ESC 2016: We've Got an Overdose
Der gemeinsam mit ihrem Vater geschriebene Hüttenschlager „Loin d’ici“ ist, das muß man zugeben, von ganz eigener Qualität. Er ist so alt, so fernab vom aktuellen Pop-Geschehen und erstickt in einer so kitschbeladenen Bühnenperformance, daß man sich auf jeden Fall an ihn erinnern muß. Und genau das kann der Faktor sein, der im Mai über den Einzug ins Finale entscheidet. Spätestens nach dem zweiten Mal wirds dann aber zu viel. We've got an overdose
, haben wir in der Speedvoting-Runde festgestellt. Von all den rosa Märchenblumenwiesen und narrischen Schwammerln wird einem schlecht.
Was gibts sonst noch? Gleichzeitig mit dem österreichischen Vertreter für Stockholm wurde die unsympathischste Frau Österreichs gekürt: Eine gewisse Madita saß in der Jury und hat sich auf dermaßen plumpe und primitive Art selbst inszeniert, daß es einem die Zehennägel aufgerollt hat. Auch in der Jury, aber wesentlich damenhafter: Conchita, immer noch Queen of Austria. Sie durfte die bissigsten Bemerkungen des Abends schieben, ohne daß ihr auch nur ein böses Wort über die Lippen gekommen wäre. (Zu irgendeinem längst vergessenen Auftritt meinte sie zum Beispiel, es hätte dem Song gut getan, wenn man ihn reduzierter
dargeboten hätte. Man hätte etwas weglassen können.
Es war völlig klar, daß sie die Sängerin gemeint hat.)
Echte Favoriten, an denen mein Herzblut hing, hatte ich überhaupt nicht. Ich mag Sankil Jones sehr und habe für ihn angerufen, allerdings eher aus Respekt vor ihm und vor seinem älteren Song „Fire“, mit dem er sich 2012 beworben hatte. Sein heuriger Versuch „One More Sound“ wollte dagegen nicht so recht abheben. Ebenfalls OK: Orry Jackson mit „Pieces In A Puzzle“. Aber, wie gesagt, beides keine Herzblut-Nummern. Beides OK. Beides besser als Zoë Straub wahrscheinlich, aber das hat die Punkteverteilung nicht hergegeben.
Apropos Punkteverteilung: Zum Schluß der Show bestand die akute Gefahr, daß ein auf Christkind und Rotkäppchen gleichzeitig gestyltes Mädchen namens Elly V den Schaß gewinnt. „I’ll Be Around (Bounce)“ hieß ihr - ihr Ding, das man „Lied“ nicht nennen kann, weil ihm einfach die dafür wesentlichste Zutat fehlte: eine Melodie. (Der „Song“ war bei mir auf dem letzten Platz. Mit Abstand.) Allein um diesen Wahnsinn zu verhindern, hab ich schließlich doch auch für Zoë angerufen im abschließenden Speedvoting … und bin dem ORF damit in die Falle gegangen. Der hat wohl genau damit kalkuliert: Die an sich unbeliebte Straub-Tochter gegen jemanden ins Finale zu schicken, der noch entsetzlicher ist. Die Rechnung ist aufgegangen.
Der Song ist ziemlich nichtssagend und langweilig.
Aber wir müssen das erstmal besser machen.
Dieses Herumgewachel sagt: „Yo, man, das ist ein schwungvolles, fröhliches Lied. Laßt uns gemeinsam dazu klatschen, und zwar jedes Mal, wenn ich mit meinem Kleidchen wedle!“
Den Song will man natürlich nicht im Radio hören - nichtmal auf Radio Burgenland. (Den Sender kennst Du nicht, aber: Jeder Taxifahrer, der ihn eingeschaltet hat, kommt bei mir ohne Trinkgeld und mit einer schlechten Bewertung in der MyTaxi-App davon.) Was bei dem Auftritt zählt, ist die gegen das Suchtmittelgesetz verstoßende Bühneninszenierung. Ich mein: Da geht eine Elfe zwischen Schwammerln auf einer knallig rosa/lila Blumenwiese spazieren! Hallo?! Lordi waren harmlose Baldrian-Tropfen dagegen. :)
Das habt ihr jetzt davon :-)
… für den Herrn „schlürf“ Gregory. Nach seinem Totalversagen 2011 hat er sich ja noch einreden können, daß klassiche ORF-Protektionskinder wie er halt wirklich keine Chance haben, wenn am Schluß der Publikumsgeschmack die entscheidende Rolle spielt. Jetzt hat aber genau so ein Protektionskinderl doch gewonnen und bewiesen, daß es trotz der offensichtlichen Schiebung funktionieren kann. Bitter, bitter. *schlürf*