Und der nächste Wechsel
Was man davon halten soll, ist noch nicht so ganz klar. Einerseits war Glawischnig-Piesczek niemals eine Sympathieträgerin. In mir hat sie eine geradezu körperliche Abwehrreaktion ausgelöst. Andererseits, und das ist paradox, war sie es, die der Partei die erfolgreichsten Jahre seit ihrem Bestehen beschert hat. Wahlergebnisse auf Bundes- und Europaebene, von denen andere grüne Parteien außerhalb Österreichs nur träumen können; erfolgreiche Regierungsbeteiligungen auf Landesebene; … so sehr Glawischnig-Piesczek auch innerparteilich und in den Medien kritisiert wurde, der Erfolg scheint ihr (rückblickend) Recht zu geben.
Aber: Was kommt jetzt? Und: Sind Lunacek und Felipe die richtigen Personen dafür?
Lunacek und Felipe sind mir eigentlich wurscht. Ja, mit einem Pilz oder einem Dönmez hätt ich mich wohl noch wohler gefühlt, aber darauf kommts nicht an. Gesichter und Spitzenkandidaten sind, wie wir gerade lernen, sehr schnell austauschbar. Und Lunacek ist nicht die schlechteste Wahl als „das Gesicht“ zur Nationalratswahl: Sie hat sich, nach einem ordentlich verpatzten Start im Konflikt rund um die EU-Kandidatur 2009, Respekt und Sympathie erarbeitet. Vielleicht ist sie nicht so unverbindlich-mehrheitsfähig wie Glawischnig-Piesczek, vielleicht ist sie kantiger. Aber genau darauf wirds ankommen:
Was an der Politik der Grünen in den letzten Jahren zunehmend schwer zu rechtfertigen war, war der Drang zur politischen Mitte, die Aufgabe definitiv nicht mehrheitsfähiger (dafür umso richtigerer) Positionen zugunsten einer koalitionstauglichen Beliebigkeit, die sich teilweise an die SPÖ, vor allem aber an die ÖVP angebiedert hat. Mit vollem Recht wurden die vergangenen Wahlkämpfe in den Medien als „Wohlfühlkampagnen“ kritisiert. Nur nicht anecken, nur nicht Stellung beziehen, nur niemanden verschrecken. Das kann eine Zeit funktionieren: Stammwähler kennen das Parteiprogramm und lassen sich von unglücklichen Plakatsujets nicht irritieren, die dafür andererseits wieder experimentierfreudige Konservative anlocken.
Auf lange Zeit gesehen jedoch ist die Strategie zum Scheitern verurteilt: Das Wohlfühlimage der Plakate durchdringt auch die tatsächliche Politik. Auch wo die Grünen an der Macht sind, ist kaum noch die linke Handschrift zu spüren, die die Stammwählerschaft erwarten und das Parteiprogramm diktieren würde. Und nicht immer liegt das nur an den Zwängen der Koalition. Nach dem kurzfristig erkauften Höhenflug kann es meines Erachtens nur bergab gehen. Die Frage ist: Bergab in die völlige Bedeutungs- und Orientierungslosigkeit? Oder bergab auf ein stabiles Niveau mit einer glaubwürdigen Politik ehrlicher linker Werte?
Ob nun also Lunacek im Juni als Spitzenkandidatin bestätigt wird oder nicht, scheint mir nebensächlich zu sein. Viel wichtiger ist es, daß die Partei ihre Richtung korrigiert. Es darf nicht mehr passieren, daß die eigenen Internetauftritte beherrscht werden von Wellness im Park und Urban Gardening in Währing. Die zentralen Themen müssen sein: Vermögenssteuer, Wertschöpfungsabgabe, Bildung, Klimaschutz, Wohnkosten, Energiewende, Arbeitnehmerrechte, internationale Solidarität … kurz: Es muß endlich prononciert linke Politik gemacht werden. ÖVP und Grüne müssen wieder unterscheidbar werden.
