Oskar Welzl: Weblog zur Homepage

Blog aktualisiert am

Grain de Malice: Ich interessiere mich für Mode

Grain de Malice Was ist passiert? Hab ich zu viel von Zoës närrischen Schwammerln abgekriegt? Ich interessiere mich für Mode!

Nein, ganz so tief gesunken bin ich noch nicht. Ich interessiere mich nicht für Mode, sondern für eine bestimmte Modekette. Sie heißt „Grain de Malice“ und ist offenbar gerade dabei, sich komplett aus dem deutschsprachigen Markt zurückzuziehen. Die Filialen in Österreich sind schon geschlossen, einen deutschsprachigen Webshop gibt es auch nicht mehr, die wenigen verbleibenden Geschäfte in Deutschland werben im Netz mit Abverkauf.

Wer trägt die Schuld daran? Wenn es nach der von mir so gern als Witzseite konsumierten Facebook-Haßgruppe „Gegen Mariahilferstraßenumbau“ geht, dann ist es Maria Vassilakou. Der Umbau der Mariahilferstraße zur Fußgängerzone hat das französische Mutterunternehmen zum Rückzug aus Deutschland und Österreich gezwungen! Das ist leider nur der Anfang. Danke Frau Vassilakou!, schreibt man dort. Im Vertrauen, liebe Selbsthilfegruppe: Der Umbau der „MaHü“ hat auch die Zielpunkt-Pleite verursacht. DENKT MAL DARÜBER NACH !!!!!!!!!!!!!einseinself!


AEC Linz

Ars Electronice Center LinzSeit 20 Jahren gibt es das Ars Electronica Center jetzt in Linz. Es zieht Besucher aus der ganzen Welt an. Nur ich habs die ganze Zeit über nie geschafft, mal einen Blick hineinzuwerfen. Çok ayıp, wie der gelernte Mühlviertler sagt! ;)

Gestern wurde ich zu meinem Glück gezwungen, und das war gut so. Zur Auflockerung zwischen zwei inhaltlich eher durchwachsenen und belastenden Tagen, die ich beruflich in Linz verbracht habe, gabs eine 90minütige Führung für meine Kollegen und mich durch dieses „Museum der Zukunft“.

Ein sehr engagierter Kunststudent, dem die Arbeit als „Infotrainer“ dort sichtlich Spaß macht, hat uns zu einigen wenigen ausgewählte Stationen hochinteressante Infos geliefert. („Einige wenige“ ist ernst gemeint: Grob geschätzt haben wir in eineinhalb Stunden 10% der Ausstellung gesehen.) Ich weiß jetzt, wo die Polen ihr Holz herbekommen und wie die Behörden die widmungsgemäße Verwendung von Agrarförderungen kontrollieren. Beides erfährt man (neben eine Reihe anderer Dinge) bei den ESA-Satellitenfotos. Ich weiß, wie die Netzhaut von Angelika aussieht. Ich habe einen zum Windspiel umfunktionierten Geigerzähler gesehen, eine bemerkenswert beeindruckende Kombination von Malerei und Video, hochauflösende Filme in 8k und ein sehr raffiniertes medizinisches Gerät, das man fast für echt halten hätte können. ;)

Note to self für zukünftige AEC Besuche: Gar nicht erst versuchen, die ganze Ausstellung zu sehen. Das geht sowieso nicht und führt nur zu Hetze. Stattdessen einen Schwerpunkt setzen und sich dafür wirklich Zeit nehmen. Ach ja, und sich natürlich nicht vorher und nachher im Büro ärgern. :)


ESC 2016: Die ersten Top 5 :)

Eurovision Song Contest 2016 … und weil wir alle gerade so schön in Song-Contest-Stimmung sind dieses Wochenende, kommt meine erste Tabelle gerade recht. Meine bisherigen „Top 5“! (Unter Anführungszeichen deshalb, weil ich überhaupt erst sechs Songs gefunden habe im Netz und das für mich zu langweilige Lied aus Malta einfach aus der Wertung geworfen habe *gg*):

Also:

Rang Land Song
Interpret
1 Irland Sunlight
Nicky Byrne
2 Spanien Say Yay!
Barei
3 Belgien What's The Pressure
Laura Tesoro
4 Albanien Përrallë
Eneda Tarifa
5 Weißrussland Help You Fly
Ivan

Die Tabelle wird sich hoffentlich bald ändern. Ein paar Länder haben ihre Entscheidungen schon für die nächsten Tage angekündigt.


ESC 2016: We've Got an Overdose

Zoë beim österreichischen Vorentscheid Wenn die unsäglich altbackene und blutleere Zoë Straub schlußendlich das geringste aller Übel darstellt, sagt das eine Menge über die Show aus. Nicht ganz überraschend hat die 19jährige heute den Vorentscheid zum Eurovision Song Contest 2016 gewonnen. Nicht überraschend deshalb, weil der ORF der Tochter des Papermoon-Gründers Christof Straub seit etwa einem Jahr ohne Rücksicht auf den Publikumsgeschmack krampfhaft eine Karriere zu bereiten versucht.

Der gemeinsam mit ihrem Vater geschriebene Hüttenschlager „Loin d’ici“ ist, das muß man zugeben, von ganz eigener Qualität. Er ist so alt, so fernab vom aktuellen Pop-Geschehen und erstickt in einer so kitschbeladenen Bühnenperformance, daß man sich auf jeden Fall an ihn erinnern muß. Und genau das kann der Faktor sein, der im Mai über den Einzug ins Finale entscheidet. Spätestens nach dem zweiten Mal wirds dann aber zu viel. We've got an overdose, haben wir in der Speedvoting-Runde festgestellt. Von all den rosa Märchenblumenwiesen und narrischen Schwammerln wird einem schlecht.

Was gibts sonst noch? Gleichzeitig mit dem österreichischen Vertreter für Stockholm wurde die unsympathischste Frau Österreichs gekürt: Eine gewisse Madita saß in der Jury und hat sich auf dermaßen plumpe und primitive Art selbst inszeniert, daß es einem die Zehennägel aufgerollt hat. Auch in der Jury, aber wesentlich damenhafter: Conchita, immer noch Queen of Austria. Sie durfte die bissigsten Bemerkungen des Abends schieben, ohne daß ihr auch nur ein böses Wort über die Lippen gekommen wäre. (Zu irgendeinem längst vergessenen Auftritt meinte sie zum Beispiel, es hätte dem Song gut getan, wenn man ihn reduzierter dargeboten hätte. Man hätte etwas weglassen können. Es war völlig klar, daß sie die Sängerin gemeint hat.)

Echte Favoriten, an denen mein Herzblut hing, hatte ich überhaupt nicht. Ich mag Sankil Jones sehr und habe für ihn angerufen, allerdings eher aus Respekt vor ihm und vor seinem älteren Song „Fire“, mit dem er sich 2012 beworben hatte. Sein heuriger Versuch „One More Sound“ wollte dagegen nicht so recht abheben. Ebenfalls OK: Orry Jackson mit „Pieces In A Puzzle“. Aber, wie gesagt, beides keine Herzblut-Nummern. Beides OK. Beides besser als Zoë Straub wahrscheinlich, aber das hat die Punkteverteilung nicht hergegeben.

Apropos Punkteverteilung: Zum Schluß der Show bestand die akute Gefahr, daß ein auf Christkind und Rotkäppchen gleichzeitig gestyltes Mädchen namens Elly V den Schaß gewinnt. „I’ll Be Around (Bounce)“ hieß ihr - ihr Ding, das man „Lied“ nicht nennen kann, weil ihm einfach die dafür wesentlichste Zutat fehlte: eine Melodie. (Der „Song“ war bei mir auf dem letzten Platz. Mit Abstand.) Allein um diesen Wahnsinn zu verhindern, hab ich schließlich doch auch für Zoë angerufen im abschließenden Speedvoting … und bin dem ORF damit in die Falle gegangen. Der hat wohl genau damit kalkuliert: Die an sich unbeliebte Straub-Tochter gegen jemanden ins Finale zu schicken, der noch entsetzlicher ist. Die Rechnung ist aufgegangen.


Schwabllos

Immer wieder triffts uns unvorbereitet, obwohl es doch mittlerweile eine gewisse Tradition hat zur Februarferienzeit: Der Schwabl hat zu. :(

Wir haben versucht, die Lücke mit Johanna Maier zu füllen. Naaaja. Einem Direktvergleich halten die knorpeligen Hendlstückerln nicht stand. Anyway: Wir hatten was Warmes im Magen und Semmerln gabs auch dazu.

Ab 10. ist der Schwabl wieder da. Der nächste Sonntag ist also gerettet. :)


Marc Dillon und die Migrationsdebatte

Marc Dillon spricht im TV über die Migrationskrise Schon seltsam, wie die Dinge zusammenfinden im Leben. Marc Dillon hatte seine Auftritte in meinem Blog bisher immer nur dann, wenns um Jolla und das Sailfish OS ging. In der Rubrik „Politik und Gesellschaft“, die aktuell durch die Migrationsdebatte bestimmt wird, kam sein Name bisher nicht vor.

Jetzt verbindet er mit einem TV-Interview diese beiden großen Themenblöcke meines Blogs:

Gerade eben bin ich auf ein Gespräch aufmerksam gemacht worden, das er gestern in einer Talkshow des finnischen Senders YLE geführt hat. (Komplett auf Englisch übrigens, was ein bißchen was über das finnische Bildungssystem aussagt. Könnte sich jemand vorstellen, daß der ORF eine Folge von „Im Zentrum“ komplett auf Englisch sendet, weil einer der Gäste nicht so gern Deutsch spricht im Fernsehen?) Es ging darin zwar um finnische Innenpolitik, aber das Thema ist 1:1 auf Österreich umlegbar: „Die Gastfreundlichkeit Finnlands hat sich geändert“, hieß der Sendungstitel grob übersetzt. Marc erzählt aus seiner Perspektive als Ausländer, der in Finnland mit Menschen aus aller Welt zusammengearbeitet hat; als Ausländer, der ein Unternehmen mit 120 Arbeitsplätzen aufgebaut hat; als Ausländer, der jetzt wieder für eine andere Firma in Finnland einen Produktionsbetrieb schaffen möchte und daran scheitert, weil die Arbeitskräfte fehlen.

Er erzählt, wie er in den letzten Monaten zunehmend mit Feindseligkeit und Ablehnung konfrontiert wird, wenn er in der Straßenbahn englisch redet - was früher niemanden gestört hat. Dabei, das ist ihm bewußt, hat er ja helle Haut und blonde Haare. Wie geht es denen, die mit dunkler Hautfarbe in der Straßenbahn sitzen? Er spricht (und damit ist er genau in meinem Thema drin) den am Reißbrett konstruierten Haß an, den Politiker derzeit schaffen, um ihn dann in billige Wählerstimmer umzumünzen. Den Haß der Mehrheit (eh klar, mit einer Minderheit lassen sich keine Wahlen gewinnen) auf irgendeine x-beliebige Minderheit, die sich irgendwie abgrenzen läßt: durch ihre Religion, ihre sexuelle Orientierung, ihre Herkunft, ganz egal. Er macht sich Sorgen über die künstlich herbeigeführte gesellschaftliche Spaltung, über Menschen, die ihre Meinung nie hinterfragen, die nur lesen, was sie lesen wollen.

Er erzählt fast schwärmerisch davon, daß „die anderen“ - Ausländer wie er selbst - ja immer schon da waren, bei Nokia einen der großartigsten Technologiekonzerne der Welt am Laufen gehalten haben, daß fast jeder Pizzabäcker am Eck irgendwann als Einwanderer ins Land gekommen ist, um ein besseres Leben zu finden … und daß dieser Pizzabäcker, wie alle anderen, Teil des besseren Lebens für Finnland insgesamt geworden ist, weil er Arbeitsplätze schafft, Waren finnischen Firmen bezieht, Steuern und Abgaben zahlt. Weil er da ist in einem Land, das aufgrund der rückläufigen Bevölkerungszahl ohne Immigration kein Wirtschaftswachstum mehr stemmen könnte.

Es zahlt sich aus, dieses 20minütige Gespräch zu sehen. Marc hat seine Leidenschaft behalten, er spricht mit einer Überzeugung, die berührt … eben weil er nicht nur Beobachter, sondern Betroffener ist. Ich hab gar nicht mitbekommen, daß er offenbar in Finnland einfach öffentlich den Mund aufmacht zu diesen Themen. Die Tante vom Fernsehen hat sowas erwähnt und ihn auch auf das T-Shirt angesprochen, das er trägt. (War da eine Regenbogenfahne drauf?)

Also, klickst Du hier, solange YLE es online zur Verfügung stellt:

Yle Debatt - Jakso 1: Marc Dillon: Det välkomnande Finland har förändrats.


Sailfish am Turing Phone?

Turing Phone Geheimnisvolle Dinge spielen sich ab: Letztes Jahr hat die Firma Turing Robotics Industries mit der Ankündigung eines sicheren Smartphones für Aufsehen gesorgt. Eine besonders widerstandsfähige Metallegierung, durchgehende End-to-End-Verschlüsselung, Fingerabdrucksensor, individuelle Krypto-Schlüssel pro Gerät, eine „sichere“ (?) Benutzeroberfläche für Android 5.1, eine eigene Krypto-Währung à la Bitcoin … Eine durchaus innovative Mischung für diejenigen, die so etwas brauchen.

Ein bißchen zu geheimnisvoll (zumindest für meinen Geschmack) war die Ankündigungspolitik des Herstellers. Die hochpreisigen „Turing Phones“ (ca. 800,- Dollar, je nach Modell) wurden der Presse vorgestellt, auf einer sehr spartanischen Website (ohne Impressum) konnte man sie ab Sommer 2015 kostenlos vorreservieren … das wars. Kein geplantes Veröffentlichungsdatum, wenig Details über die teils doch ungewöhnlichen Features. Stattdessen seltsame, unverständliche Bezeichnungen in der Liste der technischen Merkmale, die mehr nach Raumschiff Enterprise klingen als nach einem seriösen Smartphone. (Turing Imitation Key™ Chipset Krypto TIK8217, Wallaby Magstream™, Turing-Unique-Identification X-RFID, …)

Gestern am späten Nachmittag hat Turing Robotics Industries sich mit einer Rundmail an die Interessenten zurück gemeldet. Zum ersten Mal wird mit April 2016 ein konkretes Lieferdatum angegeben. Die eigentliche Neuigkeit aber ist: Das Telefon soll nicht mit Android, sondern mit Jollas SailfishOS ausgeliefert werden. Das ist eine sehr grobe Änderung in der Entwicklung und wird wahrscheinlich vor allem von jenen gar nicht so gut aufgenommen, die bewußt ein Android-Handy vorreserviert haben. Turing Robotics Industries muß gute Gründe gehabt haben, um umzusatteln. Vielleicht lassen sich die gewünschten Sicherheitsfeatures mit dem kläglichen Rest dessen, was bei Android noch quelloffene Software ist, einfach nicht mehr wirtschaftlich vertretbar umsetzen.

Jetzt ist natürlich immer noch zweifelhaft, ob dieses ungewöhnliche Gerät jemals geliefert oder für immer Vaporware bleiben wird. Allein mit der Ankündigung für April kann man noch nicht telefonieren. Dann ist auch die Sache mit SailfishOS noch nicht wirklich gegessen: Es gab schon zu viele Gerüchte über Hersteller, die angeblich Android den Rücken kehren und auf Sailfish wechseln … Bis heute ist keines dieser Geräte wirklich auf dem Markt. Trotz aller Skepsis passen diesmal aber ein paar Elemente zusammen: Die Ankündigung kommt zu einem logischen Zeitpunkt, nämlich kurz vor dem Mobile World Congress in Barcelona. Es ist der Hersteller selbst, der die Abkehr von Android ankündigt, nicht ein „gut informierter Journalist“. Schließlich hat auch Jolla erst vor kurzem mitgeteilt, daß sie neben der Intex-Cooperation noch eine Überraschung in der Hinterhand haben, über die sie selbst noch nichts verraten wollen. Damit könnte die Arbeit am Turing Phone gemeint gewesen sein.

