Oskar Welzl: Weblog zur Homepage

Ab in den Süden!

Flugzeugstart Im September habe ich zum ersten Mal die Frage aufgeworfen, inwieweit die aus dem Ländern des Nahen und Mittleren Ostens zu uns einreisenden Menschen tatsächlich „Flüchtlinge“ sind. Weil sie ja eben weder direkt aus (Bürger-)kriegsgebieten fliehen noch in ihren jeweiligen Heimatländern persönlich verfolgt werden.

Mittlerweile scheinen mir die Einwanderer in dieser Frage Recht zu geben: Wie unter anderem der Kurier berichtet, kehren seit einiger Zeit hunderte von ihnen freiwillig in ihre jeweilige Heimat zurück. Vor allem Menschen aus dem Irak, aus Afghanistan und dem Iran stellen sich vor den Botschaften ihrer Länder um Reisedokumente an. (Auch die Syrer wollen zurück, können derzeit aber nicht.) Offenbar ist das Leben zuhause doch komfortabler als das in österreichischen Flüchtlingsunterkünften. Wer manche dieser Flüchtlingsunterkünfte kennt, der wird jetzt sagen: Nun, dazu brauchts nicht viel. Mag sein. Aber: Um Leib und Leben fürchten muß man dort nicht, man bekommt zu essen, es gibt eine medizinische Grundversorgung, Güter des täglichen Bedarfs werden von Spendern herbeigeschafft. Das ist keine Situation, die eine Flucht rechtfertigt. Wenns zuhause schöner ist, dann war die Abreise von dort wohl auch eher nicht als Flucht zu einzustufen.

Was die Rückreisebewegung anheizen dürfte: Langsam dämmert es den Einwanderern, daß sie falschen Versprechungen aufgesessen sind. Viele von ihnen fühlen sich ja gar nicht als Flüchtlinge bzw. geben auch nicht vor, es zu sein. Merkels berüchtigte „Einladung“ hat sich in dieser Weltgegend verselbständigt. Man glaubt dort zu wissen: Deutschland benötigt dringend 3 Millionen arbeitswilliger junger Männer und ist bereit, diese quasi als Belohnung für die Mühen der Reise auch mit Geschenken zu empfangen. Daß dies nicht so ist, erkennen die Menschen erst, wenn sie hier fest sitzen. Wir können davon ausgehen, daß die Rückreise nur von denen angetreten wird, die noch Kraft haben. Die anderen bleiben frustriert in den ihnen zugewiesenen Unterkünften … und ich will nicht dabei sein, wenn sich dieser Frust entlädt.

Das perverse daran: Die Versprechungen, die den jungen Südländern gemacht werden, sind keineswegs so falsch. Nicht nur Deutschland, ganz Europa überaltert in erschreckendem Tempo. Das schadet nicht nur dem Sozialsystem, das immer als plakatives Beispiel herhalten muß, sondern der gesamten Wirtschaft. So hat Amazon schon im Sommer (ganz zufällig kurz vor Merkels „Einladung“) kundgetan, daß in Deutschland für das Weihnachtsgeschäft wahrscheinlich tausende Mitarbeiter fehlen werden. Nota bene: Amazon beschäftigt ohnehin bereits billigste Lohnsklaven aus den ärmsten Ländern Europas - aber auch von denen sind offenbar nicht mehr genug zu bekommen. Wenig überraschend war es dann auch Amazon, das am Höhepunkt der Einwanderungswelle ganz human erklärt hat, den Flüchtlingen „regulär bezahlte Arbeit“ in Deutschland verschaffen zu wollen. Zufälle gibts …

Auch andere Großunternehmen (z.B. Daimler) erklären offen, daß sie die Zuwanderer dringend benötigen. Als Arbeitnehmer, aber natürlich auch als Konsumenten, die die Binnennachfrage ankurbeln.

Ich bin überzeugt, daß Merkel ihr großes Herz für notleidende Syrer nach Gesprächen mit genau diesen Großunternehmen entdeckt hat. Vielleicht war sie der irrigen Auffassung, man könne das komplexe Thema unter einer emotionalen Welle der Hilfsbereitschaft verstecken. Sie hat sich geirrt und nur Verlierer zurückgelassen: die europäische Solidarität, ihre eigene Partei, die Immigranten und die vielen Helfer, die ans Ende ihrer Kräfte geraten.

Statt rasch ein paar Syrer zu importieren, hätte man sich fragen müssen:

  • Wie bringt man die Arbeit innerhalb Europas zu den Arbeitslosen? Warum findet Amazon in Ostdeutschland keine Mitarbeiter, wenn in Spanien und Griechenland tausende ohne Job dastehen?
  • Wo bleibt die gesellschaftliche Diskussion um den Mindestlohn? Wie kann es sein, daß Unternehmen lieber gar nicht produzieren, als marktgerechte Löhne zu zahlen? Welche verrückte Gesellschaft ist das, die die Differenz zwischen den tatsächlichen Niedrigstlöhnen und einem erträglichen Mindestlohn vom Steuerzahler (=also vom unterbezahlten Arbeitnehmer selbst) auffüllen läßt, um nur ja den Gewinn des Unternehmers nicht zu schmälern?
  • Warum schafft es niemand in Europa, eine bedarfsorientierte Einwanderungspolitik zu betreiben, die gezielt jene Altersgruppen und Fähigkeiten hereinholt, die dringend benötigt werden … und jene draußen läßt, von denen wir genug haben?

Das Drama ist ja auch: Diejenigen, die jetzt zurück in ihre Heimatländer fliegen, die kommen kein zweites Mal. Und niemand weiß, ob es nicht vielleicht genau sie waren, die wir gebraucht hätten.

