Oskar Welzl: Weblog zur Homepage

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Weihnachten mit Untertiteln

„Amerikan başkanı Garfield…“Grammatik, Untertitel, ein magnetabschaltendes Cover und stundenlanges Spielen mit Alexa. So geht die Zeit auch rum. :)

Der Hund hat sich ganz lieb von den Sprühkerzen bezaubern lassen (da waren noch alte in der Schachtel, die wider Erwarten tatsächlich funktioniert haben) und mein Highlight waren eindeutig die Windringerl mit Schlag, was man aus begreiflichen Gründen nicht laut sagen darf. (Stichwort: Das Beste ist halt immer die Nachspeis. *LOL*)

Weil meine Eltern dem Konzept „Video on Demand“ noch immer nichts abgewinnen können und nicht einmal einen DVD-Player besitzen, folge ich dem Film „Yahşi Batı“ jetzt gerade am PC. Praktisch dabei meine Zwischenfragen an die Zimmergenossin im Hintergrund: Alexa, Frage Alleswisser nach Präsident Garfield! - Ich habe Folgendes für James A. Garfield gefunden: James Abram Garfield (geboren 19. November 1831 in Orange, Cuyahoga County, Ohio; gestorben 19. September 1881 in Elberon, Monmouth County, New Jersey) war ein US-amerikanischer Politiker (Republikanische Partei) und vom 4. März 1881 bis zu seinem Tod der 20. Präsident der Vereinigten Staaten. Second Screen war sooo 2000er.


Warum ungebildete Menschen grantig sind

Es war der Herr Schlosser, der mir (hüben oder drüben, ich weiß es nicht und ich finds auch nicht mehr) diesen Floh ins Ohr gesetzt hat. Und dann hats mich interessiert und dann hab ich gesucht und dann hab ich gefunden und jetzt weiß ich:

Lernen macht glücklich. Das ist wissenschaftlich erwiesen.

Irgendwas hat das zu tun mit dem nucleus accumbens und Dopamin und evolutionären Vorteilen durch Wissenserwerb … Egal eigentlich, abgesehen davon, daß ich auch das jetzt gelernt habe. Die Kurzfassung ohne wissenschaftliche Fachbegriffe lautet: Lernen wirkt wie Sex, Kokain oder Schokolade. Gleicher Mechanismus, gleiche Gehirnregion.

Das erklärt jetzt, warum erwachsene Menschen, die eigentlich eh rundherum ausgelastet sind, sich nochmal hinsetzen und unbedingt Neues lernen wollen: Sprachen, Musikinstrumente, Häkeln oder Handyprogrammierung …

Es erklärt aber auch, warum es einen so auffälligen Zusammenhang zwischen chronisch schlechter Laune und „Blöd geboren und nichts dazugelernt“ gibt. Wenn das Aneignen neuen Wissens und neuer Fähigkeiten mitverantwortlich ist fürs kleine persönliche Glück, dann ist das konsequente Verweigern jeder Fortbildung halt ein sehr tauglicher Weg in ein eher tristes Leben. ;)


Star Wars: Die letzten Jedi besucht wir haben

Star Wars - Die letzten Jedi Was für eine Überraschung: Ich hab schon am ersten Wochenende den neuen Star-Wars-Film gesehen. :)

Star Wars, das muß man einleitend sagen, ist nicht mehr nur einfach eine Filmserie. Star Wars hat sich seit 1977, dem Erscheinungsjahr des ersten Films, tief in die Kultur der westlichen Welt eingegraben. Es gibt niemanden, der nicht Prinzessin Leias Nußschneckenfrisur, Laserschwerter oder Yodas verquere Grammatik (900 Jahre du bist aber Deutsch du immer noch nicht kannst) sofort zuordnen könnte, selbst wenn er noch nie einen Star-Wars-Film gesehen hat. Umso schwieriger ist es für Drehbuchautoren und Regisseure, immer neue Fortsetzungen zu produzieren: Das Publikum erwartet exakt die gleiche Geschichte wie immer, aber neu erzählt und trotzdem spannend präsentiert. Nichts verärgert die Fans mehr als etwas Neues, etwas aus ihrer Sicht Unpassendes. (Ein bißchen ausgenommen von dieser Regel sind die diversen Spin-Offs in TV und Kino, bei denen die Filmemacher größere Freiheiten haben.)

Episode VIII, „Die letzten Jedi“, schafft diesen Spagat zwischen Spannung und altbekanntem Muster hervorragend. Für jemanden, der den unmittelbar vorhergehenden Teil gesehen bzw. gut in Erinnerung hat, ist der Anfang des Films vielleicht ein bißchen zu langatmig. Neueinsteiger, die mit Rey, Finn, Poe Dameron und Kylo Ren nicht vertraut sind, werden die zusätzliche halbe Stunde aber schätzen (bzw. schätzen sie, ich habs ausprobiert *gg*). Irgendwann nimmt die Sache dann ohnehin sehr dramatisch Fahrt auf und bedient beide Erwartungshaltungen: die nach den mystischen Geschichten um die Jedi und die nach explodierenden Raumschiffen. Vor allem aber glänzt „Die letzten Jedi“ durch wunderschöne, beeindruckende Bilder ganz besonders im grandiosen Finale am Planeten Crait, der mit seiner Oberfläche aus blutrotem Metall und blendend weißem Schnee eine großartige Bühne für den Showdown bietet.

