Faktencheck Mariahilfer Straße
Von ihren Gegnern, allen voran SP-nahe Gewerkschafter und die FPÖ, werden Szenarien gezeichnet, die mit den Verhältnissen vor Ort nichts zu tun haben. Diese Märchenstunde funktioniert, weil ganz Österreich online an der Diskussion teilnimmt, sich aber nur etwa 250.000 Menschen pro Woche eine eigene Meinung bilden können.
Was aber noch mehr auffällt: Die Diskussion wird von aberwitzigen „Argumenten“ bestimmt, bei denen einem die Luft wegbleibt. Ist eine Fußgängerzone mit Radfahrern eine echte Fußgängerzone? Kann sich denn in den Begegnungszonen überhaupt noch jemand auskennen, was man darf und was nicht? Was sollen, bitte, die gelben Linien bedeuten? Wieso fährt ein Bus durch die Fuzo, darf der denn das? - Bei allen diesen Dingen gehts immer wieder darum zu behaupten: Maria Vassilakou als Verkehrsstadträtin hat das Projekt nicht unter Kontrolle. Sie hat Ausnahmen über Ausnahmen übereinander gestapelt, bis keiner mehr durchblickt. Eine „echte“ Fuzo muß her - oder der Zustand vor dem Probebetrieb.
Durch die verschiedensten Diskussionen kenne ich das Propagandaschema der Ich verstehe das Konzept nicht und bin generell dagegen
-Kampfposter ein bißchen. Ich hab ich mir daher die Mühe gemacht, ein paar der häufigsten Mythen zu entlarven:
- Fahrräder: Eine Fußgängerzone mit Fahrrädern kennen viele Wiener nicht. Sie sind daher empfänglich für die Propaganda, daß die neue Mariahilfer Straße nicht einmal in ihrem Kernbereich eine echte Fuzo sei. Tatsächlich regelt die Straßenverkehrsordnung (StVO) in Österreich im §76a Abs. 2, daß Fußgängerzonen wahlweise mit oder ohne Fahrradverkehr eingerichtet werden können. Es gibt nicht nur in vielen anderen österreichischen Städten, sondern auch in Wien solche Fußgängerzonen. Die führen nur deswegen nicht zu öffentlichen Diskussionen, weil sie ohne eineinhalbjährige Bürgerbeteiligung und auch nicht ausgerechnet in der Vorwahlzeit eröffnet wurden.
- Schrittgeschwindigkeit für Fahrräder: Eine besonders perverse Seitenlinie der Diskussion ist vor kurzer Zeit aufgekommen: Die in der Mariahilfer Straße erlaubte „Schrittgeschwindigkeit“ für Fahrräder sei entweder zu ungenau definiert oder (weil zu langsam) für einen Radfahrer sowieso nicht zu halten. In jedem Fall: ein versponnener, realitätsfremder grüner Einfall der Verkehrsstadträtin. Wieder hätte ein kurzer Blick in die StVO geholfen: Hier wird die Schrittgeschwindigkeit für Fahrräder (und andere Fahrzeuge) in der Fußgängerzone vorgeschrieben. Es gibt also gar keine andere Möglichkeit. Noch mehr: Die Schrittgeschwindigkeit gilt - problemlos - in allen österreichischen Fußgängerzonen für Radfahrer. Da fällt auch keiner um.
- Der Bus: Auch hier gilt, was zu den Fahrrädern gesagt wurde: Die StVO erlaubt ausdrücklich, daß Linienbusse und sogar Straßenbahnen eine Fußgängerzone durchfahren. Wieder gibt es dafür inner- und außerhalb Wiens funktionierende Beispiele. Zugegeben seltsam ist die konkrete Lösung auf der Mariahilfer Straße, weil sie zu genau geregelt ist: Die Busspur ist knallrot aufgemalt, Fußgänger dürfen nur queren, es gilt eine extra verordnete Höchstgeschwindigkeit, Fahrradfahrer dürfen nur in Fahrtrichtung des Busses, … Das ist zu viel des Guten. Sinnvoll wäre gewesen: keine Sonderregelungen. Wenn der Bus durchfährt (was er selten genug tut), geht man halt zur Seite.
