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Nokia „N900“: erstes Maemo-fon im Sommer?

Seit gestern schwirren die ersten Gerüchte herum, vor wenigen Minuten erst hat es ein im Dezember gefeuerter Nokia-Angestellter mehr oder weniger bestätigt:

Das lange erwartete „Maemo 5 Lead Device“, der Nachfolger des Nokia 700, N800 und N810, ist ein stinknormales Telefon. Ab Juli 2009 soll es - zuerst in den USA, dann weltweit - gemeinsam mit T-Mobile vermarktet werden. Das ist nicht unbedingt eine gute Nachricht … aber dazu später.

Was ist über das Gerät bekannt? Die wichtigsten technischen Eckdaten hat Nokia bereits 2008 offiziell genannt, einiges davon hat sich dann im ebenfalls längst öffentlichen Quelltext des Betriebssystems bestätigt: OMAP3430 Prozessor, 5MP Kamera mit Blitz, GPS, Accelerometer, HSPA, 800x480 Bildschirmauflösung, Betriebssystem Maemo 5 („Fremantle“), Hardware-Tastatur …

Dazu kommen jetzt folgende Informationen, die MobileCrunch zugespielt wurden:

  • 59,7x111x18,2mm, 180g
  • Sprachtelefonie via GSM und VoIP
  • GSM Quad-Band 850, 900, 1800, 1900; WCDMA 900, 1700/2100, 2100
  • 1GB Speicher für laufende Programme (256MB RAM, 768MB Swap)
  • bis zu 48GB Massenspeicher
  • Videoaufnahmen bis zu 800×480 mit AVC/H.264
  • Verfügbarkeit Europa: Oktober 2009
  • kleine, 3-reihige Tastatur, kein D-Pad
  • 3.5" resistiver Touchscreen

Noch immer nicht bekannt ist der Produktname: „N900“ ist eine Erfindung der User und Blogger. Nokia bleibt bei „Maemo 5 Lead Device“ bzw. dem internen technischen Kürzel RX-51.

Diese Eckdaten haben in den diversen Internet-Treffpunkten einen Sturm der Empörung ausgelöst. Schon die Integration von Sprachtelefonie und die Zusammenarbeit mit T-Mobile sind nicht unumstritten. Der Wegfall des Steuerungskreuzes („D-Pad“) und die weitere Kastration der ohnehin schon wenig gelungenen Tastatur werden als böse Fehler kritisiert. Vor allem aber sorgt die Abkehr von der bewährten 4.2"-Bildschirmdiagonale der Vorgängermodelle für Entrüstung. Tatsächlich: Mickrige 3.5" sind für Tablet-verwöhnte Konsumenten unvorstellbar. Videos, e-Books oder einfach auch normale Internetseiten … gerade weil die im 3-Zoll-Bereich angesiedelte Smartphone-Liga hier versagt hat, haben sich die Leute ein Tablet zugelegt. Es stellt sich also die Frage: Wozu dieses Gerät? Für ein Telefon nach wie vor zu groß und zu schwer, als Tablet zu klein … Naja. Man wird sich was gedacht haben dabei in Finnland. (Die Hoffnung zumindest lebt: Im Kernel-Quellcode finden sich Hinweise auf ein zweites Gerät mit der Bezeichnung RX-71 …)

Was gestern eine echte Überraschung war, erscheint bei Analyse der Vorgänge der letzten Monate durchaus vorhersehbar:

Am 11. Mai schon hat Nokia gemeinsam mit Intel das ofono-Projekt angekündigt. Die beiden Unternehmen entwickeln dabei GPL-lizensierte Programmkomponenten für GSM/UMTS, die von Applikationsentwicklern über definierte APIs angesprochen werden können. Schon damals hieß es:

One of the origins of this project is the work that Maemo has been doing as regular R&D activity. We have no firm plans as to when oFono would be integrated into the platform.

Ebenfalls auffällig waren die plötzlich vergleichsweise riesigen User-Interface-Elemente im Maemo 5 SDK, die auf dem Schirm des N800/N810 reichlich überdimensioniert aussehen. Sogar ich selbst habe damals geschrieben:

Das neue User Interface macht aus dem an sich mächtigen, PC-ähnlichen Maemo ein zusammengestutztes Betriebssystem für Mobiltelefone mit 2"-Display. […]

Ich kanns mir nur so erklären, daß das gesamte System tatsächlich von der esoterischen „Internet Tablet“-Schiene auf ein Leben im Inneren eines Mobiltelefones vorbereitet werden soll.