Wenn Glawischnig-Piesczek als Teil der bürgerlichen Seitenblicke-Gesellschaft beschimpft wurde, war das nicht in erster Linie Kritik am oberflächlichen Narzissmus und Hedonismus, den das TV-Format propagiert. Es war vor allem auch Kritik daran, daß sie als Repräsentantin einer Partei, die eigentlich links sein sollte, sich selbst vor den Kameras als priviligierte Upper-Class-Lady zumindest inszenierte. Das mußte bei jenen als Verrat gesehen werden, auf deren Kosten die Upper Class lebt, von denen die Upper Class stiehlt - und für die Politik zu machen das Kerngeschaft der Grünen ist (oder einmal war). Da spielt es auch keine Rolle mehr, ob Glawischnig-Piesczek die Auftritte nur inszeniert hat.
Lunacek, Felipe, wer auch immer bis zur Wahl das Sagen hat: Es gilt, die Text-Bild-Schere zu schließen und endlich wieder das zu machen, was die Grünen im Kern einmal ausgemacht hat. Glaubwürdige linke Politik nämlich.
Ich fürchte, mehr links wird da nicht mehr kommen, man will ja koalitionsfähig bleiben.
Du hast Recht, mit Pilz oder Dönmez wäre die Sache ein wenig spannend geworden, aber Dönmez geht leider nicht, der hat seine Meinung kund getan und das ist bei den Grünen verpönt.
Aus meiner Sicht, rechts der Mitte, sind die beiden Damen ein Geschenk.
Niemand kennt sie, in der Bundespolitik vollkommen unerfahren und am selben Tag für die Willkommenskultur und den Zuzug von nutzlosen Essern einzutreten, an dem bekannt wird, dass wieder einmal eine Frau (diesmal ein Mädchen in Tulln) von "Schutzsuchenden" bestialisch vergewaltigt wurde, ist leider bezeichnend für grüne Politik.
Michael Jannee hat dies in der Krone "Selbstmord mit Anlauf" genannt.
"Auch wo die Grünen an der Macht sind, ist kaum noch die linke Handschrift zu spüren"
Hier muss ich dir vehement widersprechen.
Die Wiener und hier besonders die Autofahrer leiden täglich unter der Verkehrspolitik von Vassillakou und ihren Schergen.
Tja, dann ist es blöd, wenn da nicht mehr kommt. Auf Dauer wird der Spagat wohl nicht gutgehen.
Und damit ist der sinnvolle Teil Deines Kommentars schon wieder vorbei. Was schreibselst Du danach? Die Lunacek kennt keiner und sie hat keine Bundespolitische Erfahrung? OK, vielleicht kennen sie Menschen nicht, deren Wissen über Politik sich auf Gratiszeitungen aus der U-Bahn beschränkt. Ich verrate Dir aber ein großes Geheimnis: Diese Menschen müssen Lunacek auch nicht kennen. Auf deren Stimmen ist sie nicht scharf. Diese Leute würden sich für grüne Politik ohnehin nie begeistern lassen.Bekannt sein muß sie dort, wo sie Stimmen holen kann. Und es ist nunmal so, daß sie eine der bekanntesten und profiliertesten Grünpolitiker des Landes ist. Sie war Bundesgeschäftsführerin der Grünen, sie war Nationalratsabgeordnete, sie war Spitzenkandidatin fürs EU-Parlament … und hat in dieser Rolle das historisch beste Ergebnis für die Partei überhaupt eingefahren. Das ist grundsätzlich mal nicht so übel für jemanden, den Deiner Einschätzung nach niemand kennt
.
