10 Online-Hilfen zum Sprachenlernen
Tja, und jetzt spule ich vorwärts. Eine neue Sprache lernen nicht 1982 (damals hab ich mit Französisch begonnen), sondern 2015-2017. Das Internet bietet jede Menge Hilfsmittel, von denen wir nicht einmal träumen konnten damals. Ich habe hier die zusammengestellt, die sich nach fast zwei Jahren als für mich am nützlichsten herausgestellt haben. (Unter anderem auch deshalb, weil ich seit geschätzten 5 Jahren keine Lesezeichen mehr anlege und gerade solche Angebote regelmäßig neu suchen muß.)
Babbel.com ist eines von nur zwei kostenpflichtigen Services in der Liste. Es eignet sich hervorragend dafür, den großen Zeh in die Sprache zu tauchen und danach auch noch selbständig weiterzulernen. Bis zum Niveau A2 kommt man damit angeblich bei Türkisch. Trainiert werden Grammatik (sehr verständlich!), Vokabeln, Hörverständnis und bis zu einem gewissen Grad auch die Aussprache. Babbel funktioniert am PC im Brower oder am Handy/Tablet als Programm. (Die Android-Version ist kompatibel mit SailfishOS.)
Ankiweb.net ist eines von vielen Vokabel-Trainigsprogrammen. Es läuft wahlweise im Browser oder als Programm für die verschiedensten Betriebssysteme. (Die Android-Version ist kompatibel mit SailfishOS.) Wie die meisten anderen derartigen Systeme arbeitet es nach dem System der „spaced repetition“, das mir schon in der Schule empfohlen wurde: Was neu gelernt oder wieder vergessen wurde, wird oft wiederholt. Vokabeln, die sitzen, werden nur ganz selten zur Bestätigung vorgelegt. Es gibt sicher Programme, die von Haus aus komfortabler und freundlicher erscheinen. Was mir an Anki gefällt: Datenstruktur und Aussehen der Lernkarten lassen sich völlig frei gestalten, ein Export der gesamten oder gefilterten Wortliste zur Weiterverarbeitung ist ein Kinderspiel. Außerdem habe ich es wirklich immer und überall zur Hand.
Tatoeba.org bietet Übersetzungen von ganzen Sätzen in verschiedene Sprachen. Den Sinn habe ich zuerst nicht ganz verstanden. Wie hoch ist schon die Wahrscheinlichkeit, daß gerade der von mir benötigte Satz dabei ist? Darauf kommts nicht an: Ich suche ein bestimmtes Wort, das ich in meine Anki-Datenbank eintragen möchte, und finde in Tatoeba jede Menge Beispielsätze mit Übersetzung. Auch diese Beispielsätze trage ich in Anki ein: Es reicht oft nicht, die Bedeutung eines Wortes zu verstehen. Auch seine Verwendung im Satz ist ausschlaggebend. Dafür ist Tatoeba höchst nützlich.
Forvo.com ist unerläßlich, wenn man viel selbständig lernt und sich auch neue Vokabeln zu einem großen Teil aus geschriebenen Texten anzueignen versucht. Auf Forvo findet man die Aussprache von Worten, Wortgruppen und manchmal ganzen Sätzen durch Muttersprachler. Der Unterschied zwischen „hala“ und „hâlâ“ bekommt man im Kurs zwar irgendwann von einem waschechten Türken vorgesprochen; wenn mans zuhause aber perfektionieren möchte, führt an Forvo kein Weg vorbei. Leider ist die Qualität der Audiofiles nicht immer berauschend, es ist aber das einzige derart umfangreiche Service dieser Art, das ich gefunden habe.
Wiktionary.org besuche ich kaum jemals als Wörterbuch im engeren Sinn. Sehr nützlich sind einzelne Sprachversionen (vor allem die Englische, auf die ich hier verlinkt habe) aber, um die Deklination bzw. Konjugation einzelner Worte nachzuschlagen. „In seinen Musicals“ heißt laut Wiktionary korrekt müzikallerinde
und nicht etwa „ müzikallarında“, wie man es nach der Lautlehre erwarten würde. Ebenso unerwarteterweise heißt „Nehmen Sie?“ eben Alır mısınız?
