I ♥ Barilla
Heute esse ich ein Nudelchen mehr als sonst: Die „Sorry-Nudel“ für die 15.000 Mitarbeiter des Barilla-Konzerns, die derzeit einem aus heiterem Himmel über sie hereingebrochenen, völlig absurden Shitstorm (natürlich mit Boykottaufruf) ausgesetzt sind.
Wieso Shitstorm? Was ist geschehen? Nun, Guido Barilla, einer der Eigentümer des Familienunternehmens, wurde in einem Radiointerview gefragt, ob er sich nicht auch vorstellen könnte, in der Werbung Regenbogenfamilien - also gleichgeschlechtliche Paare mit Kindern - einzusetzen. (Das Thema wurde gerade von der italienischen Politik hochgespült, und Barilla ist berüchtigt für seine kitschige „Mama kocht für Papa und Kinder“-Werbung.) Seine Antwort drauf:
Nein, Barilla werde das nicht tun, weil man das klassiche, konservative Familienbild unterstütze. Zwar sei er grundsätzlich für die Rechte von Schwulen und Lesben und unterstütze auch die gleichgeschlechtliche Ehe. Eine Adoption von Kindern durch gleichgeschlechtliche Paare gehe ihm aber zu weit.
Auf die Nachfrage des Journalisten, ob eine solche Fixierung auf eine klassisch heterosexuelle Familie nicht auch Kunden kosten könnte, meint er: Wenn Schwule die Pasta und die Werbelinie mögen, werden sie die Pasta essen. Wenn nicht, dann nicht.
So weit, so gut. Lassen wirs nochmal vorsichtig sacken. Er hat gesagt: für die Rechte von Lesben und Schwulen, volle Unterstützung für gleichgeschlechtliche Ehe (in Italien gibt es nicht mal eine registrierte Partnerschaft), Adoption aber kann er sich nicht vorstellen. Und er hat gesagt: Ja, wenn jemandem weder Produkt noch Werbelinie von Barilla gefallen, wird er wohl eine andere Pasta kaufen. No na.
Welcher Strick wurde ihm daraus gedreht?
Heute liest man auf Facebook, Twitter und in Blogs: Der Chef des Barilla-Konzerns hat keinen Respekt vor Schwulen. Er will nicht, daß Schwule Barilla-Produkte essen und fordert sie auf, zu anderen Marken zu greifen.
Nochmal, zum Mitschreiben: In einem der letzten Länder der EU, das noch nicht einmal irgendeine Form von eingetragener Partnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare vorsieht, lehnt sich ein Unternehmer aus dem Fenster und unterstützt die Ehe für Schwule und Lesben. Gleichzeitig hat er die unermeßliche Frechheit zu sagen, daß ein entsprechender Werbespot nicht zum Image seiner Produktlinie passen würde und daß für ihn persönlich auch das Adoptionsrecht zu weit geht. Zum Dank dafür wird er über Nacht zum homophoben Monster erklärt, das Schwulen angeblich nahelegt, die Produkte seiner Firma nicht zu kaufen. Shitstorm, Boykottaufruf. Weltweit.
Schöne neue Welt.
Ich bedank mich jetzt mit extra Barilla-Konsum dafür, daß er sich im katholisch-konservativen Italien für die gleichgeschlechtliche Ehe eingesetzt hat. Gut gemacht, Guido! Hoch die Pesto-Gläser!
Shitstorm: