Anti-Internet-Gesetz beschlossen
Jeder Schüler mit einer Homepage muß in Zukunft seine Adresse und Telefonnummer darauf veröffentlichen. Das kommt dabei heraus, wenn sich der österreichische Nationalrat zum Thema Internet seine Gedanken macht.
Am 12.5.2005 wurde eine Änderung des Mediengesetzes beschlossen. Wichtigste Neuerung: Jede private Website fällt mit Inkrafttretten am 1.7.2005 ausdrücklich unter die (großteils bereits jetzt für andere Medien geltenden) Bestimmungen bzgl. Impressumspflicht, Entschädigungsansprüche, Verpflichtung zur Veröffentlichung von Gegendarstellungen etc. etc.
Schon das Bauchgefühl sagt sofort: Das kann nicht sein, hier stimmt etwas nicht. Die erste Analyse kommt zunächst zu einem anderen Schluß: Warum sollen bei Homepages andere Regeln gelten als bei Flugblättern, Vereinszeitschriften oder Schülerzeitungen?
Drei Unterschiede sind es, die dem Gesetzgeber offenbar nicht aufgefallen sind:
Erstens: Es besteht absolut keine Notwendigkeit dafür. Bei bedrucktem Papier ist ein korrektes und vollständiges Impressum die einzige Möglichkeit, um gegebenenfalls die für den Inhalt Verantwortlichen ausforschen zu können. Der Tisch, auf dem die Zeitungen und Flugblätter herumliegen, kann keine Auskunft über deren Macher geben.
Ganz anders bei Websites: Hier ist der Inhalt permanent auf einem Server gespeichert. Über die Betreiber der Servers, uU die Inhaber einer Domain, kann man bei Bedarf jederzeit auf die für ein bestimmtes dort gespeichertes Dokument Verantwortlichen zugreifen. Ganz ohne öffentliches Impressum. Es ist so, als wäre von jeder Ausgabe der Zeitschrift NEWS nur ein einziges Exemplar vorhanden, das ausschließlich im Verlagshaus einzusehen ist. Ein Sprecher des Verlagshauses kann dann dem Leser direkt zu jedem Artikel den Autor nennen.
Zweitens ist ein völlig anderer Personenkreis betroffen. Wer ein Flugblatt herausgibt oder sich für eine Schülerzeitung engagiert, hat etwas mitzuteilen. Er möchte eine Meinung verbreiten oder auch nur Informationen, die ihm am Herzen liegen. Hier eine Angabe des Impressums zu verlangen, scheint angemessen - ebenso wie Entschädigungsansprüche, falls er dann doch über's Ziel hinaus schießt.
Die private Homepage von Daniel (15) und Martin (15) hat einen anderen Zweck. Eigentlich geht's da in erster Linie darum, eine Homepage zu haben. Mit dem Medium Internet Erfahrungen zu sammeln. Muß hier eine Adresse und eine Telefonnummer (!!) wirklich seit? Wer kann ein rechtlich berechtigtes Interesse daran haben?
Der dritte Grund ist die leichte elektronische Verwertbarkeit der Daten. Das Impressum der Vereinszeitung vom Monegassisch-Österreichischen Verband lesbischer Imkerinnen bekommt zu sehen, wer auch ein Exemplar der Vereinszeitung liest. Das ist gut so. Das Impressum, das Daniel und Martin ab 1.7.2005 auf ihre private Website schreiben müssen, kann von jedem Adressensammler weltweit nach beliebigen Kriterien elektronisch erfaßt werden. Da auf der Website das Stichwort "Snowboarden" vorkommt und die Angabe von Anschrift und Telefonnummer verpflichtend ist, steht dem fröhlichen Zusenden von zielgruppengerechtem Werbematerial samt anschließendem Anruf vom Call-Center nichts mehr im Wege.
Weitere Konsequenzen, so zB die journalistische Haftung für Gästebuch-Einträge sowie Entschädigungsansprüche bis zu 100.000,-, sind hier noch gar nicht erwähnt, ebensowenig wie die sprachliche Unbestimmtheit des Gesetzestextes, der es zB derzeit unmöglich macht zu sagen, ob der Gesetzgeber die Änderungen nun tatsächlich nur für Websites herbeiführen will, oder auch für andere Internet-Inhalte (RDF-Dokumente, Usenet-Postings etc.).
Jedenfalls steht fest, daß hier mit Kanonen auf Spatzen geschossen wird und ein für Print-Medien bewährtes System in einer Weise auf den elektronischen Raum ausgedehnt wird, die (wieder einmal) davon zeugt, wie wenig sich der Gesetzgeber mit dieser Materie auseinanderzusetzen bereit ist.
Im besten Fall bleiben die neuen Bestimmungen totes Recht. Wahrscheinlicher ist, daß die weitere Entwicklung des Webs in Österreich dadurch gehemmt wird.
