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ESC 2017: Durchwachsenes Semifinale 1

So recht in Fahrt kommen will der Eurovision Song Contest 2017 nicht. Die Ukrainer müssen sich in Sachen Unterhaltungsfaktor den (zugegeben undankbaren) Vergleich mit den Schweden gefallen lassen, die die Show im Vorjahr ausgerichtet haben. Da hat man in Kiew doch eher das Gefühl, aufm Rummel zu stehen. Nur die Bühne vermittelt den Eindrück von großer Welt - die kommt aber auch nicht aus der Ukraine. Auf diese Bühne hat das ukrainische Fernsehen gleich drei Moderatoren gestellt, die mit ihrer Aufgabe trotzdem völlig überfordert sind. Die Showeinlagen bestreitet Jamala. (Das übrigens gar nicht so schlecht.)

Das Ergebnis des Semifinales läßt mich etwas ratlos zurück. Eine handverlesene Auswahl der übelsten Songs des Abends ist weiter: Schweden (OK, war zu erwarten), Aserbaidschan, Griechenland, Polen (Polen!!!), Moldau … all das müssen wir am Samstag nochmal ertragen.

Dafür raus sind der Top-10-Anwärter Finnland, die wunderschöne Ballade aus Tschechien, Georgien und Lettland. Ach ja, und Montenegro. Letzteres ist zwar eigentlich eine Zumutung, aber irgendwie will man es dann doch wieder und wieder erdulden. *LOL*

Womit kann ich also leben bei diesem Semi? Australien, Belgien, Zypern, Armenien und natürlich Portugal haben meine Zustimmung.

Mal sehen, wie groß der Schrecken am Donnerstag wird. Eins weiß ich aber heute schon: Ein Teil von mir sehnt sich insgeheim nach einem schwedischen Sieg. Nicht des Liedes wegen, sondern weil ich wieder einen mit schwedischer Begeisterung perfekt inszenierten ESC erleben möchte.


Eurovision Song Contest 2017: Wettquoten vor den Semis

Vor gut drei Wochen habe ich zum letzten Mal Wettquoten zum Song Contest veröffentlicht. Damals beurteilte die spielsüchtige Menge die Siegeschancen der Songs ausschließlich auf Basis von YouTube-Videos, kleineren Vorab-Auftritten und des erzeugten Medienechos.

Wie jedes Jahr kam dann erst während der Probentage wirklich Bewegung in die Sache. Einerseits konnten erstmals alle Lieder im direkten Vergleich gehört werden, andererseits war es erst in Kiew möglich zu beurteilen, wie die TV-Kameras die einzelnen Beiträge in Szene setzen und die Zuseher mehr (oder weniger) gnädig stimmen werden.

Da sind also einige Titel neu eingestiegen in die Top 10 - und einige frühere Favoriten haben sich wieder verabschiedet:

Rang Land Song
    Interpret  
1 Italien Occidentali's Karma
    Francesco Gabbani  
    (Ein hinreißendes Schlitzohr mit einem Affen, eine Melodie in der richtigen Balance zwischen „Ohrwurm“ und „nicht zu langweilig“, ein schlauer Text und eine Choreographie, die auch ich mitmachen kann. (Und: Keine Ballade!))  
2 Portugal Amar Pelos Dois
    Salvador Sobral  
    (Nach vielen Jahren endlich wieder Wunderschönes aus dem ansonsten fadogebeutelten Land. Ein naives Märchen zwischen Disney und Audrey Hepburn.)  
3 Bulgarien Beautiful Mess
    Kristian Kostov  
    (Radiotaugliche Ballade mit sympathischen Ethnosprenkeln.)  
4 Schweden I Can't Go On
    Robin Bengtsson  
    (Seelenlos konstruierte, äußerst professionelle Nummer. Passend seelenloser, äußerst unsympathischer Sänger.)  
5 Armenien Fly With Me
    Artsvik  
    (Fesselt von der ersten Sekunden an.)  
6 Rumänien Yodel It!
    Ilinca ft. Alex Florea  
    (Billig, billiger, Ostblocktrash. Wenn ich ganz allein bin und Kopfhörer aufhab …)  
7 Aserbaidschan Skeletons
    Dihaj  
    (Da fehlt mir dann doch die Melodie.)  
8 Niederlande Lights And Shadows
    OG3NE  
    (Der Zeitpunkt um aus der Küche Käsebrötchen nachzuholen.)  
9 Finnland Blackbird
    Norma John  
    (Düster und musicalhaft. Nicht der Knaller auf einer ESC-Party, hat aber was.)  
10 Vereinigtes Königreich Never Give Up On You
    Lucie Jones  
    (Grundgütiger!)  

Die Verlierer

Raus aus den Top 10 sind Australien, Belgien, Ungarn und Frankreich. Vor allem bei Frankreich und Belgien dürfte das wohl auf die durch die jeweiligen Musikvideos extrem hohen Erwartungen zurückzuführen sein, die die Live-Inszenierung zertrampelt:

Die französische Alma trällert ihr jungmädchenhaftes „Ich bin so unbeschwert und hüpf mit Croissants durch Paris“-Frühlingslied auf YouTube vor strahlend blauem Himmel, mit einem unbeschwerten Lächeln und in bequemen Freizeitfetzen. Das perlt wie Prosecco. Auf der Bühne des ESC hingegen hat man sie in ein geschmackloses Kleid gesteckt, das man wahrscheinlich extra aus der russisch besetzten Krim rausschmuggeln mußte. Alma schafft es darin, gleichzeitig nuttig und wie ihre eigene Oma auszusehen. Hinter ihr vorbei wirbelt dabei ein in dunkelsten Farben gehaltenes Paris, das so aussieht, als hätte der Reaktorunfall von Tschernobyl direkt im Jardin du Luxembourg stattgefunden. Das kann so nix.

