Android: bester Freund, größter Feind
Was ist passiert? Der chinesische Hardware-Lieferant hat seit dem Projektstart die Baupläne mehrmals geändert. Für die aktuelle Version gibt es einfach keinen Linux-Kernel mehr, der die nun verwendete Hardware unterstützt. Keine Hardware-Unterstützung, kein Tablet.
Der Stammleser fragt nun verwundert: „Nanü?“ - Stimmt ja: Vivaldi heißt zwar Vivaldi, ist aber nichts anderes als das C71 von Zenithink. Dieses wiederum wird mit Android verkauft. Ist denn Android nicht auch ein Linux-System? Wieso kann Android auf dem Ding laufen, andere GNU/Linux-Varianten aber nicht?
Antwort: Android verwendet eine sehr stark veränderte Variante des Linux-Kernels. Nicht alles, was mit dem normalen Linux-Kernel funktioniert, funktioniert unter Android … und umgekehrt. Man kann also nicht einfach den jetzt mit dem C71 ausgelieferten Android-Kernel hernehmen und für Vivaldi verwenden, das auf einem echten GNU/Linux aufbaut.
Aber was ist mit dem vielgerühmten Open Source Prinzip? Android, Linux, … das ist doch alles Open Source? Man muß doch nur den Quelltext ansehen und die C71-spezifischen Änderungen am Android-Kernel auch im echten Linux-Kernel vornehmen, oder? Das müßte doch funktionieren? Müßte, ja, funktioniert aber nicht. Android ist nämlich nur auf dem Papier Open Source. Tatsächlich werden die Quellcodes für Geräte wie das C71 nie veröffentlicht. Das widerspricht zwar der Lizenz (GPL), aber das chinesische Rechtssystem kümmert das nicht. Was viel wichtiger ist: Auch Google ist das wurscht. Google könnte ja sehr wohl auf Einhaltung der Lizenzbestimmungen bei Android-Systemen schauen. Tun sie aber nicht - oder nur dann, wenn es ihre ureigenen Geschäftsinteressen betrifft.
Diese Situation ist äußerst unbefriedigend und langfristig gefährlich. Aaron Seigo, das Gesicht zum Vivaldi-Projekt, bezeichnet daher auch Android als best friend and worst enemy of open devices
. Er sagt: The device manufacturers don’t really want to invest in Linux per se, but want to focus on Android, which is a different thing.
Unterm Strich heißt das für Konsumenten, die sich für freie Software interessieren und auch moralisch vertretbare Geräte kaufen möchten: Android ist nicht automatisch ein „gutes“ System, nur weil ein Linux-Kernel (oder was davon übrig ist) verwendet wird. Android-Geräte sind nur dann moralisch vertretbar, wenn die Hersteller auch den Quellcode rausrücken. Tun sie das nicht, ist Android fast „böser“ als ein von vornherein geschlossenes System: Es saugt nämlich die Innovation und Arbeitsleistung der Community in sich auf und verwendet sie zu seinem Vorteil, gibt aber dann nichts von den eigenen Leistungen (vor allem die dringend benötigten Hardwaretreiber) zurück.
Aaron Seigo hat laut diesem Artikel eine Lösung für das Vivaldi-Projekt angekündigt. Irgendwie soll es funktionieren, es wirft nur den Zeitplan wieder einmal komplett über den Haufen. Besser wärs, Google (oder auch Linus Torvalds, die selbstverliebte Schlampe) würden sich um die Durchsetzung der Lizenzvereinbarungen kümmern.
Vivaldi: