Oskar Welzl: Weblog zur Homepage

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Kuchen? Schmeckt nach Seife!

Rechtung: 1x „Achtung“Daß wir am Sonntag immer wieder mal gezwungenermaßen zum Wienerwald gegenüber vom Schwabl ausgewichen sind, wenn der Schwabl selbst geschlossen hatte, muß sich ja mittlerweile herumgesprochen haben (siehe z.B. hier). Was sich nicht herumgesprochen hat (zumindest nicht bis zu uns) ist die Tatsache, daß der Wienerwald kein Wienerwald mehr ist. Heißt jetzt anders, irgendwas mit „Schönbrunner…“. Muß man sich nicht merken. Denn:

Heut war wieder einmal so ein „Schwabl überraschend zu“-Tag. Semesterferien. Wir über die Straße, rein in den „Wienerwald“ … erst bei der Speisekarte haben wir gecheckt, daß das Ding jetzt anders heißt. Die Sache war anfänglich recht unterhaltsam: Am Nebentisch gabs einen Herren, der detailliert beschrieben hat, wie er sich durch Falschaussagen vor dem Arbeits- und Sozialgericht die Frühpension erschlichen hat. Das lenkt zunächst ein bißchen ab. Allerdings nicht lang genug: Daß die bestellten Suppen mehr als überfällig waren, hat uns nicht nur der knurrende Magen mitgeteilt. Das ganze doch recht große Restaurant wurde von einer einzigen Kellnerin betreut. Die allerdings war selten zu sehen (Geisterschiff-Syndrom). Wenn, dann eilte sie mit einzelnen A4-Blättern zum Kopierer und wieder in die Küche. Auffällig: Topfklappergeräusche aus der Küche waren immer genau dann zu hören, wenn die Kellnerin sich dort aufhielt. Das nährte in uns den Verdacht, daß sie nicht nur die einzige Kellnerin, sondern überhaupt das einzige Personal dort war.

Apropos nährte: Außer dem Verdacht, wie gesagt, nährte man dort lang nichts. Dann irgendwann kamen die bestellten Suppen. Als „Hühnercremesuppe mit Bröselknödel“ war meine angepriesen worden. Was da definitiv nie auch nur in die Nähe gekommen ist, war ein Huhn. Viel roher Zwiebel, zwei bis drei Stückchen von Knoblauchzehen, trotz allem kein Geschmack nach irgendwas … und eine klebrig-teigige Masse mittendrin, die mich an rohen Keksteig erinnert hat. Sa-gen-haft.

Aufessen mußte ich nicht: Schon wenige Minuten nach der Suppe kam das Hauptgericht. (Kellnerin: Ah? Das is jetzt ein bißchen blöd.) Ich hab sie sichtlich beruhigt, wie ich ihr mit einem angewiderten Blick auf die Suppe erklärt hab, daß ich das da eh nicht weiter essen werde. So leicht ist engagiertes Personal zufriedenzustellen: Sag einfach, daß Du’s nicht magst. :)

Das Hauptgericht („Hühnerbrust mit Polenta und Speckfisolen“) war ein sensorischer Test: Irgendwas müffelt hier doch? Ist der Teller schlecht abgewaschen? Ist das Fleisch verdorben? Nach einigem Kratzen und Stochern des Rätsels Lösung: Auf der Polenta (Konsistenz: exakt wie die „Bröselknödel“) hatten sich extrem intensiv riechende Käsekrümelchen abgesetzt. Ob das von der Köchin/Kellnerin so gewollt war oder ob die Dinger irgendwo reingefallen sind, läßt sich jetzt nicht mehr eruieren. Ziemlich sicher bin ich mir hingegen, daß die Mischung aus viel Speck, viel Zwiebel und drei Fisolen, die den Hauptteil des Gerichts ausmachte, nicht mit Absicht so versalzen war. Das Fleisch war an den dickeren Stellen zartrosa, so wie man es beim Huhn gerne hat.

Aber hey! Das Beste ist doch immer die Nachspeis. Tatsächlich stand gleich am Eingang eine Vitrine mit wunderbaren Tortenstückchen. Unsere Überlegung: Die kommen mit Sicherheit vom Konditor, da kann die Küche nichts verbockt haben. Die Schokotorte sollte es also werden. Darauf mit absoluter Selbstverständlichkeit und ohne jede Gefühlsregung die Kellnerin: Die? Ah, die darf ich nicht rausgeben, die schmeckt nach Seife. Hab ich vergessen wegzustellen. Ich bin noch nie, noch nie in meinem ganzen Leben, einer Kellnerin so sprachlos gegenüber gesessen. (Daß sie gleich drauf in die Küche zurück ist und die rund 10 Stück Schokotorte erst recht in der Vitrine gelassen hat, ist nur mehr eine Randnotiz.)

Wir haben uns nicht geärgert. Wir haben Tränen gelacht. (Auch über die Gäste neben uns, die Fisch bestellt hatten in dieser Bude.) Und wie dann beim Zahlen der Bon am Tisch lag, hab ich erst recht losprusten müssen. Letzte Position auf der Liste, Schlußstrich des Abends quasi:

1 Achtung € 0,00

Besser kann mans nicht auf den Punkt bringen. Nie mehr wieder. Was machen wir jetzt in schwabellosen Zeiten?


Wir haben ein besonderes Präsent verpaßt :(

Eisbaden in Trassenheide (2014) Der am weitesten angereiste Gast bekommt ein besonderes Präsent, heißt es auf der Einladung zum jetzt gerade stattfindenden Eisbaden am Strand von Trassenheide. (Ich berichte also live *gg*). Mit 940 Straßenkilometern und 9 Stunden Anreisezeit bis zum Strandvorplatz hätten wir da wirklich gute Chancen. Aber selbst wenn nicht: Die Kurverwaltung spendiert ein Heißgetränk und eine Bratwurst. Und die Bratwürschtl in Trassenheide sind die besten wo gibt. (Zumindest die, die wir dort regelmäßig essen. *gg*)

OK, es ist trüb, regnet ganz leicht und hat nur 2°. Aber wüde Hund wie uns hält das nicht ab: Wir waren ja schon mal bei Wind, Kälte und Regen in der Ostsee. Ja, ja, das war im Juli und nicht im Februar, aber wir wollen da doch das große Ganze sehen, nicht wahr? :)

Ich bin gspannt, obs bessere Fotos geben wird von der Veranstaltung als die, die die Webcam liefert. Die ist zu weit weg von der Stelle, an der die Leut ins Wasser gehen. Ich bleib auf jeden Fall dran; bis 12:45 dauerts, danach gehts für alle Beteiligten ab in die Sauna (ohne Webcam).

Übrigens: Rein figurtechnisch hat man ja nicht immer große Freude dran, vor einer großen Menge gaffender, filmender und fotografierender Zuseher nackend in die Fluten zu steigen. Kein Problem diesmal: Zu den angemeldeten Teilnehmern gehört eine Gruppe mit dem klingenden Namen „Stralsunder Walrosse“. Ich fühl mich schon fit und schlank, wenn ich das nur les’. *LOL*


Update 3 (einhalb)

Naamankajärvi See Offiziell ist es das dritte Update für mein Jolla-Phone, seit ich es Mitte Dezember bekommen habe. (Wenn man einen kleinen Hotfix mitzählt, schon das vierte.) Unter dem Namen „Naamankajärvi“ (das ist ein finnischer See) hat Jolla heute die Version 1.0.3.8 seines Sailfish-Betriebssystems veröffentlicht. Ganze 74 benutzerrelevante Verbesserungen und Fehlerbehebungen zählt das Changelog auf. Mal sehen, was sich im Gegenzug für neue Fehler eingeschlichen haben - ist ja bei Software immer so. *LOL*

Der Update-Prozess verlief soweit problemlos (was erwähnenswert ist nach den überlasteten Servern beim letzten Mal). Jetzt muß ich mir einige der Punkte aus dem Changelog genauer ansehen - war mir gar nicht bewußt, daß man da noch so viel anders machen könnt? :)

Update: Tatsächlich hat die fleißige Community schon ein Problem gefunden. Eine Änderung im Betriebssystem war zur Behebung eines bestimmten Problems zwar notwendig, führt aber jetzt dazu, daß manche Anwendungen ihre Konfigurationsdatei nicht mehr finden und sich so verhalten, als wären sie frisch installiert worden. Mal sehen, ob man da als unbedarfter User was tricksen kann …

Update II: Man kann.


