Oskar Welzl: Weblog zur Homepage

Wenn Wien die Welt wäre ...

Wien als Symbol für die Welt Die britische Organisation Oxfam hat vor einigen Tagen ihren Report zur Ungleichverteilung des Vermögens auf der Welt veröffentlich. Die reichsten 1% besitzen etwa die die Hälfte des Weltvermögens. Extremer noch: Die reichsten 80 Menschen besitzen so viel wie die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung zusammen. Und die Schere geht immer weiter auf.

Erwartungsgemäß werden solche Berichte nicht zur Kenntnis genommen. Die Medien berichten lieber über Dinge, die schon morgen garantiert niemanden mehr interessieren. Vielleicht liegt das mangelnde öffentliche Interesse ja aber auch daran, daß die Größenordnungen so unvorstellbar sind?

Ich habe versucht, die Absurdität der Verteilung auf eine einfache Analogie herunterzubrechen: Die Einwohner der Stadt Wien müssen als Statisten die Weltbevölkerung repräsentieren. Das Vermögen wird in Wohnfläche bemessen. Was kommt raus? Wir müssen alle umziehen. Die gesamte Osthälfte der Stadt mit den großen Flächenbezirken 21 und 22, aber auch mit der City und den meisten Bezirken innerhalb des Gürtels wird geräumt. Nur 17.300 Menschen werden per Los gezogen und dürfen dort in Luxusdomizile mit durchschnittlich 11.500m² Nutzfläche einziehen. In der Grafik ist dieser Teil der Stadt grün. (Passend: Bei nur 87 Einwohnern pro km² herrscht dort wohl eher ländliche Atmosphäre.)

Rund 329.000 Menschen ziehen in den westlichen Teil um. In den Bezirken 3, 10, 23, 13 und 14 sowie 17-20 läßt es sich bei dieser geringen Bevölkerungsdichte ebenfalls noch schön wohnen: Durchschnittlich 585m² stehen jeder Person zur Verfügung. Das Häuschen im Grünen ist für eine Familie damit jedenfalls drin. In der Grafik sind diese Stadtteile gelb.

Von den 1.731.000 Einwohnern Wiens hat aber jetzt noch nicht einmal ein Viertel eine neue Unterkunft erhalten. 80% stehen noch da und warten auf ihr neues Zuhause. Für diese rund 1.385.000 Menschen muß die Gegend rund um den Westbahnhof reichen. In den Bezirken 5, 12, 15 und 16 stehen ihnen 16m² pro Person zur Verfügung. Pro km² steigen sich in diesem Teil der Stadt mehr als 60.000 Menschen auf die Zehen. Die vier Bezirke sind in der Grafik rot.

Das war die Ausgangslage im Jahr 2014. Wäre die weltweit vorhandene Ungleichverteilung von Vermögen tatsächlich auf einem so engen Raum wie Wien für alle erlebbar - niemand hätte den fast 1,4 Millionen Bewohnern der Armenviertel rund um den Westbahnhof erklären können, warum sie in so kleinen Schachtelwohnungen leben müssen, wo doch 50% der Stadt fast ungenutzte Parkanlage sind. Die Situation wäre schon viel früher explodiert.

Tatsächlich explodiert aber - derzeit - noch gar nichts. Die ärmeren 80% gehen nicht einmal vereinzelt und vorsichtig in den Bezirken der Reichen spazieren. Ganz im Gegenteil: Jahr für Jahr fordern die reichsten 1% einen immer größeren Anteil der Stadtfläche für sich ein. Bis 2020 werden diese 17.000 Wiener auch den 19. Bezirk komplett für sich erobert und die ihnen zur Verfügung stehende Fläche auf 13.000m² pro Person erhöht haben, sagt Oxfam. Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht abzusehen, vor allem auch deshalb, weil es die Profiteure des Systems sind, die die Zügel der Politik und der Medien in der Hand haben. Sie sind es, die den übrigen 99% Pseudo-Probleme vorgaukeln, um sie von ihren prekären Wohnverhältnissen und den großen Grünanlagen außerhalb ihrer Ghettos abzulenken.

Selten, ganz selten kommt es vor, daß Menschen aus dem reichen Teil der Stadt sich mit Lösungsvorschlägen an die Menschen in der roten Zone wenden. Einer von ihnen ist Götz Werner, Gründer der Drogeriemarkt-Kette dm und so etwas wie ein Pop-Star unter den Unternehmern. Im Zusammenhang mit Berichten über die Oxfam-Studie wurde im Netz auf ein Interview verwiesen, das er der Wiener Zeitung schon 2013 gegeben hat, das aber nichts von seiner Aktualität eingebüßt hat: „Man sieht es ein, oder es knallt“ Götz Werner tritt seit Jahren leidenschaftlich für ein bedingungsloses Grundeinkommen als Weg aus der Krise ein. Lesenswert allemal.

Ob nun Grundeinkommen, Vermögenssteuer, Revolution oder Enteignungen der geeignete Weg sind, muß sich zeigen. Sicher ist: So gehts nicht weiter. Gerade ein kapitalistisches System kann nicht existieren, wenn der Großteil der Menschen immer ärmer wird und immer weniger konsumieren kann. Es wird Zeit, daß die Wiener sich wieder gleichmäßig über die Stadt verteilen.

 
Deep_Blue meinte am :
Na dann hoffen wir doch
dass der Faymann deinen Artikel liest. :-)

Aber es wäre nicht der Ossi, würde nicht dieser Artikel vor ultralinkem Gedankengut nur so strotzen.

Grundeinkommen, ja klar. Wenn ich Multimillionär bin, wie der Götz, kann ich leicht den Mund aufreissen.

Hier nur eine kurze Gegendarstellung, warum das niemals funktionieren kann:

Nehmen wir ein Grundeinkommen von 1.000.- pro Person an, was ja eh ein Witz ist, wer kann davon schon leben.
Was geschieht, wenn ich dann trotzdem arbeiten gehe ?
Wird mir das Grundeinkommen gestrichen ? Das würde einer faktischen Steuerleistung von 100 % entsprechen, warum sollte ich dann arbeiten gehen ?

Und wenn es nur 50 % wären, niemand würde einen normal bezahlten Job annehmen, sondern versuchen schwarz zu arbeiten.

Ok, nehmen wir an, mir bleibt das Grundeinkommen erhalten, also sagen wir 1000 pro Erwachsener und 800 pro Kind.
Wären bei 8 Millionen Einwohnern, so um die 80 Milliarden Euros.
Wo sollen die herkommen ? Da sind aber Kinderbeihilfen etc. noch gar nicht mitgerechnet.

Wenn der Staat ohne jede Auflage genug zum Leben zahlt, gibt es nur noch wenig Grund, schlecht bezahlte und meist frustrierende Jobs anzunehmen.

Hier würde man Generationen züchten, die weder die Schule abschließen, noch einen Beruf erlernen.
Heerscharen von Zombies würden die Staaten bevölkern.
Selbstverständlich wäre diese sehr leicht zu lenken und zu manipulieren.
Und genau darauf zielt ja diese Ideologie ab.

Ok, noch viel Spass beim Träumen von einer marxistischen Gesellschaft. 
ossi1967 antwortete am :
Daß diese Dinge noch niemand bedacht hat?

Was Du da für Fragen findest im Internet. Daß diese Dinge noch keiner bedacht hat!? *LOL*

Lustig ist ja: Da Grundeinkommen ist traditionell keine „linke“ Forderung. Die alten Arbeiterparteien sind viel zu sehr in ihrer 1.-Mai-Folklore gefangen. Die erkennen nicht, daß Gesellschaften heute ganz andere Probleme haben als Ende des 19. Jahrhunderts. Götz Werner nennt das den Arbeitsfetisch der traditionellen Linken. Tatsächlich kommt die Unterstützung für solche Ideen eher aus dem anderen Ende des politischen Spektrums, aus der CDU zum Beispiel.

Noch lustiger ist, wie Du Dir Sorgen um die Motivation der Schüler machst. Weil es keinen Grund mehr gibt, schlecht bezahlte und meist frustrierende Jobs anzunehmen, meinst Du, würden die Kids dann weder die Schule abschließen, noch einen Beruf erlernen. Ei freilich. Die machen das heutzutage, weil der Herr Blue motivierend vorn an der Tafel steht und sagt: „Wenn Ihr die Schule schafft, habt Ihr die Aussicht, Euer armseliges Leben in schlecht bezahlten und frustrierenden Jobs zu fristen.“ Na wenn das keine Motivation ist … Hase, motiviert wird man durch die Aussicht auf spannende und gut bezahlte Jobs! Darauf kommts an!

(Es sagt aber doch eine Menge über Deinen ideologischen Hintergrund aus, wenn Du es als Ziel einer erfolgreichen Gesellschaftspolitik betrachtest, Menschen zuhauf in frustrierende, unterbezahlte Jobs zu treiben.)