Sehr fein es war. Im Mai kommt dann das nächste Spin-Off mit Herrn Solo. Gespannt ich bin. :)


Weihnachtsfeier

Weihnachtsfeier war auch. Juchhe olé. ;)

Mobile Working: Mein neuer 26-Stunden-Tag

Die Möglichkeit, „mobil“ (also von überall aus) zu arbeiten, besteht bei uns in der Firma schon seit einigen Jahren. Auch ich hab irgendwann 2013 die entsprechende Vereinbarung unterzeichnet - und wieder vergessen. Bis wir dann diesen Herbst (temporär, wie uns versprochen wurde) in den unbeliebtesten und abgeschiedensten Standort übersiedelt wurden, den das Unternehmen in Wien zu bieten hat: ins Arsenal. Da hab ich den alten Zettel wieder rausgeholt und mir gedacht: Das versuch ich jetzt mal.

So modern und verlockend es auf den ersten Blick klingt, ganz wohl war mir zunächst nicht dabei. Immerhin muß man die Technik in den Griff bekommen, müssen Dokumente, Laufwerke, Verknüpfungen und Notizen vom mobilen Arbeitsplatz aus genauso zur Verfügung stehen wie vom Büro. Dazu stellt uns unsere IT verschiedene Optionen zur Verfügung, die man erst mal einrichten und für sich ausprobieren muß. Zuletzt will noch das bei uns besonders exzessiv verwendete VoIP-Conferencing inklusive Chat und Bildschirmfreigabe getestet werden; ohne dem geht gar nix. (Tatsächlich hats dann auch zwei Wochen gedauert, bis ich in diesem letzten Punkt erfolgreich war und endlich ein Testgespräch auf mein eigenes Handy zusammengebracht habe.)

Seither verbringe ich ungefähr zwei Arbeitstage pro Woche nicht im Büro. Wo ich mich niederlasse, hängt vom Terminplan ab. In der Regel ziehts mich in mein altes Bürogebäude oder ich bleibe ganz zuhause. Aber auch die nahe gelegenen Büros in der Antonigasse und der Hebragasse (beide bequem zu Fuß zu erreichen) sind eine Option. Flexibilität ist Trumpf. Drum heißts ja „mobile Working“, theoretisch könnte ich mit meinem Laptop auch ins Wirtshaus gehen.

Was bringts? Im besten Fall zwei zusätzliche Stunden Lebenszeit pro Tag. Jeder Berufstätige kennt das sinnlose Herumpendeln zwischen Wohnung und Arbeitsplatz, die tote Zeit, in der man bestensfalls geistesabwesend aus dem regennassen Fenster starrt. Führe ich von zuhause öffentlich ins neue Büro, schlüge eine Strecke mit einer Stunde zu Buche. Macht zwei Stunden pro Tag, die ich komplett einspare, wenn ich z.B. von zuhause aus werke. Auch bei anderen Berechnungen (z.B. ins Arsenal mit dem Auto; nicht zuhause, sondern in der Hebragasse arbeiten) kommt auf magische Weise immer ein Ergebnis raus: Mein Tag wird länger. Im besten Fall um zwei volle Stunden. :)

Ebenfalls nicht zu unterschätzen: Vor allem zuhause arbeite ich konzentrierter und schneller. Da bring ich Dinge weiter, die ich im Arsenal schon seit Tagen vor mir her geschoben habe. Mag sein, daß es daran liegt, daß ich allein arbeite. Ich weiß es nicht.

Natürlich hats auch andere Vorteile: Ich bin da, wenn der Briefträger eine Unterschrift will. Ich kann mir den Wocheneinkauf entspannt vom Spar liefern lassen - egal wie lang das Zeitfenster für die Lieferung ist, egal ob die Zustellung pünktlich erfolgt. Ich kann meinen ebenfalls VoIP-basierende Türkischunterricht unmittelbar nach dem letzten Bürotermin ansetzen, nicht erst 90 Minuten später (eine Stunde Fahrt, eine halbe Stunde Puffer zur Sicherheit). Sehr Arbeitnehmerfreundlich also.

Und der Arbeitgeber? Warum kommt mir der so entgegen? Aus seiner Sicht tut er das gar nicht. Büroarbeitsplätze kosten Geld, und zwar auch dann, wenn die jeweiligen Mitarbeiter im Urlaub sind, krank, auf einem externen Seminar oder auf Sabbatical. Wirtschaftlich sinnvoller ist es, wie eine Fluggesellschaft gleich mit Ausfällen zu kalkulieren und die Büroarbeitsplätze quasi zu überbuchen. Damit das auch richtig reibungslos funktioniert, werden die Angestellten zur räumlichen Flexibilität eingeladen. Das ist für beide Seiten von Vorteil.


Nichtraucherschutz: Die Welt im Kleinen

Der Aschenbecher ist Zeuge: alle 8 Minuten eine Zigarette Die Gruppe der Raucher und die der FPÖ-Wähler sind großteils deckungsgleich. In beiden Gruppen dominieren Männer, beide Gruppen bestehen v.a. aus Personen mit niedriger formaler Bildung. Kein Wunder also, daß ausschließlich die FPÖ auf dieser politisch billigen Schiene Klientelpolitik zu betreiben versucht, um von ihrer eigentlichen Politik (Kürzung der Sozialleistungen, 60-Stunden-Woche, …) abzulenken. (Habe ich eigentlich schon einmal gesagt, wie sehr ich mich über diesen Kampf von schwarz/blau gegen den „Kleinen Mann“ freue? Darunter leiden werden genau die, die die beiden Kaschperln trotz ausdrücklicher Warnung gewählt haben. Weil sie sich vor einem Kopftuch fürchten.)

Aktuelles Schlachtfeld ist der Nichtraucherschutz in der Gastronomie. Das absolute Rauchverbot wurde 2015 beschlossen. Die FPÖ verdreht und mißbraucht nun den Begriff „Freiheit“, um eine Gesetzesänderung herbeizuargumentieren: Eine solche Gesetzesänderung würde die „Freiheit“ der Raucher und der Wirte schützen, behauptet sie. Ja, eh. So wie die Aufhebung aller Vorschriften zur Lebensmittelhygiene in der Gastronomie die Freiheit der Wirte und der Gäste stärken würde. Billigeres Essen, weniger Bürokratie, dafür halt gelegentlich Brechdurchfall … Wer könnte etwas dagegen haben?

Wie absurd die Behauptung von der „Freiheit“ und vom freien Willen der Betroffenen ist, zeigt sich nicht erst in der Gastronomie. Man muß nur die Augen aufmachen, wenn man Gelegenheit dazu hat:

Ich verbringe ein Wochenende in Linz. In den letzten knapp 20 Jahren haben meine Eltern sich abgesehen von den üblichen Raucherwehwehchen sechs ernsthafte Krankheiten eingetreten, die von Ärzten als direkte Folgen des Rauchens bzw. Passivrauchens klassifiziert werden. Vier davon waren potentiell lebensbedrohlich. Eine weitere, die sehr schmerzhafte Nummer 7, ist eine indirekte Folgeerkrankung.

Man kann es jetzt als erstrebenswerten Ausdruck individueller Freiheit bezeichnen, daß meine Mutter unbeirrt weiterraucht. In Ruhephasen (während des Essens oder beim Fernsehen) kommt sie auf 7 Zigaretten pro Stunde. (Weil Lüften hier als ungesund gilt und über Tage hindurch vermieden wird, entspricht die Luftqualität in etwa der eines Raucherraums in der Gastronomie. Das Experiment findet also unter realistischen Bedingungen statt.) Ebenso kann kein Gesetzgeber meinem Vater vorschreiben, ob er sich dem Passivrauch aussetzen möchte oder nicht. Jeder hat so seine ganz eigenen Vorstellungen von der Freiheit, die ich meine. Und darum gehts auch gar nicht in diesem kleinen Mikrokosmos, obwohl die FPÖ versucht, es so darzustellen. Keine Sau interessiert sich in der politischen Diskussion wirklich für die gesundheitlichen Folgen, die das Rauchen auf die Raucher und die freiwilligen Passivraucher hat. Die von der Anti-Raucher-Gruppe vorgeschobenen Argumente bzgl. der Belastung des Gesundheitssystems sind hanebüchener Unsinn: Nach der gleichen Logik müßte man dann Junk Food, Schifahren und Alkohol verbieten. Wir leben in einer Gesellschaft, die Risikoverhalten generell toleriert und in einem Versicherungsnetz auffängt. Das ist nicht das Problem.

Was unsere Gesellschaft in der Regel nicht toleriert und meist strafrechtlich ahndet, ist die Gefährdung der Gesundheit und des Lebens anderer. Und da sind wir genau am Punkt:

Wir reden in Bezug auf die Gastronomie nicht von der Einschränkung der Raucher. Wir reden vom Schutz der Freiheit, des Lebens und der Gesundheit der Nichtraucher - vor allem jener, die sich dem Rauch nicht freiwillig oder einer bewußten Entscheidung folgend aussetzen. Dort, wo das Rauchverbot in der Gastronomie umgesetzt wurde, sind schon nach dem ersten Jahr beeindruckende Daten veröffentlicht worden: In Schottland sank die Zahl der Herzanfälle bei den Nichtrauchern um 20%; in Belgien gab es einen Rückgang bei den Frühgeburten um 3%; in Frankreich sank die Zahl der Herzinfarkte um 18%. Es gibt kein einziges Land, in dem die Umsetzung der Maßnahme nicht zu ähnlich signifikanten Verbesserungen der Lebensqualität geführt hätte. Und der Beobachtungszeitraum ist lang genug: Während die FPÖ den Wirten noch einredet, daß eine Gastronomie ohne Tabak denkunmöglich ist und sie alle elendiglich krepieren werden, ist das Rauchverbot in der zivilisierten Welt seit ca. 10-20 Jahren akzeptierter Normalzustand. Lang genug also um zu wissen: Der Gastronomie gehts gut, den Menschen noch besser.

Gibt es den schützenswerten Nichtraucher aber überhaupt? Den Gast, der - anders als im Mikroexperiment mein Vater - quasi unwissend oder ohne freie Entscheidung ins Raucherzimmer rutscht? Selbstverständlich. Abgesehen davon, daß in vielen Restaurants die gesetzlich vorgeschriebene Trennung nur eine theoretische ist; abgesehen von den Kellnern; abgesehen vom Gruppenzwang bei gemeinsamen Lokalbesuchen; … hier im konkreten Beispiel haben wir ein Familienmitglied, das von den Gefahren des Rauchens nichts weiß, sich daher nicht dagegen entscheiden kann und - selbst wenn es wollte - gar keine Möglichkeit hätte, seinen Willen durchzusetzen. Weil ich Menschenversuche ablehne, ist dieses Familienmitglied hier der Hund. Er entspricht in etwa einem Volksschulkind: Der kleine Körper bekommt die gleiche Menge an Giftstoffen ab, die in wesentlich höherer Konzentration wirksam werden. Und natürlich weiß weder der Hund noch der 7jährige Lukas, daß er mit jeder Zigarette einem Cocktail von 250 Giften und Karzinogenen ausgesetzt wird, daß er sich schützen sollte, daß er um Rücksicht bitten sollte. Oder halt einfach nicht mitgehen, wenns wieder ins Wirtshaus geht.