„Akademiker“-Ball: Dönmez wieder mal

Efgani DönmezZu den Idiotien rund um den Wiener „Akademiker“-Ball fällt mir eine ganze Menge ein … Aber warum selbst formulieren? Man muß bei manchen Themen eigentlich nur schauen, was der grüne Bundesrat Efgani Dönmez schreibt. (Den mag ich. Erstens Oberösterreicher, zweitens ausm Salzkammergut, drittens einer der wenigen Politiker mit einem soliden Gspür für die Lebensrealität der Menschen.)

Also, was trägt er in seinem Artikel Der WKR-Ball, die Grünen und das Dilemma zusammen?

Zum Beispiel die Aussage des Bundesgeschäftsführers der Grünen, Stefan Wallner. Dem ist nämlich vor gar nicht so langer Zeit zum Thema rechtsnationales Gedankengut eingefallen: … wir können nicht […] Zwangsmaßnahmen für […] Andersdenkende fordern. […] Meinungsfreiheit ist ein zentraler Wert einer Demokratie, den wir verteidigen … Na also, geht doch! Das ist die Einstellung, die ich mir von einem grünen Politiker erwarte. Wobei, halt! Ganz so einfach ists dann doch nicht. Die Aussage Wallners bezog sich nämlich auf rechtsnationale Erdoğan-Unterstützer, die in einer höchst umstrittenen Demonstration durch Wien gezogen sind. Das war damals offenbar kulturell bereichernder Rechtsnationalismus, der unter die Meinungsfreiheit fällt und zu schützen ist - auch vor Angriffen aus den eigenen, grünen Reihen.

Beim „Akademiker“-Ball ist das anders. Dönmez stellt trocken fest:

Offensichtlich werden diese [Rechte] nur jenen zuerkannt, welche politisch opportun sind. National-islamistische Strömungen, welche auf Wiens Straßen „Wir sind Soldaten Erdoğans“ skandieren, fallen aus Grüner Sicht unter Meinungsfreiheit und Menschenrechte. Aber wenn Ball-Besucher mit einem deutschnationalen Weltbild und sonstigem rechten Gedankengut diesen besuchen, dann wird dagegen massiv gewettert und versucht, dies mit (fast) allen Mitteln zu bekämpfen.

Besser kann mans kaum formulieren. Es zahlt sich aus, den Artikel ganz zu lesen. Er erinnert mich wieder einmal an etwas, was ein sehr gscheiter Kopf einmal über die aktuelle Situation der österreichischen Grünen gesagt hat:

Verstehen sie überhaupt noch ihre eigenen Grundwerte und sind sie in der Lage, sie auch in einer veränderten gesellschaftlichen Realität anzuwenden? Oder hängen sie nur oberflächlich einer früher gefundenen Interpretation dieser Werte an, die vielleicht in den 1980er Jahren Gültigkeit hatte, 30 Jahre später aber längst angepaßt werden müßte?


Hungrig in Hongkong

Aus dem Bild „Essen mit Stäbchen“Da sitzt jemand in Hongkong und verhungert vor voller Schüssel, weil er das Essen nicht mit den Stäbchen in den Mund kriegt.

Woher ich das weiß? Serverlogs! :)

Dieser Artikel zieht immer schon viele Suchanfragen zu „mit Stäbchen essen“ an. (Ganz nebenbei: Das ist interessant und zeigt, wie Suchmaschinen arbeiten. Im Text kommt nämlich weder das Wort „Stäbchen“ noch „essen“ vor.) Die grafische Darstellung in diesem einen Kommentar dürfte vielen Leuten gefallen.

Ganz aktuell hab ich jetzt eine Suchanfrage aus Hongkong (!) in den Logfiles entdeckt. Da saß jemand an einem auf chinesisch eingestellten iPad (mit hoher Wahrscheinlichkeit also nicht sein eigenes) und suchte auf Deutsch nach einer einfachen bildhaften Darstellung, wie man mit Stäbchen ißt. Das kann verschiedenste Gründe haben. Der wahrscheinlichste ist aber wirklich, daß ers grad ganz schnell lernen mußte, weil er Hunger hatte. Und diese Vorstellung find ich zum Schreien komisch. *LOL*


Karma! Karma! Karma!

Ich habe heute die 1000er-Marke beim Karma auf together.jolla.com überschritten und bin derzeit auf Rang 88 von 2.035 Usern dieses erst einen Monat alten Forums.

Kann ich mir drum was kaufen? Nein. Aber ich bin halt, wie wir seit Mai 2009 wissen, eine Karma Whore. Ich bin gern meßbar gut - sogar mit Diagramm. ;)


Erinnerung an La Casita :)

Crème brûlée Ah! Die gute alte Krämm Brullle! Das weckt Erinnerungen! :)

Heute beim Schwabl haben wir sie auf der Karte entdeckt. Es mußte einfach sein, obwohl ich nach der perfekten Entenbrust (innen zartrosa, außen gschmackig-knusprig, mundgerecht aufgeschnitten) eigentlich wirklich schon genug hatte. Aber die Brulllle hat halt eine Geschichte … eine lange, lange Geschichte. Picture it: Cornwall, 2000 …

… während unserer Urlaube in Carbis Bay, Cornwall, war La Casita ein ganz wichtiger Teil der täglichen Routine. Gemeinsam mit Beck's hat La Casita rund 80% unserer Essensversorgung bestritten. (Spezialität des Hauses: Man konnte mit etwas Glück bis zu drei Mal pro Abend mit Getränken und Bratensaft überschüttet werden. *gg*) Tja, und es gab über Jahre hinweg das gleiche Gericht als Dessert auf der Tageskarte: Crème brûlée. (Die haben sie als Raspberry brûlée übrigens heute noch drauf, um £ 4,95.)

In unser Gedächtnis gebrannt hat sich die Crème brûlée aber nicht in erster Linie, weil sie so ein beständiger und verläßlicher Begleiter in Carbis Bay war. Es war die überzeugte Selbstverständlichkeit, mit der die englischen Kellnerinnen im italienischen Restaurant aus der elegant-französischen „crehm brüleeee“ eine „kremmm brullle“ (mit englischem r und l sowie deutlicher Betonung auf dem leicht verknödelten „u“) gemacht haben. Das war ein regelmäßiges Spiel am Abend: Wir haben die „brullle“ einfach nicht übers Herz gebracht und standhaft die Crehm brüleeee bestellt … Was jeden Abend mit einem verwirrten Blick und einem fragenden Kremmm brullle? quittiert wurde.

Seither heißt das Gericht bei uns eben „kremmm brullle“ und weckt jedesmal schöne Erinnerungen an Lele, Sheila, Michael, Ross und die Bierflecken auf den Jeans, mit denen man La Casita gerne mal verlassen hat. Hach, Cornwall … :)


Jolla: „The First One“ mit supernettem Klingelton

Jollas exklusive „Other Half“ für FrühbestellerSchon wieder Post aus Finnland: Dafür, daß ich das Jolla-Telefon bereits Monate vor seiner tatsächlichen Verfügbarkeit vorbestellt (und dafür auch Geld überwiesen) habe, bedankt sich Jolla bei mir mit einer kleinen Draufgabe. Ein im Handel in dieser Form nicht erhältliches Rückencover mit der Aufschrift „The First One“ ist es. Sobald man es aufsteckt, installiert es ein neues Thema („Ambience“ im Jolla-Sprech) in passendem Schreiknallrotorange und - und das find ich einfach total lieb - einen neuen Klingelton, der mit kurzen Gesprächsfetzen des Jolla-Teams unterlegt ist. Ich verstehe nicht immer genau, was gesagt wird, weil viele mir unverständliche Sprachen dabei sind. Aber die fröhliche Musik, das Gelächter, der Applaus, Sätze wie „Jolla is a movement!“, „Do it together!“, „We need a coffee machine that doesn't ask for coffee every 10 hours“ und „We're sailors!“, all das vermittelt sehr gut die Grundstimmung, aus der sich das Fehlende erahnen läßt.