Die Diskussion führt sich ja ohnehin ad absurdum, weil die Wirtschaftsentwicklung uns längst weg vom Erwerbseinkommen lenkt. Werner sagt auf die Frage, wer sich gegen das Grundeinkommen stemmt: Jeder, der die Idee nicht denken kann oder will […]. Spießer zum Beispiel. (Kennt der Dich?) Die überkommene Vorstellung, daß jeder Arbeit findet und daß eine Gesellschaft ihren wirtschaftlichen Erfolg auf diese Weise verteilen kann, ist längst nicht mehr gültig und wird es in Zukunft immer weniger sein. Der wirtschaftliche Erfolg steigt wegen der Effizienzsteigerung, die Zahl der Arbeitsplätze geht genau wegen dieser Effizienzsteigerung zurück. Wesentlich wird es sein, wie wir den steigenden wirtschaftlichen Erfolg nach dem Wegfall des Faktors Erwerbsarbeit weiterhin gerecht verteilen können.

Was derzeit passiert ist: Der Markt wird von Angebot und Nachfrage getrieben, Reallöhne gehen zurück, weil unterm Strich mehr Arbeitskraft auf dem Markt ist, als Nachfrage danach besteht. (Das ist ja eine Entwicklung, die Du selbst immer kritisierst.) Eine Möglichkeit, hier gegenzusteuern, ist eben die Änderung des Verteilungsschlüssels. Statt das erwirtschaftete Geld mehr oder weniger zufällig nur über den Schlüssel Erwerbsarbeit zu verteilen (der ja auch aus anderen Gründen nicht funktioniert und völlig willkürliche Ergebnisse hervorbringt), kann ein zweiter Verteilungsschlüssel mehr Gerechtigkeit bringen.

Was dabei außerdem passiert: Die Menschen werden genau von den schlecht bezahlten und meist frustrierenden Jobs befreit, die Du für ein so edles und verteidigenswertes Gut hältst. Wenn ein Job frustrierend und hart ist, muß er dann eben auch verdammt gut bezahlt werden, damit jemand ihn noch macht - und das ist gut so. Schlecht bezahlte Jobs kann es auch geben, aber die müssen dann Spaß machen. Es kann aber nicht mehr sein, daß jemand seine körperliche und geistige Gesundheit opfert, nur um sich selbst und seinem Kind ein halbwegs vernünftiges Leben finanzieren zu können.

Die Debatte ums Grundeinkommen ist eine Neiddebatte. Sie wird zu einem erschreckend hohen Teil von jenen befeuert, die selbst ein beschissenes Leben in einem beschissenen Job geführt haben (was auf wahrscheinlich 80% der erwerbstätigen Bevölkerung zutrifft) und es niemandem gönnen, unter besseren Voraussetzungen ins Berufsleben zu starten.

Die vorgeschobenen Finanzierungsbedenken sind dabei in den seltensten Fällen ernst zu nehmen: Sie übersehen, daß wir ja heute schon einen Großteil des für ein bedingungsloses Grundeinkommen notwendigen Geldes in Form anderer Sozialleistungen aufbringen. Es fehlt nur der politische Mut, das auszusprechen, was unausweichlich ist: Was früher Überbrückungshilfe zwischen zwei Jobs oder Unterstützung in unverschuldeten Notfällen war, ist heute bereits Teil des regulären Volkseinkommens. Es wird nur der Schein aufrecht erhalten, um die gesellschaftliche Diskussion nicht lostreten zu müssen. Es wird mit hohem Verwaltungsaufwand so getan, als müßten diese oder jene Voraussetzungen nachgeprüft und irgendwelche Anträge gestellt werden. Das Ergebnis ist: Die Raffinierten und Gewissenlosen, die sich im Förderdschungel zurecht finden, kassieren doppelt und dreifach ab. Die von Dir immer wieder mißbrauchte Mindestpensionistin, die sich einerseits nicht auskennt und andererseits viel zu stolz wäre, ihre Armut zum Amt zu tragen, geht leer aus. Das kann ja auch nicht das politisch gewünschte Ergebnis sein.

 
Deep_Blue antwortete am :
Ach Ossi
wieder seitenlanges Bla bla, ohne entsprechende Antworten zu liefern.

"Die vorgeschobenen Finanzierungsbedenken sind dabei in den seltensten Fällen ernst zu nehmen:"

Na und ob die ernst zu nehmen sind !
Niemand weiß, wie viel von dem Grundeinkommen bleibt wenn ich arbeiten gehe.

Und das Allerwichtigste:
2013 hatte Österreich 68,6 Mill. Einnahmen und 75,0 Mill Ausgaben.

Das geht sich jetzt schon mit der Grundsicherung von 80 Mill. nicht aus und schon gar nicht, wenn die Hälfte der Österreicher nicht mehr arbeiten geht und keine Steuern mehr bezahlt.

Der Hr. Götz und du, ihr seit zwei Phantasten die jeglichen Bezug zur Realität verloren haben.