Was eine konstruktive Haltung zur Migrationsfrage in Europa und eine Vergewaltigung in St. Pölten miteinander zu tun haben, weißt wahrscheinlich nicht einmal Du. (Mir fällt nur auf, daß Du ausgerechnet diese Vergewaltigung als bestialisch
bezeichnest. Solche Emotionen wecken die im Schnitt fast 40 Sexualdelikte pro Woche bei Dir sonst nicht. Empathie dürfte bei Dir eng an politische Nützlichkeit der jeweiligen Frauen geknüpft zu sein.)
Und wie Du mir jetzt eine Entlastung der Wiener Straßen (zu Deinen Gunsten!) als pöhse linke (?) Politik verkaufen willst, check ich auch noch nicht ganz. Abgesehen davon, daß es an sich nicht gerade zu den Kerngebieten linker Politik gehört, dem motorisierten Individualverkehr freie Fahrt und freie Parkplätze zu verschaffen: Was störts Dich? In Wien ist, durch eine schlaue Verkehrspolitik, die Anzahl der PKW pro 1.000 Einwohner laufend gesunken. Auch im letzten Jahr wieder. Nur mehr 371 Autos kommen auf 1.000 Einwohner. Das ist nur möglich, weil sinnvollerweise Geld in den Ausbau von Alternativen gesteckt wird. Würde man das in Wien nicht tun, hättest Du jeden Tag auf Deinem Weg durch die Stadt ca. doppelt so viele Autos vor Dir auf der Straße, doppelt so viele verzweifelte Parkplatzjäger. Ist es das, was Du willst? Bist Du dann zufrieden, wenn wieder alle mit dem Auto fahren und Wien in Sachen Dauerstau mit Mexiko City, Bangkok und Bukarest mithalten kann? Eine seltsame Form von Masochismus entwickelst Du da.
Hätte man dieses Drecksgesindel nicht ins Land gelassen, könnten sie hier auch niemanden vergewaltigen.
Hätte man dieses Drecksgesindel nicht ins Land gelassen, könnten sie hier auch niemanden vergewaltigen.
Ja, und hätte die Frau Huber damals abgetrieben, hätte ihr Sohn die Ebru nicht vergewaltigt. Hätte, hätte … Was sollen wir jetzt tun? Männlichen Nachwuchs abtreiben? Alle Männer kastrieren?
Du bist in der Sache überhaupt nicht ernst zu nehmen. Es gibt Menschen, die sich da wirklich Sorgen machen und sich um Prävention, Opferbetreuung etc. kümmern. Mit denen kann man konstruktiv diskutieren und Lösungen suchen. Du gehörst ganz sicher nicht dazu. Du geilst Dich wahrscheinlich noch an diesen sexuellen Gewaltphantasien auf (die Details dazu will ich mir gar nicht vorstellen) und freust Dich wahnsinnig über jeden solchen Fall. Denn es geht Dir überhaupt nicht darum, diese Fälle zu verhindern. Du hast kein Mitleid mit den Opfern. Ganz im Gegenteil:
Du willst mehr und mehr von diesen Vergewaltigungen, je brutaler und abstoßender desto besser. Du wünscht Dir geradezu Gruppenvergewaltigungen an Kindern, weil Du nur damit Deine Ideologie vom bösen Ausländer aufrecht erhalten kannst. Wenn es Dir ehrlich darum ginge, an gesellschaftlichen Maßnahmen zur Sicherheit und sexuellen Selbstbestimmuing von Frauen zu arbeiten, würdest Du Dich über jeden einzelnen der 40 Fälle von Vergewaltigungen, sexuellem Mißbrauch, sexueller Belästigung sexueller Nötigung gleichermaßen aufregen, die seit Jahrzehnten pro Woche (!!) in Österreich passieren. Das hast Du noch nie getan, weil Dir die Vergewaltigungsopfer - alle Vergewaltigungsopfer - völlig wurscht sind. Du heuchelst Betroffenheit nur dann, wenn die Vergewaltigung wegen der Herkunft des Täters nützlich für Dich ist. In der Zwischenzeit unterstützt Du die eine Partei, die sich bis zuletzt vehement gegen den Schutz von Frauen vor dem Angrapschen gewehrt hat. Wenns nach der FPÖ ginge, wäre die Hälfte dessen, was die Kronen Zeitung über Tage hinweg als „bizarren Sexüberfall durch Asylwerber“ auswalzt, nicht einmal strafbar.
Du freust Dich über die Vergewaltigung. Du mißbrauchst das Opfer gleich noch ein zweites Mal für Deine dreckige Propaganda. Solche Leut wie Dich sollt' ma in großem Stil ausweisen können. Ihr seid das wahre Drecksgsindel: Ihr begeht den sexuellen Mißbrauch nicht aus einem Affekt heraus, sondern strategisch geplant aus reiner Machtgier.
Da haben wir vielleicht unterschiedliche Auffassungen von „links“. Meiner Auffassung nach ist das Programm sogar sehr schön links. (Kennst Du es eigentlich? Vielleicht ist das der Knackpunkt …) Wer sich um dieses Programm herum als Partei versammelt oder eine Partei mit diesem Programm wählt, sollte es daher besser auch sein.
Daß viele der Inhalte dieses Programms zugunsten sehr oberflächlicher Polit-Wellness in den Hintergrund getreten sind, das ist ja genau der Punkt. Darin sind wir uns wohl einig. Ich wüßte nur nicht, wer sonst noch in Österreich halbwegs linke Positionen vertritt (und eine Chance auf ein Nationalratsmandat hat). Die beiden Volksparteien SPÖ und ÖVP schon von ihrer Struktur her eher nicht. (Sag als SPÖ-Politiker nur 1x halblaut „Erbschaftssteuer“ und Du hast die ganzen hysterischen Pensionisten am Hals, die den Enkerln unbedingt das gute Porzellan vermachen wollen.) TS? FPÖ? NEOS?
Weder hat das hübsche Schlagwort Klassenbewußtsein
etwas mit linker Politik zu tun, noch kann ein Verweis auf das kurzfristige Wahlbündnis mit den VGÖ etwas an der linksalternativen Verwurzelung der Partei ändern.
Ansonsten bist du schon wieder etwas besser in der Analyse, aber noch immer nicht ganz auf der Höhe. Wenn du in Österreich linke Politik willst, musst du als Partei KPÖ wählen, die es aber sicher nicht ins Parlament schaffen werden. Wenn es keine Partei sein muss sondern dir Personen reichen, dann gibt es schon noch einige Proponenten in der Sozialdemokratie, die sich das noch trauen (trotz der erbenden Enkerl). Zugegeben, auch bei den Grünen gab und gibt es einzelne Linke, aber ein Karl Öllinger geht ja jetzt leider auch Pension.
Daß die notwendigerweise was anderes sagen müssen, als im Programm steht, das weiß man auch, bevor man das Programm gelesen hat: Die sagen ja auch alle paar Wochen was anderes. Mal so, mal so, je nachdem, was die Geldgeber grad wollen.
Mit der KPÖ tu ich mir nicht nur wegen ihrer geringen Wahlchancen schwer, sondern auch wegen der de facto nicht mehr vorhandenen Inhalte. Ein Parteiprogramm gibt es nicht, die Steiermark hat sich vom Bund losgelöst, … man wüßt nicht so recht, was man da wählt.
Mit dem Begriff Klassenbewusstsein
kann ich in einer ernsthaften Diskussion wirklich nichts mehr anfangen. Der ist, wenn überhaupt, nur mehr Folklore. Das fängt schon damit an, daß die Klasse (iSd Stellung im Produktionsprozess) ihre soziale Bedeutung verloren hat. Und wenn man das Wort schon in den Mund nimmt: Klassenbewußtsein müßte die Klasse (wie auch immer man sie definiert) für sich
entwickeln, nicht jemand, der linke Politik macht. Das ergibt alles einfach kein schlüssiges Bild mehr 2017.