Ich liebe den Klingelton. Thank you, Sailors! :)

Ach ja, wichtig für alle, die auch so ein Päckchen erhalten: Fast hätt ich vergessen, den Trick mit der längeren Akku-Laufzeit kurzfristig wieder rückgängig zu machen. Ohne laufenden tohd-Daemon erkennt das Telefon ja nicht, daß da was Neues aufgesteckt wurde. Überhaupt ist das Erkennen der neuen Rückseite noch nicht die große Stärke in der jetzigen Konfiguration. Am besten gehts, wenn man den Daemon bei aufgesteckter „Other Half“ neu startet.


What Else?

Neue Nespresso-Maschine Spätestens seit drinnen in der Küche die Emanzipation von Nespresso angefangen hat, ist das Kaffeemaschinenthema ja noch mehr in den Mittelpunkt gerückt als früher.

Über Weihnachten war das Christkind auch bei uns im Büro und hat die alte Nespresso-Maschine gegen was Jüngeres und Leistungsfähigeres ausgetauscht.

Da wird zuerst mal eine Entschuldigung an Herrn Clooney fällig: So grauslich ist der Kaffee gar nicht, wenn die Maschine nicht 15 Jahre alt und völlig verkalkt ist. :)

Andererseits: Das neue Modell liefert völlig andere Wassermengen auf drei (früher: zwei) Tasten. Ich dachte immer, bei Nespresso wären Tab-Inhalt und Wassermenge so exakt und perfekt aufeinander abgestimmt? Wie kann das sein, wenn je nach Maschine das Häferl unterschiedlich voll wird? Mhm?

Naja, wieder was Neues jedenfalls. Und diesmal entkalken wir sie regelmäßig. Ganz sicher. :)


Jolla Phone: Erfahrungsbericht Standardprogramme

Kartenprogramm von Jolla Mit den bisherigen Praxisberichten zum Jolla Phone hab ich ja offenbar einen Nerv getroffen. Jolla Phone: Erfahrungsbericht Hardware und Jolla Phone: Der erste Tag - das User Interface werden gerade besonders häufig angeklickt.

Damit ist natürlich auch der dritte Teil der Serie fällig. Wie sehen der von Jolla bereitgestellten Standardprogramme aus? Browser, Chat, Mail, Galerie, Kamera, Karten usw.? Ich hab lang überlegt, ob ich diesen Artikel jetzt überhaupt schon schreiben soll: Seit ich das Telefon am 19. Dezember ausgepackt habe, sind bereits drei (!) Betriebssystem-Updates drübergelaufen, die das Verhalten dieser Programme verändert haben. Angeblich kann man in 1-2 Wochen mit dem nächsten Update rechnen. Was schreibe ich also jetzt über den Browser, was auch Mitte Jänner noch einen Leser interessiert? Schließlich habe ich mich entschlossen, wirklich nur den Ist-Stand abzubilden. Man muß sich halt beim Lesen die laufenden Systemupdates dazudenken. :)

tl;dr

Ein Entwickler des Sailfish-Betriebssystems hat in einem Forum geschrieben: Even the simplest seeming feature is only 5-10% in implementation, the rest goes to polish & fixing the inevitable problems that weren't first noticed with it. Und weil das so ist, ist das kleine Unternehmen den einzig möglichen Weg gegangen: Das Jolla Phone startet in allen vom Hersteller bereitgestellten Programmen mit einem nur minimalen Funktionsumfang. Das geht so weit, daß noch bis Ende Dezember gewisse Mail-Konten nicht eingerichtet werden konnten, wenn die Einstellungen am Server nicht den 08/15-Erwartungen entsprachen.

Gleichzeitig sieht man aber anhand der installierten Pakete, daß fast alles nur eine Frage der Einbindung ins User Interface ist. Vieles von dem, was man zunächst vermißt, muß nicht wirklich erst programmiert werden: Es fehlt nur die sinnvolle Einbindung der schon vorhandenen Funktion in die jeweiligen Programme, einschließlich der Absicherung gegen falsche Benutzereingaben und der Berücksichtigung gegenseitiger Abhängigkeiten. Ich bin guter Dinge, daß genau diese Integration bei der derzeitigen Frequenz der Updates schnelle Fortschritte machen wird.

Eins noch als Punkt für die Zusammenfassung: Die weitgehende Android-Kompatibilität nimmt den Zeitdruck von Jolla und seinen Kunden, was viele der fehlende Funktionen angeht. Beispiel: Wer unbedingt Dinge benötigt, die der Jolla-Browser derzeit nicht kann, holt sich halt die Android-Version von Firefox. So einfach kann die Welt sein. ;)

Pogramminstallation und der Jolla-Store

Was gleich beim Einrichten des Jolla Phones positiv auffällt: Eine ganze Liste von Programmen ist nicht fix vorinstalliert, sondern wird bei der Ersteinrichtung aus dem Jolla Store heruntergeladen. Dazu gehören Kernkomponenten wie die Karten, der Mail-Client, die Android-Kompatibilität, Exchange-Unterstützung und der Kalender. Dabei kann man sich aussuchen, welche Programme man nun haben möchte und welche nicht. Es gibt eine Reihe von Jolla-Besitzern, die ihr Gerät aus Prinzip frei von Googlezeugs halten wollen und daher die Android-Unterstützung nicht installieren. Ich hingegen habe auf Exchange verzichtet, das laut vielen Berichten im Netz derzeit ohnehin nur sehr eingeschränkt funktioniert.

Der Store selbst überzeugt durch eine sehr lebendige Einstiegsseite. Ähnlich einem sozialen Netzwerk besteht sie aus einem dynamischen Strom von Kommentaren und „ossi1967 gefällt das“-Meldungen, der die Aufmerksamkeit schnell auf interessante oder neue Programme lenkt. Erst auf der zweiten Ebene findet man den systematischen Zugang nach Kategorien. Selbstverständlich lassen sich alle Jolla-Programme, die man bei der Erstkonfiguration übersprungen hat, direkt aus dem Store später noch installieren (und auch wieder deinstallieren).

Wichtig auch: Der Jolla Store ist eine Möglichkeit, Programme zu installieren und zu aktualisieren. Er ist aber nicht die einzige, Jolla zwingt dem Benutzer nichts auf. Diverse Android-Stores kommen dazu, darüber hinaus können Programmpakete im RPM-Format direkt heruntergeladen und installiert werden.

Dieser gesamte Komplex ist jetzt schon rund und gelungen. Ich wüßte ehrlich nicht, was ich mir als Anwender hier noch wünschen würde - abgesehen von mehr Programmen natürlich. ;)

Telefonieren

Smartphone hin oder her, telefonieren soll man schon auch noch können. :) Die Telefon-Applikation ist simpel, es fehlt derzeit vor allem an der VoIP-Einbindung. Auch die Informationen in der Anrufliste sind gar knapp gehalten: Wenn ich einen Eintrag aus dieser Liste antippe, sehe ich nicht, welche der zu dieser Person gespeicherten Nummern ich zurückrufe (bzw. eben von wo mich die Person angerufen hat).

Zumindest was die VoIP-Fähigkeit angeht, sind zwei Lösungen technisch eigentlich vorhanden: Das Paket für SIP-Calls (wie sie A1 mit seinem A1 over IP Service anbietet) ist fixfertig. Angeblich haben Leute auch schon Testanrufe damit über die Kommandozeile geführt. Da fehlt nur mehr die UI-Integration. Für Skype gibt es den Android-Client. Der Einbau in die Telefon-Applikation von Jolla wird eine Sache des Geldes sein: Im Gegensatz zu SIP ist Skype kein freier Standard, Jolla müßte ein Telepathy-Plugin für Skype programmieren, so wie Nokia es damals getan hat.

