%. Im Sattel halten konnte sich die Partei der Steuervermeider und Kerzerlschlucker durch ihre Alternativlosigkeit: Solange eine SPÖ/FPÖ-Koalition nicht möglich ist, geht sich rechnerisch immer nur ÖVP/FPÖ oder SPÖ/ÖVP aus. Entsprechend sanft wurden die schwarzen Steigbügelhalten von links und von rechts behandelt. Man könnt ja sonst wertvolles Porzellan zerschlagen.
Chistian Kern hat dieses Porzellan nun zerschlagen. Und allein das tut gut. Allzu siegessicher stolziert der eitle Gockel Sebastian Kurz durch die Lande und betreibt Markenpflege in eigener Sache, statt politisch etwas weiterzubringen. Die Präpotenz dieses Buben, der bisher wenig geleistet hat als Minister, ist unerträglich. (Die Belastung der Beziehungen zu anderen europäischen Staaten rechne ich ihm jetzt mal nicht als „Leistung“ an.) Jemand muß ihn in die Schranken weisen. Reinhold Mitterlehner hat stattdessen das Feld geräumt, Christian Kern fletscht nun die Zähne und bellt zurück. Zeit wirds.
Wie gesagt: Ob Kerns Ankündigungen realistisch sind, steht auf einem anderen Blatt. Wenn er tatsächlich Neuwahlen verhindern und weiterregieren will, müßte er eine bunte Truppe von vier Parteien und vier einzelnen fraktionslosen Abgeordneten zusammenhalten, die gerade einmal 51,5% der Stimmen auf sich vereinigen. Das wird nicht wirklich funktionieren. Ebenso kann die Ansage, auf lange Zeit nicht mehr mit der ÖVP zusammenzuarbeiten, nur als Gang in die Opposition oder als Koalitionsangebot an die FPÖ verstanden werden. Beides erfordert Mut und würde ihm in der SPÖ wenig Freunde machen.
Meine persönliche Vermutung ist: Wie einem kleinen Kind zeigt Kern der ÖVP jetzt, wo ihre Grenzen sind. Daß sie sich, obwohl die Erfahrungen der Vergangenheit anderes vermuten ließen, eben nicht alles leisten kann. Die unglaublichen Vorgänge rund um Sobotka und Kurz lassen das aber auch höchst notwendig, wenn nicht überfällig erscheinen.
(Und, nur damit das klar ist: Falls der Kern tatsächlich einen Plan ausgeheckt hat und ohne ÖVP bis zur nächsten regulären Wahl durchhält, dann hat er meine Stimme.)
Eurovision Song Contest 2017: Voting Sheet (Finale)
Wie immer gilt: Eventuelle Fehler schnell zurückmelden, ich mag nicht 20min vor der Show noch rumbasteln müssen. :)
ESC 2017: Semifinale 2
Ebenfalls eine Spur besser leben kann ich heute mit dem Ergebnis dieses Semifinalabends. Ich habe keine Herzblut-Nummern verloren. OK, ja, öffentlich würde ich es ja niemals zugeben, aber der alte Mann in mir hat bei Irland (raus) dann doch ergriffen mitgesummt. Genauso wie bei Malta (raus). Diese zwei Schmachtfetzen waren wohl jedem zu altbacken, der noch ein Telefon bedienen konnte, ihr Ausscheiden also absehbar. Naja, es gibt ja YouTube. :)
Ebenfalls absehbar war das Ausscheiden der litauischen Powernummer, die ich ursprünglich gehaßt habe, die mir dann immer mehr ans Herz gewachsen ist.
Natürlich sind wieder Lieder weitergekommen, bei denen mir die Chips hochkommen: das holländische Katzengejammere, die dänische Kopie der Kopie der Kopie eines Klischeeschlagers, der israelische Beitrag, der maximal ohne Ton zu ertragen war, der Clown aus Kroatien … aber diese Negativliste ist nicht so lang und wiegt nicht so schwer wie die vom Dienstag.
Großartig das Weiterkommen meines Lieblingsungarn (ich verehre diese Nummer!), des rumänischen Partykrachers (keine Schihütte mehr ohne „Yodel It!“), des norwegischen Fußwippens, der weißrussischen Gute-Laune-Truppe, vor allem natürlich auch des wunderschönen bulgarischen Liedes. Das ist Musik, auf die ich mich freuen werde am Samstag.
Daß Nathan Trent im Finale ist, überrascht mich sehr. Gewinnchance hat er keine, klar, aber es verleiht einem Finalabend selbstverständlich dann doch ein bißchen mehr Würze, wenn man das Abschneiden des ORF-Beitrags auch noch miterleben und kommentieren darf.
ESC 2017: Durchwachsenes Semifinale 1
Das Ergebnis des Semifinales läßt mich etwas ratlos zurück. Eine handverlesene Auswahl der übelsten Songs des Abends ist weiter: Schweden (OK, war zu erwarten), Aserbaidschan, Griechenland, Polen (Polen!!!), Moldau … all das müssen wir am Samstag nochmal ertragen.
Dafür raus sind der Top-10-Anwärter Finnland, die wunderschöne Ballade aus Tschechien, Georgien und Lettland. Ach ja, und Montenegro. Letzteres ist zwar eigentlich eine Zumutung, aber irgendwie will man es dann doch wieder und wieder erdulden. *LOL*
Womit kann ich also leben bei diesem Semi? Australien, Belgien, Zypern, Armenien und natürlich Portugal haben meine Zustimmung.
Mal sehen, wie groß der Schrecken am Donnerstag wird. Eins weiß ich aber heute schon: Ein Teil von mir sehnt sich insgeheim nach einem schwedischen Sieg. Nicht des Liedes wegen, sondern weil ich wieder einen mit schwedischer Begeisterung perfekt inszenierten ESC erleben möchte.
Eurovision Song Contest 2017: Wettquoten vor den Semis
Wie jedes Jahr kam dann erst während der Probentage wirklich Bewegung in die Sache. Einerseits konnten erstmals alle Lieder im direkten Vergleich gehört werden, andererseits war es erst in Kiew möglich zu beurteilen, wie die TV-Kameras die einzelnen Beiträge in Szene setzen und die Zuseher mehr (oder weniger) gnädig stimmen werden.
Da sind also einige Titel neu eingestiegen in die Top 10 - und einige frühere Favoriten haben sich wieder verabschiedet:
Rang | Land | Song | ⇅ |
Interpret | |||
1 | Italien | Occidentali's Karma | ↔ |
Francesco Gabbani | |||
(Ein hinreißendes Schlitzohr mit einem Affen, eine Melodie in der richtigen Balance zwischen „Ohrwurm“ und „nicht zu langweilig“, ein schlauer Text und eine Choreographie, die auch ich mitmachen kann. (Und: Keine Ballade!)) | |||
2 | Portugal | Amar Pelos Dois | ↗ |
Salvador Sobral | |||
(Nach vielen Jahren endlich wieder Wunderschönes aus dem ansonsten fadogebeutelten Land. Ein naives Märchen zwischen Disney und Audrey Hepburn.) | |||
3 | Bulgarien | Beautiful Mess | ↘ |
Kristian Kostov | |||
(Radiotaugliche Ballade mit sympathischen Ethnosprenkeln.) | |||
4 | Schweden | I Can't Go On | ↘ |
Robin Bengtsson | |||
(Seelenlos konstruierte, äußerst professionelle Nummer. Passend seelenloser, äußerst unsympathischer Sänger.) | |||
5 | Armenien | Fly With Me | ↗ |
Artsvik | |||
(Fesselt von der ersten Sekunden an.) | |||
6 | Rumänien | Yodel It! | ↑ |
Ilinca ft. Alex Florea | |||
(Billig, billiger, Ostblocktrash. Wenn ich ganz allein bin und Kopfhörer aufhab …) | |||
7 | Aserbaidschan | Skeletons | ↗ |