- Taxis: Ich wiederhole mich: Die StVO erlaubt ausdrücklich, daß Taxis, Fiaker etc. in eine Fuzo einfahren dürfen, um Fahrgäste abzuholen bzw. hinzubringen. Tatsächlich ist mir erst durch die Diskussion um die Mariahilfer Straße bewußt geworden, daß es offenbar in Wien vereinzelt Fuzos ohne diese Regelung gibt. Ich kenne Fußgängerzonen eigentlich nicht anders. Jedenfalls: Kein „grünes Experiment“, keine Besonderheit.
- Begegnungszonen: Ah, die große Unbekannte, die Begegnungszone. Da wird besonders heftig gestritten. Tausende Tote und Verletzte müßte es schon gegeben haben, wenn es nach den Kritikern gegangen wäre. Tatsächlich waren die Begegnungszonen auf der Mariahilfer Straße die ersten, die in Wien eingerichtet wurden. Man konnte also leichtgläubigen und uninformierten Wienern gut einreden, daß sie eine Sonderkonstruktion an Vorschriften und Ausnahmen sind, die sich Maria Vassilakou eigens für diese Straßenabschnitte ausgedacht hat. Hat sie nicht. Auch die Begegnungszone ist ein Instrument der österreichischen StVO (so wie die Wohnstraße und die Fuzo) und wird in der Mariahilfer Straße einfach nur gesetzeskonform umgesetzt - so wie in vielen anderen österreichischen Städten, wo es die Begegnungszonen schon länger gibt, ganz ohne Tote und Verletzte.
- Bodenmarkierungen: Ein besonders spannendes Thema. Da gibt es Menschen, die mit einem weißen Streifen am Fahrbahnrand überfordert sind. „Was ist das jetzt auf einmal? Haben die einen Pannenstreifen hergemalt?“ Erinnerungshilfe an die Führerscheinprüfung: Ein weißer Streifen zeigt den Rand der Fahrbahn an. Genau so ist es auch dort gemeint, weil die Fahrbahn nun deutlich schmäler ist als die Fläche zwischen den zwei Gehsteigkanten. Und die gelben Linien? Auch da hat jemand in der Fahrschule nicht aufgepaßt: Halte- und Parkverbote. Beide Linientypen sind keine Besonderheiten der Mariahilfer Straße. Es ist peinlich, wenn Autofahrer die Bedeutung einer Fahrbahnbegrenzung nicht kennen.
- Was ist Fuzo, was Begegnungszone? Wohl der derzeit einzig gerechtfertigte Kritikpunkt. Wer die ganze Mariahilfer Straße entlang schlendert, fragt sich irgendwann mal: Darf ich jetzt mitten auf der Straße gehen oder nicht? Kann jetzt hier ein Auto kommen oder ist Fußgängerzone? Ganz so klar ist das für den gelegentlichen Besucher nicht. Allerdings heißt hier die Antwort: Probebetrieb. Anderswo fragt sich niemand, ob er grad noch in der Fußgängerzone ist oder schon wieder draußen. Grund sind nicht die Verkehrsschilder, sondern die meist unterschiedliche Bodenpflasterung. Genau diese Bodenpflasterung wurde ja während des Probebetriebs bewußt nicht vorgenommen, um nicht teuer umbauen zu müssen - das dürfte einigen professionellen Kritikern entgangen sein.
Unterm Strich bleibt nicht viel übrig von dem, was die Berufskritiker anprangern. Nichts ist eine grüne Erfindung, nichts ist eine extra für die Mariahilfer Straße erfundene Regelung. Beispiele dafür, daß genau das MaHü-Konzept problemlos funktioniert, gibt es genug (z.B. hier, aber eben auch auf der Mariahilfer Straße selbst). Warum dennoch in manchen Medien mit nachweislich falschen Behauptungen so massiv Stimmung gemacht wird … da kann sich wohl jeder selbst einen Reim drauf machen. :)
Warum hat man da nicht einfach eine Radspur in beide Richtungen gezogen? Generell hätte man ja alles so lassen können. nur einfach die Autos raus. Mit dem Auto bin ich jedes Mal im Schritttempo über die MaHi gefahren und habe mich jedes Mal geärgert, dass ich überhaupt hier reingefahren bin. Und über die Radfahrer, und Fußgänger, die mir andauernd vors Auto gelaufen sind bzw. mich auf beiden Seiten überholt haben.