Ebenfalls zum Thema Telefonie gehört die Zuschaltung von Video und Sprache zu Instant Messaging Chats. Die fehlt derzeit ebenso wie SIP. Aber auch hier gilt: Die technischen Grundlagen sind da. Es findet sich bei den Einstellungen für Klingeltöne sogar schon eine Auswahl für „Internet-Anruf“, auch der Jolla Chat Client (siehe unten) wird anderen Gesprächspartnern schon als VoIP-fähig angezeigt.

Chat und SMS

Was die reine Text-Kommunikation betrifft: Verschiedene Chat-Services und SMS werden in einem Programm zusammengefaßt. Unterhaltung mit einem Gesprächspartner bleiben dabei unzerstückelt, auch wenn zwischen SMS und irgendeinem Internet-Chat gewechselt wird zwischendurch. Was derzeit noch fehlt ist die MMS-Unterstützung. (Seit dem N900 weiß ich: Technisch gesehen ist MMS eine teuflisch trickreiche Sache und Apple hatte einen guten Grund, es zu Beginn im iPhone nicht zu implementieren.) Aus den Äußerungen mancher Jolla-Mitarbeiter darf man aber schließen, daß auch das noch am Fahrplan steht.

Im Fall der Chat-Applikation wirkt der Verzicht auf zu viel Features (wir erinnern uns: Entwürfe, Inbox, Outbox, zeitversetzte SMS, …) fast wohltuend. Sie orientiert sich mehr an einem einfachen Instant Messaging Client als an einer herkömmlichen SMS-Applikation und wirkt dadurch übersichtlich und einladend. Das einzige, was ich neben MMS derzeit noch vermisse, ist die Unterstützung für Emojis. Ansonsten: gelungen!

Kontakte

Irgendwo zwischen Chat und Telefonie befindet sich das Thema Kontaktverwaltung. Kontakte anzeigen, auswählen, editieren und vor allem synchronisieren, wie funktioniert das? Jolla hat die Kontakt-Applikation genau so gebaut, wie ich sie mir vorstelle: Ich kann Favoriten definieren, die immer mit freundlich lächelndem Gesicht ganz oben angezeigt werden. Dann kommen die Leute, mit denen man zuletzt telefonisch oder per Chat zu tun hatte. Erst ganz unten bekommt man alphabetischen Zugriff auf Personen, die man nur alle zwei Monate mal anruft. Zusätzlich gibts einen Schnellzugriff auf alle Online-Kontakte, die jetzt gerade verfügbar sind. So muß Telefonbuch!

Natürlich synchronisiert die Kontakt-Applikation mit den eingerichteten Online-Konten. Die offensichtlichsten Doppeleinträge führt das Jolla Phone dabei automatisch zusammen, aber auch manuell geht das ganz einfach auf Basis einer Vorschlagsliste. Das für mich beste Feature dabei ist, daß man alle Verknüpfungen auch genauso leicht wieder lösen kann, die ursprünglichen Datensätze finden sich dann unangetastet in der Liste wieder.

Thema Synchronisation: Zwar importiert das Jolla Phone beim Setup Kontakte via Bluetooth, zwar kann es auch große VCF-Dateien einlesen, die vom Desktop exportiert wurden, zwar holt es sich Freunde und Bekannte von den eingerichteten Online-Konten … SyncML oder CardDAV sucht man aber noch vergeblich. „Noch“ deshalb, weil die Infrastruktur zumindest für SyncML bereits installiert ist; es gibt Leute, die sie mit einer handgeschriebenen Konfigurationsdatei auch erfolgreich nutzen. Bezüglich CardDAV gibts angeblich auch fixe Pläne.

Karten

Optisch sehr fein gelöst (ich liebe die Favoriten mit den zugehörigen Fotos!), läßt das Kartenprogramm auf Basis von Nokias HERE irgendwie doch zu wünschen übrig. Es fehlen die Satellitenansicht, die Sprachnavigation, ein offline-Modus … Hier sieht man schon klar: Eine vernünftige Navigationslösung gehört zu den Dingen, die heute für einen Hersteller richtig ins Geld gehen. Jolla aber hat's nicht so dick. Zumindest muß man den Finnen zugestehen, das sie die begrenzten Mittel optimal eingesetzt haben. Die unbedingt notwendige Basisfunktion ist da (Orte finden, Routen berechnen und anzeigen, interessante Orte in der Umgebung markieren) und ansprechend aufbereitet. Ich gehe davon aus, daß Satellitenbilder, Sprachnavigation und Anzeige der Verkehrslage keine Frage der technischen Umsetzung, sondern des Finanzpolsters sind. Mal sehen, wie sich das weiterentwickelt.

Multimedia

Kamera, Galerie und Musikwiedergabe also. Über die Kamera habe ich hier schon einmal kurz etwas geschrieben, da hat sich auch nicht viel verändert. Einstellungen für Bildgröße und-format, Blitz, Weißabgleich und Fokus-Modus müssen reichen. Verbessert hat sich seit dem letzten Systemupdate die Bildqualität, vielleicht ist da wirklich auch noch mehr drin. Ein wirklich nettes Feature: Die Position des Auslöseknopfs kann am Bildschirm verschoben werden. Damit hat jeder den Auslöser dort, wo er ihn gern hat, je nachdem, wie er die Kamera zu halten gewohnt ist.

In der Galerie verstecken sich die Photos, Videos und, als eigener Menüpunkt, die Themen („Ambiences“), die man ja aus allen Bildern erstellen kann. Themen lassen sich hier als Favoriten setzen oder mit weiteren Parametern (Klingelton, Lautstärke) auffetten. Bilder und Videos lassen sich natürlich nicht nur ansehen, sondern auch per Mail, Bluetooth oder Online-Konto verschicken. Die eingebaute Bildbearbeitung beschränkt sich derzeit auf die Funktionen „Drehen“ und „Zuschneiden“ - das wirds hoffentlich nicht gewesen sein. :)

Beachtlich ist die Musikwiedergabe: Das Trumm nimmt nicht nur die üblichen MP3 und AAC-Dateien entgegen, sondern spielt ohne zu zögern auch alle meine OGG-Vorbis und FLAC-Files ab. Auch das Verwalten eigener Playlists ist gut gelöst. Gefällt mir außerordentlich!

Browser

Am Browser irritiert kurzfristig, daß seine Benutzeroberfläche sich so gar nicht an die Sailfish-Konventionen halten will. Man erkennt aber rasch, warum das so ist: Beim Lesen langer Seiten wäre das berühmte „Pulley Menu“ am oberen Seitenrand kaum mehr zu erreichen. Stattdessen gibt es hier eine klassische Button-Leiste, die aber nur eingeblendet wird, wenn man auf der Webseite nach oben scrollt. Über diese Leiste läßt sich unter anderem eine zweite Ebene für URL-Eingabe, Favoriten- und Tab-Auswahl aufrufen. Das wars dann auch schon. Ja, Links per Mail versenden, das geht auch noch.

Was beim Browser wichtiger ist: Schnell ist er und sauber arbeiten tut er auch. Probleme gibts dort, wo Feinschliff beim User Interface gefragt ist. Beispiel: Beim Aufruf der mobilen YouTube-Seite bin ich es von anderen Handys gewohnt, daß sie den eigentlichen Videoclip komfortabel im Media-Player öffnen. Der Jolla-Browser tut das nicht und spielt alles brav im kleinen Fensterchen ab, das YouTube dafür vorsieht. Da ist man dann doch für Firefox dankbar.

Größter Kritikpunkt kurz nach Erscheinen des Telefons war, daß sich ausgerechnet der Browser nicht ins Querformat drehen läßt. Natürlich bin ich da auch mit aufgesprungen. Ich muß mittlerweile sagen: Ja, eh, schön wärs, aber daß ich eine Webseite wirklich lieber im Querformat sehen will, kommt nur alle 14 Tage vor. Laut Jolla kommt dieses Feature ohnehin.

