Oskar Welzl: Weblog zur Homepage

Blog aktualisiert am

Geburtstag: Der Bär

Geburtstagsbär So ist muß das sein! Der traditionelle Geburtstagsbär, das traditionelle Geburtstags-Spruchband, dazu ein feiner Espresso … und Päckchen! Dritter Tag des Geburtstags-Wochenendes. :)

In Geschenkpapier verhüllt waren Stammzellen, Dinosaurier, geekiges aus dem Comicbuchladen (woher sonst *LOL*) und ausgesprochen schräge Literatur aus Linz. Ich bin sehr gespannt auf die nächste Pizza! 🍕🖖😁


Geburtstag: Das Abendessen

Weiter gehts im Geburtstagswochenende: Das Abendessen beim Plachutta gehört unbedingt dazu. Eigentlich gibts da seit Jahren eine exakt festgelegte Speisefolge. Irgendwie aber hab ich mich so jung und frisch und spontan und wild gefühlt, daß ich das alles über den Haufen geworfen hab:

Statt Gänseleberpastete, Lungenbraten und Kräm Brülle mußten mir die verdutzten Kellner Basilikumschaumsuppe mit Parmesancroutons, Filetspitzen mit Schwammerlrahmsauce und Nockerln und schließlich Mousse von der Pralinenschokolade servieren. Zu allem Überfluß gabs dann auch noch einen völlig neuen Kellner („You rang?“). Das sind dann auch wieder genug Veränderungen für dieses Mal. In weiterer Folge wünsche ich den traditionellen Bären. ;)


Geburtstag: Es geht los!

Geburtstagsfeier in Linz Während in Finnland die ersten geladenen Gäste ihr personalisiertes Jolla C entgegen nehmen, beginne ich mit den heurigen Geburtstagsfeierlichkeiten:

Marillenknödel (supermjamm!) gibt's, weil die Torte für Sonntag eingeplant ist. Die ersten Päckchen können geöffnet werden: Neben dem Unvermeidlichen (Song Contest, eh klar *gg*) gibts mehr oder weniger auch für mich ein Jolla C (drum hab ich das zeitliche Zusammentreffen am Beginn erwähnt) und etwas, was vor allem meine Kollegen im Büro sehr freuen wird. Tanja, der Kampf ist entschieden! Diese Waffe ist zu mächtig! *LoooL*

Bei all dem liegt der Hund um mich rum und genießt die Sonne, die übrigens nach einem eher trüben Vormittag auch pünktlich zur Bescherung herausgekommen ist. So fängt ein Geburtstagswochenende an! :)


OÖ: Schwarz und Blau schüren Haß und Neid

Es ist dies die traurige Fortsetzung des Artikels „Die dreckige Politik der ÖVP“ vom Februar: In Oberösterreich hat die ÖVP heute das soziale Netz für jene Menschen durchschnitten, die aufgrund der von der ÖVP selbst verantworteten Gesetzeslage ins Land geholt wurden. Erst Asyl gewähren, dann verhungern lassen lautet die Devise. Die Verordnung, die dazu heute im Landtag beschlossen wurde, ist dabei inhaltlich ein Sieg der ÖVP. Von der reichlich bizarren Formulierung her kann die FPÖ sie blendend an ihre Klientel verkaufen, die sich ja reichlich wenig um tatsächliche Fakten schert. (Was ich übrigens heute beim Mittagessen mit meiner Familie erleben durfte. Fremdschämfaktor 180. Es war zum Unter-den-Teppich-Kriechen.)

Was man getan hat und warum?

Was hat man gemacht? Unter dem Vorwand, die Finanzierbarkeit des Sozialsystems erhalten zu müssen, hat man die Mindestsicherung von € 914,- auf € 520,- gekürzt. (Das Argument ist hanebüchen. Ich wiederhole mich, aber einige habens noch immer nicht begriffen: Die Mindestsicherung macht 1% des Sozialbudgets aus. Sie ist ganz sicher keine Stellschraube, die aufs Gesamtsystem Einfluß hat.)

Hat man die bedarfsorientierte Mindestsicherung für alle gekürzt? (Wegen der Finanzierbarkeit des Sozialsystem warats.) Nein. Die Kürzung gilt nur für jene, die sich aufgrund eines positiven Asylbescheids in Österreich aufhalten, die also gerade erst aus der staatlichen Grundversorgung gefallen sind und exakt gar nichts haben.