Fast schon zum Schreien komisch, wenns nicht so traurig wäre: Die Ex-Favoritin Blanche aus Belgien. Sie wurde offenbar von ihrer ärgsten Feindin in ein billiges Trickkleid gesteckt, in dem sie - kaum ist der Reißverschluß zu - wie Mrs. Puff aus Spongebob doppelt so dick wirkt. Außerdem ist die gute Blanche ein Paradebeispiel dafür, wie berechtigt meine jahrelange Forderung ist: Laßt die Leute beim ESC doch bitte, bitte, bitte Vollplayback singen, wenn sie wollen (oder müssen)! Bei jeder Möbelhauseröffnung ist das möglich und das Publikum hört die Songs so, wie sie gedacht sind. Und ausgerechnet bei der größtem Pop-Show der Welt soll das nicht gehen? Lächerlich! „City Lights“ ist eine wirklich gute Studioproduktion. Blanche kanns nur einfach nicht singen. Was erschwerend hinzukommt: Blanche weiß es. Und sie weiß auch, daß ihr das Kleid nicht steht. Entsprechend verzweifelt ist ihr Gesichtsausdruck auf der Bühne. (Und auch dessen ist sie sich bewußt …)

Die Gewinner

Von den Neueinsteigern sind zwei wirklich unverständlich: Die Niederlande und das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland bringen nur die notwendigen Klopausen in die stundenlange Show.

Auch getragen, aber durchaus mit so etwas wie Musik unterlegt ist der Beitrag der Finnen. Unter den Fans ist er noch viel beliebter als bei den Buchmachern, die ihn nun nach den Proben auf Platz 9 reihen.

Wirklich witzig ist der 6. Platz für Rumänien und sein „Yodel It!“, gesungen von einer Heidi und ihrem Ziegenpeter. Das vereint alle Klischees in sich: der billige Ostblock, der Eurotrash, die von der Restwelt abgekoppelte ESC-Blase, … Kaum eins der Lieder der heurigen Show macht so viel Spaß. (OK, abgesehen natürlich von „Space“ aus Montenegro, aber das ist … wie soll ich … wie sagt man … Celebrate Diversity!)

Jetzt müssen wir warten, wer morgen und am Donnerstag rausfliegt. Die Quoten am Samstag werden dann wieder interessant.


Eurovision Song Contest 2017: Voting Sheets fürs Semifinale

ESC 2017 Die beiden Semifinalshows des Eurovision Song Contest 2017 stehen vor der Tür. Es war heuer schwieriger als sonst, die bekannten Voting Sheets zusammenzustellen: Ich habe nur wenig Bildmaterial gefunden auf der ESC-Homepage (pro Staat ein Foto), die Schreibweise der Songtitel war inkonsistent … In Kiew scheint das alles nicht so skandinavisch-organisiert zu laufen. (Obwohl ich annehme, daß die Endverantwortung für die Homepage gar nicht in der Ukraine, sondern bei der EBU liegt.)

Egal, ich hab das Unmögliche möglich gemacht. 😄 Hier sind mal die Voting Sheets für die beiden Semifinalshows am Dienstag und am Donnerstag:

Voting Sheet Semifinale #1, 9.5.2017; PDF

Voting Sheet Semifinale #2, 11.5.2017; PDF

Für die etwas fauleren Fans, die sich nicht zur Vorbereitung schon 18 Videos à drei Minuten pro Semi reinziehen möchten, hat die EBU die beiden Shows auf je ca. 7 Minuten eingedampft. (Auch hier zeigt sich übrigens der Schlendrian der heurigen Organisation: Im Video fürs zweite Semi ist noch die lispelnde Russin zu sehen, die ja ursprünglich am Donnerstag die Haare schön haben sollte. Nach der Absage Putins hat man es nichtmal geschafft, sie dort rauszuschneiden.) Hier also die Schnelldurchläufe:

Eurovision Song Contest 2017 - Semi-Final 1 - Official Recap

Eurovision Song Contest 2017 - Semi-Final 2 - Official Recap

16 der hoffnungsvollen Kandidaten aus diesen zwei Videos werden am Samstag nicht mehr dabei sein. Ich hätte diesbezüglich sehr konkrete Wünsche. *LOL*