Mal sehen. Mal sehen, was der Mobile World Congress bringt. Im besten Fall aber kann ein SailfishOS-Fan sich schon in den nächsten Monaten zwischen zwei neuen Geräten mit aktueller Hardware entscheiden. Da hätt Schlimmeres passieren können, wenn man sich die finanzielle Lage von Jolla so vor Augen hält. ;)


Die dreckige Politik der ÖVP

Es gibt Dinge in der Politik, die sind so unvorstellbar dreckig, daß man es gar nicht in Worte fassen kann. Die in Oberösterreich entbrannte Diskussion um eine Kürzung der bedarfsabhängigen Mindestsicherung bei Zuwanderern mit Asylstatus gehört mit dazu. Nein, falsch: Sie bietet nur die Bühne. Ich habe die von der rechtsradikalen FPÖ aufgebrachte Idee zunächst als nur unbedeutenden Knallkörper im großen Getöse der Migrationsdebatte erlebt. Bis sich die ÖVP eingeschaltet hat. Wie immer, wenn sie das tut, wirds ab dann wirklich grauslich. Josef Pühringer, ÖVP-Landeshauptmann von Oberösterreich, sagt nämlich in einem auf derstandard.at veröffentlichten Interview zu diesem Thema:

Es muss ein entsprechender Abstand sein zwischen jenen, die 40 Stunden in der Woche arbeiten, und jenen, die ihre Existenz ausschließlich aus Transferleistungen bestreiten. Und dieser Abstand ist für einige hunderttausend Bürger in diesem Land sehr gering geworden. Das ist eine Schieflage, die man beseitigen muss.

Das ist so unfaßbar menschenverachtend, kalt und böse, daß einem das Abendessen hochkommt. Pühringer transportiert mit diesem Satz ja viel mehr, als er zu sagen scheint. Er demaskiert sich - und das weit über die plumpe Asylantenhetze hinaus, die die FPÖ mit dem Thema betreibt. Die Journalisten versuchen hier den Eindruck zu erwecken, daß die Freiheitlichen die ÖVP in dieser Frage vor sich her treiben. Das Gegenteil ist der Fall, wie diese Äußerung verrät: Die ÖVP als Partei der Superreichen, als Feind des Sozialstaats, mißbraucht den von den Freiheitlichen geschürten Haß, um ihre eigenen Ziele durchzuboxen.

Objektiv (und wenn man nicht wüßte, von wem das in welchem Zusammenhang gesagt wurde) müßte man Pühringer ja zunächst zustimmen: Ja, natürlich ist es wünschenswert, wenn ein Vollzeitbeschäftigter spürbar mehr verdient als jemand, der ausschließlich von Sozialleistungen lebt. Na was denn sonst. Was die Aussage so unglaublich schmutzig macht ist der Zusammenhang, in dem sie abgegeben wurde - und der beabsichtigte Zweck: Es geht Pühringer konkret um die Absenkung der Mindestsicherung. Und er spricht jene an, die mit einem 40-Stunden-Job mal eben gerade so über die Runden kommen (oder auch nicht) und berechtigterweise nicht verstehen, warum andere „fürs Nichtstun“ (denn aus ihrer Perspektive scheint es so) fast das gleiche Geld bekommen sollen. Pühringer als Vertreter einer Partei, die sich um die Interessen der oberen Einkommensschichten kümmert, hetzt hier die ärmsten unserer Gesellschaft aufeinander und läßt sie sich um einen abgenagten Knochen prügeln. Der Knochen, das sind 1% (ein Prozent!) des österreichischen Sozialbudgets, die als Mindestsicherung verteilt werden. Darum prügeln sollen sich nun, wenn es nach dem Kalkül der ÖVP geht, die Bezieher von Mindestsicherung (in Oberösterreich erhalten sie im Schnitt rund € 320,- pro Kalendermonat, maximal aber € 914,-) und die ärmsten Erwerbstätigen. (10% der Vollzeit-Beschäftigten verdienen weniger als € 1.273,- netto monatlich.)

Richtig erscheint anhand der oben angeführten Zahlen zunächst, daß der Abstand zwischen der maximal erreichbaren Mindestsicherung von € 914,- und einem Monatseinkommen von kaum mehr als € 1.000,- für 40 Stunden Arbeit pro Woche mit freiem Auge als Schieflage zu erkennen ist. Da hilft es auch nicht, wenn man die € 914,- als falsche Marke enttarnt: Zu diesem Maximalbetrag kommt es nämlich nur, wenn der Bezieher der Sozialleistung die Schulungsmaßnahmen und Arbeitsvermittlungen des AMS nicht ausschlägt. Beides führt zu einer Kürzung bis auf 50%. In den meisten anderen Fällen wird die Mindestsicherung als Zuzahlung zu einem geringfügigen Einkommen ausbezahlt: Wer im Monat € 600,- verdient, kann die Differenz auf € 914,- beantragen. € 314,- aus dem Sozialtopf, das klingt schon weniger pompös.

Das beharrliche „Nichtstun“ bringt also keine € 914,-, sondern nur € 457,- ein. Das interessiert aber niemanden mehr, seit die FPÖ die € 914,- in den Ring geworfen hat. Und es sollte in der von Pühringer angezettelten Diskussion um den Abstand zwischen einem anständigen Einkommen für Vollzeit-Arbeit und der Transferleistung auch keine Rolle spielen. In dieser Diskussion geht es um etwas vollkommen anderes, und genau das macht Pühringers Wortmeldung so perfide:

Die bedarfsabhängige Mindestsicherung kann ja von ihrer politischen Idee her nicht abhängig sein vom Einkommen anderer. Sie stellt eine absolute Untergrenze dar, das Minimum dessen, was unsere Gesellschaft als lebensnotwendig erachtet. Ob diese Grenze jetzt bei den in Oberösterreich ausbezahlten € 914,- liegt oder bei den per Bundesgesetz definierten € 827,-, ist dabei zweitrangig. (Zum Vergleich übrigens: Als armutsgefährdet gilt ein 1-Personen-Haushalt in Österreich bei einem monatlichen Nettoeinkommen von unter € 1.100,-.) Geschützt wird mit der Mindestsicherung nur in zweiter Linie auch die materielle Sicherheit des Empfängers. In erster Linie geht es darum, daß wir alle - die wir das Geld dafür aufbringen - uns vor Slums, Verelendung und der damit verbundenen Kriminalität schützen. Mit anderen Worten: Ihre Höhe ist im Grundsatz nicht verhandelbar und richtet sich nach den tatsächlichen Bedürfnissen.

Wären Pühringer und die ÖVP also ehrlich in ihrem Bemühen, einen fairen und und für die Gesellschaft erträglichen Abstand zu schaffen zwischen Empfängern der Mindestsicherung und Vollzeitbeschäftigten im Niedriglohn-Segment, sie hätten das Problem von der Seite der Arbeitseinkommen her aufgezäumt. Dort nämlich läuft etwas massiv aus dem Ruder in den letzten Jahren. Die Ärmsten verdienen immer weniger, die Reichsten immer mehr. Dabei muß man „verdienen“ insgesamt schon unter Anführungszeichen setzen: Der Anteil des Lohneinkommens am Volkseinkommen sinkt dramatisch. Ja, Österreich ist reich - aber der berufstätige Österreicher spürt davon nichts, im Gegenteil. Reichtum erwirbt man seit einigen Jahrzehnten durch Erbschaft, Kriminalität oder Glück, nicht aber durch Arbeit. Die Gesellschaft verliert den Zusammenhalt. Das hätte Pühringer thematisieren müssen, wenn ihm dieser Einkommensabstand ein Anliegen gewesen wäre. Ach, was sag ich, „thematisieren“: Machen hätten sie's können, seit Jahrzehnten! Seit 1987, seit fast 30 Jahren, ist die ÖVP ununterbrochen an der Macht auf Bundesebene (auf Landesebene erst recht). Seit fast 30 Jahren befindet sich dieses Land im Würgegriff einer Politik, die Österreich systematisch entsolidarisiert, die von den Armen nimmt und an die Reichen verteilt (siehe aktuelle Steuerreform).