Und übrigens: Das Gesetz wurde einstimmig beschlossen.
Am 12.5.2005 wurde eine Änderung des Mediengesetzes beschlossen. Wichtigste Neuerung: Jede private Website fällt mit Inkrafttretten am 1.7.2005 ausdrücklich unter die (großteils bereits jetzt für andere Medien geltenden) Bestimmungen bzgl. Impressumspflicht, Entschädigungsansprüche, Verpflichtung zur Veröffentlichung von Gegendarstellungen etc. etc.
Schon das Bauchgefühl sagt sofort: Das kann nicht sein, hier stimmt etwas nicht. Die erste Analyse kommt zunächst zu einem anderen Schluß: Warum sollen bei Homepages andere Regeln gelten als bei Flugblättern, Vereinszeitschriften oder Schülerzeitungen?
Drei Unterschiede sind es, die dem Gesetzgeber offenbar nicht aufgefallen sind:
Erstens: Es besteht absolut keine Notwendigkeit dafür. Bei bedrucktem Papier ist ein korrektes und vollständiges Impressum die einzige Möglichkeit, um gegebenenfalls die für den Inhalt Verantwortlichen ausforschen zu können. Der Tisch, auf dem die Zeitungen und Flugblätter herumliegen, kann keine Auskunft über deren Macher geben.
Ganz anders bei Websites: Hier ist der Inhalt permanent auf einem Server gespeichert. Über die Betreiber der Servers, uU die Inhaber einer Domain, kann man bei Bedarf jederzeit auf die für ein bestimmtes dort gespeichertes Dokument Verantwortlichen zugreifen. Ganz ohne öffentliches Impressum. Es ist so, als wäre von jeder Ausgabe der Zeitschrift NEWS nur ein einziges Exemplar vorhanden, das ausschließlich im Verlagshaus einzusehen ist. Ein Sprecher des Verlagshauses kann dann dem Leser direkt zu jedem Artikel den Autor nennen.
Zweitens ist ein völlig anderer Personenkreis betroffen. Wer ein Flugblatt herausgibt oder sich für eine Schülerzeitung engagiert, hat etwas mitzuteilen. Er möchte eine Meinung verbreiten oder auch nur Informationen, die ihm am Herzen liegen. Hier eine Angabe des Impressums zu verlangen, scheint angemessen - ebenso wie Entschädigungsansprüche, falls er dann doch über's Ziel hinaus schießt.
Die private Homepage von Daniel (15) und Martin (15) hat einen anderen Zweck. Eigentlich geht's da in erster Linie darum, eine Homepage zu haben. Mit dem Medium Internet Erfahrungen zu sammeln. Muß hier eine Adresse und eine Telefonnummer (!!) wirklich seit? Wer kann ein rechtlich berechtigtes Interesse daran haben?
Der dritte Grund ist die leichte elektronische Verwertbarkeit der Daten. Das Impressum der Vereinszeitung vom Monegassisch-Österreichischen Verband lesbischer Imkerinnen bekommt zu sehen, wer auch ein Exemplar der Vereinszeitung liest. Das ist gut so. Das Impressum, das Daniel und Martin ab 1.7.2005 auf ihre private Website schreiben müssen, kann von jedem Adressensammler weltweit nach beliebigen Kriterien elektronisch erfaßt werden. Da auf der Website das Stichwort "Snowboarden" vorkommt und die Angabe von Anschrift und Telefonnummer verpflichtend ist, steht dem fröhlichen Zusenden von zielgruppengerechtem Werbematerial samt anschließendem Anruf vom Call-Center nichts mehr im Wege.
Weitere Konsequenzen, so zB die journalistische Haftung für Gästebuch-Einträge sowie Entschädigungsansprüche bis zu 100.000,-, sind hier noch gar nicht erwähnt, ebensowenig wie die sprachliche Unbestimmtheit des Gesetzestextes, der es zB derzeit unmöglich macht zu sagen, ob der Gesetzgeber die Änderungen nun tatsächlich nur für Websites herbeiführen will, oder auch für andere Internet-Inhalte (RDF-Dokumente, Usenet-Postings etc.).
Jedenfalls steht fest, daß hier mit Kanonen auf Spatzen geschossen wird und ein für Print-Medien bewährtes System in einer Weise auf den elektronischen Raum ausgedehnt wird, die (wieder einmal) davon zeugt, wie wenig sich der Gesetzgeber mit dieser Materie auseinanderzusetzen bereit ist.
Im besten Fall bleiben die neuen Bestimmungen totes Recht. Wahrscheinlicher ist, daß die weitere Entwicklung des Webs in Österreich dadurch gehemmt wird.
Und übrigens: Das Gesetz wurde einstimmig beschlossen.
ossi1967, am in Politik und Gesellschaft