Mail

Keine ganz unwichtige Aufgabe bei einem Smartphone - und ausgerechnet hier gibt es noch die größte Baustelle. Der Exchange-Support mit Provisioning funktioniert noch nicht; der Mail-Client hat Probleme beim Weiterleiten von Anhängen; ein regelmäßiger Abruf der Mails im voreingestellten Intervall ist eher Glückssache; … Für jemanden wie mich, der am Telefon seine privaten Mails liest, fällt das gar nicht so wirklich in Gewicht. Wer das Telefon aber im beruflichen Umfeld einsetzen möchte, wird unter Umständen schon am fehlenden Provisioning bei Exchange scheitern. Daß hier so Unfertiges geliefert wurde, verwundert und enttäuscht ein bißchen.

Dokumente

Positive Überraschung: Das Programm mit dem unscheinbaren Namen „Dokumente“ hat bisher alles angezeigt, was ich ihm vorgeworfen habe. Nicht nur PDF und Word, sondern auch PowerPoint und - vor allem! - Open Document Formate. Wie gesagt, nur anzeigen, nicht bearbeiten. Aber bezüglich der Anzahl der unterstützten Formate das ist deutlich mehr, als ich von einer ersten Version des Betriebssystems erwartet hätte. Super!

Sonstiges

Was habe ich nicht erwähnt? Systemeinstellungen, Kalender, Taschenrechner, Notizen, Uhr und die Android-Unterstützung samt Yandex-Store. Zur Android-Unterstützung kommt wohl noch ein eigener Artikel. Kalender und Notizen sind mir schlicht zu langweilig. ;)

Erwähnenswerte Nettigkeiten gibt es bei den anderen Programmen: In den Systemeinstellungen kann man sich einzelne Funktionen (z.B. Bluetooth, GPS, WLAN, …) als Favoriten gleich auf die Startseite legen. Das ist ein kleines Detail, das sofort mein Herz erobert hat: Ich schalte gern manuell an solchen Dingen herum und schätze es, daß ich genau „meine“ Funktionen nicht erst im zweiten Untermenü erreiche.

Der auf den ersten Blick völlig überraschungsfreie Taschenrechner bietet eine nette Zusatzfunktion: Jede eingegebene Zahl kann nachträglich angetippt und verändert werden, um die gleiche Rechnung mit anderen Werten durchzuführen. Zwischenergebnisse werden durch Antippen wie Variablen in die aktuelle Rechnung eingefügt. Sehr fein!

Die Uhr kombiniert auf sehr übersichtliche Art und Weise Zeitangabe, mehrere Wecker und Timer sowie eine Stopuhr. Das klingt trivial, ist aber gut umgesetzt und ganz offenbar eine massive Bremse für die Anzahl der Applikationen im Store: Normalerweise werden die diversen „Äpp-Stores“ ja gerade in der Anfangszeit von genau solche Programmen überflutet. :)


Packerln und perfektes Service :)

Späte Weihnachtspäckchen Hach wie schön! Damit die Packerln endlich wegkommen haben uns der Schlosser und Hase II-IV zum Essen in die gute (und renovierte) Stube eingeladen. Hümmisakra! Man glaubt es nicht! Gleich zu Beginn: Da betritt man die Wohnung … und Tina und Ike bleiben, wie befohlen, ruhig auf ihrem Bettchen liegen! Hat man sowas schon gesehen? Erst einige Minuten später durften sie auf Kommando herkommen und uns begrüßen. Wir waren schwer beeindruckt. 2x pro Woche zahlt sich eben doch aus. ;)

Danach: Vier Gänge deluxe. Mjammi! Die genaue Speisenfolge läßt sich drüben im Gastgeberblog nachlesen. Bleibt mir nur zu sagen: So gschmackig! Absolut ossitaugliches Essen, perfekt zubereitet. (Oder, um es mit den Worten des vielfachen Hasen zu sagen: Es hot jo a fünf Stund ’kocht.)

Der eigentliche Grund das Besuchs waren natürlich die angekündigten Päckchen. (Dafür nimmt Sheldon auch soziale Kontakte und hausgemachtes Essen in kauf. *LOL*) Kinders, was hab ich gelacht! Passendes Nerdzeug, Marpelinchenhaftes unter dem Titel „Schöne Bücher für kluge Frauen“ und etwas sehr Respekteinflößendes. Ich freu mich auf Yodas Soda!

Anschließend durften beide Gastgeber noch nach Lust und Laune an meinem Ding fummeln. (Bei allem gebotenen Respekt muß man schon sagen, daß sich da der eine deutlich g’schickter angestellt hat als der andere.) Warum ich erst nachher das Verhüterli übergestülpt bekommen hab, wird auf immer ein Geheimnis bleiben. Ich fands trotzdem sehr, sehr nett (und war im Stillen auch durchaus geschmeichelt davon, daß erst das dritte gepaßt hat - die ersten beiden waren deutlich zu eng).

Eins darf nicht unerwähnt bleiben: Da erzählen sie dem Internet in aller Ausführlichkeit von der neuen Küche, lassen aber das Wichtigste weg: das ferngesteuerte LED-Band mit vielen bunten Farben und Blinkeffekten. Kaum hatte ich die Fernbedienung in der Hand, gabs kein Halten mehr. Was für ein Spielzeug! Ich überleg grad, wo ich das bei mir überall einbauen kann. :)

Wir bedanken uns artig, entschuldigen uns bei allen, die wir durch den Kakao gezogen haben, und wünschen viel Kraft und Durchhaltevermögen für die kommenden schweren Wochen.

PS: Service war OK, kamma lassen. *LOL*


Jolla: „Other Halves“ wachsen in freier Wildbahn

The Other Half aus dem 3D-Drucker Schon im Mai 2013, lange bevor irgendjemand Details über das Jolla Phone kannte, wurde im Netz intensiv über mögliche praktische Anwendungen für das Konzept der intelligenten „Other Half“ diskutiert. Dieser Artikel von damals zählt einige wunderliche Ideen auf.

Inzwischen ist alles etwas konkreter. Die technischen Spezifikationen des Anschlusses sind veröffentlicht, erste Kunden (wie ich *gg*) haben das Gerät in der Hand … und los geht die Bastelei. (Interessant: Von Jolla selbst gibt es derzeit, abgesehen von einer zweiten Farbe, noch nichts.) Ich habe mich nach Projekten umgesehen, die über das Stadium der bloßen Idee hinaus gekommen sind, und folgende entdeckt:

  • Olli-Pekka Heinisuo präsentiert hier auf Twitter eine recht ausgereifte Version einer „Other Half“, die er selbst mit dem 3D-Drucker gefertigt hat. Weitere Fotos (zum Beispiel dieses) und die Modelle als IGES- und STEP-Files gibts hier. Eine Alternative hat Dirk van Leersum hier im Maemo-Forum bereitgestellt.
  • Ebenfalls von Dirk van Leersum kommt ein Prototyp für eine physische Tastatur am Jolla Phone. Bemerkenswert: Dirk baut seit Oktober an seiner Idee. Zu diesem Zeitpunkt war noch nicht einmal klar, wie genau die Datenleitungen aussehen, über die er seine Tastatur anschließen muß. Ein bißchen inoffizielle Hilfe aus dem Jolla-Team hat ihm seither weitergeholfen. Herzeigbare Fotos gibt es hier nicht: Die Diskussion dreht sich derzeit um geeignete Chips und um die Software, die den Input der I2C-Leitungen ausliest. Wer unbedingt etwas sehen will: Voilà. (Wenn die Elektronik paßt, wirds nochmal wirklich spannend: Wie baut man einen passenden Schiebe- oder Klappmechanismus in kleinen Stückzahlen? Wie schafft man es, die Öffnung für Kamera und Blitz unbeeinträchtigt zu lassen?)
  • Wie er das Jolla Phone über eine speziell modifizierte „Other Half“ drahtlos auflädt, zeigt Jonni Rainisto auf diesem Foto. Eine ausführliche Diskussion der technischen Details findet sich in diesem Thread im TMO-Forum.
  • Jemand mit dem Benutzernamen Kimmoli (bei den Finnen weiß man nie, was Name ist und was Pseudonym *gg*) hat festgestellt, daß er nicht auf den Low Power Screen des N9 verzichten kann. (Das ist die Möglichkeit, bei stromsparenden OLED-Bildschirmen Statusanzeigen wie Uhrzeit, empfangene SMS usw. immer sichtbar zu machen, quasi als Bildschirmschoner.) Weil der Hauptbildschirm des Jolla Phone diese praktische Sache nicht unterstützt, baut Kimmoli eine „Other Half“ mit einer kleinen OLED-Statusanzeige auf der Rückseite. Das erste Foto eines noch nicht ganz perfekten Zusammenbaus gibts hier, die Diskussion dazu findet hier statt.