Glaubt man selbst an das Märchen von Kollaps des Sozialsystems? Nein. Die Bundes-ÖVP gibt offen zu, worums wirklich geht: Die Attraktivität Österreichs als Zielland für Flüchtlinge muss gesenkt werden, sagt ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner in diesem Zusammenhang. Das also ist die wahre Intention. Grundsätzlich wär das für sich allein noch nichts Verwerfliches - es ist halt einer von vielen möglichen Standpunkten in der Debatte. Verwerflich, ja geradezu grauslich ist es aber, wenn die Partei, die im Bund seit 1987 und auf Landesebene seit 1945 ununterbrochen an der Macht ist, einerseits die rechtlichen Rahmenbedingungen für die gegenwärtige Immigrationswelle verantwortet, weil sie sich willigere Arbeitskräfte verspricht, andererseits aber den ins Land geholten Billigarbeitern die Sozialhilfe verweigert.

Ein kleiner (aber für die ÖVP wesentlicher) Nebenaspekt der Neuregelung ist in der öffentlichen Diskussion völlig untergegangen: Der sogenannte „Jobbonus“. Die Rechnerei ist kompliziert, unterm Strich läuft diese Neuregelung aber darauf hinaus, daß der Steuerzahler die von Unternehmen bezahlten Niedrigstlöhne noch stärker subventioniert als bisher. Derzeit wird ein Niedriglohn-Bezieher maximal bis zur Obergrenze der Mindestsicherung „aufgestockt“. 60% aller Bezieher von Mindestsicherung sind solche „Aufstocker“. In Zukunft wird mit Aufschlägen und Deckelungen gerechnet, sodaß unterm Strich bei noch niedrigerer Lohnzahlung ein höheres Einkommen für den Arbeitnehmer herausschaut, finanziert durch den Steuerzahler. Die Wirtschaft freuts, und geht's der Wirtschaft gut, kommt uns meistens das Abendessen hoch.

Was verkauft man den Wählern?

Vor allem die FPÖ, die den Schwarzen hier den Steigbügelhalter gemacht hat, nutzt die eigentümliche Konstruktion der Verordnung für massive Propaganda an „ihre Leute“. Auf nur mehr € 365,- habe man die Mindestsicherung für die pöhsen Ausländer gekürzt, jubelt der oberösterreichische FPÖ-Chef Haimbuchner. (Es ist bezeichnend für die Widerwärtigkeit seiner Anhänger, wenn man bei ihnen punkten kann, indem man sich als noch gewissenloser darstellt, als man ist.) Die Differenz zwischen den von der FPÖ verkauften € 365 und den in den Medien genannten € 520,- erklärt sich durch ein angebliches „Bonussystem“ für erfolgreich Integrationsbemühungen, das nochmal bis zu €155,- bringt. Haken an der Sache aus Sicht der betrogenen FPÖ-Wähler: Dieser „Bonus“ muß nicht erarbeitet werden. Man nimmt die Voraussetzungen einfach als gegeben an und beginnt die Auszahlung mit dem Höchstbetrag. Erst wenn der Mindestsicherungsbezieher böse war und z.B. eine ihm zumutbare Arbeit nicht angenommen hat, kann der Bonus fallen. Was natürlich niemand weiß: Schon nach dem alten System war in diesem Fall eine Kürzung auf 50% möglich, in Ausnahmefällen sogar die komplette Streichung der Mindestsicherung.

Was kommt am Stammtisch an?

Normalerweise beziehe ich mein Wissen über die Meinung an den Stammtischen ja ausschließlich aus den Facebook-Auftritten rechtsextremer Polit-Hetzer und aus den Meldungen von Herrn Blue. Heut aber hatte ich - naja, „Glück“ irgendwie. Aus quasi journalistischer Sicht. Menschlich wars ein Schlag in die Magengrube. Ich durfte nämlich auch beim Mittagessen live miterleben, wie der Stammtisch die Neuregelung beklatscht. Folgende - räusper - „Argumente“ habe ich teils hier, teils da gesammelt:

  • Für was brauchen die € 914,- im Monat, die zahlen ja nicht einmal Miete. - Ja, eh. Sobald ein Asylwerber den positiven Bescheid in der Hand hat und damit aus der staatlichen Grundversorgung fällt, werfen in ganz Oberösterreich Vermieter ihre Luxusdomizile auf den Markt und prügeln sich darum, sie gratis anbieten zu dürfen. (Kleines Detail am Rande: Im unwahrscheinlichen Fall, daß jemand wirklich keine Wohnungskosten zu tragen hat, fallen generell 25% der Mindestsicherung weg. Das gilt unabhängig vom Bundesland.)
  • Die haben ja gar keine Ausgaben, nicht einmal ihr Essen müssen sie bezahlen - Das also verstehen die Leut unter bargeldloser Bezahlung: Asylbescheid an der Billa-Kasse herzeigen und schon ist alles gratis. Mal ernsthaft: Geht's noch? Wie reimt man sich sowas zusammen?
  • Was wollen sie denn noch? Die kriegen alle gratis Handys! - Ich glaub dazu gabs vor gefühlten 150 Jahren schon eine A1-Presseaussendung. Unglaublich, wie langlebig der Facebook-Schwachsinn ist.
  • Ein österreichischer Mindestpensionist bekommt viel weniger, der kommt nie auf € 914. - Doch, kommt er. Sogar auf mehr, auf € 1030,- nämlich. Auch wenns zunächst nicht so klingt (die kleine Pension mit Ausgleichszulage wird überall mit € 882,78 angegeben): Pensionsauszahlung ist nun mal 14x pro Jahr, Mindestsicherung gibt's nur 12x. Runtergebrochen aufs Kalendermonat haben die Pensionisten um über € 100,- mehr.
  • Egal für wen, € 914,- wären sowieso zu hoch für jemanden, der nicht arbeiten will. - Die Frage stellt sich nicht. Wer nicht arbeiten will, fällt zurück auf € 457,-. 50% Abschlag bei Verweigerung einer zumutbaren Tätigkeit. Weil 60% der Mindestsicherungsbezieher erwerbstätig sind und nur „aufstocken“ müssen, liegt der durchschnittlich ausbezahlte Betrag bei € 320. Das gedankliche Festkrallen an € 914,- im Monat (was für die meisten mangels besseren Wissens bedeutet: € 914,- 14x im Jahr) ist ein Ergebnis der haßerfüllten FPÖ-Hetze, die Mindestpensionisten gegen Mindestsicherungsempfänger kämpfen läßt.

Ich zerbrech mir noch den Kopf darüber, wie Teile der hier zitierten Facebook-Propaganda bei mir zhaus zu Leuten kommt, die nichtmal Internet haben. Meine derzeitige Theorie: Die Kronen Zeitung mit ihren sogenannten „Leser“-Briefen einerseits und die stille Post im Freundeskreis andererseits. Irgendein Sohn von einem Freund der Friseurin wird ja wohl Facebook lesen … Die Antwort auf meine Frage nach der Quelle der Gratishandy-Behauptung war jedenfalls reichlich dubios. *schauder*


MyTaxi: Wie man Stammkunden vergrault

MyTaxi-Icon MyTaxi hat es tatsächlich geschafft, mich nach zwei Jahren aus dem Kundenstamm des Unternehmens zu vertreiben und aus mir einen Uber-(Test-)Kunden zu machen. Wie sie das angestellt haben? Kundendienst! Die Antwort des Hamburger Unternehmens auf meine Anfrage in Bezug auf die letzte Gutscheinaktion war so unfreundlich, beleidigend und desinteressiert, daß ich mir nach eine kurzen Nachdenkpause gedacht hab:

Die machen mit mir seit Anfang 2014 rund € 800,- Umsatz pro Jahr in einer Branche, die seit Ewigkeiten von einem eklatanten Überangebot und mangelnder Nachfrage gebeutelt ist. Wenn ich mein Geld schon beim Fenster hinaus werfe - muß ich das dann ausgerechnet bei der Firma tun, die mir auf den Kopf scheißt? Noch dazu, wo ich ja mit jeder Fahrt neu entscheiden kann, wem ich mich anvertraue? Nein, ich muß nicht.