ESC 2017: Wieder einmal Favoriten

In Kiew wird bereits geprobt. Ich bin schwer beschäftigt, an den letzten Details meiner Voting Sheets zu feilen … Zeit wirds für eine Tabelle mit meinen aktuellen Favoriten!
Rang Land Song
    Interpret  
1 Italien Occidentali's Karma
    Francesco Gabbani  
    (Ein hinreißendes Schlitzohr mit einem Affen, eine Melodie in der richtigen Balance zwischen „Ohrwurm“ und „nicht zu langweilig“, ein schlauer Text und eine Choreographie, die auch ich mitmachen kann. (Und: Keine Ballade!))  
2 Frankreich Requiem
    Alma  
    (La France, je t'embrasse, je te dis que je t'aime … von der ersten Minute an ein Ohrwurm.)  
3 Portugal Amar Pelos Dois
    Salvador Sobral  
    (Nach vielen Jahren endlich wieder Wunderschönes aus dem ansonsten fadogebeutelten Land. Ein naives Märchen zwischen Disney und Audrey Hepburn.)  
4 Armenien Fly With Me
    Artsvik  
    (Fesselt von der ersten Sekunden an.)  
5 Ungarn Origo
    Joci Pápai  
    („Mal was anderes“ im besten Sinn. Gefällt mir.)  
6 Bulgarien Beautiful Mess
    Kristian Kostov  
    (Radiotaugliche Ballade mit sympathischen Ethnosprenkeln.)  
7 Belgien City Lights
    Blanche  
    (Zeitgemäßer, charttauglicher Song, der aber leider irgendwo auf halber Strecke hängenbleibt.)  
8 Tschechien My Turn
    Martina Bárta  
    (Man mag nicht aufhören es zu hören.)  
9 Finnland Blackbird
    Norma John  
    (Düster und musicalhaft. Nicht der Knaller auf einer ESC-Party, hat aber was.)  
10 Lettland Line
    Triana Park  
    (Fußwippsong.)  

Für mich überraschend finden sich eine ganze Menge Teilnehmer unter meinen Favoriten, die auch bei den Buchmachern vorne im Rennen liegen: Italien, Bulgarien, Portugal, Belgien, Armenien, Frankreich … Das ist eine Übereinstimmung von 60%.

Dafür gönn ich mir einen ganz krassen Außenseiter: Tschechien liegt bei den Wettbüro auf dem drittletzten Platz, noch hinter Deutschland und Österreich. Bei mir ist das sanfte Lied auf Platz 8, ich mag es.

Mal sehen, ob der Sieger am 13.5. aus der Sechsergruppe kommt, die Buchmacher und ich gemeinsam haben.


Ike Superstar

Lang hats ja gedauert, bis sich wieder mal ein gemütliches Abendessentreffen mit Herrn Rainer und Herrn Wolfgang ausgegangen ist. Dafür wars die Warterei wert: Unsere Gastgeber haben die Zeit genutzt, um herrliche Grießnockerl, geniales Kalbsbutterschnitzel (mit kongenialem Püree) und eine fluffig-leichte Kaffeebutterkrämtorte zu perfektionieren. Häärrlich wars! Genau das richtige Essen für mich. (Ich mags ja, wenn man nicht mehr so genau sieht, was man da eigentlich beißt. Püree und Faschiertes sind also wie für mich gemacht. *gg*)

Natürlich wars unvermeidlich, daß ein großer Teil der Tischkonversation von den Mühen und Freuden des Lernens bestimmt war. Das gings einerseits um Sprachen (weinende Konsonanten hier und Schututtgart dort), andererseits aber auch um die geheimnisvolle Welt des Cellospiels. Ich hätt mir das ehrlich viel einfacher vorgestellt! Daß man da ohne irgendwelche Tasthilfen praktisch millimetergenau die richtigen Punkte auf den Saiten treffen muß, ist schon ziemlich herausfordernd. Denk ich mir mal.

Natürlich hat es sich der Raini nicht nehmen lassen, nach all der theoretischen Erklärung sein Instrument auch tatsächlich rauszuholen und uns eine Probe seines Könnens zu geben. Dabei mußte der arme junge Mann schmerzvoll erfahren, was man als Bühnenkünstler doch eigentlich längst wissen sollte: Tritt niemals gemeinsam mit Kindern oder Tieren auf!

Zwar hat er die Europahymne am Cello wirklich gut dargeboten (ich bin fast versucht zu sagen „wider Erwarten“ - er hat uns nämlich vorher Höhepunkte seiner Probenarbeit am Handy vorgespielt *LOL*), zwar waren wir vom angenehmen Klang des Instruments wirklich angetan … In Erinnerung bleiben wird aber nicht er, sondern der Hund. Ike ist nämlich, kaum daß Raini sein Cello zwischen den Schenkeln hatte, aufgesprungen und hat sich mit einem letzten, verächtlichen Blick über die Schulter aufs schalltechnisch angenehmere Gästeklo zurückgezogen, bevor noch der erste Ton zu hören war. Könnten Hunde mit den Augen rollen - Ike hätte es in diesem Moment getan. („Nicht das schon wieder!“) Sowas muß man einfach erlebt haben, um es zu glauben. :)

Wir hattens sehr lustig und durften ganz zum Schluß, wie wir aufs Taxi gewartet haben, dem Herrn Wolfgang noch eine völlig neue Erfahrung in seinem eigenen funkelnagelneuen Wohnmobil verschaffen: Daß es nämlich auch in diesem Riesentrumm möglich ist, nicht aneinender vorbei zu kommen. Die Situation scheint bisher nicht aufgetreten zu sein. *LOL*


Ein Volk, ein Reich, ein Führer: FPÖ-Sieg in der Türkei

Recep Tayyip Erdoğan grüßt seine Fans gerne mit dem islamistischen Rabia-Zeichen. Es war ursprünglich ein Symbol der ägyptischen Muslimbruderschaft, Erdoğan hat es übernommen und zu seinem persönlichen Markenzeichen gemacht. Weil er nun schon mal vier Finger hochgestreckt hält, sagt er einen passenden Spruch dazu: Tek millet, tek bayrak, tek vatan ve tek devlet - was auf deutsch fast so viel bedeutet wie „Ein Volk, ein Reich, ein Führer“, nur daß er den Führer vorläufig noch mit der Fahne ersetzt. Es weiß eh jeder, was gemeint ist.

Über das Ergebnis des gestrigen Verfassungsreferendums läßt sich noch viel spekulieren, noch hat sich der Staub nicht gelegt. Wird jemand anfechten? Hat eine Anfechtung eine Chance? Wie wird die Umsetzung aussehen, wenn tatsächlich (was viele bezweifeln) erst 2019 gewählt wird und die neue Verfassung damit erst 2019 Gültigkeit erlangt? Es besteht die Möglichkeit, daß Erdoğan - aus welchen Gründen auch immer - 2019 nicht Präsidenten wird. Wie werden dann die Fans, die gestern in ihrem Taumel „für Erdoğan“ und „gegen die EU“ gestimmt haben, mit der Machtfülle z.B. eines CHP-Präsidenten umgehen? Wird ihnen bewußt sein, daß sie ihm diese Macht gegeben haben?

Wenig spekulieren muß man über die Relevanz dieses Verfassungsreferendums insbesondere für Österreich. Es ist wieder einmal um eine Spur auffälliger geworden, wie nahe die österreichische FPÖ und die türkische AKP einander inhaltlich sind. Das beschränkt sich nicht nur auf den zu Beginn erwähnten Spruch mit dem Volk und dem Reich (siehe dazu: Die FPÖ am Weg zum Modell Führerstaat). Es beschränkt sich auch nicht auf den Umgang mit Andersdenkenden, auf die Instrumentalisierung des Auslands und der Ausländer, den tiefsitzenden Haß auf Intellekt und geistige Offenheit. Nein, es geht auch um langweilige juristische Details wie die verfassungsrechtliche Organisation des Staates:

Die von Erdoğan nun knapp durchgedrückte Staatsreform ist in Wahrheit nichts anderes als die „Dritte Republik“, mit der die FPÖ in der einen oder anderen Form seit Jahrzehnten hausieren geht. Schon Jörg Haider warb für die Schwächung des Parlaments, der parlamentarischen Parteiendemokratie, zugunsten eines „starken Mannes“ an der Staatsspitze, der Bundespräsident und Bundeskanzler in einer Person vereinen sollte. Ein starker Mann, der - befreit von den lästigen Konsenszwängen einer pluralistischen Demokratie, befreit von Opposition und Interessenvertretungen - dem Volk endlich seinen wahren Volkswillen (weils davon ja bekanntermaßen im Faschismus immer nur einen einzigen gibt) eröffnen und diesen dann auch gleich umsetzen kann. Nichts anderes hat Erdoğan nun für die Türkei durchgesetzt.

Abgesehen von den inhaltlichen und strategischen Parallelen gibt es auch verblüffende geographische. Sieht man sich die Ja/Nein-Landkarte des gestrigen Türkei-Referendums an und vergleicht sie z.B. mit der Hofer/VdB-Landkarte Österreichs bei der Bundespräsidentenwahl, dann fällt sofort ins Auge: Sowohl die FPÖ als auch die AKP haben keine Chance in den großen Städten, wo Menschen mit besserer Ausbildung leben, wo das Land sich der großen weiten Welt öffnet. Sowohl die FPÖ als auch die AKP punkten in den tristen Landgegenden, die von Armut, Perspektivlosigkeit und einer konservativen Enge geprägt sind. So gesehen ist die Obersteiermark das Zentralanatolien Österreichs.

Auch wenn die Situation ähnlich ist wie beim Brexit und die Auswirkungen des Referendums erst zwei Jahre später zu spüren sein werden: Aus österreichischer Sicht zahlt sich der wachsame Blick in die Türkei aus. Dort ist jetzt der Führerstaat im Bau, den die FPÖ noch in Form von Plänen und Skizzen in ihren Schreibtischen liegen hat.


Buch, Kaffee, Terrasse

Es geht nicht ohne Jacke, aber es geht. (Noch: Morgen und übermorgen solls deutlich kühler werden.)

Der Garten ist viel grüner als beim letzten Mal. Das Wasser pritschelt ins Biotop, in dem die Fische wuseln. Das Tier will partout auf meinem Schoß sitzen, was ich nur kurzfristig erlaube. So beschwert erreiche ich nämlich weder das Kaffeehäferl noch mein Buch.

Kaffee: ziemlich grauslich. Die Dame des Hauses (also die offizielle, nicht das Tier) hat den Meßlöffel verschmissen. Wie man das zsammbringt, ist rätselhaft. Wie ich jetzt ohne dieses Teil Kaffee machen soll erst recht.

Gelesen wird „Nasreddin Hoca'dan En İyi Fıkralar“ - gemütliche Anekdoten, meist nur eine halbe Seite lang. Çok eğlenceli. (Wer den Duft des Essens verkauft, bekommt dafür den Klang des Geldes.)

(Apropos „Dame des Hauses“: Die versteht auf einmal fremd. Auf mein freundliches Hazır kalkmışken bana bir Reindling getirebilir misin? giftelt sie zurück: Hol ihn Dir selber! Sehr gutes Hörverständnis!)


ESC 2017: Neue Wettquoten

Nach dem Ausscheiden der Russin, deren Antreten offenbar ohnehin nie so ganz ernst gemeint war, zahlt sich ein neuer Blick auf die zehn Lieblinge der Buchmacher aus. Seit Mitte März hat sich doch etwas getan in der Liste, auch wenn die ersten drei wie einbetoniert auf ihren Plätzen hocken:
Rang Land Song
    Interpret  
1 Italien Occidentali's Karma
    Francesco Gabbani  
    (Ein hinreißendes Schlitzohr mit einem Affen, eine Melodie in der richtigen Balance zwischen „Ohrwurm“ und „nicht zu langweilig“, ein schlauer Text und eine Choreographie, die auch ich mitmachen kann. (Und: Keine Ballade!))  
2 Bulgarien Beautiful Mess
    Kristian Kostov  
    (Radiotaugliche Ballade mit sympathischen Ethnosprenkeln.)  
3 Schweden I Can't Go On
    Robin Bengtsson  
    (Seelenlos konstruierte, äußerst professionelle Nummer. Passend seelenloser, äußerst unsympathischer Sänger.)  
4 Portugal Amar Pelos Dois
    Salvador Sobral  
    (Nach vielen Jahren endlich wieder Wunderschönes aus dem ansonsten fadogebeutelten Land. Ein naives Märchen zwischen Disney und Audrey Hepburn.)  
5 Belgien City Lights
    Blanche  
    (Zeitgemäßer, charttauglicher Song, der aber leider irgendwo auf halber Strecke hängenbleibt.)  
6 Armenien Fly With Me
    Artsvik  
    (Fesselt von der ersten Sekunden an.)  
7 Australien Don't Come Easy
    Isaiah  
    (Ganz OK. Wenn man Balladen mag. Oder Stimmakrobatik.)  
8 Frankreich Requiem
    Alma  
    (La France, je t'embrasse, je te dis que je t'aime … von der ersten Minute an ein Ohrwurm.)  
9 Aserbaidschan Skeletons
    Dihaj  
    (Da fehlt mir dann doch die Melodie.)  
10 Ungarn Origo
    Joci Pápai  
    („Mal was anderes“ im besten Sinn. Gefällt mir.)  

Verbessern konnten sichs Portugal, Armenien und Frankreich - alle drei gefallen mir sehr gut, ich gönns ihnen. :) Wir haben einen Neueinsteiger: Ungarn hats mit seinem doch eher ungewöhnlichen Lied in die Top 10 geschafft. Nicht mehr ganz so gut wie vor einem Monat stehen Belgien, Australien und Aserbaidschan da. Wobei: Was heißt „nicht gut dastehen“, sie sind in den Top 10. Österreich liegt auf Platz 34 von (mittlerweile nur mehr) 42.


Die Russin ist raus

Rums! Da warens nur noch 42. Das Reich Putins hat die Teilnahme am Song Contest 2017 nun endlich auch offiziell abgesagt. Als ob die Russen jemals die Absicht gehabt hätten …

Seit nach dem Sieg der Ukraine im Jahr 2016 fest steht, daß der Song Contest zum zweiten Mal in seiner Geschichte in Kiew stattfinden wird, wird ja heftigst über die Teilnahme oder Nichtteilnahme Russlands spekuliert. Die russische Delegation in ein Land reisen zu lassen, mit dem sich Putin de facto im Krieg befindet, ist schließlich nicht ganz unproblematisch. Überraschenderweise hat dann zwar der verantwortliche russische Sender einen Song eingereicht, gleichzeitig aber auffälliges Desinteresse an den üblichen administrativen Vorbereitungsarbeiten gezeigt. Für die übliche Erstinspektion der Veranstaltungshalle zum Beispiel, an der alle Länder teilnehmen, wurden nicht einmal Hotelzimmer gebucht.

Bald war klar, worauf Putin abzielt: In Kenntnis der ukrainischen Rechtslage hat man für den russischen Beitrag nach längerer Suche eine Sängerin gefunden, über die die Ukraine ein Einreiseverbot verhängt hat. Extrem schlau ausgedacht! Wieder einmal ist Russland das arme Opfer böser westlicher (bzw. Ukrainischer) Boykottmaßnahmen. Sooo gerne wär man dabei gewesen … aber es geht halt nicht.

Ganz so übel ist der Rückzug der Russen nicht: Nicht nur gibt es eine unerträgliche Schmalzballade weniger im heurigen Bewerb, es wurde damit auch ein ernstes Sicherheitsriskio ausgeschaltet. Ausgerechnet in Kiew für die Unversehrtheit der russischen Delegation zu garantieren, wäre für die ukrainischen Behörden ein hartes Stück Arbeit geworden - wenn sie es denn überhaupt gewollt hätten. Auch da kann man sich ja nicht so sicher sein.


Ubuntu ist tot? Lang lebe Ubuntu!

Rums! Da warens nur noch zwei. Ubuntu auf Smartphones und Tablets ist seit dieser Woche endgültig Geschichte. Mark Shuttleworth, Geldesel und „Erfinder“ der erfolgreichen GNU/Linux Distribution Ubuntu, hat in seinem Blog-Artikel vom 5. April trocken verkündet: Das Geschäft liegt - anders als von ihm ursprünglich vorhergesagt und erhofft - nicht in der Konvergenz zwischen mobilen Geräten und dem Desktop. Stattdessen verdient man sein Geld heutzutage mit Serverlösungen, dem neuen Hype „Internet of Things“ (IoT) und ein bißchen Desktop-Support.

Die mobile Version von Ubuntu, deren Weiterentwicklung bereits seit Jänner fraglich schien, ist nun also offiziell tot. Das hat Auswirkungen auf den Smartphone-Markt und auf meine Laptops bzw. Desktop-Rechner:

Der Smartphone-Markt hat jetzt nur mehr zwei freie Betriebssystem, Jollas SailfishOS und Tizen. (Wobei Tizen zwar theoretisch und technisch ein Nachfolger der Maemo/MeeGo-Ära und damit so etwas wie ein Cousin von SailfishOS ist, Samsungs sehr restriktive Entwicklungspolitik es aber schwer macht, Tizen wirklich als „frei“ zu bezeichnen.)

Für die klassischen Desktops und Laptops bedeutet Shuttleworths Kehrtwende (hoffentlich) ein Ende des Streits zwischen den Entwicklerteams von Ubuntu einerseits und praktisch allen anderen Projekten der GNU/Linux-Desktopwelt auf der anderen Seite. Seit 2010 hat Ubuntu (bzw. die dahinterstehende Firma Canonical) im Alleingang eine Reihe von Technologien entwickelt, die Mark Shuttleworths Vision vom „konvergenten Desktop“ unterstützen sollten. Egal ob Smartphone, Bürocomputer oder Fernseher, alles sollte unter Ubuntu laufen können … Weil vorhandene Technologien dafür angeblich nicht geeignet waren, entwickelte man die wichtigsten Bausteine eines GNU/Linux-Desktops neu, von der Desktopumgebung „Unity“ (statt GNOME) bis zum Display Server „Mir“ (statt Wayland), der das in die Jahre gekommene X11-Protokoll ersetzen sollte. Kritiker hatten Ubuntu von Anfang an vorgeworfen, daß es keine technischen Gründe für diese Alleingänge gab, daß die wahre Motivation hinter den Abspaltung ausschließlich rechtlicher Natur war: Canonical hatte die Projekte so aufgesetzt, daß es die komplette Kontrolle über den Code behalten und die Produkte gewinnbringend vermarkten konnte.

Daß diese Kritik durchaus berechtigt war, bestreitet mittlerweile kaum noch jemand. Letztlich ist Ubuntu wohl an dem Aufwand erstickt, für diese komplexen Aufgaben ohne fremde Unterstützung eigene Lösungen entwickeln zu müssen. Vor allem beim Display Server „Mir“ wurde das Problem nur zu offensichtlich: Hier ist gute Hardwareunterstützung gefragt, die Hersteller der Grafikkarten müssen kooperieren. Zu einem gewissen Teil tun sie das mit dem neuen Standardprojekt „Wayland“. Wo sie es nicht tun, erfährt Wayland genügend Unterstützung von Programmierern, um die notwendigen Hardwareschnittstellen auch selbst entwickeln zu können. Canonical saß wie ein trotziges Kind im Eck und mußte alles alleine stemmen, während z.B. Jolla für sein SailfishOS von den Fortschritten des Wayland-Projekts profitierte und diesbezüglich kaum Entwicklungskosten hatte.

Unterm Strich haben alle Ubuntu-User in den letzten Jahren gemerkt: Es geht kaum noch etwas weiter. Die Version für Smartphones „hatte Potential“, aber keinen funktionierenden Mail-Client. Am Desktop gabs zwar alle sechs Monate ein Update, die Änderungen mußte man aber mit der Lupe suchen. Mit dem Ende der Ressourcenfresser Mir und Unity sowie dem angekündigten Umstieg auf GNOME als Desktop-Oberfläche schon Anfang 2018 ist zu hoffen, daß diese Zeit des Stillstands zu Ende geht. Bei GNOME zum Beispiel geht ja ordentlich was weiter: Auch dort wird der 6monatige Release-Zyklus eisern eingehalten, im Gegensatz zu Ubuntu sind aber in jeder Version auch sichtbare und praktische Neuerungen zu finden.

Fazit: Um die Smartphone-Version tut es mir bedingt leid. Niemand wird sie in ihrer jetzigen Form vermissen, aber es hätte was aus ihr werden können. Daß Canonical seinen Spielzeugprojekten Unity und Mir den Geldhahn zudreht, ist allerdings eine große Erleichterung. (Ich habe bewußt geschrieben „den Geldhahn zudrehen“: Ob das das endgültige Aus für den Unity-Desktop ist, weiß niemand. Schließlich liegt der Code ja offen rum und ein paar Freunde hat das System über die Jahre wahrscheinlich doch auch gesammelt.)


Türkisch gegrillt

Ali Ocakbaşı heißt das türkische Restaurant, das Ende 2016 an der Ecke Operngasse/Elisabethstraße eröffnet hat und seither als „bester Türke Wiens“ in den siebten Himmel gelobt wird.

Das mit dem „besten Türken“ wär jetzt nicht gar so schwer in einer Stadt, in der sich türkisches Essen (mit wenigen Ausnahmen) in Lieferservices und Dönerbuden erschöpft. (Und bevor mir jetzt jemand mit dem Kent kommt: Das hat ja auch so seine guten und seine schlechten Tage.)

