Oskar Welzl: Weblog zur Homepage

MWC 2016: Jolla, Intex, Fairphone, Mi-Fone

Sailfish Logo Der Mobile World Congress in Barcelona neigt sich seinem Ende entgegen. Von der Sailfish-Front gibt es zwar eine Reihe von Neuigkeiten - leider aber nichts Konkretes über Geräte, die auch in Europa zu haben wären. Hier ist, was die Presseaussendung und das Internet vermelden:
  • Nicht ganz so aufregend, aber im Licht der Ereignisse um den Jahreswechsel irgendwie vielsagend: Das Betriebssystem hat ein neues Logo und die Website SailfishOS.org wurde komplett neu gestaltet. Dabei wurde nicht nur die Doku für Entwickler erneuert: Vor allem die Informationen über das Lizenzprogramm von Jolla sind in den Vordergrund gerückt.
  • Intex stellt erstmals das neue Aqua Fish Telefon vor, das erste Sailfish Handy, das nicht von Jolla kommt. Wie schon das ursprüngliche Jolla Phone ist es eher Mitelklasse: Quadcore mit 1,3 GHz, 2 GB RAM, 5" Display, 8MP Kamera, Dual SIM. Es wird (vorläufig?) nur in Indien erhältlich sein und mit sogenannten „Super-Apps“ (früher: „Partnerspace“) von Snapdeal und Gaana ausgestattet werden. Wenn ich richtig gerechnet habe, liegt der Preis umgerechnet bei rund € 100,-. (Wobei: Mittelklasse ist gut. Mein derzeitiges Samsung-Diensthandy schnauft mit etwas mehr als der halben Leistung durch den Tag. *gg*)
  • Ganz neu ist die Ankündigung des afrikanischen Herstellers mi-fone, im zweiten Quartal 2016 ein Handy mit SailfishOS auf den Markt bringen zu wollen. Die technischen Details sind noch nicht bekannt, mi-fone baut aber maßgeschneiderte Billighardware für Afrika. Es ist nicht zu erwarten, daß das Gerät auch in Europa verkauft wird. Auch hier soll das Konzept der „Super-Apps“ für lokale Relevanz sorgen.
  • Fairphone zeigte am Mobile World Congress ein Fairphone 2 mit SailfishOS. Die Adaption des Betriebssystems befindet sich hier angeblich in der finalen Phase, ein genaues Launchdatum für SailfishOS am Fairphone wollen aber weder Jolla noch Fairphone nennen. Interessant ist hier, daß laut Plan ein Wechsel der Betriebssysteme auch im Nachhinein durch den Kunden möglich sein soll. Von Android zu Sailfish also und wieder zurück. Das Fairphone ist von den genannten Projekten das einzige, das auch für den europäischen Markt interessant ist. Die zeitgemäßere Hardwareausstattung hat aber auch ihren Preis: € 525,- verlangt das niederländische Unternehmen für sein zweites Smartphone. Ob Sailfish-Freunde das Geld auslegen, wird davon abhängen, ob es beim sogenannten „Community-Port“ bleibt oder ob die beiden Firmen auch die kommerziell und rechtlich heikleren Teile von Sailfish aufs Fairphone packen. Zu letzteren gehören neben den HERE-Maps und der Exchange-Unterstützung vor allem der gesamte Android-Support.

Unterm Strich heißt das: Im besten Fall kommen nach heutigem Informationsstand bis Jahresmitte vier neue Geräte mit SailfishOS auf den Markt. (Ich habe das dubiose „Turing Phone“ mitgezählt, obwohl die meisten Journalisten es als Vaporware betrachten und seine Liquidmorphium™-Technologie als Neverdonium™ verspotten. In einem Satz, der mit Im besten Fall … beginnt, darf man großzügig sein.) Aus Sicht eines mitteleuropäischen Konsumenten ist da jetzt nichts dabei, was einen vom Hocker reißt. Jollas BRICS-Strategie scheint zwar aufzugehen, trotzdem fällt es mir schwer, mich für 2014er-Hardware zu begeistern, die ich irgendwie halblegal aus Indien einschmuggeln müßte. Auf der anderen Seite ist das Fairphone zwar wirklich fesch, aber halt auch ziemlich teuer. Das muß erst beweisen, daß wirklich das komplette SailfishOS drauf läuft, bevor ich es in die engere Wahl ziehe.

Was allerdings 10x wichtiger ist: Jolla hat seit seinem ersten Marktauftritt 2013 immer davon gesprochen, wie wichtig es ist, das Betriebssystem an Partnerfirmen zu lizensieren. Das hat seit 2013 nie geklappt, obwohl es einige sehr vollmundige Ankündigungen gegeben hat. Ende 2015 stand die Firma kurz vor dem Aus - und jetzt, im Februar 2016, scheint es erstmals in der Unternehmensgeschichte so, als ob der Plan aufgeht. Zum ersten Mal gibt es nicht nur Ankündigungen von Jolla nach dem Motto „Wir verhandeln mit interessierten Partnern, deren Namen wir nicht nennen dürfen“. Nein: Zum ersten Mal sind fertige Produkte zu sehen und gleich mehrere Kooperationspartner geben von sich aus bekannt, daß sie SailfishOS verwenden wollen. Das klingt nach einer realistischen, wenn auch vielleicht letzten Chance. Falls die Finnen es schaffen, diese Chance zu nutzen, dann dürfen sie 2016 ruhig ihrer BRICS-Strategie widmen. Hauptsache, es kommt etwas Geld aufs Konto. Und vielleicht kommt ja dann 2017 das Traumhandy für anspruchsvolle User in Österreich. :)

 
Deep_Blue meinte am :
Faszinierend
Die wahren Stars der MWC waren aber das

Samsung Galaxy S 7

und

LG G5.

Zu diesen Geräten greift man, wenn man ein top aktuelles Smartphone mit funktionierendem Betriebssystem möchte.

Die überteuerten Geräte mit 2014 Technik überlässt man den Software-Bastelonkels, die Jahr für Jahr von einem funktionierenden Handy träumen.

Aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt. 
ossi1967 antwortete am :
@Blue

Ja, so ein Galaxy S7 macht mich auch ganz wuschig. Erzähl mir davon! Kann es jetzt endlich Multitasking? Hab ich freien Zugriff auf die Kommandozeile und auf alle Verzeichnisse? Laufen meine Bash-Scripts aus dem App-Launcher? Bin ich vor dem Zugriff durch Google geschützt? Bekomme ich regelmäßige Systemupdates, auch Jahre später noch?

Tests im Web lassen sich mit dem im Webstandard gefundenen Satz zusammenfassen: Das Galaxy S7 und S7 Edge liefern keine bahnbrechenden Neuheiten im Vergleich zu den Vorgängern. Was für Samsung neu sein dürfte, ist das LPM-Display … das kenn ich von anderen Geräten seit 2011. Innovation! Innovation!

Nein, Stars sehen anders aus.

Ich tu mir übrigens schwer, bei Android (oder dem, was noch davon übrig ist) von einem funktionierenden Betriebssystem zu sprechen. Mein Galaxy S4 mini (Du weißt, ich knechte es als Diensthandy) ruckelt viel stärker und stürzt viel öfter ab als das hardwaremäßig schwächere Jolla Phone. Das flutscht nämlich auch nach drei Jahren noch quietschfidel vor sich hin. Was die stärkere Hardware so ausbremst und zum Sterben bringt, kann ja dann wohl nur das Betriebssystem sein. Dazu kommt, daß das letzte Update von Samsung vom Juni 2014 stammt. Alle seither gefundenen Fehler, Sicherheitslücken und Performancebremsen bleiben schön brav konserviert auf dem Handy und keine Sau kümmert sich drum. Am Jolla Phone hingegen, das ca. gleich alt ist, bekomme ich immer noch im Schnitt alle 1-2 Monate ein neues Update. Da würd ich mich als Samsung-Kunde ein bissi verarscht fühlen im Vergleich. :)