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Mein Ubuntu Phone: BQ Aquaris E5 HD

BQ Aquaris E5 HD Ubuntu Edition VerpackungDer Jahresbeginn ist ja traditionell die Zeit, in der ein bißchen Geld übrig bleibt. Man geht also kurz nach Spanien shoppen und kauft sich bei BQ ein Aquaris E5 HD in der „Ubuntu Edition“. Heute - gleichzeitig also mit dem neuen Jolla Update - hab ich es bekommen. Smartphone-Stress! :)

(Nettes Detail am Rande: Der Paketdienst hat beschlossen, das Päckchen für mich in einem Geschäft zu hinterlegen, das „Sportnahrung“ für Fettverbrennung, Muskelaufbau und einen höheren Testosteronspiegel verkauft. Ich werde zu diesem Handy nie ein unverkrampftes Verhältnis aufbauen können. *gg*)

Es ging mir dabei nicht so sehr ums Telefon an sich. (Das nämlich hat einige unverständliche Schwächen - kein LTE zum Beispiel.) Wichtiger war mir, endlich einmal das neben SailfishOS zweite freie Betriebssystem am Markt ausprobieren, Ubuntu Phone nämlich. Dieses OS ist bei seiner ersten kommerziellen Vorstellung im Februar 2015 von der Fachpresse sehr zurückhaltend aufgenommen worden. Damals hat aber eigentlich jeder darauf hingewiesen, daß die verhältnismäßig schwache Hardware des BQ 4.5 mit verantwortlich sein dürfte für den eher mauen Eindruck, den das System hinterlassen hat.

Ein Jahr später: Ein kurzfristig von Meizu angebotenes Ubuntu-Handy ist nicht mehr regulär verfügbar. BQ hat mit dem Nachfolgemodell des E 4.5, dem E 5, aber ein Gerät am Markt, bei dem Preis und Rechenleistung stimmen. (Der Preis vor allem dann, wenn man es eigentlich nicht verwenden, sondern nur damit spielen will.)

Tja. Und während mein Jolla sein Update herunterlädt und installiert, spiele ich mich erstmals mit Ubuntu auf einem Smartphone. Testbericht kann das hier natürlich keiner werden. Ich hab einfach nur ein bißchen rumgeklickt, mal hier reingeschaut, mal dort. Ich hab nichts, was mir nicht auf den ersten Blick klar war, im Internet zu erforschen versucht. Ich war einfach nur das kleine Kind vor dem Touchscreen. Ein paar Eindrücke habe ich trotzdem - und sie sind allesamt negativ. Das ist völlig normal und immer so, wenn ich mit einem völlig neuen Betriebssystem konfrontiert werde. Es stoßen einem halt zunächst die Dinge auf, die nicht so funktionieren wie gewohnt. Weil das aber vielleicht allen so geht, halte ich es für nicht ganz unsinnig, diese ersten Stolpersteine auch zu dokumentieren:

  • Das User Interface ist sehr viel bunter und verspielter, als ich es vom Jolla gewohnt bin. Es hat was von Android. Andererseits gibt es aber dort, wo es möglich ist, durchaus Ähnlichkeiten mit dem Ubuntu, das ich am Desktop laufen habe. Ein klein bißchen Vertrautheit ist gar nicht so übel.
  • Die Steuerung geht mir noch nicht so leicht von der Hand, wie ich es erhofft hätte. Links blende ich eine Leiste mit den wichtigsten Programmen ein - sieht aus wie am Ubuntu Desktop. Von rechts „wische“ ich die offenen Programme ins Bild. Die sind allerdings in einem hübschen 3D-Effekt hintereinander geschachtelt. Das sieht gut aus, macht es aber schwer, ein geöffnetes Programm zielsicher anzunavigieren. Der Hauptscreen ist mit etwas zugepolstert, was sich „Scopes“ nennt. Eine gute Idee im Prinzip, aber noch unausgegoren. Zu unausgegoren für den prominenten Platz in der Mitte des User Interface. Trotzdem: Das werd ich lernen, an der Bedienung wirds nicht scheitern.
  • Laut Papierform müßte das E5 deutlich schneller arbeiten als das betagte Jolla Phone. Wahrscheinlich tut es das sogar, objektiv gesehen. Trotzdem hab ich sehr häufig das Gefühl, daß das Handy jetzt gerade einfriert und gar nichts mehr tut. Das mag daran liegen, daß Ubuntu gerade in den „Scopes“ sehr viel Inhalt aus dem Netz hereinholt. Das mag auch daran liegen, daß Jolla im SailfishOS viele Nachdenkpausen hinter kleinen Animationen versteckt. Egal wie's ist: Es wirkt so, als würde das Telefon mit dem Ubuntu-Betriebssystem deutlich stärker ruckeln.
  • Etwas überraschend war für mich der Mangel an Applikationen. Immerhin brüstet sich Ubuntu damit, eine sehr große Entwickler-Community zu haben. Im Vergleich zum Jolla-Phone fehlt natürlich die Android-Kompatibilität. A1 TV, Mein A1, die neue ÖBB-App, Babbel, BAWAG Telebanking … Das darf man natürlich gar nicht erst erwarten. Daß es aber kein Mail-Programm gibt, macht einen dann schon sprachlos. (Stimmt nicht ganz: Im Ubuntu Store hab ich ein als „Betaversion“ bezeichnetes Programm gefunden, in dessen Beschreibung steht: Ist in Entwicklung, Abstürze und sonstige Fehler sind zu erwarten. Will ich das auf meinen Mail-Account loslassen?) Auch andere Dinge kommen zumindest nicht von Ubuntu selbst: PDF-Ansicht, Office-Betrachter, Kalender, XMPP-Chat oder Exchange-Support … nichts. Vielleicht findet man etwas im Store, ich habs nicht ausprobiert.
  • Ich habe keine Möglichkeit gefunden, Autovervollständigung oder Korrekturvorschläge für die Tastatur zu aktivieren.

Was es allerdings gibt: ein Terminal. Das hab ich bereits installiert. Und ich hab mit Beruhigung festgestellt, daß auch eine SSH-Verbindung vom Desktop aufs Handy möglich sein soll. Das probier ich morgen aus. Damit bin ich dann glücklich. Die wahre Kraft eines Smartphones liegt ja unter dem User Interface, auf der Kommandozeile. :)

 
Fairphone-Wolfi (Gast) meinte am :
Wie sieht es nach einem Jahr aus?
Gerade fand ich folgende Meldung in (meinem geliebten) Forum:

https://forum.fairphone.com/t/press-release-ubports-launches-ubuntu-for-fairphone/25972

Man weckt mein Interesse... ;-) 
ossi1967 antwortete am :
Ich verwends (immer noch) nicht

Die in diesem Artikel aufgezählten Schwächen sind auch nach ein paar kleinen Software-Updates nicht verschwunden. Ich werd mit dem System nicht so wirklich warm, weder mit dem UI-Konzept (was ja eher noch Geschmackssache ist) noch mit den Softwareeinschränkungen.

Eigentlich hab ichs in letzter Zeit nur mehr eingeschaltet, um es upzudaten … und auch damit ist ja wohl jetzt Schluß, nachdem Canonical die Weiterentwicklung vorläufig mal auf Eis gelegt hat.