Ich habe mein Mißfallen in meiner Antwort (die in Kopie an die Wiener Niederlassung in der Lazarettgasse ging) zwar zum Ausdruck gebracht. Ich habe den Herrschaften erklärt, daß ich das schnoddrige „Ist mir wurscht“-Schreiben ihrer Kundendienst-Mitarbeiterin nicht akzeptiere, daß ich eine zivilisierter formulierte Antwort auf Augenhöhe erwarte und daß ich bis dahin kein Geld mehr rüberwachsen lassen werde. Große Hoffnungen diesbezüglich hege ich aber nicht: Der Kundendienst von MyTaxi war auch bei einfachen Geschäftsfällen immer schon eine einzige Katastrophe. Es würde mich wundern, wenn die einen funktionierenden Beschwerdeprozess hätten, wenn schon die Grundlagen nicht funktionieren. Jedenfalls herrscht jetzt mal seit einer Woche Funkstille, weder Hamburg noch die Lazarettgasse sind der Situation gewachsen.

Dabei geb ich zu: Ich würde wahrscheinlich nicht halb so empfindlich auf die Frechheiten aus Hamburg reagieren, wenn ich nicht selbst seit Jahrzehnten im Kundendienst tätig wäre. Ich weiß, wie's geht. Ich weiß, was tolerierbare menschliche Fehler sind und was grobe Schnitzer. Früher schon habe ich mich immer entsetzlich aufgeregt, wenn einer meiner Mitarbeiter aus bloßer Borniertheit die klaren Vorgaben ignoriert hat, die bei der Kundenbindung helfen. (Nach dem Motto: Ich erwarte ja nicht von ihm, daß er wissenschaftliche Arbeiten über zwischenmenschliche Kommunikation verfaßt - aber er soll die vorgegebenen Formulierungshilfen verwenden.) Der Ärger über die eigenen Mitarbeiter hat sich im Lauf der Zeit auf jeden übertragen, der im Kundendienst beschäftigt ist und seinen Job nicht ordentlich erledigt.

Kostenlose Ratschläge also aus dem Kundendienst von Radio Austria, Datakom, Telekom Austria und A1 an die Freunde von MyTaxi:

  • Wir erklären dem Kunden nicht, daß er zu blöd ist. Wir denken es uns hin und wieder, zugegeben, lassen diese Gedanken aber bei der Formulierung unserer Mails möglichst weg.
  • Wenn wir in Mails auf Geschäftsbedingungen oder ähnliche Rechtstexte Bezug nehmen, kopieren wir sie unverändert oder verweisen per Link auf das Original. Wir verwenden keine umformulierten Varianten, die dem Original in wesentlichen Teilen wie z.B. dem räumlichen Geltungsbereich widersprechen. Das wirkt unseriös.
  • Wir halten uns an Informationen aus dem CRM-System und lassen den Kundenwert in die Bearbeitung eines Geschäftsfalles mit einfließen. So verhindern wir, daß wir in einem Streit um Minimalbeträge Kunden verlieren, die uns diesen Betrag in 3-4 Tagen wieder hereingebracht hätten.
  • Wir sagen dem Kunden auch nicht, daß er uns egal ist, daß wir mit ihm nichts zu tun haben wollen und daß er sich an irgendeine andere Firma wenden soll, falls er eine Frage zu unserem Service hat. In Sachen „langfristige Kundenbindung“ kommt das oft nicht so gut rüber.

Tja. So ist das nun. Ich glaube zwar nicht daran, daß der Markt grundsätzlich immer alles regelt und daß der Konsument durch sein Kaufverhalten Macht ausübt. In diesem Fall gebe ich mich aber gerne dieser Illusion hin und mache das, was dem momentanen Objekt meines heiligen Zorns am meisten schadet: Ich fahre mit Uber. (Sorry Herr K., Herr A., Frau G., Herr T., Herr H. und alle anderen Taxifahrer, bedanken Sie sich in der Lazarettgasse.) Ja, Uber ist böse und unmoralisch und eigentlich würde ich das nie verwenden. Ich erlaube es mir aber derzeit vorübergehend mit folgender Ausrede: Nachdem MyTaxi für mich weggefallen ist, teste ich die Alternativen. Auch die „Apps“ der klassischen Wiener Funkzentralen kommen nach längerer Pause wieder zum Zug. Es würde mich also nicht wundern, wenn im Lauf der nächsten Wochen hier ein Testbericht mit Vergleichstabelle auftauchen würde. ;)


ÖBB: Sonderbehandlung für Ausländer

Bei der Einfahrt in den Bahnhof St. Pölten:

Der Ausstieg befindet sich in Fahrtrichtung links. Exit on the right hand side.

Es gibt fast jedes Mal was zu schmunzeln.