Dihaj | |||
(Da fehlt mir dann doch die Melodie.) | |||
8 | Niederlande | Lights And Shadows | ↑ |
OG3NE | |||
(Der Zeitpunkt um aus der Küche Käsebrötchen nachzuholen.) | |||
9 | Finnland | Blackbird | ↑ |
Norma John | |||
(Düster und musicalhaft. Nicht der Knaller auf einer ESC-Party, hat aber was.) | |||
10 | Vereinigtes Königreich | Never Give Up On You | ↑ |
Lucie Jones | |||
(Grundgütiger!) |
Die Verlierer
Raus aus den Top 10 sind Australien, Belgien, Ungarn und Frankreich. Vor allem bei Frankreich und Belgien dürfte das wohl auf die durch die jeweiligen Musikvideos extrem hohen Erwartungen zurückzuführen sein, die die Live-Inszenierung zertrampelt:
Die französische Alma trällert ihr jungmädchenhaftes „Ich bin so unbeschwert und hüpf mit Croissants durch Paris“-Frühlingslied auf YouTube vor strahlend blauem Himmel, mit einem unbeschwerten Lächeln und in bequemen Freizeitfetzen. Das perlt wie Prosecco. Auf der Bühne des ESC hingegen hat man sie in ein geschmackloses Kleid gesteckt, das man wahrscheinlich extra aus der russisch besetzten Krim rausschmuggeln mußte. Alma schafft es darin, gleichzeitig nuttig und wie ihre eigene Oma auszusehen. Hinter ihr vorbei wirbelt dabei ein in dunkelsten Farben gehaltenes Paris, das so aussieht, als hätte der Reaktorunfall von Tschernobyl direkt im Jardin du Luxembourg stattgefunden. Das kann so nix.
Fast schon zum Schreien komisch, wenns nicht so traurig wäre: Die Ex-Favoritin Blanche aus Belgien. Sie wurde offenbar von ihrer ärgsten Feindin in ein billiges Trickkleid gesteckt, in dem sie - kaum ist der Reißverschluß zu - wie Mrs. Puff aus Spongebob doppelt so dick wirkt. Außerdem ist die gute Blanche ein Paradebeispiel dafür, wie berechtigt meine jahrelange Forderung ist: Laßt die Leute beim ESC doch bitte, bitte, bitte Vollplayback singen, wenn sie wollen (oder müssen)! Bei jeder Möbelhauseröffnung ist das möglich und das Publikum hört die Songs so, wie sie gedacht sind. Und ausgerechnet bei der größtem Pop-Show der Welt soll das nicht gehen? Lächerlich! „City Lights“ ist eine wirklich gute Studioproduktion. Blanche kanns nur einfach nicht singen. Was erschwerend hinzukommt: Blanche weiß es. Und sie weiß auch, daß ihr das Kleid nicht steht. Entsprechend verzweifelt ist ihr Gesichtsausdruck auf der Bühne. (Und auch dessen ist sie sich bewußt …)
Die Gewinner
Von den Neueinsteigern sind zwei wirklich unverständlich: Die Niederlande und das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland bringen nur die notwendigen Klopausen in die stundenlange Show.
Auch getragen, aber durchaus mit so etwas wie Musik unterlegt ist der Beitrag der Finnen. Unter den Fans ist er noch viel beliebter als bei den Buchmachern, die ihn nun nach den Proben auf Platz 9 reihen.
Wirklich witzig ist der 6. Platz für Rumänien und sein „Yodel It!“, gesungen von einer Heidi und ihrem Ziegenpeter. Das vereint alle Klischees in sich: der billige Ostblock, der Eurotrash, die von der Restwelt abgekoppelte ESC-Blase, … Kaum eins der Lieder der heurigen Show macht so viel Spaß. (OK, abgesehen natürlich von „Space“ aus Montenegro, aber das ist … wie soll ich … wie sagt man … Celebrate Diversity!