Das Lokal entpuppt sich als geschickte Mischung türkischer Grillgerichte mit einigen Zugeständnissen an die mitteleuropäische Erwartung. Wer zwischen Pide, Şaşlık und Lammkebap nicht fündig wird, kann auch den eher nordeuropäischen als türkischen Lachs oder einen klassischen Rindslungenbraten bestellen. Serviert wird trotzdem vom Grill und mit Beilagen, die das Essen zumindest türkisch aussehen lassen. :)

Geschmeckt hats tatsächlich großartig. Auch wenn ich nicht zu den Menschen gehöre, die sich von Magazinen sagen lassen, was sie denken und tun sollen: Diesmal hatten die bezahlten Trendschreiberlinge nicht Unrecht. Die reiche Auswahl an Vorspeisen, das raffiniert gewürzte Hauptgericht, die wunderbaren Desserts … Doch, das hatte was. Daß man hinten im Lokal den offenen Grill im Blick hat, trägt natürlich auch zur Appetitsteigerung bei.

Und nachdem ich jetzt das Lokal über den grünen Klee gelobt hab: Zum Essen waren wir ja eigentlich nicht dort. Es war wieder mal Zeit für einen Gegeneinladung an Frau Ö. (endlich wieder in Ö.) und Herrn E., der Abend hatte also einen mehr sozialen als hungerstillenden Zweck. Und auch da hat es sich ausgezahlt, obwohls einen Großteil der Zeit drum ging, wie man mich am besten „unterbringt“ - die Operation Bastkörbchen also. (Spätestens wie dabei dann die Katzen mit ins Spiel kamen, wars zu viel und das Lachen schlug in Kieferschmerzen um. *gg*)

Getroffen haben wir uns um halb acht. Das Restaurant schließt und 23:00 Uhr. Um 00:40 Uhr sind wir als die letzten Gäste endlich abgezogen. Dürft also doch ein halbwegs netter Abend gewesen sein. :)

PS: Ach ja, und endlich wurde mal mein Türkisch gelobt. War ja hoch an der Zeit, Himmel noch eins! :)


Schokoeis: Check

Auch das für die Saisoneröffnung auf der Mariahilferstraße zwingend notwendige Schokoeis hab ich mir heut geholt. Mit Schlagobers und Schokosauce.

Der Weg dahin war allerdings steinig. Erstens herrschte in der Fußgängerzone ein Gedränge und Geschiebe, daß stellenweise kein Weiterkommen war. (Wir erinnern uns: „Niemand wird je in der Mitte der Straße gehen.“) Das war ja noch eher spannend-abenteuerlich als ärgerlich. Der vielen Leut wegen geht man ja schließlich hin.

Nicht ganz so cool fanden wir, daß die Menschen vor dem Schanigarten des von uns angepeilten Eissalons bereits in Schlangen anstanden und warteten. Wobei: Nein, genau das taten sie eben nicht. Es stehen dort Leute in kleinen Gruppen rund um den Schanigarten und bemühen sich, möglichst unauffällig möglichst nirgendwohin zu schauen. Sobald eine Kellnerin an einem Tisch ihr Geldbörsl zückt, rücken diese Gruppen näher und näher zu den bald freiwerden Plätzen, um dann blitzschnell zuzuschlagen, kaum daß der erste Gast sich von seinem Sessel erhebt.

Es blieb uns wenig anderes übrig, als diese entwürdigende Variante der „Reise nach Jerusalem“ mitzuspielen. Allerdings spielten wir falsch und hatten neben dem Schanigarten des Eissalons auch den des gegenüberliegenden Hotel Kummer im Auge. Dort steht ein Schnösel mit Beanie steht auf und ich reiß ihm fast seinen Stuhl aus der Hand, um bloß keinem anderen eine Chance zu geben. Meins!

Ausgezahlt hat es sich jedenfalls: Auch im Hotel Kummer gibts Eis, und auch im Hotel Kummer sitzt man erste Reihe fußfrei vor dem lustigsten Getümmel, das Wien zu bieten hat. Wir sehen manche unserer Freunde in 15 Jahren, besixpackte Radfahrer mit oben nur einem Rucksack, ein seltsam ernstes Männlein mit Schnauzbart („Rock und Hut stehn ihm gut, ist nicht wohlgemut“), Cem-Kaya-Gedächtnisfrisuren (man trägt sie jetzt doppelt so hoch) und offenbar selbst designte T-Shirts, die ich der Verkäuferin noch am selben Tag zurückbringen würde. Alte Männer tragen dem Kalender entsprechend schwere, schwarze Wintermäntel, die gençler dem Wetter entsprechend (sonnig, wolkenlos, 24°) kurze Hosen und irgendwas mit ohne Ärmel. (Ich frag mich grad jetzt, während ich das tippe: Meine dicke Winterjacke hab ich erst gestern abgelegt, und „kurz“ werd ich bis zum Urlaub sicher nicht mehr unterwegs sein. In welche Kategorie falle ich also? *gg*)

Man vergißt die Zeit, schaut schmunzelnd auf den sich verbeischiebenden Strom von Menschen und läßt sich die Sonne auf den Bauch scheinen. Irgendwann haben wir uns dann einen Ruck gegeben und sind wieder heim: Es gibt heute noch was zu tun.


Doch kein Aprilscherz? Neues vom Jolla Tablet

Das angebliche YouYota TabletSeltsame Dinge passieren: Eine im ehemaligen Nokia-Forum talk.maemo.org veröffentlichte Ankündigung, wonach das ursprüngliche Jolla-Tablet wieder in Produktion gehen soll, wurde vom Großteil der Community zunächst als gelungener (wenn auch brutaler) Aprilscherz abgetan.

Nur gehört es aber zur Tradition von solchen Aprilscherzen im Netz, daß der Autor sie als solche kenntlich macht, nachdem sie enttarnt wurden. Nicht in diesem Fall: Er sei sich durchaus bewußt, daß das Veröffentlichungsdatum unglücklich gewählt war, sagt der Autor. Ein Scherz sei es aber nicht.

Falls nun tatsächlich alles stimmt, legen ein Mitglied der Jolla Community und der ursprüngliche chinesische Hardwareentwickler des Jolla-Tablets das seltene und von Pech verfolgte Stück neu auf. Der Markenname „Jolla“ steht ihnen nicht zur Verfügung, daher soll es als „YouYota Tablet“ vertrieben werden. Um die Produktion nicht erneut mit unnötigen Risken zu gefährden, wird exakt die gleiche Hardware verwendet wie im Originalgerät von Jolla aus dem Jahr 2015. Heißt: Das aktuellste und schnellste Gerät wirds nicht werden. Heißt aber auch: Kompatibilitätsprobleme mit dem Sailfish-Betriebssystem oder den Anwenderprogrammen sind auszuschließen.

Apropos Betriebssystem: Interessant finde ich, daß das Projekt angeblich eine von Jolla lizensierte Version inklusive aller proprietären Komponenten wie Exchange und Alien Dalvik verwendet. Auf Verbindungen zu Jolla deutet auch die Absichtserklärung hin, ursprünglichen Unterstützern der Jolla-Crowdfunding-Kampagne einen Rabatt zu gewähren. (Irgendwo müssen die Daten ja herkommen.)

Bringt mir das etwas? Durchaus. Sollte das seltene Stück (nur rund 500 Exemplare wurden tatsächlich ausgeliefert, knapp 0,5% des globalen Bestandes befinden sich in meinem Besitz) tatsächlich wieder verkauft werden, haben sowohl Jolla selbst als auch Softwareentwickler wieder mehr Motivation, Betriebssystem und Programme auf den größeren Tablet-Bildschirm hin zu optimieren. Zwar rechne ich es Jolla hoch an, daß seit 2015 ausnahmslos alle Betriebssystem-Updates auch mit den seltenen Tablets kompatibel waren. Ohne diesen erneuten Produktionsschub wäre aber ein Supportende in naher Zukunft nicht auszuschließen gewesen.


Mariahilfer Straße eröffnet

Die Saison ist eröffnet: Den ersten „heurigen“ Eistee (Pfirsich, eh klar) auf der Mariahilfer Straße hab ich am 31.3. um 17:00 im Schanigarten des Hotel Kummer bestellt. Leut schaun, bei süßen Boxerhundsis „Maaah!“ fiepen (auch der Herr B., obwohl der, glaub ich, eher das Frauerl angschaut hat dabei), die Live-Musik genießen (die Herrschaften kamen dann zum Münzensammeln durch: „Hier sind zwei Euro - aber nur, wenn Sie weiterspielen, verstanden?“), den langweiligen jungen Karrieremenschen am Nebentisch mit aus heutiger Sicht bizarren Beziehungskonzepten aus den 1980ern die Schamesröte ins Gesicht treiben … Schön isses! Vielleicht gönn ich mir das am Samstag nochmal mit Schokoeis statt Eistee. ;)


Alles Gute zum Geburtstag, liebe EU

Alles Gute zum 60. Geburtstag Weils auch mal gesagt werden muß: Die EU feiert - wenn man ihre Geschichte inklusive aller Vorgängerverträge betrachtet - heute ihren 60. Geburtstag. Ich gratuliere recht herzlich dazu und freue mich darüber.

Ausschließlich aufgrund dieses politischen Einigungsprozesses ist ist mir vergönnt, in der längsten Friedensperiode auf dem Territorium dieser EU zu leben. (Meine Großeltern hatten in meinem Alter bereits zwei Kriege hinter sich - oder haben aufgrund dieser Kriege mein Alter gar nicht erst erreicht.) Das allein ist ein Grund zum Feiern. Kleine persönliche Vorteile wie die deutlich niedrigere Inflation, die unkomplizierten Urlaube, das einfache Einkaufen im Internet ohne rechtliche Probleme sind da nur mehr der Zuckerguß. (OK, ich geb zu: Mehr als nur ein bißchen Zuckerguß ist die Tatsache, daß ich ein GNU/Linux betriebenes Jolla-Smartphone mein Eigen nennen darf. Auch das wäre ohne EU niemals möglich gewesen.)

Mit wenig Verständnis begegne ich politischen Rattenfängern, die aus Geldgier und persönlichem Machtstreben die europäische Seuche des Nationalismus wiederbeleben wollen. Wenn diese verantwortungslosen Egomanen sagen, daß sie für die Interessen ihrer jeweiligen Länder „gegen die EU“ kämpfen möchten, dann meinen sie in Wahrheit: „gegen andere europäische Staaten“ kämpfen. „Die EU“ als solche gibt es nicht, sie ist die gemeinsame Plattform und Stimme aller ihrer Mitgliedsstaaten. Wer gegen die EU kämpft, kämpft gegen die anderen 27 Mitgliedsstaaten, kämpft gegen seine Nachbarn - und verheizt seine Wähler wieder im bewaffneten Konflikt, noch bevor diese wissen, was passiert ist.