, nicht „Alar mısınız?“. All diese Informationen sind in Form von Regeln und Ausnahmen auch in den Lehrbüchern versteckt … dort aber gerade dann nicht auffindbar, wenn man beim Tippen einer Mail die korrekte Aoristform sucht.
Wiktionary.org Frequency List ist ein Eintrag im englischsprachigen Wiktionary. Für sehr viele Sprachen verlinkt er auf Listen der am häufigsten vorkommenden Vokabeln. Der Nachteil: In den allermeisten Fällen gibt es keine Angabe über die Methode oder wenigstens den analysierten Korpus. Nach dem Motto „besser als gar nichts“ ist das aber erträglich: Überraschenderweise habe ich solche Listen im Netz nämlich kaum gefunden. Dabei wären sie fürs Vokabellernen von großer Bedeutung: Auch wenn zum Beispiel das Deutsche inklusive der themenspezifischen Fachbegriffe über viele Millionen unterschiedlicher Vokabel verfügt, kann man doch 80% der Alltagssituationen mit nur knapp 1.500 davon meistern. Als Faustregel wird auch beim Erlernen einer Fremdsprache ein Vokabelschatz von etwa 1.000 Wörtern als ausreichend angesehen - solange es eben die 1.000 häufigsten Wörter sind und nicht Begriffe aus der Teilchenphysik. Spätestens zu dem Zeitpunkt, wie mich Anki beim Vokabellernen nach dem Begriff „Volkstanzturs“ gefragt hat, habe ich meine bisherige Taktik des Vokabelsammelns infrage gestellt. (Praktisch war, daß ich die bereits in Anki erfaßten Vokabeln mit einem dreizeiligen Bash-Script mit der Liste der 1.000 häufigsten Wörter laut Wiktionary abgleichen und nur die neuen übernehmen konnte.) „Volkstanzkurs“ heißt übrigens „halk oyunları kursu“. Den nutzlosen Scheiß merk ich mir jetzt natürlich. :(
ITalki.com und einige praktisch identische Plattformen sind nur technisch gesehen neue „Internet-Ressourcen“. Nach Babbel sind sie die zweiten kostenpflichtigen Angebote in dieser Übersicht. Was sich dahinter versteckt, ist der altbekannte Einzelunterricht. ITalki übernimmt dabei nur die Schaltung der Anzeigen für die Lehrer, die Verrechnung und diverse Zusatzdienste wie zum Beispiel die Beurteilung von Lehrern durch Schüler oder der Betrieb eines Forums, in dem Schüler einander helfen können. Der Unterricht selbst findet außerhalb der Plattform statt, Lehrer und Schüler müssen sich nur auf ein Videokonferenzsystem einigen. Das Prinzip funktioniert gut: Weil die gängigen Videokonferenzsysteme ein Teilen der Bildschirminhalte ermöglichen, kann der Lehrer in einem Textdokument wie auf einer Tafel mitschreiben und die Mitschrift dem Schüler nachher zukommen lassen. Auch die Präsentation anderer Inhalte (Tabellen aus Lehrbüchern etc.) bietet sich an. Die Preise sind abhängig von der Nachfrage nach der jeweiligen Sprache und natürlich vom Wohnort des Lehrers und damit von den Wechselkursen. Meistens zahlt es sich aber aus. Als Beispiel: Eine Unterrichtseinheit (meist 45 bis 50 Minuten) kostet bei Wiener Anbietern zwischen € 40,- und € 50,-. Bei iTalki ist eine volle Stunde (also wirklich 60 Minuten) um nur etwas mehr als € 10,- zu haben. (Der genaue Preis schwankt von Woche zu Woche, weil in Dollar abgerechnet wird.) Zeitsparender ist iTalki auch: Man spart sich die Fahrtzeit zwischen Kursort und Wohnung.
YouTube.com darf nicht fehlen. Man findet dort Videos in der Zielsprache (auch Kindervideos fürs Einsteigerniveau) genauso wie Musik zum Mitsingen und den einen oder anderen Sprachkurs. Ebenfalls nicht uninteressant: Vorträge übers Sprachenlernen an sich. Welche Lernmethoden haben sich gut bewährt, welche weniger?
TalkReal Blog steht hier nur stellvertretend für Seiten im Internet, auf denen - oft nur als Nebenprodukt oder zum Anlocken von Kunden - Tricks und Ideen rund ums Thema Sprachenlernen vorgestellt werden. Viele davon kann man zumindest einmal ausprobieren. Es muß sich nicht immer alles auf die Kombi „Vokabel lernen/Grammatik lernen“ beschränken.
Tandempartners vermittelt das, was man Sprachtandems nennt: Zwei Menschen, deren Muttersprache jeweils die Zielsprache des anderen ist, können einander dort finden. (Streng genommen also auch etwas, was es bereits 1982 gegeben hat - nur eben in der Vermittlung moderner und effizienter.) Ohne die regelmäßige Unterhaltung mit einem Muttersprachler ist es meiner Meinung nach unmöglich, eine Sprache wirklich zu beherrschen. Hörverständnis und das aktive Sprechen müssen trainiert werden. Im Idealfall ist der Tandempartner am gleichen Sprachniveau wie man selbst und beherrscht auch sonst keine andere Sprache - sonst ist es zu verführerisch, im Lauf des Gesprächs in jene Sprache auszuweichen, die beide am besten können. Unabhängig vom ursprünglichen lernziel.
Natürlich gibt es neben den hier beschriebenen Angeboten noch mehr: Fremdsprachige eBooks und Filme sind im Netz leicht zugänglich, bei entsprechenden Sprachkenntnissen stehen die Internetseiten aus den fremden Ländern selbst als Übungsmaterial zur Verfügung. Es ist mir auch schon passiert, daß aus einem Online-Chat zum Thema GNU/Linux plötzlich eine türkische Unterhaltung mit einem sehr geduldigen Gesprächspartner geworden ist.
Jede Menge Hilfe und Unterstützung also im Web für Lernende auf allen Niveaus. Die schlechte Nachricht zum Schluß: Tatsächlich lernen muß man trotzdem nach wie vor selbst. Keines der genannten Services reduziert den Aufwand, den man zum Erlernen der Fremdsprache investieren muß. Ich gehe aber davon aus, daß das Ergebnis einfach besser sein wird als früher, als es außer einem Schulbuch, einem Wörterbuch und einem mehr oder weniger talentierten Lehrer (selbst kein Muttersprachler) nichts gab.
Die nächsten Wochen werden damit ausgefüllt sein, Deine Vorschläge für mein Italienisch-Studium auf Herz und Nieren zu prüfen...
Da wird wahrscheinlich meine Lesezeichenliste (oder die Äpp-Sammlung) ergänzt werden müssen!
Herzlichen Dank für.
(P.S.: es wird ein heißer Herbst: ab 29.9. gibt's wieder fast wöchentliche Saratreffen... Gas geben, Oida! *gg*)
An Dein Italienisch hab ich ja gaaaar nicht gedacht beim Tippen. *grins*
Aber ich muss sagen: Die Tandemg'schichte rennt mir ja schon lang hinterher - und vielleicht sollte ich ja ein kleines Seitensprüngerl wagen... *diebischgrins*
Ja, was glaubst, wie's mir da geht in Sachen Tandempartner und betrügen. *LOL*
Ich find halt, daß das eine mit dem anderen nix zu tun hat. Ich bin draufgekommen: Auf der einen Seite brauch ich einen Lehrer. Das ist der, der weiß, wie man diese eine Sprache unterrichtet. Der geht mit mir Lektion für Lektion durch, kann die Grammatikregeln erklären, korrigiert auch meine Fehler … Das ist der Reiseleiter.
Daneben hab ich wen, mit dem ich das Erlernte stressfrei anwenden, ausprobieren kann, mit dem ich einfach locker dahinplaudere. Der muß gar nicht so fit sein, daß er meine Grammatikfragen beantwortet (wer ist das schon in seiner Muttersprache), der soll mich auch ja nicht ständig korrigieren. Das Schöne am Tandempartner ist: Der macht auf Deutsch die gleichen albernen Fehler wie ich in der Fremdsprache, drum komm ich mir nicht so deppat vor. (Drum ist es wichtig, daß beide ungefähr das gleiche Niveau haben, sonst funktioniert das nicht so gut.) Der Tandempartner ist der Eingeborene in dem Dschungel, durch den mich der Reiseleiter Meter für Meter führt. Der fühlt sich nicht verantwortlich für meinen Fortschritt, der wird auch nicht dafür bezahlt … der quasselt nur fröhlich vor sich hin, während ich über Fallendungen und Postpositionen stolpere. :)