Diese Umverteilung soll nun also in die nächste Runde gehen: Wenn Pühringer die Unzufriedenheit der untersten Einkommensklassen ausnützt, um eine Neiddebatte zu schüren, um die Mindestsicherung weiter nach unten zu drücken, dann ignoriert er nicht einfach nur deren Zweck. Nein: Er macht nach unten hin weiter Platz. Er räumt die Hindernisse aus dem Weg, die einer weiteren Senkung der Einkommen im Niedrigstlohnsegment durch die Unternehmen bisher im Weg gestanden sind. Eine niedrigere Mindestsicherung erhöht den Druck auf die untersten sozialen Schichten, immer noch schlechter bezahlte Jobs annehmen zu müssen. Das ist es, was hinter der vordergründigen Unterstützung des FPÖ-Vorstoßes durch die ÖVP wirklich steht. Die FPÖ soll das ganze auf der Anti-Zuwanderer-Front mehrheitstauglich machen, die ÖVP liefert den Neid dazu, die Menschen mit € 1.000,- Monatseinkommen jubeln ob der endlich aufkommenden „Gerechtigkeit“ … und finden sich kurz darauf in Jobs mit € 800,- netto pro Monat wieder. Der Plan ist perfekt. Widerwärtig.


Warum Hunde nicht auf dem Rücken schlafen

Hunde sollten nicht am Rücken liegen Soviel ich weiß, schlafen Hunde nicht auf dem Rücken. Kurz mal am Rücken liegen, ja. Aber tief und fest einschlafen? Eine ganze Folge von „So denkt Österreich“ lang? Seit ich dieses Wochenende in Linz war, weiß ich auch, warum sie es nicht tun: Es sieht erbärmlich aus. Zum Fremdschämen. Ich hab mich königlich amüsiert. ;)

Meine Mutter hatte sich zum Fernsehen in Kuscheldecken eingewickelt und auf die Couch gelegt. Das Tier, hundemüde, wollte das offenbar auch mal ausprobieren: Reingezwängt also zwischen Frauchen auf der einen und Couch-Lehne auf der anderen Seite, Kopf nach hinten gestreckt und - schnaaarch. Die Kiefer klappen auseinander, die Haxerln finden sich in anatomisch gänzlich unmöglichen Stellungen wieder (Bin ich der einzige, den diese Position der Vorderpfoten an ein Brathendl erinnert?) … von der Geräuschkulisse ganz zu schweigen.

Zur Verteidigung unseres armen Hascherls muß man sagen: Die wenigsten Menschen sehen vorteilhafter aus, wenn man sie im Tiefschlaf fotografiert. Menschen sagen dann aber: „Wenn du dieses Foto nicht sofort löschst …!“ Das kann sie nicht. Tja. ;)


Foodporn für Conny

Falafel mit grünem Salat, Avocado und Peppersweet Kirschpaprika  Ich muß diesen Eintrag schreiben - nur für Conny. Aus gleich zwei Gründen nämlich. Da komm ich gar nicht drum rum.

Wir haben uns neulich erst über die nur ganz leicht dekadente Unsitte unterhalten, daß Leute heutzutage jedes nicht bis zur Unkenntlichkeit verbrannte Essen zur Heldentat erklären, es 15 Mal fotografieren und ins Internet stellen. Jede Nudel bekommt da ihre eigene Facebook-Fanpage. Hätten meine Mutter, meine Großmütter, die Generationen davor ein ähnliches Gedöns ums gleiche Essen gemacht - die Familie wäre vor hunderten von Jahren schon kläglich verhungert, weil die Dame des Hauses das Aquarell vom Tafelspitz nicht und nicht fertig bekommt. Das war Grund eins. Ich muß jetzt einfach mitmachen im Internet-Nudel-Klub. *LOL*

Grund zwei ist unsere gemeinsame Vorliebe für Falafel, eingebettet in des Fräulein Connys generelle Lust am Tierproduktfreien.

Und das kam dann in meinem Kopf am gestrigen Abend zusammen. (Conny, Du mußt ein ordentliches hıçkırık gehabt haben.) Das Setting: Meine Eltern hatten beschlossen, sich die Nacht im Linzer Bermuda-Dreieck um die Ohren zu schlagen. Ich war zum Hundesitten abkommandiert. Für mein Abendessen war die Küche bestens gerüstet: Käse, Wurst, Pasteten, Semmerl vom Brandl, Avocados, Toast, Schwarzbrot, Essiggurkerl, Streichwurst, Eier, Frankfurter, pikant eingelegte Kirschpapkrika, … Ich hätt mir den Speiszimmertisch auf volle Länge ausziehen und ein Buffet anrichten können. Außerdem gabs noch: Falafel. Spar „Veggie by NENI“-Falafel, um genau zu sein.

„Falafel?“, fragt der Leser jetzt neugierig. Ja, Falafel. Und ja, das paßt so überhaupt nicht in die Vorratshaltung meiner Eltern. Meine Mutter hat das Ding beim Spar gesehen und mitgehen lassen, weil ich irgendwann erzählt hab, daß ich mir im Zug nach Linz ein Falafel-Sandwich servieren hab lassen. Das hat damals eine längere Erklärung meinerseits erfordert (der Versuch mit Sowas wie Hummus, nur als frittierte Bällchen war auch nicht hilfreich) und ist deshalb offenbar in Erinnerung geblieben.

So, und da stand ich nun am Abend mit einer extra für mich gekauften Portion Falafel, die allein schon der Ehre wegen weg mußte. Nur: Wie? Die von meiner Mutter in Unkenntnis des Nahrungsmittels vorgesehene Form des Verzehrs (einfach so, mit nix, ausm Packerl) scheidet bei diesen doch eher trockenen Dingern grundsätzlich aus. Wer die Trümmer vom Spar kennt, der weiß auch: Die sind darüber hinaus ziemlich pikant gewürzt. Nein, es mußte also irgendetwas her, was dem von mir so geschätzten Falafel-Sandwich oder Falafel-Dürüm nahe kommt. Was Frisches dazu. Was Saftiges. Was Gschmeidiges.

Bergbaron, Gorgonzola, Salami und Schinkenwurst blieben daher unangetastet im Kühlschrank. Zum Einsatz kamen ein letzter Rest vom grünen Salat, die eingelegten Kirschpaprika (deren pikante Marinade als Salatdressing herhalten mußte - Zeit verschwendet wird da nicht unnötig) sowie ein paar Löffelchen von der butterweichen Avocado. Falafel-Bällchen in der Mikrowelle warm gemacht: Mjam mjam mjam!

So ganz Conny-kompatibel wars doch nicht. Die Peppersweet-Kirschpaprika sind mit Frischkäse gefüllt. Fürs Foto hab ich sie alle so gelegt, daß man davon nichts sieht und die Frau Conny sich ein veganes Erlebnis zumindest vorstellen kann. Auch bei den Falafelbällchen selbst hab ich nicht auf die Zutatenliste geschaut. Ob da irgendwo tierisches Fett verwendet wurde? Spar Veggie ist vegetarisch, aber nicht zwingend vegan.

Naja, mir wars wurscht. Ich bin ja nicht veg-, weder -etarisch noch -an, mir muß es nur schmecken. Was es getan hat. Und ich hab mich abghaut über den völlig fertigen Hund, der überhaupt nimmermehr begriffen hat, was da jetzt passiert. Sie ist es ja gewohnt, daß ich mal zum Kühlschrank geh und mir einen Marzipankartoffel raushol oder mir ein Wurstbrot mach. Aber: Mehrere Zutaten zusammentun, Salat waschen, Avocado auslöffeln, Falafel warm machen - da hat sogar der Hund bemerkt, daß irgendwas Ungewöhnliches im Gange ist, wenn ich das mach. Schlaues Tier! :)


Bit far awell

Neben dem bereits legendären in a few minutes we will arrive St. Pölten haben die ÖBB jetzt einen zweiten Schatz in ihrem Englisch-Büchlein: We bit far awell. Ich hab zwei Anläufe gebraucht um zu verstehen, was gemeint war. (Wenn mans geschrieben vor sich sieht, ist es wahrscheinlich leichter.)

Der König steht vorm Schwabl

Schneemann in der Schönbrunner Straße Warum er sich nicht reintraut, wissen wir nicht. Jedenfalls steht der einzige Schneemann, den ich diesen Winter gesehen habe, in der Schönbrunner Straße vorm Schwabl. Und er wird wohl der König seiner Art sein. Jedenfalls trägt er eine Krone und kommt sicher vom Schloß Schönbrunn.

König hin oder her: Gut sieht er nicht aus. Ich hab ihn sicherheitshalber fotografiert. Wer weiß, wann der Wettermann die Revolution ansagt. *LOL*

Im Schwabl dann eine rührende Szene: Kurz nach unserem Eintreffen hat ein Mann, der gerade gezahlt hatte, den Kellner mit Lobpreisungen überhäuft. Es sei ihm, so wörtlich, das Herzerl übergegangen vor lauter Freud über das gute Essen. Lange hat er erzählt von den vielen Wiener Restaurants, die er von Berufs wegen besuchen muß und die sich alle für etwas Besseres halten. Quälende Lifestyle-Küche - dabei fehlts an den Grundlagen dort. Beim Schwabl (den er offenbar neu kennengelernt hat heute) wollte er sofort das gesamte Küchenpersonal beglückwünschen: zartestes Fleisch (kann ich bestätigen, hatte ich auch), a richtig guada Saft, a angenehm große Portion, nicht zu viel, vor allem aber auch nicht zu wenig … gehobene Gasthausküche, wie man es kaum mehr kennt. Der Kellner (Herr „Fraaanz with the Jaegermeisters“) schien fast ein bißchen unangenehm berührt, weil die Lobpreisungen gar nicht aufhören wollten. Ich hingegen muß festellen: Recht hatte er. Mein weißes Scherzel und die Prinzregententorte waren beide vom Feinsten, ohne daß nur ein einziges der Worte „an“, „auf“ oder „bei“ auf der Karten gestanden wäre. Kompliment!

Der Abend endete mit einer Folge der auf Agatha Christies „Partners in Crime“ basierenden Serie „Detektei Blunt“. Täter überführt, alles in Ordnung. ;)


Bosheit und Dummheit

Was sich da am rechten Rand unserer Gesellschaft zusammenbraut, ist eine einzigartig gefährliche Mischung von Bösartigkeit und Dummheit. Das läßt sich nirgendwo so schön beobachten wie in den sogenannten „sozialen“ Netzwerken. Zwar konnten mich die Zuckerbergs und Dorseys dieser Welt noch nicht davon überzeugen, mit ihnen Verträge abzuschließen. Ich komme also nicht in die dreckigen Kellerlöcher hinein, in denen sich der rechte Pöbel unbeobachtet fühlt und so richtig zur Sache kommt. Aber: Ich werde hin und wieder auf ganz entsetzliche „Vorfälle“ aufmerksam gemacht, die in öffentlichen Facebook-Gruppen verbreitet und dort -zigtausendfach geteilt werden. Auf diese öffentliche Gruppen kann auch ich zugreifen. Und es wird mir schlecht dabei.

Seit 2015 kämpft ja der Abschaum nicht mehr gegen Homosexuelle, Feministen, die Kirche, die EU, Juden oder Obdachlose. Nein, seit letztem Jahr stecken diese Kreaturen ihre gesamte Engerie in die Hetze gegen den Islam. (Was, ganz nebenbei, zu höchst verwunderlichen Ergebnissen führt: Die gleichen Leute, die gestern noch Obdachlose als Sozialschmarotzer und „Volksschädlinge“ verachtet und ihnen mit Springerstiefeln die Schädel zu Brei getreten haben, sehen in diesen ärmsten Existenzen nun plötzlich die Märtyrer des sogenannten „deutschen Volkes“, Opfer des angeblich für die Verpflegung muslimischer Zuwanderer ausgehöhlten Sozialsystems. Die gleichen Leute, die gestern noch schwule Männer blutig geprügelt und Feministinnen mit Vergewaltigung bedroht haben, kämpfen nun im Namen der Frauen- und Schwulenrechte gegen den Islam. Und sie sind so leer im Kopf, daß ihnen der Widerspruch gar nicht auffällt.)

Diese Konzentration des stumpfen Hasses auf nun nur mehr einen Feind läßt eine völlig neue Art von Propaganda blühen. Weil es nun mal einfach nicht genug Schreckensgeschichten über Moslems gibt, mit denen man seinen heiligen Krieg rechtfertigen könnte, werden diese (mal mehr, mal weniger kunstvoll) auf dem Reißbrett konstruiert. Da sitzen Menschen am PC, die offenbar nichts anderes zu tun haben, als Raubersgschichten zu erfinden. Zu Hilfe kommen ihnen dabei die freie Verfügbarkeit unendlich vieler Fotos und Videos im Internet sowie die guten Ergebnisse, die man auch schon mit einfacher Bild- und Videobearbeitung am PC erzielt. Keine Geschichte ist zu unglaubwürdig, um erfolgreich verbreitet zu werden:

  • Die Kärntnerin, die von einem muslimischen Asylwerber überfallen und beraubt wurde;
  • Die muslimische Familie, die in einem Streichelzoo vor den Augen der entsetzten Besucher Ziegen geschlachtet und gleich gegessen haben;
  • Ebenfalls muslimische Flüchtlinge, die Pferde am Reiterhof verspeisten;
  • Die vor Freude über die Pariser Anschläge jubelnden und feiernden Moslems in London;
  • Die tagelange Gruppenvergewaltigung eines deutschen Mädchens durch muslimische Jugendliche;
  • Die systematische Kündigung von Mietern, um Platz für muslimische Flüchtlinge zu machen;
  • Die Aufforderung an Mieter städtischer Gemeindebauten, in ihren Wohnungen kein Schweinefleisch mehr zuzubereiten, um die religiösen Gefühle muslimischer Nachbarn nicht zu verletzen;
  • Die Demonstrationen von muslimischen Flüchtlingen mit Plakaten, auf denen sie „Frauen zum Ficken“ in ihren Unterkünften fordern;
  • Die Behauptung, muslimische Flüchtlinge würden (deutsche Variante) in Supermärkten über ein geheimes Gutscheinsystem gratis einkaufen oder (österreichische Variante) über eine geheime Aktion der Caritas in jedem Elektrogeschäft kostenlose Smartphones erhalten;
  • Die regelmäßige Veröffentlichung von Fotos beliebiger muslimischer Menschen aus unseren Städten gemeinsam mit Fotos von IS-Terroristen, die als „Beweis“ gelten, daß es sich bei den zwei abgebildeten Menschen um die gleiche Person handelt (immerhin sehen ja beide südländisch aus, nicht wahr?);
  • Die -zigtrillionen Euro, die jeder Moslem (egal ob Flüchtling oder nicht) aus den Sozialsystem schöpft, während der arbeitslose FPÖ-Wähler von seiner eigenen Hände Arbeit - äh, ja, also zumindest viel, viel weniger bekommt;
  • Wegen der Moslems hat nicht nur der Nikolo Hausverbot in unseren Kindergärten, nein, man entläßt auch jede Kindergärtnerin, die den Kindern von Weihnachten erzählt.
  • Immer wieder: Jedes einzelne Fotos einer verprügelten Frau, das jemals im Internet veröffentlicht wurde, zeigt jetzt plötzlich eine „von einer Gruppe Moslems vergewaltigte und mißhandelte Deutsche“.

Die Liste ließe sich endlos fortsetzen. Ich habe nur die Beispiel aufgeführt, auf die ich persönlich aufmerksam gemacht wurde und bei denen sich sehr schnell herausgestellt hat, daß sie einfach frei erfunden sind. (Wenn auf einem Foto von einer Demonstration die Transparente „weißer als weiß“ erscheinen und die in Comic Sans „aufgemalten“ Sprüche nicht dem Faltenwurf dieser Transparente folgen, hat man eigentlich genug gesehen.)

Die eine Frage ist: Was sind das für kranke, haßerfüllte Menschen, die sich solche Dinge ausdenken und dann extra noch passende Bilder und Videos fälschen? Sind das wirklich nur ein paar Verrückte, die vergessen haben, ihre Medizin zu nehmen? Oder steckt dahinter das bösartige Kalkül einer politischen Bewegung, die die Wählerschaft so lange durch Hetze und Lügen in den Extremismus treiben will, bis sie eine reelle Chance auf die Macht im Land hat? Ich glaube (leider) an Letzteres. Der plötzliche gemeinsame Schwenk, das orchestrierte Vorgehen in dieser Sache, das ist kein zufälliges Zusammenspiel einiger Deppen. Da haben sich einige sehr bösartige Menschen schon was überlegt dabei. In welchen Parteizentralen die sitzen (AfD? NPD? FPÖ? …?), darüber kann man spekulieren. Sicher ist nur, daß der Trick hat schon einmal funktioniert hat: Jörg Haider hat seine FPÖ von 5% auf 27% gebracht, indem er einfach nur einen zuvor nicht existierenden Haß gegen Ausländer zuerst erzeugt und ihn danach instrumentalisiert hat. Er hatte kein darüber hinaus gehendes politisches Programm. Seine Strategie war die Spaltung der Gesellschaft und der offen zur Schau gestellte Haß, sein Ziel die persönliche Macht. Wir befinden uns auch jetzt wieder in der ersten Phase von Haiders Strategie: Haß säen, wo keiner war. Muslime verunglimpfen, die seit 50 Jahren friedlich unter uns leben, unsere Kollegen und Freunde sind. Der zweite Schritt wird wieder gelingen: Die Gesellschaft tief zu spalten und den Haß in Wählerstimmen umzuwandeln.