In einer Beziehung gebe ich dir recht, das jetzige System ist auch nicht optimal.

Na gut Ossi, zünde ein Räucherstäbchen vor deinem Lenin-Bild an und entspann dich :-)

Apropos, kein linkes Thema.

Die KPÖ Österreich fordert das, unter dem Motto, es ist genug für alle da #lol#

http://www.kpoe.at/home/positionen/themen-archiv/grundeinkommen.html 
ossi1967 antwortete am :
Hey, Alder, was labersdu?

Niemand weiß, wie viel von dem Grundeinkommen bleibt wenn ich arbeiten gehe.

Natürlich nicht. Weil es kein Gesetz zur Grundsicherung gibt, in dem man das rechtsverbindlich nachsehen könnte. Was soll also diese Frage? Was es gibt sind verschiedene Berechnungsmodelle: In den meisten wird davon ausgegangen, daß Erwerbseinkommen die Grundsicherung über eine Einschleifregelung ablöst, das heißt: Jeder verdiente Euro erhöht Dein tatsächliches Einkommen und reduziert den aus Steuergeld finanzierten Grundsicherungsbetrag. Unterschiedliche Ideen gibt es über die Gestaltung der Einschleifkurve: Da muß man nämlich aufpassen, daß sie nicht zu unternehmerfreundlich wird und in Zukunft Niedrigstlöhne über die Grundsicherung abgefedert werden.

… und schon gar nicht, wenn die Hälfte der Österreicher nicht mehr arbeiten geht und keine Steuern mehr bezahlt.

Warum sollte die Hälfte der Österreicher plötzlich auf ca. die Hälfte ihres Einkommens verzichten wollen? Glaubst Du im Ernst, daß alle Leute, die jetzt über ihr geringen Einkommen jammern, nach der Umgestaltung von Argeitslosengeld, Mindestsicherung und anderen Leistungen in ein Grundeinkommen plötzlich sagen: „Jaaaa, super, € 1.800,- netto im Monat waren mir eh viel zu viel, das hat mich nur belastet. Ich verkauf das Auto, zieh in eine kleinere Wohnung, geb die Kinder ins Heim und leb von € 800,-!“ Glaubst Du das?

Der Hr. Götz [gemeint: Götz Werner; Anm.] und du, ihr seit zwei Phantasten die jeglichen Bezug zur Realität verloren haben.

Ja natürlich. Vor allem im Vergleich zu Deiner geballten Wirtschaftskompetenz ist der Herr Werner ja ein Würschtl. Was hat der schon vorzuweisen? Einen läppischen 8-Milliarden-Konzern hat er gegründet und groß gemacht, ja. Dazu noch seine Tätigkeit am Karlsruher Institut für Technologie. Das ist aber im Vergleich zu Deinen umfangreichen und vor allem immer mit so fundierten Fakten untermauerten Publikationen gar nichts. Ist mir schon klar. *LOL*

Die KPÖ Österreich fordert das, unter dem Motto, es ist genug für alle da

Und wahrscheinlich auch noch die Piraten und 15 unbekannte Gruppierungen ohne realen politischen Einfluß. (Daß genug für alle da ist, ist ja hoffentlich unbestritten. Genau darum gehts ja. Oder hast Du den Artikel wieder mal gar nicht gelesen, unter dem Du da grad Kommentare absetzt? Wär ja nicht das erste Mal …)

 
ExExExChef (Gast) meinte am :
piketty gelesen?
sehr spannend dazu... 
ossi1967 antwortete am :
Nein, aber die „Drei ???“

Der Piketty ist doch so ewig lang. (Über 800 Seiten, oder?) Und teuer noch dazu. Ich bin im Moment eher bei den „Drei ???“ und bei den Usedom-Krimis von Elke Pupke. Viel weniger Seiten, billiger, unterhaltsamer.

(Wobei mir einfällt: Zur Pupke muß ich einen eigenen Artikel schreiben; mit der und Maik hatte ich gestern Abend im Bett ein ausgesprochen lustvolles Erlebnis.)

Du könntest ja zum Piketty ein „Briefing“ (*schenkelklopf*) mit Klickibunti-Powerpoint-Folien für mich vorbereiten. Kriegst einen „Slot“ (*anderenschenkelklopf*) bei mir und darfst mir das managementtauglich präsentieren. Ich freu mich drauf, Deine Key Findings danach zu challengen! :)

 
ExExExChef (Gast) antwortete am :
ok, ein tl:dr extra für dich
geh scheissn! 
ossi1967 antwortete am :
Das geht so nicht

Ohne Grafiken und CI-konforme Titelfolien kann das doch kein Mensch verstehen. ;)