Daneben gibt es Ideen, die gerade in der Theorie auf Machbarkeit geprüft werden. So rechnen Menschen mit Ahnung von der Materie durch, ob es sich auszahlt, eine „Other Half“ mit einem Solar-Modul zu bauen. (Das ist komplizierter, als ich dachte - und zwar nicht nur der relativ geringen Stromausbeute wegen.)

Jetzt ist das Ding gerade mal fünf Wochen erhältlich, es sind noch nicht einmal alle Vorbestellungen von Anfang 2013 ausgeliefert, und schon stecken Menschen die seltsamsten Dinge hinten rein. Das kann ja noch heiter werden … ;)


Projekt Jolly Jumper: PC 6x so schnell

Samsung 840 EVO SSD Tja. Die Bastelei hat ein Ende und war sehr erfolgreich. Der PC braucht beim Hochfahren nur mehr ein Sechstel der ursprünglichen Zeit, Programme starten wie nix und das Compilieren neuer Pakete geht auch spürbar flotter voran.

Was hab ich angestellt? Irgendwann bin ich beim Aufräumen über die Schrauben, Anleitungen und Kabel gestoßen, die der Computerhändler meines Vertrauens 2007 beim Zusammenbauen des PCs übrig gelassen und mir in die Hand gedrückt hat. Ich wollt die Dinger schon wegschmeißen, wie mir ein Detail in der Beschreibung der Festplatten ins Auge gesprungen ist: Das Setzen eines Jumpers zwingt die Platte auf den langsameren SATA I Modus, was nützlich sein kann, wenn das Mainboard die Platte nicht erkennt. Hätt ichs nicht gelesen! Natürlich war der Jumper bei beiden Platten gesetzt, obwohl Platte und Mainboard SATA II verstehen. Nichts wie raus damit, wieder hochgefahren … kein spürbarer Unterschied. Die Platte war so langsam, daß es völlig egal war, in welchem SATA-Modus sie angesprochen wurde. Aber meine Aufmerksamkeit war geweckt. In all den Jahren seit 2007 habe ich kein einziges Mal irgendetwas unternommen, um die Performance zu optimieren. Das heißt grundsätzlich, daß ich nicht unglücklich bin mit der Geschwindigkeit meines Computers - nicht unglücklich genug jedenfalls, um mehrere hundert Euro in eine Neuanschaffung zu stecken. Nur beim Starten könnte er schneller sein … und beim Laden größerer Programme wie LibreOffice. Was also läßt sich tun?

Hier ist, was ich getan habe. Die einzelnen Maßnahmen waren nicht alle gleich wirkungsvoll, aber in Summe kann sich der Erfolg sehen lassen:

  • Jumper ziehen und beide Festplatten von SATA I auf SATA II umstellen. (Für / und /home, das auf einer eigenen Platte liegt bei mir.) Das hat zwar für sich nichts gebracht, aber von daher kommt der Name des Unterfangens: Jolly Jumper. ;)
  • Hauptspeicher von 3GB auf 4GB aufrüsten. Den vierten Speicherriegel hatte ich seit 2007 in der Schachtel liegen: Ein Fehler im Intel-BIOS war damals verantwortlich dafür, daß der Computer mit 4GB RAM unaushaltbar langsam wurde. Inzwischen ist längst ein neues BIOS drauf, ich war nur immer zu faul, die Kiste aufzuschrauben und den Speicher einzusetzen.
  • Umstellung des Init-Prozesses auf systemd. Systemd mag umstritten sein, ist aber ohnehin Voraussetzung für Gnome 3.8 und muß im Verhältnis zu den von mir früher verwendeten Shell-Scripts bei der Initialisierung Geschwindigkeitsvorteile bringen. (Tatsächlich spürbar waren sie kaum, die Festplatte hat nach wie vor alles ausgebremst.)
  • Wie von systemd empfohlen: Umstellung des Verzeichnisses /tmp für temporäre Dateien auf ein Dateisystem im Hauptspeicher. (Kann sich noch jemand an RAM-Disks in der DOS-Zeit erinnern?) Hier kommt mir jetzt der vierte Speicherriegel sehr gelegen.
  • Temporäre Dateien während der Compilierung in /tmp ablegen statt in /var/tmp/portage (das nämlich liegt immer noch auf der langsamen Platte).
  • Umstellung auf ein 64bit System. Der Kernel kann nun auch ohne die Performancebremse PAE die vollen 4GB RAM ansprechen (früher: 3,2GB). Außerdem werden manche Operationen insgesamt schneller, wenn man diversen Benchmarks im Netz vertrauen darf.
  • Die wichtigste Maßnahme: Einbau einer vom Christkind hinterlassenen SSD-Platte, die Betriebssystem und Anwendungsprogramme aufnimmt. (Die Daten unter /home bleiben unverändert auf der alten Festplatte und werden wieder gemountet, wo sie hingehören.) Da gings zunächst ein bißchen ans Lernen. (Wie partitioniert man eine SSD optimal? Warum sollte man so etwas wie die Erase Block Size kennen und was hat es mit dem TRIM-Kommando auf sich?) Ausgezahlt hat sich der Umbau allemal: Alle zuvor genannten Maßnahmen können erst greifen, seit der große Bremsklotz - die mechanische Festplatte - aus dem Weg geräumt ist.

Hat es früher ziemlich genau eine Minute gedauert, bis die nötigen Services beim Hochfahren von der Festplatte gekratzt waren, ist der PC jetzt in weniger als 10 Sekunden bereit. Vom Programmstart und der Dauer der Compilierung gar nicht erst zu reden.

Ich freu mich! :)


Silvester ist vorbei

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Jedes Jahr das gleiche Spiel: Obwohl wir uns vorgenommen haben, ganz langsam und genüßlich zu essen und bis Mitternacht durchzuhalten, sind wir um zehn schon pappsatt. Selbstgemachte Saucen, mit Käse überbackene Kartoffeln und Zucchini, Frühstücksspeck, Putenstückchen und extrem geiler Lungenbraten zum selber Anbraten auf der Platte, Baguette zum Auftunken, ... sooo fein!
Vor allem das stückchenweise Anbraten des edlen Lungenbratens ist eine Freude. Wer braucht Party und Feuerwerk? ;)

Operation am offenen PC

Das Innere meines Computers Kaum sind die Feiertage vorbei, kann ich mich wieder den wahren Freuden des Lebens widmen: PC aufschrauben zum Beispiel. :)

Ich hatte den Kasten vor ca. einem Monat schon mal offen in der Wohnung liegen. Tagelang. Das nervt entsetzlich und setzt einen Computerfreund wie mich auch emotional unter Druck. (Wer hat schon gern über mehrere Tage einen lieben Freund mit einer klaffenden Wunde am Torso auf dem Boden liegen? Man kann da so schwer wegschauen … *gg*)

Jetzt ist es wieder so weit. Ich kann die Speicherriegel und SATA-Kabel schon nicht mehr sehen. Und ich hab das Bild vor mir, wie gewisse Leute aus dem Kreis meiner Leser gleich mal eifrig mit Swiffer durch die Elektronik fahren würden. Sa-gen-haft, was sich da an Staub ansammelt!

