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Doch wieder? Me(h)r von MeeGo!

mer-Logo MeeGo wurde von seinen beiden Eltern verlassen. Sowohl Nokia als auch Intel haben sich vom Projekt zurückgezogen. Ist MeeGo tot? Nicht, wenn es nach Carsten Munk, David Greaves und Robin Burchell geht. Alle drei sind Veteranen aus der Maemo-Zeit vor dem N900 und überraschen mit dem Vorschlag, das Projekt Mer (ursprünglich: Maemo Reconstructed) als „MeeGo Reconstructed“ fortzuführen.

Unlogisch ist es nicht, wenn man die Geschichte kennt:

Mer entstand 2008 als Versuch, die proprietäre Elemente in Maemo durch gleichwertige freie Software zu ersetzen und so eine Basis für ein herstellerunabhängiges mobiles GNU/Linux zu schaffen. (Ich habe frühe Versionen von Mer erfolgreich auf meinem N800 verwendet.) Mit dem Start des tatsächlich offenen MeeGo schien es dem Projektteam sinnvoller, MeeGo statt Maemo als Basis zu benutzen. Mer in seiner ursprünglichen Form schlief ein.

In einer gemeinsamen Nachricht an die MeeGo Mailing List kündigen die drei genannten Entwickler jetzt an, unter dem alten Namen weitermachen zu wollen. Offenbar traut man Tizen noch nicht so 100%ig über den Weg. Eine Plattform, die unabhängig von Unternehmensinteressen und nur dem technischen Ideal verpflichtet ist, scheint auch mir der interessantere Ansatz. Tatsächlich unterscheidet sich Mer von Tizen nach allen vorliegenden Informationen weniger in der technischen Grundstruktur als im organisatorischen Ansatz: Mer ist prinzipiell offen und sieht sich strukturell dem Prinzip der Meritokratie verpflichtet. Tizen, so scheint es im Moment, wird von denen gesteuert, die Geld herbeischaffen.

Ähnlich wie MeeGo sieht sich Mer nicht als Produkt für Enduser. Es soll eine Infrastruktur entstehen, auf deren Basis marktreife Produkte schnell und ohne Aufwand realisiert werden können. Daß die MeeGo Community Edition for Nokia N900/N950/N9 dabei eine zentrale Rolle als Referenz spielen wird, läßt sich bereits absehen. (Auch die läuft ja bei mir schon am N900.)

Ganz chancenlos ist Mer (diesmal) nicht, wenn Tizen seine Ankündigungen einhält: Es wurde ja versprochen, am Prinzip „upstream first” festzuhalten. Es sollte also keine Anpassungen und Optimierungen geben, die für Tizen entworfen werden und nicht sofort wieder ans Ursprungsprojekt zurück gespielt werden, von dem dann auch Mer sie abholen kann. Mit ausreichender Tizen-Kompatibilität im Rücken könnte Mer das noch bessere, noch freiere, vor allem aber unabhängige Tizen werden, das man auf OEM-Hardware aufspielen kann. Möglicherweise profitieren davon Projekte wie das Cordiatab, das bisher an dubiosen (und illegalen) Geschäftspraktiken solcher Hardwarelieferanten gescheitert ist.

 
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