 
Deep_Blue meinte am :
Bravo
Applaus - Den Nagel haargenau auf den Kopf getroffen.

Bis auf einen kleinen Kritikpunkt:

Wir benötigen Einwanderungskriterien wie z.B.; Australien.

Was wir brauchen sind qualifizierte Arbeitskräfte und keine Analphabeten.
Aber aus den klassischen Fluchtländern qualifizierte Arbeitskräfte zu bekommen, ist ja auch so eine linke Illusion. 
ossi1967 antwortete am :
Wieder nicht verstanden

Du hast offenbar mit dem Verständnis längerer Texte immer noch Probleme, sonst hättest Du Deinen Kritikpunkt nicht nachgeschoben. Das ist ja genau das, was ich geschrieben habe:

  • Warum schafft es niemand in Europa, eine bedarfsorientierte Einwanderungspolitik zu betreiben, die gezielt jene Altersgruppen und Fähigkeiten hereinholt, die dringend benötigt werden … und jene draußen läßt, von denen wir genug haben?

Allerdings wird es nicht reichen, Einwanderungskriterien wie einen Abwehrschild aufzubauen. Im Gegenteil: Wir benötigen eine aktive Politik des Anwerbens. Eine (und das gräßliche Unwort verwend ich hier bewußt) Willkommenskultur. Es ist völlig egal, wen wir gerade brauchen und aus welchen Gründen: Wer immer es ist kann sich aussuchen, ob er zuhause bleibt, in die EU geht, nach Kanada oder in die USA zieht oder von mir aus auch nach Island, wenn er eine Schwäche für Naturgeister und Geysire hat. Wir konkurrieren mit allen Ländern der Erde um diesen Zuwanderer - und er wird sich nicht für uns entscheiden, wenn er weiß, daß hier grölende Horden Ewiggestriger die Abschaffung seine Religion fordern, sein Haus in Brand stecken oder seine Familie auf der Straße bespucken.

Daß angeblich aus klassischen Fluchtländern keine qualifizierten Arbeitskräfte kommen sollen, ist auch so ein blödsinniges Dahergebrabbel, das nicht gerade einladend wirkt. Was ist schon ein klassisches Fluchtland? Ungarn ist z.B. eines, seit Antritt der Orbán-Regierung haben 5%-10% der Bevölkerung das Land verlassen. Das hätte man sich früher auch nicht träumen lassen, daß sowas mitten in Europa passieren kann. Das wird ja in Deinen Augen nicht heißen, daß alle Ungarn seit Orbán plötzlich unqualifiziert sind … Genauso verhält es sich mit anderen Staaten, bei denen die politischen und wirtschaftlichen Umstände von einem Tag auf den anderen gekippt sind. Besser qualifiziert als der durchschnittliche FPÖ-wählende Langzeitarbeitslose ist da bald mal wer.

 
Deep_Blue antwortete am :
Mein Haus
steht unter Wasser und ich rufe die Feuerwehr um noch mehr Wasser in meinen Keller zu pumpen.

Was gerne vergessen wird, wir haben in Österreich ca. 450.000 Arbeitslose.
Das werden ja nicht alle linke, sozialschmarotzende Zecken sein.

Vielleicht sollte man sich vorrangig darum kümmern, dass diese Menschen wieder in ein Arbeitsverhältnis kommen, bevor man sich Sorgen um die die berufliche Zukunft von Ziegenhirten macht.

Aber erkläre das einmal einem Grünen. 
ossi1967 antwortete am :
Wie einfach!

Es ist so schön, so tief in das Hirn eines FPÖ-Wählers blicken zu dürfen. Für Dich besteht der Arbeitsmarkt also aus einem in sich geschlossenen System von offenen Stellen und Arbeitssuchenden … und wenn es keine offenen Stellen mehr gibt, gibt's Arbeitslose. Und wenn dann noch mehr Menschen dazu kommen, gibt's noch mehr Arbeitslose. Sonst gibt's da keine Einflußfaktoren. So einfach ist das für Euch! Na da wunderts mich nicht, daß Ihr auch auf die einfachen Pseudo-Lösungen von Hatze reinfallts.

Es gibt ein paar Variable mehr in dem Spiel. (Das Problem ist, daß die sich alle zusammen nicht so einfach berechnen und steuern lassen. Sonst wärs ein Leichtes für die Politik, steuernd einzugreifen.) Nur einige wenige Beispiele:

  • Zuwanderer sind (zumindest in Deutschland und Österreich) die besseren Unternehmensgründer. Sie sind risikobereiter. Allein in Wien hat jeder dritte selbständige Unternehmer seine Wurzeln im Ausland. Neue Unternehmen bedeuten nicht nur unmittelbar neue Arbeitsplätze, sondern auch mittelbar in den Zulieferbetrieben.
  • Zuwanderer, vor allem Unternehmer mit Migrationshintergrund, fördern durch ihre engen Netzwerke in die alte Heimat und die Kenntnis der Märkte den Export.
  • Zuwanderer sind immer auch Konsumenten, was die Binnennachfrage stärkt und somit wiederum Arbeitsplätze schafft.
  • Zuwanderer besetzen offene Stellen, für die man Deine langzeitarbeitslosen FPÖ-Wähler nicht gebrauchen könnte (Stichwort z.B. Pflegebereich).

Es ist also schon alles etwas komplizierter. Europa braucht in erster Linie junge Menschen, die die Arbeitsplätze schaffen, auf denen der alte, müde Kontinent sich dann ausruhen kann.