Oskar Welzl: Weblog zur Homepage

Wien: schwuLesbische Eltern gesucht

Pflegeeltern: Lesben bringen das zusammen!Da soll noch mal jemand sagen, daß man die großen gesellschaftlichen Themen nicht auch auf lokaler Ebene anpacken kann. Das Amt für Jugend und Familie der Stadt Wien (MA 11) sucht Pflegeeltern und spricht dafür in seiner neuen Werbekampagne gezielt auch schwule und lesbische Paare an, die sich diese Rolle zutrauen.

Damit ist der MA 11 ein genialischer Schachzug gelungen:

Erstens transportiert die Kampagne genau die unaufgeregt-selbstverständliche Alltäglichkeit, die das Thema verdient hätte. Immerhin geht es nicht um ein wildes Experiment, sondern um eine gesellschaftliche Realität: Daß Kinder in gleichgeschlechtlichen Beziehungen aufwachsen, ist nichts Ungewöhnliches, nicht einmal in Österreich. Schätzungen zufolge hat jede dritte Lesbe und jeder fünfte Schwule ein oder mehrere Kinder, heißt es im Artikel „Regenbogenfamilien“ von Birgit Bernhardt. Zumindest die Kinder von Lesben bleiben nach der Trennung der Eltern meist bei der Mutter und wachsen mit deren neuer Partnerin auf, in vielen Fällen nehmen aber auch die schwulen Väter ihre Kinder in die neue Beziehung mit. Das Rechtskomitee Lambda spricht von zehntausenden Kindern, die in Österreich in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften aufwachsen.

Zweitens und vor allem dreht der MA 11-Aufruf die Rollenverteilung in der öffentlichen Debatte zum Thema „Kinder in schwulen/lesbischen Partnerschaften“ um. Diese Debatte war nämlich bisher von der Frage der Adoption geprägt, in der der Kinderwunsch potentieller Adoptiveltern diese in die Rolle der Bittsteller drängte. Adoption auch für gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften zu ermöglichen hieß in der Wahrnehmung vieler, den Schwulen und Lesben einen Gefallen zu tun - und das war kaum jemandem ein Anliegen. Die MA 11 stellt nun klar: „Ihr Lesben und Schwule tut etwas für die Kinder! Ihr seid gute Eltern, wir wollen Euch für den Job, bitte meldet Euch bei uns!“ Das ist ein neuer Ansatz in der Diskussion - meiner Ansicht nach der einzig richtige. (Auch wenn es hier um Pflegeelternschaft und nicht um Adoption geht, diese Botschaft hat in beiden Fällen Gültigkeit.)

Mehr Infos zum Thema gibt es übrigens unter anderem auf Wikipedia.