Aber: Ich glaub, es wird sich auszahlen. Wär doch gelacht, wenn wir dem 2007 erstandenen Teil nicht neues Leben einhauchen könnten. *gg*


Jolla Phone: Erfahrungsbericht Hardware

Jolla Phone - Detail Nach den ersten Eindrücken zum Jolla User Interface gehts weiter mit der Hardware. Kurz könnte man zusammenfassen: Mittelklasse Android-Hardware, gut verarbeitet, gute Leistungsdaten, Schwächen bei Kamera und Bildschirm, nicht viel Aufregendes. Aber ich bin kein Freund kurzer Artikel - gehen wirs also im Detail durch und ich nutze die Gelegenheit, das spannende Geheimnis hinter der Jolla-Hardware zu lüften. Dieses Telefon ist nämlich nicht, was Jolla noch am Beginn dieses Jahres bauen wollte.

Aussehen, Design

Das sieht aber sehr skandinavisch aus! war der erste (und einzige) Kommentar zu dem Gerät von jemandem, der sich für so Technik-Zeugs gar nicht interessiert und Handys nach der Farbe beurteilt. „Skandinavisch“ war jedenfalls als Kompliment gemeint. Tatsächlich hebt sich das Jolla Phone mit seinen zwei gegeneinander verdrehten, halb abgerundeten Hälften optisch wohltuend von der Masse der anderen Telefone ab. Die finnische Firma Infinity hat dieses unverwechselbare Block-Design entworfen. Mir selbst gefällts außerordentlich. Schlicht, trotzdem einmalig und ohne irgendwelche Knöpfchen auf der Vorderseite. Weit weg jedenfalls von der angestaubten iPhone-Formgebung und den tausenden immer gleich aussehenden Androiden. Außerdem ist das charakteristische Blockhütten-Design nicht nur oberflächliche Behübschung, sondern unterstreicht eine für Jolla wesentliche Funktion, nämlich „The Other Half“:

Der hintere Teil ist abnehmbar und läßt sich ersetzen. Im einfachsten Fall kommt statt des weißen Covers eins in einer anderen Farbe drauf. Etwas raffinierter wirds, wenn das neue Cover per NFC ein passendes Thema und einen Klingelton übermittelt. Was sonst noch alles möglich ist, kommt weiter unten. ;)

Gewicht, Größe

Für seine Größe ist das Jolla Phone überraschend leicht. Mein persönlicher Eindruck ist: Es liegt hervorragend in der Hand. Die kantige Bauweise vermittelt ein Gefühl von Sicherheit, wenn man es hält. (Zur Erinnerung: Mein altes C7 mit seinen abgerundeten, glatten Kanten mußte Gummischutz tragen, damit ich nicht ständig das Gefühl hatte, es könnte mir aus der Hand rutschen. Und auch mein nun als Diensthandy mißbrauchtes Galaxy S4 mini ist in dieser Beziehung nicht mein Freund. Ich mag keine abgerundeten, extra-dünnen Handys.) Überhaupt ist das Handy gut verarbeitet: Da quietscht und knackst nichts. Manche finden, die seitlichen Knöpfe zur Lautstärkeregelung könnten fester sitzen; dann würden wieder andere den Druckpunkt beklagen. Paßt schon so, wie's ist. :)

Im Web ist genau diese Bauweise von einigen als zu klobig kritisiert worden. Wahrscheinlich ist das reine Geschmackssache. Ich jedenfalls greif das Jolla Phone mittlerweile lieber an als das N9.

CPU, RAM, Akku

Der Smartphone-Markt wird von Android beherrscht, und Android-Hersteller können das Rennen nur mehr über Hardware-Merkmale führen. Wenn das Betriebssystem überall gleich ist, werden eben Prozessorkerne, Taktfrequenz und Arbeitsspeicher wichtig. Zumindest redet man das dem Konsumenten ein. Bis zu acht Prozessorkerne, Taktungen um die 2GHz, 2GB RAM, … das ist die obere Klasse der Konkurrenz, gegen die Jolla antritt.

Oder auch nicht. Von Anfang an hat Jolla „Mittelklasse-Hardware“ versprochen - und genau das habe ich nun in der Hand: einen Snapdragon Dual-Core Prozessor mit 1,4GHz, 1GB RAM und 16GB Massenspeicher (erweiterbar durch SD-Karten). Damit liegt das Jolla Phone nur knapp vor dem iPhone 5s und ziemlich gleichauf mit dem HTC One Mini (letzteres wahrscheinlich vor allem deshalb, weil es exakt den gleichen MSM8930AA-Chip von Qualcomm verwendet *gg*).

Wie wirkt sich die „nur Mittelklasse“-Hardware auf die Bedienung aus? Gar nicht. Alles flutscht, nichts ruckelt. Nicht einmal wenn man mehrere Sailfish-Programme und mehrere Android-Programme gleichzeitig offen hat, spürt man eine Verlangsamung. Das extra zu betonen ist wichtig: Bei der Vorstellung der endgültigen Systemspezifikationen waren viele Interessenten skeptisch, ob die aus ihrer Sicht zu schwache Hardware den Anforderungen des Jahres 2014 genügen würde. Ganz klar: Sie tut es, nicht nur für die native Sailfish-Umgebung, sondern auch für die unter einer emulierten Umgebung laufenden Android-Programme. (Eigentlich kein Wunder, wurde das Betriebssystem doch auf dem nur halb so starken Nokia N950 entwickelt.)

Der Akku steht derzeit, bei durchschnittlicher Bedienung, am Ende eines Tages auf rund 50%. Durchschnittliche Bedienung heißt bei mir: Ich bin im WLAN, surfe viel, das System checkt alle 15min drei Mail-Accounts, ich bin mit einem Chat-Account verbunden, telefoniere und schreibe SMS, installiere neue Programme bzw. Updates, habe einen RSS-Reader mit automatischen Updates im Hintergrund laufen (ein Android Programm übrigens, das die ganze Android-Emulation mitzieht) und schau mir gelegentlich eins der lustigen YouTube-Videos an, die gerade so herumgeschickt werden. Das halte ich für eine durchaus respektable Akku-Leistung. Ich bin es ohnehin gewohnt, ein Handy über Nacht zu laden. Die momentanen Erfahrungswerte geben aber Grund zur Annahme, daß ich das Jolla Phone auch noch einen Tag weiterverwenden kann, wenn ich gerade kein Ladekabel zur Hand habe im Hotel.

Kamera

8MP und ein LED-Blitz für die Hauptkamera, 2MP für die vordere Kamera … das ist Standard. Recht viel mehr als Standard werden auch die Bilder nicht. Die üblichen Einstellungen für Blitz, Weißabgleich, Fokus-Modus und Auflösung bzw. Bildformat sind da, mehr darf man sich aber nicht erwarten. Kein Makro-Modus, kein Belichtungsausgleich, keine Farbfilter, keine manuelle ISO-Einstellung, nichts. Zwar sind das, richtig, Softwaremerkmale, die Jolla mit hoher Wahrscheinlichkeit noch nachliefern wird. (Zumindest ein im Makro-Modus aufgenommenes Bild hat man schon gesehen.) Das Fehlen all dieser Einstellungen zeigt aber: Momentan hat die Kamera einfach keine Priorität. Sie macht bei gutem Licht akzeptable Fotos (etwas besser als das N9), hat in schlecht ausgeleuchteten Situationen deutliche Probleme mit dem Weißabgleich und neigt zu Bildrauschen.

Der Fairness halber muß man natürlich sagen: Mein Maßstab ist das Nokia 808, das als Fotohandy unverzichtbar ist. Am Heiligen Abend habe ich mit dem N9 und dem Jolla Phone Fotos vom Christbaum gemacht. Unfertige Kamera-Software hin oder her: Die Fotos am Jolla Phone sind sofort was geworden. Am N9 mußte ich zuerst 3x mit ISO-Einstellungen und Blitz und diversen Aufnahme-Modi spielen, bis mehr als Kerzen im Dunkeln zu erkennen waren. (Das Zimmer war hell beleuchtet.) Wirklich herzeigbar ist trotzdem keins der Fotos, egal ob N9 oder Jolla.

