Oskar Welzl: Weblog zur Homepage

Brexit: Kollektive Fahrerflucht

Nigel Farage Wenn jemand einen Autounfall verursacht und sich nachher feige aus dem Staub macht, nennt man das Fahrerflucht. Die Briten erleben das gerade auf ihrer politischen Bühne, wo die Brexit-Truppe nach dem von ihnen herbeigeführten, aber keinesfalls gewollten Austrittsvotum fluchtartig den Schauplatz verläßt:
  • David Cameron, Initiator der Volksbefragung, hat gleich am Tag nach dem Referendum seinen Rücktritt angekündigt.
  • Boris Johnson, als Camerons wahrscheinlichster Nachfolger gehandelt und prominentester Vertreter der Brexit-Kampagne, hat ausdrücklich auf die Kandidatur als Premierminister verzichtet. Er will mit den realpolitischen Folgen des von ihm herbeigeführten Brexit nichts zu tun haben.
  • Neu im Bunde: Nigel Farage, die personifizierte Anti-EU-Kampagne schlechthin, tritt ebenfalls zurück. Die EU als Sündenbock aufzubauen und die so erzeugte EU-Feindlichkeit als Steigbügel für seine persönliche Karriere zu mißbrauchen, das konnte er. Den Austritt des Vereinigten Königreichs tatsächlich politisch mitzugestalten und vor der nächsten Generation zu verantworten - nein, danke, da macht er sich lieber aus dem Staub.

Man muß sich das vorstellen: Es gibt eine Volksbefragung, in der sich beide Seiten auf derbste Art und Weise befetzen und die schließlich sogar ein Todesopfer auf Seiten der EU-Befürworter fordert. Die Befragung geht zugunsten des Brexit-Lagers aus … und statt das Votum nun (wie versprochen) rasch in die Tat umzusetzen, ziehen wichtigsten Protagonisten genau dieses Lagers der Reihe nach den Schwanz ein und beenden ihre politischen Karrieren. Ich würd mich als jemand, der auf deren Propaganda reingefallen ist, schon sehr wundern.

Ganz so neu ist das für uns Österreicher ja nicht: Auch wir sind schon einmal auf eine billige Populistentruppe hereingefallen und haben sie in die Regierung gewählt. Das war damals die FPÖ. Damals hat sich das gleiche Theater abgespielt: Kaum waren die Machtphantasien der Populisten befriedigt, wußten sie nicht mehr, was sie eigentlich wollten … Die Partei zerbröselte innerhalb kürzester Zeit, Haider mußte eine künstliche Partei auf dem Reißbrett entwerfen, um noch irgendwie handlungsfähig zu bleiben.

Das Problem ist: Zwar wiederholt sich die Geschichte laufend. Die Leut lernen aber nichts draus.

 
Hase1 (Gast) meinte am :
Indeed...
...das ist *wirklich* die übelste Schmierenkomödie seit Langem.
Ich konnte die News heute ja fast nicht glauben, derartig charakterlos sind die Akteure.

Wo isn die Queen?
Die soll denen amal a Fotzn obehau'n.
Oder mit'm Zepter ane überbraten, daß' knallt im Kingdom.

Das Ansehen von Politikern wird wirklich von Woche zu Woche mit Füßen und aller erdenklicher Kraft in den Boden getreten.

(Aber wie Du richtig sagst:
Die Leut' lernen nix draus, die Leut' vergessen.)
A Trauerg'spüh. 
ossi1967 antwortete am :
Die Queen

Der Minirat hat auch schon gemeint, daß das alte Mädchen im Moment wahrscheinlich alles andere als amused ist. Dem Cameron, dem feigen Hund, hat sie wahrscheinlich ihr Handtascherl übern Schädel gezogen, wie er sie von seinen Rücktrittsabsichten informiert hat. Und falls die Schotten tatsächlich nochmal abstimmen (wobei ich nicht wüßt, wie das rechtlich gehen sollte), besucht sie ihn wahrscheinlich nochmal zuhause und haut ihm sein Porzellan um d' Erd.

Die Leut vergessen, ja … Ich bin immer wieder verblüfft, wenn mir in Österreich Menschen im Brustton der Überzeugung erklären: Man muß die FPÖ doch auch mal an die Macht lassen, die hatten noch nie die Chance zu zeigen, ob sie wirklich was können. - Da weiß man dann echt nicht mehr, was man sagen soll.

 
Moonbrother meinte am :
Ich habe auch schon einmal eine Fahrerflucht erlebt. Ist mir also nicht neu ... 
ossi1967 antwortete am :
@Moonbrother

Kommt ja leider oft genug vor. In fast jeder Folge von „Auf Streife“. ;)