Nur: Glauben wollte es keiner. Zu oft hat Nokia das uralte Mantra It's not a phone! wiederholt. - OK, es sind auch jetzt noch nur Gerüchte. Es gibt nach wie vor keine wirkliche Bestätigung abgesehen von einem gekündigten Angestellten. Trotzdem halte ich es für zumindest nicht unwahrscheinlich … leider. Auch ich hätte lieber weiterhin den 4.2"-Bildschirm gehabt, vielleicht sogar 4.5" oder 5". Auch ich hätte mich über mehr statt weniger Hardware-Tasten gefreut. Auch ich hätte auf die Funktion Sprachtelefonie verzichtet, solange nur die versprochene HSPA-Funktion zur Verfügung gestanden wäre. Jetzt freu ich mich umso mehr, daß ich noch ein billiges N810 ergattert habe und warte auf weitere Geräte. So ein RX-51 kann ja nicht das Ende der Fahnenstange sein, und vielleicht gibt es ja auch nach dem geheimnisvollen RX-71 noch weitere Modelle.

 
erikhuemer meinte am :
Ich glaub die Menschen, die vom Sinn eines Tablets überzeugt sind, haben alle zu viel startrek gesehen und sind eine verschwindende Minderheit. Anders kann ich mir nicht erklären, warum Apple damit nicht in die Pötte kommt und Nokia seins abschiesst.

Müssen solche Geräte wirklich immer in Millionen Stückzahlen produziert werden? Reichen nicht ein paar hundert tausend?

Und dann dieses Branding. Zur Hölle — was zahlen die Mobilfunkprovider damit die Hardwarehersteller das machen? Nutten für den Vorstand? Ich versteh's nicht... 
ossi1967 antwortete am :
Tablets als Trekkie-Krankheit?

Star Trek und Tablets? Neeein, gar nicht. ;) (Es gibt, glaub ich, vier oder fünf Star Trek Themes zum runterladen.)

Ansonsten: Ganz versteh ichs auch nicht. Im Grunde funktioniert es ja am Markt, siehe Archos: Die verbauen ja auch ungeniert Displays von 1,8" bis 7" (inclusive der „sweet spot“-Abteilung mit den magischen 4,3" und 5"). Dabei beschränken sie noch den Funktionsumfang … wenn das als „nur“ Media-Player und Surfstation Kunden findet, sollte man es eigentlich auch als Media-Player, Surfstation und Nebenbei-Computer vermakten können, egal ob man nun Apple oder Nokia heißt. Aber was weiß so ein kleines Würschtl wie ich schon von der Welt. ;)

Natürlich ist noch nicht alles verloren: Wenn Nokia beharrlich von einem „Lead Device“ spricht, muß es ja wohl mindestens noch ein weiteres Gerät geben. Dazu kommt die Erwähnung eines „RX-71“ im Programmcode … und schließlich ist da noch die Tatsache, daß die Hildon Human Interface Guidelines für Maemo 5 immer wieder betonen, daß man sich bzgl. Hardware auf nichts verlassen soll:

You must always keep in mind not only the small size of screens where your application will be displayed but also how much they will vary. Do not assume your user's device will have the same size as the one you're using. Some devices may have a landscape orientated display others will have a portrait one, …

Und:

Common Hard Keys

  • Power Key […]
  • Lock/Unlock Key […]
  • Increase/Decrease Key […]

Optional Hard Keys

  • Capture Key […]
  • Keyboard […]

Das kann theoretisch heißen: „Verlaßt Euch auf nichts, wir ändern unsere Meinung ständig und wissen noch nicht, was wir in 6 Monaten bauen.“ - Es könnte aber auch ein ganz konkreter Hinweis an Entwickler sein, was an zukünftiger Hardware zu erwarten ist, nämlich: verschiedene Bildschirmgrößen und -ausrichtungen, Modelle mit und ohne Tastatur, mit und ohne Kamera … In diesem Fall wäre es zumindest nicht ausgeschlossen, daß neben dem 3.5" Lead Device auch noch ein den Tablets ähnliches Gerät rauskommt. (Es könnte natürlich auch ein noch kleineres Telefon werden, das durch Weglassen der Tastatur und einiger anderer Luxus-Spielchen ein bißchen näher an alltagstaugliche Abmessungen heranrutscht. Ich mein: 180 Gramm! Als Telefon! Wer schleppt denn sowas mit sich rum?!)

 
Balver meinte am :
Auch in NRW sucht so manches Unternehmen einen Nachfolger. So ist es der Handreichung "Mittelstand in NRW. Kompetenznetz Unternehmensnachfolge. Ein Wegweiser" zu entnehmen.

Gefördert mit Mitteln des Landeswirtschaftsministeriums. 
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