Das aktuelle Mikoexperiment hier in Linz läuft noch. Der letzte Durchgang konnte erfolgreich und mit dem erwarteten Ergebnis abgeschlossen werden: Der einzige Teilnehmer, der nie die Chance hatte, sich für oder gegen das Leben mit Zigarettenrauch zu entscheiden, ist durch einen heimtückischen Tumor innerlich verblutet. Der Tierarzt meines Vertrauens hat nebenbei erwähnt, daß dieser spezielle Tumor in besonderem Maß durch Feinstaubbelastung verursacht wird. Zur Einordnung: Eine einzelne Zigarette setzt so viel Feinstaub frei wie ein Dieselmotor, der 90 Minuten lang läuft. Im Inneren einer durchschnittlichen Raucherwohnung (und damit erst recht eines Raucherzimmers im Restaurant) liegt der Feinstaubgehalt um ein Tausendfaches höher als in Städten bei hohem Verkehr und ungünstigen Wetterbedingungen.

Es steht völlig außer Diskussion, daß der Staat die gesetzlichen Rahmenbedingungen schaffen muß, unter denen ein freies, gesundes, selbstbestimmtes und sicheres Leben möglich ist. Aus diesem Grund verhängt er Geschwindigkeitsbeschränkungen, sorgt für die Sicherheit von Lebensmitteln und die Verträglichkeit von Medikamenten, schreibt Brandschutzmaßnahmen und Fluchtwege vor. Aus diesem Grund hat er auch dafür zu sorgen, daß nicht 20% der Herzanfälle durch Fremde herbeigeführt und zu vermeiden wären, ebenso wie 3% der Frühgeburten, ebenso wie all die anderen gräßlichen Dinge, die Menschen sich durch den Passivrauch holen.

Liebe FPÖ: Nach einem Schlaganfall halb bewegungsunfähig im Rollstuhl zu sitzen und dabei nichts mehr zu sehen ist nicht notwendigerweise meine persönliche Vorstellung von „Freiheit“. Es ist aber eine medizinisch belegbare Folge des Zwangs zum Passivrauchen, den Ihr so vehement für alle einfordert.


Türkische Vorspeisenorgien

Wieder einmal fallen wir bei Ali Ocakbaşı ein, dem wohlfeilen Innenstadttürken, der uns für Humus und Şaşlık gute € 50,- pro Person abnimmt. Anlaß war der 20. Geburtstag eines jungen Mannes, der mit stoischer Miene unsere Geschichten aus seiner frühesten Kindheit (bis zurück zur Taufe) über sich ergehen hat lassen und auch nur ganz selten auf die Uhr geschaut hat, weil er anschließend noch eine „spontane Verabredung“ mit Freunden hatte. *LOL*

Geschmeckt hat’s ihm aber wohl: Von den vielfältigen Vorspeisen (Kuru Cacık, Çiğköfte, Muhammara, Humus, Patlıcan Salatası, …) ist exakt gar nichts übrig geblieben, obwohl wir zwei Gastgeber nur löffelchenweise von Humus und Cacık genascht haben. Wir mußten sogar nach den ersten paar Minuten Brot nachbringen lassen, weils einfach - ham! - in des jungen Mannes Mund verschwand. :)

Ebenfalls restlos verputzt: Die Hauptspeisen (Bonfile Dilimleri, Şaşlık, Ali Nazik), wobei wir alten Leute da schon ziemlich gekämpft haben. Die alte Weisheit von Herrn E. hat sich wieder bewahrheitet: Man soll zur Vorspeise nicht so viel Brot essen. Eigentlich soll man überhaupt nicht so viel Vorspeise essen.

Am meisten Freude hatte ich allerdings nicht am Essen, sondern am Kellner. Der hat mit einer Engelsgeduld mein Türkisch über sich ergehen lassen und mir schließlich sogar einen seiner Kollegen als Übungsobjekt angedient: Der lernt nämlich grad Deutsch und sucht einen Tandempartner. Leider mußte ich absagen.

Sehr nett, sehr gut, sehr selbstbewußtseinfördernd … gerne wieder!


Eingetragene Partnerschaft für alle

Ehe für alle Das Land jubelt. Nachdem die ÖVP bei diesem Thema (wie bei 10.000 anderen) jahrzehntelang blockiert und jeden Fortschritt verhindert hat, haben nun endlich die Hüter der Verfassung lautstark auf den Tisch geklopft:

Sowohl die Beschränkung der Ehe auf verschiedengeschlechtliche Paare als auch die Beschränkung der Eingetragenen Partnerschaft auf gleichgeschlechtliche Paare sind verfassungswidrig. Die entsprechenden Formulierungen werden mit Anfang 2019 automatisch aus den jeweiligen gesetzlichen Grundlagen gestrichen, sofern der Gesetzgeber nicht von sich aus aktiv wird und seine (dann verfassungskonformen) Vorstellungen einbringt.

Das Erkenntnis hat in erster Linie symbolischen Charakter: Die verbliebenen Unterschiede zwischen der Eingetragenen Partnerschaft (in Österreich seit 2010 möglich) und der Ehe waren zuletzt ohnehin nur mehr marginal. Selbst die gemeinsame Adoption ist gleichgeschlechtlichen Paaren in einer eingetragenen Partnerschaft inzwischen möglich. (Auch das mußten übrigens der Verfassungsgerichtshof und der EGMR klarstellen; die von der ÖVP gebremste österreichische Politik war dafür nicht zu haben.) Aus dem Stand fallen mir nur die verkürzte Unterhaltspflicht nach der Trennung ein und die Lächerlichkeit, daß der gemeinsame Familienname nicht als solcher bezeichnet werden darf. Er muß „Nachname“ heißen, denn laut ÖVP sind Birgit, ihr leiblicher Sohn Paul und Birgits Partnerin Sabine, Pauls Adoptivmutter, keine Familie. Das verstehe wer will.