Bildschirm

Ob ein Smartphone wirklich einen 4,5"-Bildschirm haben muß, ist genauso Geschmackssache wie die Sache mit den runden oder eckigen Kanten. Ich hätte lieber wieder ein Gerät in der Größe des N9 gehabt (3,9"), aber die Option gabs nun mal nicht. Es hat alles Vorteile und Nachteile. Schöner zum Surfen und zum Anschauen von Videos ist das große Display allemal. Einstecken kann man das Telefon nicht mehr so leicht.

Während die Bildschirmgröße noch Geschmackssache ist, ist die geringe Auflösung von nur 960×540 Pixeln heutzutage doch recht ungewöhnlich. In Kombination mit dem großen Schirm ergibt das eine Pixeldichte von nur 244 PPI. Zum Vergleich: Das iPhone 5 hat 325 PPI, das N9 hat 251 PPI, das Samsung Galaxy S4 hat 440 PPI. Eine geringere Pixeldichte hatte nur das Nokia 808 mit 183 PPI.

Stört diese geringe Auflösung? Nicht beim Surfen, beim Ansehen von Bildern und Videos oder beim Lesen von Mails. Wo die Auflösung stört ist im User Interface von Jolla. Entweder paßt die verwendete Schriftart einfach überhaupt nicht zu einer so geringen Bildschirmauflösung, oder aber die Schriftdarstellung ist noch nicht optimiert. (Aus meiner Erfahrung mit dem Desktop-PC weiß ich, wie heikel die Einstellungen zum Anti-Aliasing sein können.) Ein wirklich grundsätzliches Problem kanns nicht sein: Einerseits gabs sogar auf dem Nokia 808 mit seiner geringen Pixeldichte eine gut lesbare Schriftdarstellung. Andererseits und vor allem aber werden Web-Inhalte und HTML-Mails auch am Jolla Phone gut dargestellt, egal wie klein die Schrift ist.

Mein Fazit: Ja, da gibts Änderungsbedarf. Ich gehe aber im Moment davon aus, daß die geringe Auflösung kein Problem mehr sein wird, sobald die Schriftdarstellung in Sailfish-Programmen angepaßt ist.

The Other Half

Wie oben bereits erwähnt, setzt Jolla auf das Konzept einer wechselbaren zweiten Hälfte. Die Abdeckung für Akku, SIM- und SD-Karte kann ausgewechselt werden. Dabei registriert das Telefon per NFC, welches Cover aufgesetzt wird und paßt sein Aussehen entsprechend an. Interessanter ist aber, daß eine Verbindung zwischen den beiden Hälften über den Industriestandard für Datenübertragung I2C hergestellt werden kann. Darüber hinaus gibt es auch die Möglichkeit, das Handy über das Wechselcover zu laden. (Letzteres wurde bereits erfolgreich demonstriert: Ein speziell angefertigtes Wechselcover hat den Akku über eine handelsübliche drahtlose Ladestation geladen. Auch ein Cover mit Solar-Panel wird entwickelt.)

Praktische Anwendungen dafür sind in der Experimentierphase. Was läßt sich in einem Erfahrungsbericht dazu schreiben? Das Wechselcover sitzt fest und läßt sich trotzdem leicht abnehmen. Es gab die Befürchtung, daß die Verbindung zu locker sein könnte. Das ist nicht der Fall. Bisher paßt also alles, bleibt zu hoffen, daß die ersten geekigen Cover auch bald zu bestellen sein werden.

Anschlüsse

Recht viel ist da nicht zu sagen: Ein 3,5mm-Stecker für Kopfhörer und ein Micro-USB-Port sind die einzigen physikalischen Verbindungen nach außen. Kleines Detail: Trotz des Nokia-Erbes ist Jolla bei der Kontaktbelegung für den Kopfhörer-Ausgang zu der Variante übergegangen, die heute in der Android-Welt üblich ist. Heißt im Klartext: Alte Nokia-Kopfhörer funktionieren nicht. (Es gibt aber Adapter.)

Auch zu USB ein Hinweis aus der Praxis: Die Datenübertragung zum PC funktioniert nicht im USB-Massenspeichermodus, sondern nach dem MTP-Protokoll. Das sollte im Prinzip die technisch sauberere und sicherere Lösung sein - ein irrtümliches Abziehen des USB-Kabels vor Beendigung eines Schreibvorgangs kann das Dateisystem des Telefons nicht mehr durcheinander bringen. Allerdings ist die Implementierung von MTP über verschiedene Betriebssysteme hinweg verschieden gut gelungen. Apple zum Beispiel hat mit der letzten OSX-Version 10.9 den MTP-Support gestrichen, um Android-Benutzern das Leben schwer zu machen. Wer also einen verkrüppelten PC aus Cupertino besitzt, kann sich auf Probleme einstellen.

Libhybris und die Hardware, die Jolla so nicht geplant hatte

Viel spannender als die nun tatsächlich vorliegende Hardware finde ich die Geschichte, die dahinter liegt. So richtig offiziell erzählt sie zwar niemand vollständig, aber sie läßt sich gut rekonstruieren. (Update vom 16.1.: Stefano Mosconi hat den hier geschilderten Ablauf mittlerweile ebenfalls in seinem Blog erzählt. Wir habens also offiziell. *gg*) Es ist eine Geschichte, die verdeutlicht, wie verbissen das Jolla-Team an diesem Traum gearbeitet hat:

Im November 2012 wurde erstmals konkret, wie das Jolla Phone aussehen könnte. Teile des Betriebssystems wurden vorgestellt, vor allem aber eine Liste mit Partnerunternehmen. Auf dieser Liste: ST Ericsson. Der Chiphersteller verkündete in einer Presseaussendung, daß das erste Jolla Phone mit seinen NovaThor ModAp Chips bestückt sein würde.

Zu diesem Zeitpunkt schien es, als hätte Jolla durch die Zusammenarbeit mit ST Ericsson große Kontrolle über die Hardware und vor allem über die dafür benötigten Treiber. Sailfish wurde als Betriebssystem um einen echten Linux-Kernel herum entwickelt, ohne jeden Rückgriff auf Treiber aus der Android-Welt. Ein Konzept ganz in der Tradition von Maemo und MeeGo.

Schon im Dezember 2012 zeichnete sich das Ende von ST Ericsson ab, das drei Monate später endgültig beschlossen wurde. Jolla hatte für den im Sommer geplanten Marktstart keine Hardware mehr. Jeder vernünftige Mensch hätte die Bude zu diesem Zeitpunkt zugesperrt: Ein kurzfristiger Wechsel war unmöglich, es gibt in der Branche kein Unternehmen, das konkurrenzfähige Chipsets mit Linux-kompatiblen Treibern ausliefert. Das Aus also fürs Jolla Phone.

Gottseidank sitzen bei Jolla relativ wenige vernünftige Menschen, und gottseidank ist die freie Software-Szene bunter, als man vermutet. Libhybris ist ein Teil dieser Szene: Vereinfacht gesagt ermöglicht es normalen GNU/Linux-Systemen, auf Android-Hardwaretreiber zurückzugreifen. Damit eröffnet sich für eine Firma wie Jolla ein viel größerer Markt an Zulieferern. Man ist nicht mehr darauf angewiesen, ob Chip-Hersteller passende Treiber oder gar Quellcode zur Verfügung stellen. Man kann die bestehenden Android-Treiber ins eigene Betriebssystem einbinden. Fertig.

Libhybris ist ein Geniestreich (nicht umsonst wird es mittlerweile auch von Canonical für seine mobilen Ubuntu-Versionen genutzt) und die Leute bei Jolla völlig wahnsinnig. Sie haben einfach ihre bestehenden Hardwarekonzepte weggeschmissen und mit nicht einmal einem halben Jahr Verspätung trotzdem ein Smartphone auf den Markt gebracht. Innen drin steckt ein völlig anderer Chipsatz, nichts ist geblieben, wie es geplant war … aber wer nicht weiß, daß sich die Firma innerhalb weniger Monate neu erfunden hat, bekommt davon nichts mit.

Ich finds genial. Nicht nur, weils technisch so gut geklappt hat, sondern vor allem weil's zeigt, mit wie viel Begeisterung die 80 Mitarbeiter ihr Ziel verfolgen. Reschpeckt, meine Herrschaften! Weiter so!