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Jolla: Sailfish als Betriebssystem für die Russen

SailfishOS für Putin Die zarten Bande zwischen Jolla und der russischen Regierung bestehen schon seit einiger Zeit - allerdings wußte man bisher nicht so recht, in welche Richtung die Reise gehen sollte. Heute schafft eine Presseaussendung Klarheit:

Die russische Regierung nimmt SailfishOS als bisher einziges mobiles Betriebssystem in die Liste der zertifizierten Software auf, die im Rahmen von Anschaffungen von Behörden und staatlichen Unternehmen der inländischen gleichgesetzt werden darf. Wenn ich die Quellen richtig verstanden habe bedeutet das, daß diese staatlich kontrollierten Firmen und die Verwaltung selbst bei Anschaffungen und Mobilfunkprojekten Geräte mit SailfishOS bevorzugen müssen.

Koordiniert wird die Anpassung von SailfishOS an die lokalen russischen Bedürfnisse über die Firma Open Mobile Platform, die extra zu diesem Zweck gegründet wurde.

Ein Artikel auf Techcrunch zitiert den Jolla-Chef Antti Saarnio mit der Aussage, daß der Zertifizierungsprozess für diese Liste ausgesprochen hart war und bereits im Frühjahr 2015 begonnen hat. Das paßt - rückblickend gesehen - zu den ersten Gerüchten über ein russisches Interesse an SailfishOS als Alternative zu dem von den USA kontrollierten Android. Zum ersten Mal traffen sich die Finnen nämlich schon im Februar 2105 mit einer Arbeitsgruppe des zuständigen russischen Ministeriums. Wenige Monate später, im Juni 2015, gaben die Russen bekannt: Wenn man schon in ein Betriebssystem für den lokalen Markt investiert, dann wird es SailfishOS sein. Das bis zu diesem Zeitpunkt immer wieder ins Spiel gebrachte Tizen des Elektronikriesen Samsung war aus dem Rennen.

Danach aber gab es eine seltsam lange Pause. Ich war kurz davor, Jollas Russland-Strategie ins Regal der gescheiterten Pläne einzuordnen. Das einzige, was mich davon abgehalten hat: Es gab laufend unbestätigte Gerüchte über russische Hardware-Hersteller, die angeblich an Sailfish-Modellen arbeiten sollten. Jetzt paßt alles zusammen: Offenbar markierte das Ende der Berichte über eine finnisch-russische Zusammenarbeit der Beginn des Zertifizierungsprozesses für diese geheimnisvolle Liste.

Nach dem grundsätzlichen Bekenntnis zum Betriebssystem fehlt nur mehr eine Kleinigkeit: Ein Telefon, auf dem dieses Betriebssystem auch läuft. Ich bin gespannt ob die Firmen, die in den letzten Monaten in der Gerüchtebörse als Hersteller von Sailfish-Hardware genannt wurden (Oysters, Yota Devices), nun tatsächlich die Gunst der Stunde nutzen und die angeblich existierenden Prototypen auf den Markt bringen. Und: Es würd mich doch massiv interessieren, ob der Wechsel von Android zu SailfishOS beim Turing Phone in diesem Licht zu sehen ist.