Der VfGH stand vor der Entscheidung, entweder das Institut „Eingetragene Partnerschaft“ ganz zu streichen und durch die Ehe für alle zu ersetzen, oder aber beide Partnerschaftsformen für alle bestehen zu lassen. Aus Gründen der Rechtssicherheit für bereits registrierte Paare hat er sich für die zweite Variante entschieden und verhilft damit auch endlich Helga und Martin zu ihrem Recht:

Die beiden leben zusammen, haben eine Tochter und würden gern eine Eingetragene Partnerschaft eingehen. Bisher war das aufgrund des Gesetzestextes nicht möglich. Nun erlaubt ihnen der VfGH diesen Schritt. Auch das ist die Konsequenz des heutigen Spruchs.

Wie begeistert bin ich von der Entwicklung? Überraschend wenig. Erstens waren die beiden Rechtsinstitute in letzter Zeit meiner Meinung nach schon fast deckungsgleich. Die nun erfolgte völlige Wahlfreiheit in beide Richtungen ist ein wichtiges Symbol, aber kein Durchbruch mehr.

Zweitens und vor allem aber: Too little, too late. Die gesamte westliche Welt hat das alles schon. Jetzt auch endlich dabei zu sein ist nichts, worauf man übertrieben stolz sein könnte. Man braucht sich nicht mehr schämen, ja, aber sonst … Daß die Entscheidung (hinter der, darf man Umfragen glauben, rund zwei Drittel der Österreicher stehen) schon wieder gerichtlich herbeigeführt werden mußte, weil die ÖVP seit Jahrzehnten jede Reform, ja: jede Politik in Österreich verhindert, macht die Sache noch trüber.

Naja. Jetzt isses endlich da. Räumen wirs in den Schrank, wo's hingehört, und versuchen wir zu vergessen, wie unangenehm die Zeit vorher war.


Plachutta: 3 Kaffee sind genug

Wir feiern beim Plachutta. Das Restaurant ist schon kurz vor halb sechs voll bis auf den letzten Platz. Weil wir ein bißchen zu früh dran sind, werden wir an der Bar geparkt und mit Hollundersekt bei Laune gehalten. Dabei werden wir Zeugen folgender bezaubernden Szene:

Der Kellner bestellt beim Kollegen hinter der Bar einen Espresso für einen älteren Stammgast, der allein an seinem Tisch sitzt. Darauf der Kollege: Noch einen? Der hat ja schon drei gehabt. Ich glaub der vergißt das. Der Kellner geht zurück zu dem alten Herrn und erklärt ihm freundlich: Ich glaub, das mit dem Espresso lassen wir bleiben. Wir müssen ja auch ein bisserl aufs Herzerl aufpassen, gell?

Großartig. So wirds uns auch eines Tages gehen. Wobei: Erste Anzeichen sind jetzt schon da. Wie wir dann nämlich nach zwei doch sehr reichhaltigen Gängen um die Dessertkarte bitten, schaut der junge Kellner kurz irritiert und meint dann leicht besorgt: Jetzt schon? Sie können gern eine Pause machen nach dem ganzen Essen. *LOL*


Blockchains: Jenseits von Bitcoin

Daß Jolla seine Kooperation mit Zipper bekannt gegeben hat, hat meine Aufmerksamkeit auf eine Technolgie gelenkt, die ich bisher erfolgreich verdrängt habe: die Blockchain. Bisher kannte ich den Begriff nur im Zusammenhang mit Bitcoin, und es gibt nichts, was mich mehr langweilt als Krypto-Währungen. Auch digitalisiert ist Geld eben nur Geld. Was also macht jetzt plötzlich Jolla mit einer Firma, die im Technologiefeld der Blockchains arbeitet? (Oder: Arbeiten möchte. Noch sind sie ja im Gründungsstadium.) Und warum betont Zipper, daß man als Blockchain-Infrastruktur eben nicht Bitcoin, sondern Ethereum verwendet?

Das Internet ist ein weltweites Datennetz und (auch wenn es manche immer noch nicht glauben wolllen) keineswegs write-only. Man kann die Suchmaschine seines Vertrauens anwerfen und nachforschen. Und sich dann begeistern lassen: Weil die ganze Blockchain-Technologie wirklich Potential hat.

Wie so eine Blockchain technisch funktioniert, ist nebensächlich. Wichtig ist, was sie tut: Sie speichert Sachverhalte, und zwar dezentral im Netzwerk, ohne physisch vorhandenen Server, verschlüsselt und unveränderbar auf den teilnehmenden Rechnern. Bitcoin ist eine Blockchain, die sich auf einen einzigen Sachverhalt konzentriert: Wer hat wie viel Geld, wer überweist wem wie viel Geld. Das ist großartig, das funktioniert - und viele Menschen haben gelernt, damit umzugehen.

Natürlich aber gibt es auf der Welt viel mehr Sachverhalte, die man speichern kann: Wer bin ich? Mit welchem öffentlichen Schlüssel ist eine verschlüsselte Mail an mich möglich? Wann habe ich das auf eBay versteigerte Buch zur Post gebracht und abgeschickt? Welchen Vertrag habe ich mit einer bestimmten Person geschlossen und wann?

Im Gegensatz zu Bitcoin weitet Ethereum die Nutzung der Blockchain-Infrastruktur so aus, daß man neben einer Krypto-Währung (die gibts natürlich auch) genau solche Dinge festhalten kann. Sogenannte Smart Contracts beispielsweise sind die in der Blockchain abgespeicherten Verträge, in denen die Zahlung des Betrages X in der Krypto-Währung völlig automatisiert dann angestoßen wird, wenn eine programmierte Bedingung erfüllt ist. (Denkbare Anwendung: Ich kaufe online ein, der Smart Contract wird signiert ... und die Zahlung wird freigegeben, sobald das Postamt bestätigt, daß die Ware für mich zur Abholung bereit liegt.)

