Oskar Welzl: Weblog zur Homepage

Jolla C und Intex Aquafish

Das Jolla C in seinem Häuschen Der indische Elektrokonzern Intex beginnt sein Sailfish-Handy „Aqua Fish“ zu verkaufen - und ich bekomme mein Jolla C geliefert. Der zeitliche Zusammenhang ist kein Zufall: Das Jolla C ist das Intex Aqua Fish, nur mit einem anderen Firmenlogo hinten drauf. So gesehen hab ich heute also zwei Telefone also zum Preis von einem bekommen. :)

Apropos Preis: € 136,- hat mich das Ding inklusive Versand, exklusive Steuern gekostet. In Indien ist das Aqua Fish ab ca. € 80,- zu haben (exkl. Versand). In dieser Preisklasse bekommt man bei uns in Europa die Restbestände von vor drei Jahren. (Ein HTC One beispielsweise wird um € 130,- angeboten; auch ein Nokia C3 mit S40 findet man ums gleiche Geld.) Zwar ist die Frage nach der Markttauglichkeit in Europa nicht wirklich sinnvoll, weil nur eine begrenzte Stückzahl an Entwickler und engagierte Community-Mitglieder verkauft wurde (das C steht für „Community Device“), aber dennoch: Was kann das billige Jolla C überhaupt können? Und was können sich die Inder vom Aqua Fish erwarten?

Zunächst die negativen Punkte: Man sieht, wo gespart wurde. Das elegante finnische Keks-Design ist einem simplen Plastikblock gewichen. Das modulare Konzept der austauschbaren Rückseite hat Intex fallen gelassen - es gibt genau eine Abdeckung, und die kann nichts anderes als das Akku-Fach verschließen und im häßlichsten Orange des Subkontinents erstrahlen. Aus welchem Material der Touchscreen ist, läßt sich nicht sagen. Jedenfalls hat Jolla noch vor der Auslieferung eilig eine Mail an alle Kunden geschickt: „Achtung! Wir haben eine Schutzfolie über den Bildschirm geklebt. Bitte keinesfalls abziehen, die muß da so sein.“ Das läßt nicht auf Gorilla Glass schließen. :) Schließlich wurden sogar noch beim LED-Benachrichtigungslämpchen ein paar Rupien eingespart. Statt Textnachrichten, Mails, Ladezustand und Anrufe in unterschiedlichen Farben und Helligkeitsabstufungen zu signalisieren, leuchtet es nun nur mehr weiß.

Mit einem Wort: Die äußere Verarbeitung ist so, wie es der Preis erwarten läßt. Runterfallen darf einem das Ding ganz bestimmt nicht. Ob das am indischen Markt eine Rolle spielt, kann ich nicht beurteilen. Was man so liest, dürfte Intex genau diese Art von Hardware seit Jahren produzieren und sich damit zwar einen schlechten Ruf erworben, aber auch gutes Geld gemacht haben. Für die Jolla C Zielgruppe in Europa spielt die Verarbeitung wohl eine untergeordnete Rolle. Hier ist anzunehmen, daß die Käufer das Gerät zum Großteil ohnehin nur benutzen, um ihre selbstentwickelte Software außerhalb des Development Kits zu testen. (Was ich natürlich auch machen werde. Ehrenwort!)

Für die, die sich von Plastikblock und Bildschirmschutzfolie nicht abschrecken lassen und das Telefon tatsächlich als ihr neues Sailfish-Handy verwenden, hat es durchaus auch einige Vorteile:

Der am ersten Jolla als zu dunkel kritisierte Bildschirm ist deutlich heller geraten. Das juckt mich jetzt nicht so, weil ich bei allen Handys die Bildschirmhelligkeit immer ganz runter schalte … aber vielen Leuten ist das wichtig. Ebenfalls ein Kritikpunkt beim Jolla 1: die geringe Auflösung. Damit ist jetzt Schluß, die Zahl der Bildpunkte hat sich verdoppelt.

Wirklich erfreulich ist die Hochrüstung im Inneren: Statt zwei Prozessorkernen gibt es vier, statt 1 GB Arbeitsspeicher sind es nun 2 GB. Damit überschreitet das Jolla C genau die Grenze, die SailfishOS in seiner derzeitigen Form offenbar braucht, um wirklich ohne jede Einschränkung zu arbeiten. Es ist nicht um Größenordnungen schneller als sein betagter Vorgänger, der ja zumindest die Mindestanforderungen übererreicht hat. Aber: Es läuft auch dort noch ohne Mühen und Murren, wo das Jolla 1 beim Multitasking erste Ruckler gezeigt hat:

Als kurzen Test habe ich eine OGG-Vorbis-Audiodatei im Media-Player abgespielt. Dann: Media-Player in den Hintergrund, Android-Applikation starten (damit aktiviert man auch alle Abhängigkeiten der Android-Laufzeitumgebung), in der Android-Applikation ein Video aus dem Internet streamen (Musik läuft weiter), zum Schluß die Android-Applikation ebenfalls verkleinern. Mein altes Jolla kann das grundsätzlich: Die Musik läuft weiter, das Android-Programm startet ohne gröbere Wartezeit, auch das Video ist zu sehen - allerdings mit 2 Bildern pro Sekunde. Spätestens dann, wenn ich das Android-Fenster auf dem Multitasking-Schirm verkleinere, setzt auch die Musikwiedergabe für den Bruchteil einer Sekunde aus.