Daneben stellt sich natürlich die andere Frage nach dem Geisteszustand jener, die diese Falschmeldungen glauben, „liken“ und an ihre 2.865 engsten Facebook-Freunde weiterleiten, sodaß sich die Gerüchte schneller verbreiten, als der Staatsanwalt den PC einschalten. Das ist nämlich genau das Pack, das jede recherchierende und medienrechtlich verantwortliche Redaktion als „Lügenpresse“ bezeichnet. Wenn dann aber auf Facebook quasi als Quellenangabe steht, daß „meine Arbeitskollegin diese Geschichte von einer Nachbarin erzählt bekommen hat, deren Freund Polizist ist“, dann wird das zur unumstößlichen, in Stein gemeißelten Wahrheit. Immerhin „will ja auch dieser Polizist nicht namentlich genannt werden, weil er damit seinen Job riskieren würde“. Wenn dann auch noch sowohl die Pressestelle der Polizei als auch die „Lügenpressehaltdiefresse“ übereinstimmend berichten, daß das Gerücht frei erfunden ist - na hallo!? Was mehr will man denn noch als endgültigen Beweis, daß es eben doch stimmt?

Man kann diesen Menschen nicht in erster Linie vorwerfen, daß sie ein verqueres, von Angst und Haß zerfressenes Weltbild haben, wenn sie sich ausschließlich über die einschlägigen Facebook-Gruppen mit diesen Falschmeldungen informieren. Man kann ihnen aber sehr wohl vorwerfen, daß sie sich ausschließlich über diese Kanäle informieren und völlig unkritisch alles glauben, was ihnen dort vorgesetzt wird - auch wenn es noch so offensichtlich gefälscht ist. Natürlich sind auch ORF, Kronen Zeitung die Wiener Bezirksblätter nicht immer nur die Horte der Wahrheit und des objektiven Journalismus. Aber mehr gelogen als auf Facebook wird dort sicher nicht … und informiert ist nur, wer eine Geschichte von möglichst vielen Seiten erzählt bekommen hat. Informiert sein wollen die Facebook-Fans von Pegida, FPÖ, AfD, den Identitären, NPD, etc. aber wahrscheinlich gar nicht. Das macht nicht so viel Spaß wie sich als Meute gemeinsam stark zu fühlen.

Dummheit ist gefährlich. Bösartigkeit ist gefährlich. In den „sozialen“ Netzwerken verschmelzen beide zu einer bestialisch stinkenden Bühe, aus dem die rechten Feinde unserer seit nunmehr 70 Jahren doch recht friedlichen Gesellschaft die Kraft zu neuer Gewalt und Zerstörung schöpfen. Es wäre höchst an der Zeit, hier energisch einzuschreiten.


SSH aufs Ubuntu Phone

Ubuntu Touch TerminalAm Jolla ist es eine einfache Übung: In der Systemsteuerung den Entwicklermodus aktivieren, das Häkchen beim Remotezugriff setzen, dort gleich ein Passwort eingeben - fertig. Der SSH-Zugriff ist sofort mit dem gewählten Passwort möglich, zusätzlich wird automatisch das Terminal installiert.

Mit einem Ubuntu Phone (hier getestet mit Ubuntu 15.04) ist das alles ein bißchen komplizierter und will erst durchschaut werden: Diverse Anleitungen im Web beziehen sich nämich auf frühere Versionen des Betriebssystems und sind nicht mehr gültig.

Bei mir haben folgende Schritte zum Erfolg geführt. Ich notier sie mir hier, falls ich sie wieder einmal brauch:

  1. Auch bei Ubuntu muß man in der Systemsteuerung den Entwicklermodus aktivieren. Der verlangt allerdings, daß man das Telefon insgesamt mit einer PIN oder einem Passwort sichert. Heißt für mich: Ab sofort bei jedem „Aufwecken“ des Geräts eine PIN eingeben.
  2. Das Terminal-Programm aus dem Ubuntu-Store manuell installieren. Das Terminal verlangt ein Passwort auch für den Standarduser „phablet“ - wenig überraschend ist das die PIN, die ich bei der Freischaltung des Entwicklermodus gewählt habe.
  3. Im Terminal sudo service ssh start eintippen. („service“ ist ein Ubuntu-spezifischer Befehl, der sowohl Upstart-Jobs als auch System V Init Scripts kontrolliert.)
  4. Sich wundern, warum trotzdem nichts funktioniert und der SSH-Daemon nach dem nächsten Neustart wieder deaktiviert ist.
  5. Langsam verstehen, daß die Entwickler von Ubuntu nicht die reguläre Konfiguration des SSH-Daemons starten, sondern über die Datei /etc/init/ssh.override eine Version, die sich nie automatisch startet und kein Login per Username/Passwort zuläßt.
  6. Den öffentlichen Schlüssel aus dem SSH-Verzeichnis meines PCs auf das Handy kopieren (in die Datei /home/phablet/.ssh/authorized_keys).
  7. SSH verwenden und vorläufig akzeptieren, daß der Daemon nach jedem Neustart des Telefons von der Kommandozeile gestartet werden muß.

Ich bin mir noch nicht ganz sicher, ob ich /etc/init/ssh.override gefahrlos löschen kann, sodaß stattdessen die reguläre /etc/init/ssh verwendet wird. Dazu kenne ich weder Upstart gut genug noch weiß ich, wie Ubuntu bei Systemupdates mit solchen Dingen umgeht. Zu 90% wird das funktionieren und ich nehme an, daß SSH dann immer automatisch startet und auch ein Login mit Username/Passwort akzeptiert.

Ich bin mir auch nicht ganz sicher, ob ich alles verstanden habe, was ich da tu. Ginge es eventuell auch ohne Entwicklermodus? Könnte man auch ohne Löschen von Dateien Ubuntu dazu bringen, sshd automatisch zu starten? Ist im Prinzip egal, ich habe einen Weg gefunden, der für mich funktioniert. Und man muß sich ja selbst die Chance geben, morgen nochmal ein bißchen klüger zu werden. :)

Nicht ganz zum Thema SSH, aber irgendwie zum Thema Terminal-Zugriff paßt die Sache mit dem root-Passwort: Irgendwie haben die alten Tricks vom Desktop nicht funktioniert. Ich kann für den User root kein Passwort setzen. Man kommt trotzdem in eine root Shell, indem man einfach sudo bash eingibt. Solangs funktioniert …


Mein Ubuntu Phone: BQ Aquaris E5 HD

BQ Aquaris E5 HD Ubuntu Edition VerpackungDer Jahresbeginn ist ja traditionell die Zeit, in der ein bißchen Geld übrig bleibt. Man geht also kurz nach Spanien shoppen und kauft sich bei BQ ein Aquaris E5 HD in der „Ubuntu Edition“. Heute - gleichzeitig also mit dem neuen Jolla Update - hab ich es bekommen. Smartphone-Stress! :)

(Nettes Detail am Rande: Der Paketdienst hat beschlossen, das Päckchen für mich in einem Geschäft zu hinterlegen, das „Sportnahrung“ für Fettverbrennung, Muskelaufbau und einen höheren Testosteronspiegel verkauft. Ich werde zu diesem Handy nie ein unverkrampftes Verhältnis aufbauen können. *gg*)

Es ging mir dabei nicht so sehr ums Telefon an sich. (Das nämlich hat einige unverständliche Schwächen - kein LTE zum Beispiel.) Wichtiger war mir, endlich einmal das neben SailfishOS zweite freie Betriebssystem am Markt ausprobieren, Ubuntu Phone nämlich. Dieses OS ist bei seiner ersten kommerziellen Vorstellung im Februar 2015 von der Fachpresse sehr zurückhaltend aufgenommen worden. Damals hat aber eigentlich jeder darauf hingewiesen, daß die verhältnismäßig schwache Hardware des BQ 4.5 mit verantwortlich sein dürfte für den eher mauen Eindruck, den das System hinterlassen hat.