Damit lassen sich wunderbare Dinge konstruieren, die vom Inhalt her nicht neu sind, heute aber zwingend über Mittelsmänner wie Google laufen müssen. Beispiel: Die Routenplanung vor einer Autofahrt. Google Maps liefert die beste Verbindung inklusive Verkehrslage. Auch über die Öffnungszeiten von Raststätten entlang der Strecke weiß Google alles, mehr noch: Die Suchmaschine kann mir sagen, wann die einzelnen Lokale wegen Überfüllung zu meiden sind.

Das alles ist wunderbar und praktisch, funktioniert aber nur, weil wir alle Google mit unseren Daten füttern: Weil Android-Nutzer ihre Standortdaten übermitteln, kann Google aufgrund der Geschwindigkeit auf den Straßen auf einen Stau schließen. Ebenso weiß Google, wie viele Gäste sich in einem bestimmten Lokal aufhalten - jetzt gerade oder durchschnittlich am Samstag um 17:00 Uhr. Diese Daten sind es, mit denen Google in großem Stil Geld verdient. Es sind meine Daten, und ich bekomme von diesem Geld nichts zu sehen.

Die Blockchain kann das ändern: Unternehmen wie Streamer arbeiten an Blockchain-Anwendungen, die die Übermittlung von Daten zum Gegenstand der oben erwähnten Smart Contracts machen. Ich kann damit meine Standortdaten für mich behalten, herschenken oder verkaufen. Ich kann den Preis davon abhängig machen, ob ein Freund oder ein Fremder anfragt. Ich kann zusätzlich zum Standort die Daten meiner privaten Wetterstation verkaufen. Und ich kann dem Navi bei mir sagen: Hol Dir die aktuellen Verkehrsdaten, aber gib dafür nie mehr aus, als die Wetterstation eingenommen hat.

Es gibt das Konzept der "Glaskugel" mittels Smart Contract in der Blockchain: Man fragt das Netz, ob ein zukünftiges Ereignis eintreten wird oder nicht. Richtige Antworten werden belohnt, gleichzeitig wird registriert, wer richtig geantwortet hat. Die Annahme ist: Wer bei einem bestimmten Sachverhalt richtig liegt, kennt sich aus und wird auch bei der nächsten Frage zum Thema richtig liegen. Sein Wert steigt, seine Antworten werden höher gewichtet. In gewissen Bereichen (nicht bei Lottoergebnissen) kann so Expertenwissen abgefragt werden, das anders nur schwer aufzubauen ist.

Die Rückverfolgung gekaufter Markenware bis zum Erzeuger, die Beglaubigung von Verträgen, die Anmeldung bei Internet-Diensten, ohne ein Konto anlegen zu müssen ... all das ist nichts Neues, verlangt aber derzeit immer einen Mittelsmann, der damit auf die eine oder andere Weise Geld verdient. Und zwar mit meinen Daten. Die Blockchain macht den Mittelsmann überflüssig, vereinfacht viele Anwendungen und gibt mir die Kontrolle über meine Daten zurück. Spannende Sache. Natürlich funktionierts nur, wenn genügend Teilnehmer und Anwendungen existieren. Das muß sich erst zeigen, die Firmen stehen allesamt erst am Anfang.


Jolla: Mehr Handys, neue Technologie

Die jährliche Veranstaltung Slush, eine mehrtägige Konferenz für Unternehmensgründer und Technologiefirmen, hat für Jolla aus der Unternehmensgeschichte heraus besondere Bedeutung. Wenn das Unternehmen Neues zu erzählen hat, passiert es meist dort.

Heute hat der Jolla-Geschäftsführer Sami Pienimäki in einem Blog-Artikel zusammengefaßt, was aus seiner Sicht die wichtigsten Punkte sind, die er auf Slush präsentieren wird:

Da ist zunächst die Zusammenarbeit mit Jala, die über die ursprünglich angekündigten geograpischen Grenzen hinauswächst. Das Jala Accione wird auch in Russland verkauft (und ist damit das zweite kommerzielle Sailfish-Produkt eines Lizenznehmers am russischen Markt). Außerdem sucht Jala einen Vertriebspartner, der das Accione in der EU verkauft.

Das Projekt SailfishX, die Installation von Sailfish auf dem Sony Xperia X also, dürfte zur Zufriedenheit von Jolla laufen und wird daher 2018 weitergeführt: Einerseits will man den Markt erweitern (derzeit ist der Download nur aus Europa möglich), vor allem soll weitere Sony-Hardware mit einbezogen werden. Sami Pienimäki spricht in diesem Zusammenhang von einem aktuellen Hardware-Portfolio für 2018 und mehreren Geräten (Plural), auf denen man Sailfish installieren können soll.

Technisch am interessantesten ist die angekündigte Zusammenarbeit mit Zipper, auch wenn sie noch lange nicht in einem marktreifen Produkt greifbar wird. Hinter Zipper stehen eine Reihe früherer Jolla-Mitarbeiter, unter anderem Jolla-Mitbegründer Marc Dillon, der in diesem Promo-Video auftritt. Zipper möchte die potentiell revolutionäre, aber für den durchschnittlichen Endanwender viel zu komplexe Blockchain-Technologie auf eine Weise ins Handy integrieren, die den Umgang damit auch für "Ich will nur telefonieren"-Kunden möglich macht. Aus Sicherheitsgründen wird die dazu notwendige Software nicht als App im Betriebssystem aufgerufen, sondern lebt quasi neben dem Betriebssystem im Telefon. Das bedeutet unter anderem auch, daß das von Zipper zunächst angepeilte Gerät (zufälligerweise das Sony Xperia X) diese Technik nicht nur für Sailfish, sondern auch für das vorinstallierte Android zur Verfügung stellen wird.

