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Bullshit! Von Business-English und Kindern

Es gibt so Fragen im Leben, die man sich einfach nicht stellen sollte. Dazu gehört die, warum in manchen Kreisen der Geschäftswelt die banalsten Ausdrücke des täglichen Lebens durch englische, viel öfter noch pseudo-englische Konstruktionen ersetzt werden. Die Wortliste des Programms Bullshit-Bingo auf meinem Handy Telefon umfaßt Begriffe wie Meeting, Timeline, Challenge, Enabler, Sales, Feature, Complaint, Launch, Impact, Key Findings, Mindset, Next Steps, Pain Point, Re-Scoping, Milestones, Quick and Dirty, Solution, Issues, Mission Statement, Stream, Go Live, Wording, Deep Dive, … und wächst täglich. Schlimmer noch: Dieser Unfug breitet sich auch in meinem Gehirn aus und wandert vom passiven in den aktiven Wortschatz. Am Ende des Tages kommuniziere auch ich Pain Points in Meetings an das Management. Wieso? Weshalb? Warum?

Die Frage wird sich nicht einfach beantworten lassen. Da gibts wohl verschiedene Faktoren, die eine Rolle spielen … und Vieles dürfte sich auf die einfache Erklärung Gewohnheit zurückführen lassen. Einen anderen Aspekt beleuchtet Jens Jessen in einem Artikel, der schon 2007 auf Zeit Online erschienen ist. Ihm gehts um Anglizismen und den Einfluß des Englischen im Allgemeinen. Aber auch dem Pänomen Business-English widmet er ein paar Gedanken:

Es lohnt sich, bei der Psychologie des Sprachimporteurs zu verweilen. […] Der Sprachimporteur ist vor allem ein Marketingexperte in eigener Sache. Er will angeben mit der frisch erworbenen Kenntnis, er kehrt ins verschnarchte Dorf seines Ursprungs zurück und brilliert dort im Glanze seiner Glasperlen, die er den zurückgebliebenen Landsleuten andrehen will. Die Undeutlichkeit und die Euphemismen des Business-Englisch sind kein Mangel, sie sind die Voraussetzung des betrügerischen Tuns. So werden dem „Trainee“ (deutsch: Lehrling) die „Karriere-Optionen eröffnet“ (deutsch: Hoffnungen gemacht), zum „Asset Manager“ (deutsch: Kaffeekocher) aufzusteigen.

[…] In den allermeisten Fällen ist, was uns ärgert, auch beabsichtigt. Der Business-Schwafler will uns ein X für ein U vormachen. Der Vergleich mit den Glasperlen ist nicht zufällig gewählt. Der Sprachimporteur handelt mit Waren, die in ihrem Herkunftsland bereits als wertlos gelten. Über die Ausdrucksweise der PowerPoint-Präsentationen wird in den USA längst gespottet.

Der Geist eines ridikülen Marketings, der in der Managersprache steckt, will Exklusivität, die elitäre Anmutung eines arkanen Wissensvorsprungs. Den Zweck der Ausschließung teilt sie mit der Jugendsprache, der es seit alters darum geht, sich von der Erwachsenenwelt abzuschotten. Töricht wäre es, sich über Kürzel aufzuregen, die von den Eltern nicht verstanden werden – denn das ist ihr Sinn. Es fragt sich allerdings, was von Geschäftsleuten zu halten ist, die sich wie Kinder gebärden, die Erwachsene verblüffen und ärgern wollen.

Vor allem der letzte Satz gefällt mir: Es fragt sich, was von Geschäftsleuten zu halten ist, die sich wie Kinder gebärden. In mir wächst der Verdacht, allzu üppige Verwendung englischer Wendungen im Berufsleben kann ein Indikator für die Notwendigkeit sein, inhaltliche Schwächen, mangelnde Kompetenz zu kaschieren. Die sprachliche Krawatte sozusagen. Das hat durchaus auch eine Parallele zur Jugendkultur, die sich ja unter anderem deshalb so dringend von der Erwachsenenwelt abgrenzen muß, weil sie mit ihr im direkten Wettbewerb nicht bestehen kann.

Wie gesagt - gewisse Fragen sollte man sich nicht stellen. Gerade bei diesem Thema geht es mir so, daß ich tagtäglich Menschen gegenübersitze und mir denke: „Wie ist das jetzt bei dem? Wieso sagt der das so?“ - Vielleicht sollte mans aber auch gar nicht weiter hinterfragen, sondern sich einfach nur laut lachend drüber lustig machen. Via Deep Blue kommt hier ein schönes Video zu diesem Thema als Abschluß und Belohnung für alle, die durchgehalten haben:

Wir leben im Plem-Plem-Land!

 
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