Ein Jahr später: Ein kurzfristig von Meizu angebotenes Ubuntu-Handy ist nicht mehr regulär verfügbar. BQ hat mit dem Nachfolgemodell des E 4.5, dem E 5, aber ein Gerät am Markt, bei dem Preis und Rechenleistung stimmen. (Der Preis vor allem dann, wenn man es eigentlich nicht verwenden, sondern nur damit spielen will.)

Tja. Und während mein Jolla sein Update herunterlädt und installiert, spiele ich mich erstmals mit Ubuntu auf einem Smartphone. Testbericht kann das hier natürlich keiner werden. Ich hab einfach nur ein bißchen rumgeklickt, mal hier reingeschaut, mal dort. Ich hab nichts, was mir nicht auf den ersten Blick klar war, im Internet zu erforschen versucht. Ich war einfach nur das kleine Kind vor dem Touchscreen. Ein paar Eindrücke habe ich trotzdem - und sie sind allesamt negativ. Das ist völlig normal und immer so, wenn ich mit einem völlig neuen Betriebssystem konfrontiert werde. Es stoßen einem halt zunächst die Dinge auf, die nicht so funktionieren wie gewohnt. Weil das aber vielleicht allen so geht, halte ich es für nicht ganz unsinnig, diese ersten Stolpersteine auch zu dokumentieren:

  • Das User Interface ist sehr viel bunter und verspielter, als ich es vom Jolla gewohnt bin. Es hat was von Android. Andererseits gibt es aber dort, wo es möglich ist, durchaus Ähnlichkeiten mit dem Ubuntu, das ich am Desktop laufen habe. Ein klein bißchen Vertrautheit ist gar nicht so übel.
  • Die Steuerung geht mir noch nicht so leicht von der Hand, wie ich es erhofft hätte. Links blende ich eine Leiste mit den wichtigsten Programmen ein - sieht aus wie am Ubuntu Desktop. Von rechts „wische“ ich die offenen Programme ins Bild. Die sind allerdings in einem hübschen 3D-Effekt hintereinander geschachtelt. Das sieht gut aus, macht es aber schwer, ein geöffnetes Programm zielsicher anzunavigieren. Der Hauptscreen ist mit etwas zugepolstert, was sich „Scopes“ nennt. Eine gute Idee im Prinzip, aber noch unausgegoren. Zu unausgegoren für den prominenten Platz in der Mitte des User Interface. Trotzdem: Das werd ich lernen, an der Bedienung wirds nicht scheitern.
  • Laut Papierform müßte das E5 deutlich schneller arbeiten als das betagte Jolla Phone. Wahrscheinlich tut es das sogar, objektiv gesehen. Trotzdem hab ich sehr häufig das Gefühl, daß das Handy jetzt gerade einfriert und gar nichts mehr tut. Das mag daran liegen, daß Ubuntu gerade in den „Scopes“ sehr viel Inhalt aus dem Netz hereinholt. Das mag auch daran liegen, daß Jolla im SailfishOS viele Nachdenkpausen hinter kleinen Animationen versteckt. Egal wie's ist: Es wirkt so, als würde das Telefon mit dem Ubuntu-Betriebssystem deutlich stärker ruckeln.
  • Etwas überraschend war für mich der Mangel an Applikationen. Immerhin brüstet sich Ubuntu damit, eine sehr große Entwickler-Community zu haben. Im Vergleich zum Jolla-Phone fehlt natürlich die Android-Kompatibilität. A1 TV, Mein A1, die neue ÖBB-App, Babbel, BAWAG Telebanking … Das darf man natürlich gar nicht erst erwarten. Daß es aber kein Mail-Programm gibt, macht einen dann schon sprachlos. (Stimmt nicht ganz: Im Ubuntu Store hab ich ein als „Betaversion“ bezeichnetes Programm gefunden, in dessen Beschreibung steht: Ist in Entwicklung, Abstürze und sonstige Fehler sind zu erwarten. Will ich das auf meinen Mail-Account loslassen?) Auch andere Dinge kommen zumindest nicht von Ubuntu selbst: PDF-Ansicht, Office-Betrachter, Kalender, XMPP-Chat oder Exchange-Support … nichts. Vielleicht findet man etwas im Store, ich habs nicht ausprobiert.
  • Ich habe keine Möglichkeit gefunden, Autovervollständigung oder Korrekturvorschläge für die Tastatur zu aktivieren.

Was es allerdings gibt: ein Terminal. Das hab ich bereits installiert. Und ich hab mit Beruhigung festgestellt, daß auch eine SSH-Verbindung vom Desktop aufs Handy möglich sein soll. Das probier ich morgen aus. Damit bin ich dann glücklich. Die wahre Kraft eines Smartphones liegt ja unter dem User Interface, auf der Kommandozeile. :)


Jolla: Taalojärvi mit Regenbogen

Jolla Taalojärvi UpdateTaalojärvi ist ein See, der gut 12 Autostunden nördlich von Helsinki liegt. Sehr nördlich. Von Taalojärvi aus gesehen ist der Polarkreis der sonnige Süden.

Taalojärvi ist auch der Codename der heute im „Early Access“-Programm veröffentlichten Version 2.0.1.7 des Sailfish-Betriebssystems von Jolla. Es ist das erste Update seit Oktober 2015, das erste Lebenszeichen nach den finanziellen Problemen, die dem Unternehmen ein Pause aufgezwungen haben. Das Foto mit dem Regenbogen, das das Update ankündigt, wurde wahrscheinlich nicht ganz ohne Grund ausgewählt.

In einem wie immer sehr ausführlichen Changelog führt Jolla knapp 500 Änderungen in etwas mehr als 100 Paketen auf. Diesmal sind es in erster Linie Fehlerbehebungen sowie (Sicherheits-)Updates aus den Upstream-Projekten. (Erfreulich, wenn so etwas auch noch 2016 für ein Telefon passiert, das 2013 auf den Markt gebracht wurde. Wann habe ich eigentlich das letzte Betriebssystem-Update für mein Samsung Handy erhalten?)

Was ist tatsächlich neu (und auch für mich irgendwie relevant)?

  • Die Android-Emulation wurde noch tiefer ins System integriert. Android-Programme können nun z.B. SMS-Nachrichten verschicken, was manche tun, um sich irgendwo zu registrieren. Die Multimedia-Steuerung am Lock-Screen funktioniert auch, wenn Android-Programme Musik wiedergeben. Außerdem „sehen“ Android-Programme nun auch die im Sailfish-Betriebssystem eingerichteten Konten, wenn es darum geht, Inhalte zu teilen.
  • Das Adreßbuch zeigt jetzt zu jedem Eintrag eine Liste der letzten Kontakte (bzw. Kontaktversuche) mit der jeweiligen Person an.
  • Die mit dem letzten Update neu hinzugekommenen Shortcuts am Event Screen lassen sich jetzt besser konfigurieren. (Das war im Oktober-Update nicht so glücklich gelöst.)
  • Verdeckte Eingabefelder für Passwörter kann man nun sichtbar machen. Keine unbemerkten Tippfehler mehr beim Eingeben eines WLAN-Schlüssels.
  • Mehr aus ideologischen Gründen interessant: Wer zur Installation von Programmen auf den Jolla-Store verzichten möchte und sich nur bei fremden Repositories bedient, der braucht auch keinen Jolla-Account dafür. (Ich gehe davon aus, daß ein Jolla-Account aber spätestens dann wieder nötig wird, wenn ein System-Update installiert werden soll.)

Außerdem wurden wieder neue Konto-Typen (z.B. Dropbox) eingeführt, die aber allesamt zu proprietären Services gehören und mich daher nicht so brennend interessieren.

In Summe eine schöne Überraschung, die mich da heute aus Finnland erreicht hat. Wenn keine zu groben Fehler auftreten bei den Kunden, die diese Version jetzt vorab installieren, wird sie in einigen Wochen allen Kunden zur Verfügung gestellt.