Dem Jolla C ist das alles völlig egal. Gleiche Audiodatei, gleiches Video, gleicher Ablauf - die vier Prozessorkerne holen noch nichtmal tiefer Luft als im Ruhezustand. Genau diesen Unterschied hab ich mir von der neuen Hardware versprochen, und genau das leistet das Jolla C.

(Interessehalber wollte ich den Test mit meinem Samsung Galaxy wiederholen, das ähnliche technische Daten aufweist wie das Jolla C. Das Galaxy kann aber die Audiodatei nicht wiedergeben. Das Abspielen irgendeines beliebigen anderen Songs wird unterbrochen, sobald das Video in den Vollbildmodus geht. Das scheint dort eher nach dem Motto zu funktionieren: Lieber erst gar nicht versuchen, dann kann man auch nicht versagen.)

Ansonsten: Der von Nokia bekannte und damals immer populäre Radioempfänger kommt zurück. Die entsprechende Software ist direkt in den Media Player eingebaut und verarbeitet freundlicherweise auch die RDS-Informationen zu Stationsname, Künstler und Song (Radiotext). Nicht enthalten ist der UKW-Sender, mit dem man seine Musik auf jedes alte Küchenradio übertragen konnte. Die Kamera soll laut Infos im Web bei fast gleichlautenden technischen Eckdaten deutlich bessere Bilder produzieren als die des ersten Jolla Phone. Ich wollte jetzt nicht so viele Testfotos von meinem Vorhang schießen, aber die Behauptung glaub ich ungschaut - schlechter jedenfalls kanns ja nicht mehr werden. :)

Weil das Jolla C (bzw. Aqua Fish) zwei SIM-Karten unterstützt, mußte eine neue Version des Betriebssystems geschnitzt werden. Soweit ichs verstanden habe handelt es sich um eine gerade mal halbwegs stabile Vorversion des nächsten echten Updates, in der die Dual-SIM-Unterstützung eben vorweg genommen wurde. Große Überraschungen findet man nicht. Die meisten Änderungen beziehen sich auf neue Hardware-Features wie eben Radio und Dual-Sim. Ein paar Kleinigkeiten habe ich trotzdem entdeckt: So gibt es nun einen „Alle individuellen Einstellungen zurücksetzen“-Knopf in der Kamera, endlich eine fix eingebaute Taschenlampen-Funktion bei den Schnellzugriffen (eine „Äpp“ weniger) und eine völlig neu gestaltete, informativere Übersicht über die interne Speicherbelegung.

Naja … Hab ich wieder was zum Spielen. *gg*

 
Fairphone-Wolfi (Gast) meinte am :
Siehst? Ich hatte recht.
Es *ist* ein neues Püppi gewesen im Packal! :-))
Dual-SIM-Unterstützung? Oha!
Dieses feature war doch einer (von mehreren) Punkten, weshalb das fairphone mit dem Betriebssystem 'Sailfish' nicht 'kompatibel' war, oder? Wenn das auf *Deinem* Püppi jetzt unterstützt wird, kann es ja vielleicht nimmer lang dauern bei mir.
(Allerdings muß unbedingt Exchange funken, Du weißt... *g*)
Den eingebauten Radio-Sender zum Streamen aufs Ladilo hattest Du auch auf dem ersten Jolla oben? Ich dachte, das war immer nur auf Nokias drauf.
Aber was red ich lang... am Samstag schau ich mir das eh genauer an. *froi* 
ossi1967 antwortete am :
Nixda Ladio

Neeein, am Einserjolla war kein Radiosender. Wie kommst drauf?

(Apropos Ladio: Gestern hat mich einer aus Deutschland mit dem Suchbegriff „Oskal Wenzel“ gesucht. Ich hab nimma aufhöln können zum Lachen heut in Flüh. Oskal ist lustig.)

Was das Fairphone betrifft: Technische Probleme gibts AFAIK nicht wirklich. Das dürft eine rein wirtschaftliche Sache sein: Von irgendwem müssen die lizenzpflichtigen Teile (Maps, Exchange, Android-Runtime, …) bezahlt werden. Sobald das geklärt ist, ist der Weg flei - aäh, frei. :)