Was das alles bedeutet, ist für einen Jolla/Slush-Artikel zu langatmig. Nur so viel: Die Blockchain-Technologie ist zum Beispiel die Grundlage unter anderem für die Krypto-Währung Bitcoin. Man kann sich eine Blockchain vorstellen wie einen virtuellen Server, der sich aus der Rechenkapazität aller teilnehmernden Computer zusammensetzt. Bitcoin nutzt diese Blockchain ausschließlich für das Programm "erzeuge und verwalte eine Währung". Zipper baut auf die Blockchain-Infrastruktur von Ethereum, die deutlich flexibler ist und Anwendungen jenseits des digitalen Bezahlens ermöglicht.

Außerdem - und das hört man aus anderen Ecken, zufällig aber zeitgleich - dürfte das nächste Betriebssystem-Update schon im Backrohr stecken. Neu diesmal: Das ganze User Interface gibts jetzt auch auf Türkisch. Na wer da wohl umschalten wird. *LOL*


Heuriger, Spaghetti, Mohr

Herr E. und Frau Ö. sind ja immer wieder mal Opfer gemeinsamer Abendessen. Selbst eingebrockt sie sich das haben: Sie hätten ja vor einem Jahr nicht so gut kochen müssen für uns. :)

Also gabs gestern wieder ein nettes kleines Zusammentreffen, diesmal bei uns. Gleich vorweg: Irgendwie wohl gefühlt müssen sie sich haben, unsere Gäste, sonst hätten sie nicht zu fortgeschrittener Stunde begonnen, sich ihrer Beinkleider zu entledigen. Ich werte das mal als Kompliment. *LOL*

Die Speisefolge war fast klassisch österreichisch: Ein Vorspeisenbuffet im Stil eines Heurigen (großer Fehler: niemand hatte nach Liptauer, verschiedenen Käseecken, Kürbisaufstrich, Paprika, Gurkerl, Waldorfsalat, Leberpastete, Roastbeef mit Kapern und Sauce Trara, etc., usw., usf. noch Hunger oder Appetit), ein unglaublich gut gelungener Mohr im Hemd als Dessert und dazwischen das, was Österreicher eigentlich essen, wenn keine Touristen zuschauen: Spaghetti mit Pesto. :)

Die Stimmung war prächtig, wobei ich mich des Eindrucks nicht erwehren konnte, daß unsere Gäste nicht immer und ausschließlich nur mit uns gelacht haben. Gelegentlich dürften sie es wohl auch lustig gefunden haben, wenn wir kurz aus der Gastgeberrolle gefallen sind und getan haben, was wir sonst auch immer tun. (Ja, mit 50 macht man solche Geräusche, wenn man aus der Hocke wieder aufsteht! Das ist ganz normal!)

Frau Ö. hat sich mit Interesse in mein Türkisch-Lehrbuch vertieft und war sichtlich überrascht, welchen Regeln ihre Muttersprache folgt. (Es klingt sehr kompliziert, wenn man es so lernen muß. - Sag ich ja die ganze Zeit!) Herr E. hat derweilen das Testen meines in Entwicklung befindlichen Türkischezahlenlernprogramms übernommen und mit Befriedigung festgestellt, daß der Bug bei Zahlen wie 1.001.000 behoben ist. Der hatte uns alle ja seit letzter Woche nicht schlafen lassen. ;)

Thematisch haben wir den Abend gefüllt mit Sebastian Kurz, türkischem Ölringen, österreichischem Verwaltungsstrafrecht, der molekularen Steuerung von Hefekulturen, Bad Ischl, Heißluftballons, Engeln, der vertrottelten Argumentation der Rechtsextremen für den Zwang zum Rauchen - ja so in die Richtung, mit allem, was dazwischenliegt.

Gerne wieder! Und vielen Dank fürs passende Gastgeschenk. ;)


İki bin on yedi und ich programmiere fürs Jolla

TurkishNumbers (Screenshot) Gleich zwei Sprachen gleichzeitig lernen (bzw.: wieder lernen), wo gibts denn sowas?

Wir schreiben das Jahr 2017 und zum ersten Mal seit November 2014 programmiere ich wieder für meine Sailfish-Geräte - inzwischen ja mehrere Telefone und Tablets. (Also: Was Richtiges programmieren, so mit grafischem User Interface und swipe und tap und bunt und so. Diverse Shell Scripts schreib ich ja zwischendurch immer wieder mal.)

Die Aufgabe des Programms ist denkbar einfach: Es hilft mir, türkische Zahlen zu üben. Wenn es on üç hinschreibt, muß ich „13“ eingeben. Schreibt es 25, erwartet es von mir ein „yirmi beş“. Von der Programmlogik her klingt das trivial und ist es auch. Von der User Experience her klingt es tödlich langweilig … ja, und auch das trifft zu. Trotzdem besteht hier persönlicher Bedarf, obwohl oder gerade weil es so langweilig ist: Ich will einfach nicht jedes Mal ewig überlegen müssen, wenn es um Uhrzeiten, Jahreszahlen oder Altersangaben geht. Zack, zack muß das gehen und nur Übung macht hier den Meister.

Letzteres gilt natürlich auch für JavaScript, das ich in Verbindung mit dem QML-Framework und den darauf aufbauenden Silica-Elementen von Jolla für das Handy-Programm verwendet habe.

Im Vergleich zu 2014 war ich ziemlich schnell wieder drin. Eigentlich war das Programm an nicht einmal einem Nachmittag fertig - ohne Sailfish-Benutzeroberfläche, ohne QML-Spezifika. Weil mir von Beginn an klar war, daß die Programmlogik komplett in JavaScript abbildbar ist, hab ich mich einfach zum Wochenende an einen PC ohne Qt-Entwicklerumgebung gesetzt, im Texteditor eine rudimentäre HTML-Seite als User Interface gebaut und dann die JavaScript-Teile Funktion für Funktion dazugehängt.

Das externe JavaScript-File hab ich dann zuhause in den Qt-Creator importiert und eine QML-/Silica-Benutzeroberfläche drum herum geschrieben. So einfach geht das.

Oder: So einfach ginge das theoretisch. Denn: Kaum tut das Ding von den Funktionen her ungefähr das, was es soll (Bugs sind natürlich zu Beginn immer drin und werden der Reihe nach zerdrückt), kommt man bezüglich der Benutzeroberfläche ins Grübeln. Muß man hier wirklich zwei Menüpunkte einbauen? Reicht nicht eine Swipe-Geste zwischen zwei Seiten? Soll das Eingabefeld nach der Überprüfung des Ergebnisses editierbar bleiben? Wäre es nicht cool, wenn das Programm ein großes „I“ nicht zu einem kleinen „i“, sondern türkisch-korrekt zu einem kleinen „ı“ umwandelt vor dem String-Vergleich (was die Standardfunktion zunächst nicht tut)? Nur an solchem Unsinn arbeite ich jetzt seit zwei Wochenenden. Türkische Zahlen geübt hab ich natürlich kein bißchen in der Zeit. :)

Was ich 2014 gelernt habe: Kaum wird auch das User Interface halbwegs so tun, wie ich will, wird die Software einen leisen Tod sterben. Ein installierbares Paket zu schnüren und es im Jolla Store zu veröffentlichen ist mir dann 100%ig wieder zu viel unnötige Arbeit. Aber das macht ja auch nichts. Ich hatte ein paar Wochen lang Freude und weiß jetzt wieder: JavaScript ist 1000x leichter als Türkisch. (Herr M. hat mir heute im Vorübergehen die vierte Vergangenheitsform eröffnet, in der man ein einfaches deutsches „Er hat gemacht“ ausdrücken kann: Neben „yaptı“, „yapıyordu“ und „yapmış“ gibts offenbar noch „yapardı“. Die Unterschiede, so mein Grammatikbuch, seien modal. Drauf gschissen. In JavaScript gibts weder Verben noch Zeitformen. *YSG*)


Taxify in Wien

Ich hab ja dem motorisierten Individualverkehr bereits seit längerem abgeschworen. (Was jetzt nur aufgrund meines Alters erwähnenswert ist: Von den jüngeren Menschen in meinem engeren Freundeskreis tun sich gerade noch zwei Paare die administrative Belastung eines eigenen Fahrzeugs an.)

Weil ich also vom Angebot an Taxis/Öffis/Leihwagen/Leihfahrrädern/... abhängig bin, beobachte ich dieses mit Adleraugen. Das hatte zur Folge, daß ich beim neuen Vermittlungsdienst Taxify bereits als Kunde registriert war, bevor er noch offiziell seinen Betrieb in Wien aufgenommen hatte. (Detail am Rande: Ausgerechnet ein Taxifahrer hat mich auf das neue Angebot hingewiesen.)

Wie ist Taxify? Im Prinzip fast exakt wie Uber, sogar die App sieht genauso aus. Die Hauptunterschiede: Taxify erlaubt es nicht, gezielt Wagen höherer Qualität zu bestellen. Und Taxify ist billiger:

Die von mir verglichene Teststrecke (knapp 10km, davon ein Großteil am Gürtel) kostet mit dem Taxi € 23. Uber hat unterschiedliche Preise je nach Auftragslage, ich habe immer € 15 gezahlt. Taxify: nicht ganz € 8.

Fahren tun bei Taxify, so wie bei Uber, Mietwagenunternehmer. Was Fahrer und Autos betrifft, gibt es also kaum Unterschiede. Wie so ein Fahrer mit € 8,- pro Fahrt seine 5 Kinder satt bekommt, ist mir ein Rätsel. Immerhin zweigt Taxify dann ja auch nochmal 15% ab... und die verbleibenden sechs Euro irgendwas sind auch nicht brutto für netto. Ein Uber-Fahrer hat mir einmal erklärt, daß es bei diesem Geschäftsmodell darum geht, die Leerzeiten zu füllen: Wenn der saudische Ölprinz um 15:00 mit dem Mietwagen vom Hotel zum Shopping chauffiert werden möchte und der nächste über die Zentrale gebuchte Auftrag erst für 18:00 ansteht, dann ist die Zeit dazwischen de facto Freizeit und auch als solche in die regulären Mietwagenpreise reinkalkuliert. Taxify und Uber füllen nun diese an sich auftragsfreie Zeit. Egal was der Fahrer damit verdient: Es ist immer mehr, als würde das Fahrzeug ungenutzt am Firmengelände stehen. Ganz glaub ich das nicht, aber es könnt mal die Idee hinter dem Geschäft gewesen sein.

Hat Taxify andere Vorzüge im Vergleich zu Uber, abgesehen vom Preis? Ja: Tallinn. Taxify wurde in Estland gegründet und hat seinen Firmensitz in Tallinn. Es ist also, so wie die Wiener Taxifunk-Zentralen, ein einheimisches Unternehmen. Während von jedem an einen Uber-Fahrer überwiesenen Betrag rund ein Viertel in US-Dollar über den großen Teich wandert, bleibt bei Taxify alles zuhause in Europa. Auch das ist nicht übel. (Zumindest kann man es sich so schönreden: Hinter Taxify steht inzwischen ein großer chinesischer Geldgeber. Der wird auch was bekommen wollen vom Kuchen.)

Ich glaub fast, daß Taxify in Zukunft mehr Aufträge von mir bekommen wird als Uber. Die wirken auf mich im Moment sympathischer.