Köln: FPÖ 2015 für Straflosigkeit

Ein interessanter Aspekt der Silvesternacht in Köln ist, daß sie auch (und wieder einmal) den rechten Rand entlarvt. Wo andere politische Kräfte feste Grundsätze haben, gibt es bei FPÖ und Co. nur Populismus, plötzliche Richtungswechsel - und einen auffallenden Mangel an Erinnerungsvermögen der „besorgten Bürger“, der wahrscheinlich dem Wodka geschuldet ist. Ginge es nämlich nach dem, wofür die FPÖ noch vor gut einem halben Jahr öffentlich gekämpft hat, müßten die Sex-Täter von Köln großteils straffrei bleiben. Genau das könnte jetzt in Deutschland passieren:

Dummerweise hat sich nämlich die Ausforschung zumindest einiger Täter einfacher gestaltet, als die Öffentlichkeit es zunächst vermutet hatte. Nun diskutieren diejenigen, die sich mit solchen Verfahren auskennen, die Mühen der Ebene. Man wird ja bei Gericht nicht verurteilt, weil man wahrscheinlich in einer Gruppe gestanden ist, deren andere Mitglieder etwas getan haben, was die Zeitungen aufregt. Zum einen muß hinreichend bewiesen werden, daß der von der Polizei eingesammelte Verdächtige auch tatsächlich der Täter ist, den das Opfer erkannt zu haben glaubt. Soweit ist das gerichtlicher Alltag. Zum anderen aber muß überhaupt strafbar sein, was die Opfer als Angriff empfunden und worüber sich hunderttausende Facebook-User empört haben. Und in diesem zweiten Punkt wirds nun spannend:

Soweit es zu Diebstahl gekommen ist - kein Problem. Einige Vergewaltigungen wurden angezeigt - auch die sind mit Sicherheit strafrechtlich relevant. Wer an Köln denkt, hat aber nicht die gestohlene Handtasche im Kopf, sondern die sexuelle Erniedrigung. Frauen schilderten einen Spießrutenlauf durch eine Menge, aus der heraus sie an den Brüsten, Schenkeln, am Gesäß und auch unter dem Rock begrapscht wurden. Und hier melden sich nun Stimmen zu Wort, die sagen: Eigentlich wissen wir nicht so genau, was das im deutschen Strafrecht ist. In einem Interview mit der Zeit sagt der Kölner Rechtsanwalt Nikolaos Gazeas zu diesem Thema:

Ein Greifen an die bekleidete Brust oder in den Intimbereich kann den Tatbestand der sexuellen Nötigung erfüllen. Voraussetzung ist allerdings, so definiert es das Gesetz, dass diese Handlung „von einiger Erheblichkeit“ ist. Wann diese Grenze überschritten wird, ist immer eine Wertungsfrage und abhängig vom Einzelfall. Gerichte haben schon entschieden, dass eine Berührung des Vaginalbereichs oder der Brust über der Kleidung nicht darunter fällt.

Offenbar steht Gazeas mit dieser Einschätzung des Sexualstrafrechts nicht allein. Auch die deutsche Bundesregierung hat als unmittelbare Reaktion auf die Silvesternacht eine Verschärfung des Sexualstrafrechts angekündigt. Die Herrschaften werden wissen, warum … Für die Täter von Köln ändert das nichts, das Strafgesetz kann ja nicht rückwirkend verschärft werden.

Durchaus möglich also (nach deutscher Rechtslage), daß ein Täter der Silvesterübergriffe straffrei bleibt, sofern ihm „nur“ das Grapschen, nicht aber ein Diebstahl oder ein schwereres Sexualdelikt nachgewiesen werden können.

Und nun der Schwenk auf Österreich, die FPÖ und ihre Anhänger:

Die Rechtslage ist bei uns nämlich anders - wenn auch erst seit genau dieser Silvesternacht. Der neue §218 Abs.1a StGB (vulgo „Grapsch-Paragraph“) bestraft genau diese Art von Übergriffen. Er war im ersten Halbjahr 2015 Anlaß erbitterter Wortgefechte zwischen den Reichshälften … Auf der einen Seite die, die immer schon den Schutz der Frau vor sexuellen Übergriffen vertreten haben. Auf der anderen Seite jene, denen dieser Schutz egal ist, die dieses Thema seit Jahrzehnten ins Lächerliche zu ziehen versuchen, aber genau mit 1.1.2016 einen 180°-Schwenk hingelegt haben. Erst durch die Resonanz, die Köln auf Facebook gefunden hat, haben FPÖ und Co. erkannt, daß man auch aus dem Bild der von Ausländern geschundenen deutschen Frau politisches Kapital schlagen kann. (Es glaubt ja niemand ernsthaft, daß der rechte Mob die gleiche Begeisterung für Frauenrechte an den Tag legt, wenn die Freiwillige Feuerwehr von Unterhinterneusiedl im Dorfwirtshaus den Kellnerinnen unter den Rock greift.)

Äußerungen aus der politischen Diskusssion von damals:

FPÖ-Chef Strache in der ORF Pressestunde: Auch mir ist schon sexuelle Belästigung passiert. […] In der Regel sagt man dann sehr klar und deutlich, dass man das nicht wünscht. Dann hat man in der Regel auch eine Ruhe. Ein neues Gesetz brauche es nicht. (Erinnert das jemanden an „eine Armlänge“?)

MMag. Dr. Wilfried Grießer, FPÖ-Kandidat zur Mödlinger Gemeinderatswahl 2015, in seiner Stellungnahme zum Strafrechtsänderungsgesetz 2015, durch das der oben erwähnte „Grapsch-Paragraph“ eingeführt wurde: Auf daß der Mann sich als Mann setzt, muß er die Frau zum Ding bzw. zur „Ware“ herabsetzen, um jene Libido zu generieren, die die Frau auch fordert und genießt. Mitunter lieben es Frauen nachgerade, von einem ,wildgewordenen’ Penis „überfallen“ zu werden; und hierzu die Zustimmung einzuholen, weil die Frau als das personale Wesen genommen ist, wäre genau der Verlust dieses Reizes. (Die FPÖ legt aus mir nicht nachvollziehbaren Gründen immer wieder Wert auf die Feststellung, daß Dr. Grießer kein Mitglied der Partei ist. Was sie nicht daran gehindert hat, ihn für sich kandidieren zu lassen.)

Entsprechend machohaft waren die Wortmeldungen aus dem rechten Lager dann auch im Internet. Im besten Fall wurde das Thema als unnötige Zeitverschwendung belächelt (Während die einen über Po-Grapschen […] nachdenken, hat sich die FPÖ schon immer der Themen angenommen, welche die Bürger wirklich bewegen), viel öfter aber offen gegen den Schutz der Frauen Stimmung gemacht. Der eine wollte seine langjährige Frau durch eine solche Grapschattacke kennengelernt haben; für den anderen war der lässige Griff auf Busen und Po im Vorbeigehen Teil unserer (v.a. ländlichen) Kultur; für die meisten waren die Befürworter der Strafrechtsreform ohnehin nur häßliche Zicken, die neidig waren, weil sie selbst nicht angerührt wurden.

Wenig überraschend wurde der Schutz vor dem Grapschen dann am 8.7.2015 auch ohne die Stimmen der FPÖ beschlossen.

Durchaus überraschend ist, wie sehr die gleiche FPÖ und die gleichen rechtsextremen Spinner sich jetzt, nur ein halbes Jahr später, buchstäblich über Nacht zu Schutzheiligen begrapschter Busen entwickelt haben. Für mich gibt es dafür nur die zu Beginn aufgeführten Erklärungen: Der Wodka hat jede Erinnerung an die 6 Monate zurückliegenden eigenen Wortmeldungen vernichtet; mangels politischer Überzeugung gibt es bei denen, die sich noch erinnern können, keinen Grund, die damalige Linie beizubehalten; außerdem springt man aus blankem Populismus auf jedes Thema auf, das billige Quote bringt - ganz egal, was inhaltlich eigentlich dahinter steht. Merkt eh keiner.

Nicht vergessen also: Wenn ein Täter von Köln straffrei bleibt, weil das deutsche Gericht in seinem „Unter den Rock grapschen“ keine für den Tatbestand der sexuellen Nötigung ausreichende Intensität erkennt, dann geschieht das aufgrund einer Gesetzeslücke, für deren Fortbestand die FPÖ sich 2015 auch in Österreich eingesetzt hat.