Und da komm ich zum Punkt: Wer nur als Fußgänger unterwegs ist, hasst alle Radler und Autofahrer, jeder Autofahrer findet Fußgänger unnötig und Radler sowieso und alle Radler hätten die breite Straße am liebsten für sich selbst …
Ich glaub, so richtig Verständnis bringen nur jene auf, die eben schon oft zu Fuß, mit dem Rad oder auch dem Auto dort unterwegs waren. Ich bin ja generell ein defensiver Fahrer, also nehme ich mehr Rücksicht auf die anderen. Darum hab ich das auch als ganz entspannt mit dem Rad empfunden.
Irgendwie denke ich mir, man hätte einfach alles so lassen können (auch die Querungen für Autos) und nur den Autoverkehr von der MaHi verbannen. Die Leute laufen ja ohnehin kreuz und quer über die Straßen, die meisten bleiben am Gehsteig, weil Sie Windowshoppen wollen und Radfahren geht am besten, wenn in jeder Richtung jeweils rechts gefahren wird.
Am besten würde das alles wohl ohne große Regelungen und Ausnahmen usw. funktionieren, wenn jeder auf den anderen einfach Rücksicht nimmt. Aber dieses Gen scheint vielen einfach zu fehlen …
Man hat auch so ziemlich alle Varianten durchdiskutiert 1½ Jahre lang im doch ziemlich langatmigen Bürgerbeteiligungsverfahren. Von einem reinen Fahrverbot für motorisierte Fahrzeuge bis zur vollständigen Fußgängerzone (ohne Radfahrer) vom Gürtel bis zum MQ über die ebenso durchgehende Begegnungszone … Über alles wurde diskutiert und abgestimmt.
Daß die vorliegende Lösung rausgekommen ist bedeutet nicht, daß sie für alle (und Dich) die bestmögliche ist. Sie war halt der kleinste gemeinsame Nenner unter den Menschen, die sich aktiv an der Gestaltung beteiligt haben. Mit anderen Worten: Es ist der Kompromiß, der allen irgendwie weh tut, aber niemandem wirklich das Genick bricht. :)
Die Leut wollten ja auch alle was völlig Unterschiedliches. Die einen waren versessen auf eine Fuzo wie in der Kärntner Straße, ohne Fahrräder, dafür mit Bäumen und großzügigen Aufenthaltsflächen in der Mitte. Den anderen war nur wichtig, daß weniger Autos fahren. Wieder andere wollten ungestörter mit dem Rad fahren können. Die Anrainer wollten ihre Ruhe haben. (Darauf geht die Sperre der Querungen zurück, die mit der Fuzo an sich überhaupt nichts zu tun hat.)
(Allein Deine Wortwahl zeigt ja auch, daß Dir offenbar etwas anderes wichtig ist: verkehrsberuhigte Zone
. Eigentlich ist es ja eine Fußgängerzone bzw. abschnittsweise eine Begegnungszone. Daß Du’s anders nennst zeigt, was Dein Wunsch gewesen wäre. *gg*)
Ich z.B. finds ganz OK, daß die Radfahrer durchfahren können (weil ichs auch nicht anders gwohnt bin von Linz), aber es ist mir kein wichtiges Anliegen. Wenn der Dicke morgen aufn Tisch haut und die Vassilakou zwingt, die Strecke für Radfahrer zu sperren, tut’s mir persönlich auch nicht weh. (Zumindest nicht aus inhaltlicher Sicht. Auf einer Metaebene schon, weils dann bedeutet, daß sich Populismus gegen Verstand durchsetzt.)
Ich nehm auch an, daß v.a. die Gastronomie was dagegen hätte, zusätzlichen Platz an aufgemalte Radwege abzutreten. Ich könnt mir vorstellen (oder hoffe zumindest), daß die schon die Planung für den einen oder anderen vergrößerten Schanigarten mitten auf der Straße fertig haben. (Ist ja affig, wie eng die jetzt an der Häuserfront kleben.)