)
Jetzt müssen wir warten, wer morgen und am Donnerstag rausfliegt. Die Quoten am Samstag werden dann wieder interessant.
Eurovision Song Contest 2017: Voting Sheets fürs Semifinale
Egal, ich hab das Unmögliche möglich gemacht. 😄 Hier sind mal die Voting Sheets für die beiden Semifinalshows am Dienstag und am Donnerstag:
Voting Sheet Semifinale #1, 9.5.2017; PDF
Voting Sheet Semifinale #2, 11.5.2017; PDF
Für die etwas fauleren Fans, die sich nicht zur Vorbereitung schon 18 Videos à drei Minuten pro Semi reinziehen möchten, hat die EBU die beiden Shows auf je ca. 7 Minuten eingedampft. (Auch hier zeigt sich übrigens der Schlendrian der heurigen Organisation: Im Video fürs zweite Semi ist noch die lispelnde Russin zu sehen, die ja ursprünglich am Donnerstag die Haare schön haben sollte. Nach der Absage Putins hat man es nichtmal geschafft, sie dort rauszuschneiden.) Hier also die Schnelldurchläufe:
Eurovision Song Contest 2017 - Semi-Final 1 - Official Recap
Eurovision Song Contest 2017 - Semi-Final 2 - Official Recap
16 der hoffnungsvollen Kandidaten aus diesen zwei Videos werden am Samstag nicht mehr dabei sein. Ich hätte diesbezüglich sehr konkrete Wünsche. *LOL*
ESC 2017: Wieder einmal Favoriten
Rang | Land | Song | ⇅ |
Interpret | |||
1 | Italien | Occidentali's Karma | ↗ |
Francesco Gabbani | |||
(Ein hinreißendes Schlitzohr mit einem Affen, eine Melodie in der richtigen Balance zwischen „Ohrwurm“ und „nicht zu langweilig“, ein schlauer Text und eine Choreographie, die auch ich mitmachen kann. (Und: Keine Ballade!)) | |||
2 | Frankreich | Requiem | ↘ |
Alma | |||
(La France, je t'embrasse, je te dis que je t'aime … von der ersten Minute an ein Ohrwurm.) | |||
3 | Portugal | Amar Pelos Dois | ↑ |
Salvador Sobral | |||
(Nach vielen Jahren endlich wieder Wunderschönes aus dem ansonsten fadogebeutelten Land. Ein naives Märchen zwischen Disney und Audrey Hepburn.) | |||
4 | Armenien | Fly With Me | ↑ |
Artsvik | |||
(Fesselt von der ersten Sekunden an.) | |||
5 | Ungarn | Origo | ↑ |
Joci Pápai | |||
(„Mal was anderes“ im besten Sinn. Gefällt mir.) | |||
6 | Bulgarien | Beautiful Mess | ↑ |
Kristian Kostov | |||
(Radiotaugliche Ballade mit sympathischen Ethnosprenkeln.) | |||
7 | Belgien | City Lights | ↑ |
Blanche | |||
(Zeitgemäßer, charttauglicher Song, der aber leider irgendwo auf halber Strecke hängenbleibt.) | |||
8 | Tschechien | My Turn | ↑ |
Martina Bárta | |||
(Man mag nicht aufhören es zu hören.) | |||
9 | Finnland | Blackbird | ↘ |
Norma John | |||
(Düster und musicalhaft. Nicht der Knaller auf einer ESC-Party, hat aber was.) | |||
10 | Lettland | Line | ↑ |
Triana Park | |||
(Fußwippsong.) |
Für mich überraschend finden sich eine ganze Menge Teilnehmer unter meinen Favoriten, die auch bei den Buchmachern vorne im Rennen liegen: Italien, Bulgarien, Portugal, Belgien, Armenien, Frankreich … Das ist eine Übereinstimmung von 60%.