Ach ja, und zum Thema Schrittgeschwindigkeit vs. 20 km/h: Die Schrittgeschwindigkeit gilt (bergab) exakt auf den 200m zwischen Andreasgasse und Neubaugasse. Für den Rest der Strecke (Gürtel bis Andreasgasse bzw. Neubaugasse bis 2er-Linie) gilt ohnehin 20km/h für Radfahrer - zumindest eben stadteinwärts. Das wird auszuhalten sein. Ja, natürlich könnt man da auch schieben auf den 200m, aber genau das war die Intention des Bundesgesetzgebers bei diesem Paragraphen: Radfahrer sollten eigentlich schieben, aber wenn sie langsam genug fahren, dürfen sie ausnahmsweise sitzen bleiben. :)
(Ach ja, und ich hätt da noch eine Frage: 20 km/h? Wir hatten ja in Trassenheide keinen Tacho, aber ich weiß, wie viele Kilometer es bis zur Pizza waren und wie lang wir ca. gebraucht haben. Je nach Temperatur, Hunger und Erschöpfungszustand waren wir mit 10 bis 14 km/h unterwegs. Dabei sind wir wohl manchmal überholt worden, genauso oft haben aber auch wir andere Urlauber überholt. Wir haben uns definitiv nicht bemüht, extra langsam zu fahren. 20 km/h hätten wir vielleicht für ein paar Meter zusammengebracht … aber es wär selbst auf diesem Radweg eher negativ aufgefallen und als rücksichtslos rübergekommen. In einer Fuzo dann? Ich weiß nicht … Und gemütlich wär das sicher nicht, da schwitzt man ja! *gg*)
PS: Ja, wir waren als Fußgänger unterwegs. Das schien mir persönlich der geeignetste Weg, eine Fußgängerzone zu erkunden. ;)
Was heißt da es war alles nicht so aufregend
?! Herr Blue, der Karim El-Gawhary der Mariahilfer Straße, berichtet täglich live vor Ort von Gewalt, Blut und Chaos! Und Du sagst nicht so aufregend
?!
Selbe Empfehlung wie für den Ex_Chef, auch einmal andere Informationsquellen als den Falter, das Bezirksblatt oder Radio Stephansdom durchforsten.
Nur Politikgeschönte Berichterstattung ist langweilig :-)
Aber wo bekommen wir die her ?
Und diese Umfrage - tja, es bekommt immer der das gewünschte Ergebnis, der die Umfrage bezahlt :-)
Ja klar Ossi, alles in Ordnung mit der MaHü, man kann sich alles schönreden.
Die grundsätzliche Frage hat aber noch niemand beantwortet, wozu brauchen wir das ?
Hast Du bei Deinen täglichen ausgedehnten Spaziergängen auf der Mariahilfer Straße denn einmal einen nicht disziplinierten Radfahrer entdeckt? Oder gar einmal einen Konflikt zwischen einem Radfahrer und einem Fußgänger erlebt?
(Oder waren wir am End noch gar nicht dort und haben nach wie vor keine Ahnung …? *gg*)
Man kennt ja diese Chaoten aus dem normalen Straßenverkehr.
In ein paar Jahren, wenn das Benzin so teuer ist, dass Autofahren weh tun wird, werden auch die Ungläubigsten aufs Radl umsteigen. Dann werden am Ring die 3 Fahrstreifen für die Radler und der Radweg für die Mopedautos geöffnet. Was anderes wird man sich dann nicht mehr leisten können (und nein, daran wird NICHT die EU Schuld sein … *gacker*)
RvL ist kaputt! *LOL*
Und, im Vertrauen: Was juckt mi der Benzinpreis!? Wanns Auto teuer is, fahr i mitm Taxi! *LOL*
Aber geh, das mit dem Benzinpreis ist doch ein Klax.
Laut Ossi gehts uns durch die EU doch eh immer besser !
Da werden wir uns den Sprit dann noch immer locker leisten können.