Dafür gönn ich mir einen ganz krassen Außenseiter: Tschechien liegt bei den Wettbüro auf dem drittletzten Platz, noch hinter Deutschland und Österreich. Bei mir ist das sanfte Lied auf Platz 8, ich mag es.
Mal sehen, ob der Sieger am 13.5. aus der Sechsergruppe kommt, die Buchmacher und ich gemeinsam haben.
Ike Superstar
Natürlich wars unvermeidlich, daß ein großer Teil der Tischkonversation von den Mühen und Freuden des Lernens bestimmt war. Das gings einerseits um Sprachen (weinende Konsonanten hier und Schututtgart
dort), andererseits aber auch um die geheimnisvolle Welt des Cellospiels. Ich hätt mir das ehrlich viel einfacher vorgestellt! Daß man da ohne irgendwelche Tasthilfen praktisch millimetergenau die richtigen Punkte auf den Saiten treffen muß, ist schon ziemlich herausfordernd. Denk ich mir mal.
Natürlich hat es sich der Raini nicht nehmen lassen, nach all der theoretischen Erklärung sein Instrument auch tatsächlich rauszuholen und uns eine Probe seines Könnens zu geben. Dabei mußte der arme junge Mann schmerzvoll erfahren, was man als Bühnenkünstler doch eigentlich längst wissen sollte: Tritt niemals gemeinsam mit Kindern oder Tieren auf!
Zwar hat er die Europahymne am Cello wirklich gut dargeboten (ich bin fast versucht zu sagen „wider Erwarten“ - er hat uns nämlich vorher Höhepunkte seiner Probenarbeit am Handy vorgespielt *LOL*), zwar waren wir vom angenehmen Klang des Instruments wirklich angetan … In Erinnerung bleiben wird aber nicht er, sondern der Hund. Ike ist nämlich, kaum daß Raini sein Cello zwischen den Schenkeln hatte, aufgesprungen und hat sich mit einem letzten, verächtlichen Blick über die Schulter aufs schalltechnisch angenehmere Gästeklo zurückgezogen, bevor noch der erste Ton zu hören war. Könnten Hunde mit den Augen rollen - Ike hätte es in diesem Moment getan. („Nicht das schon wieder!“) Sowas muß man einfach erlebt haben, um es zu glauben. :)
Wir hattens sehr lustig und durften ganz zum Schluß, wie wir aufs Taxi gewartet haben, dem Herrn Wolfgang noch eine völlig neue Erfahrung in seinem eigenen funkelnagelneuen Wohnmobil verschaffen: Daß es nämlich auch in diesem Riesentrumm möglich ist, nicht aneinender vorbei zu kommen. Die Situation scheint bisher nicht aufgetreten zu sein. *LOL*
Ein Volk, ein Reich, ein Führer: FPÖ-Sieg in der Türkei
Tek millet, tek bayrak, tek vatan ve tek devlet- was auf deutsch fast so viel bedeutet wie „Ein Volk, ein Reich, ein Führer“, nur daß er den Führer vorläufig noch mit der Fahne ersetzt. Es weiß eh jeder, was gemeint ist.
Über das Ergebnis des gestrigen Verfassungsreferendums läßt sich noch viel spekulieren, noch hat sich der Staub nicht gelegt. Wird jemand anfechten? Hat eine Anfechtung eine Chance? Wie wird die Umsetzung aussehen, wenn tatsächlich (was viele bezweifeln) erst 2019 gewählt wird und die neue Verfassung damit erst 2019 Gültigkeit erlangt? Es besteht die Möglichkeit, daß Erdoğan - aus welchen Gründen auch immer - 2019 nicht Präsidenten wird. Wie werden dann die Fans, die gestern in ihrem Taumel „für Erdoğan“ und „gegen die EU“ gestimmt haben, mit der Machtfülle z.B. eines CHP-Präsidenten umgehen? Wird ihnen bewußt sein, daß sie ihm diese Macht gegeben haben?
Wenig spekulieren muß man über die Relevanz dieses Verfassungsreferendums insbesondere für Österreich. Es ist wieder einmal um eine Spur auffälliger geworden, wie nahe die österreichische FPÖ und die türkische AKP einander inhaltlich sind. Das beschränkt sich nicht nur auf den zu Beginn erwähnten Spruch mit dem Volk und dem Reich (siehe dazu: Die FPÖ am Weg zum Modell Führerstaat). Es beschränkt sich auch nicht auf den Umgang mit Andersdenkenden, auf die Instrumentalisierung des Auslands und der Ausländer, den tiefsitzenden Haß auf Intellekt und geistige Offenheit. Nein, es geht auch um langweilige juristische Details wie die verfassungsrechtliche Organisation des Staates:
Die von Erdoğan nun knapp durchgedrückte Staatsreform ist in Wahrheit nichts anderes als die „Dritte Republik“, mit der die FPÖ in der einen oder anderen Form seit Jahrzehnten hausieren geht. Schon Jörg Haider warb für die Schwächung des Parlaments, der parlamentarischen Parteiendemokratie, zugunsten eines „starken Mannes“ an der Staatsspitze, der Bundespräsident und Bundeskanzler in einer Person vereinen sollte. Ein starker Mann, der - befreit von den lästigen Konsenszwängen einer pluralistischen Demokratie, befreit von Opposition und Interessenvertretungen - dem Volk endlich seinen wahren Volkswillen (weils davon ja bekanntermaßen im Faschismus immer nur einen einzigen gibt) eröffnen und diesen dann auch gleich umsetzen kann. Nichts anderes hat Erdoğan nun für die Türkei durchgesetzt.
Abgesehen von den inhaltlichen und strategischen Parallelen gibt es auch verblüffende geographische. Sieht man sich die Ja/Nein-Landkarte des gestrigen Türkei-Referendums an und vergleicht sie z.B. mit der Hofer/VdB-Landkarte Österreichs bei der Bundespräsidentenwahl, dann fällt sofort ins Auge: Sowohl die FPÖ als auch die AKP haben keine Chance in den großen Städten, wo Menschen mit besserer Ausbildung leben, wo das Land sich der großen weiten Welt öffnet. Sowohl die FPÖ als auch die AKP punkten in den tristen Landgegenden, die von Armut, Perspektivlosigkeit und einer konservativen Enge geprägt sind. So gesehen ist die Obersteiermark das Zentralanatolien Österreichs.
Auch wenn die Situation ähnlich ist wie beim Brexit und die Auswirkungen des Referendums erst zwei Jahre später zu spüren sein werden: Aus österreichischer Sicht zahlt sich der wachsame Blick in die Türkei aus. Dort ist jetzt der Führerstaat im Bau, den die FPÖ noch in Form von Plänen und Skizzen in ihren Schreibtischen liegen hat.
Buch, Kaffee, Terrasse
Der Garten ist viel grüner als beim letzten Mal. Das Wasser pritschelt ins Biotop, in dem die Fische wuseln. Das Tier will partout auf meinem Schoß sitzen, was ich nur kurzfristig erlaube. So beschwert erreiche ich nämlich weder das Kaffeehäferl noch mein Buch.
Kaffee: ziemlich grauslich. Die Dame des Hauses (also die offizielle, nicht das Tier) hat den Meßlöffel verschmissen. Wie man das zsammbringt, ist rätselhaft. Wie ich jetzt ohne dieses Teil Kaffee machen soll erst recht.
Gelesen wird „Nasreddin Hoca'dan En İyi Fıkralar“ - gemütliche Anekdoten, meist nur eine halbe Seite lang. Çok eğlenceli. (Wer den Duft des Essens verkauft, bekommt dafür den Klang des Geldes.
)
(Apropos „Dame des Hauses“: Die versteht auf einmal fremd. Auf mein freundliches Hazır kalkmışken bana bir Reindling getirebilir misin?
giftelt sie zurück: Hol ihn Dir selber!
Sehr gutes Hörverständnis!)