Individueller Einsatz von Pfefferspray

Pfeffersprayeinsatz am 11. Juni in Wien Da haben sich doch noch Straßenschlachten abgespielt heute rund um die Demonstration der sogenannten „Identitären“ zwischen Stadthalle und Westbahnhof. Die Landespolizeidirektion Wien twittert unter anderem:

Polizisten werden von Demonstranten angegriffen, daher wird Pfefferspray individuell eingesetzt.

Klingt vernünftig und richtig. Blöd nur, daß der Pfefferspray-Einsatz (und vor allem die Augenblicke unmittelbar davor) gefilmt wurde. Das Video, das hoffentlich möglichst lange noch hier abrufbar ist, erzählt eine völlig andere Geschichte: Die Polizisten stehen geschlossen quer über den äußeren Neubaugürtel. Unmittelbar vor ihnen sieht man Fotografen. Der angeblich gewalttätige Zug der Gegendemonstranten ist so weit weg, daß er zunächst gar nicht im Bild ist. Ohne erkennbaren Anlaß setzt sich die uniformierte Formation in Bewegung und beginnt, großflächig und ungezielt Tränengas zu versprühen. Individuell sieht anders aus, erst recht ist kein unmittelbarer Angriff wahrzunehmen. (Nicht zu diesem Zeitpunkt jedenfalls. Laut Presse wurde einige Zeit zuvor mit Gegenständen geworfen - allerdings von den Identitären auf die Gegendemonstranten. Später dann haben kunterbunt alle mit Stangen geprügelt und mit Kartoffeln geworfen, was man auch als unmittelbare Reaktion auf die vorbildlich deeskalierende Taktik der Polizei deuten kann.)

Weitere Videos (zusammengefaßt in diesem Artikel) und Berichte im Internet bestätigen auch diesmal wieder, was in den letzten Jahren allzu offensichtlich geworden ist: Wien hat ein Problem mit einer Polizei, die sich politisch mit dem rechten Rand solidarisiert.

Um die (übrigens wiederholten) Tränengas-Einsätze zu verstehen, muß man wissen, wessen Aufmarsch hier mit so unverhältnismäßigen Mitteln von Gegendemonstranten getrennt wurde:

Die „Identitären“ im deutschen Sprachraum gehen auf eine Facebook-Gruppe zurück, die im Fahrwasser des Sarrazin-Buches „Deutschland schafft sich ab“ entstanden ist. Sie pflegen enge Verbindungen zum französischen „Bloc identitaire“, einer Nachfolgeorganisation der 2002 verbotenen rechtsextremen „Unité radicale“. (Kleine historische Randnotiz: Die „Unité radicale“ wurde nach einem geplanten Mordanschlag auf den damaligen französischen Präsidenten Jacques Chirac verboten. Nur damit man weiß, womit mans zu tun hat.)

Optisch gibt man sich bei den Identitären betont brav und bürgerlich. Auf Videos und Bildern sind fast immer nur möglichst gutaussehende, sympathische junge Menschen zu sehen. (Soweit man das eben kontrollieren kann. Die Teilnehmer der heutigen Demonstration fallen nicht alle ins Schwiegersohn-Schema. *g*) Keine Mama dieser Welt hätte ein Problem damit, ihre pubertierenden Kinder bei diesen Leuten zu wissen. Die wirken eben alle sehr anständig.

Die Wirklichkeit sieht ein bißchen anders aus. Ähnlich wie die SA in den Jahren vor der Machtergreifung der NSDAP steht die „Indentitäre Bewegung“ den rechten Parteien bei der Durchführung von Aktionen zur Seite, von denen man als mögliche zukünftige Kanzlerpartei eher die Finger lassen sollte: Theateraufführungen stürmen, den Rektor einer Universität prügeln, unliebsame Demonstranten mit Gürteln und Totschlägern zu Boden schlagen, Parteizentralen politischer Ggener besetzen … Nicht zufällig ähnelt das Logo der Identitären auch einem stark abstrahierten SA-Emblem. Ein interessanter Bericht über Hintermänner und Verbindungen der Organisation nach Russland findet sich hier.

Tja. Und da steht nun die Wiener Polizei mit rund 1.000 Mann, offiziell angetreten, um die drei für heute angemeldeten Demonstrationen (eine der Identitären, zwei Gegendemonstrationen) friedlich aneinander vorbeizulotsen. Wer die Bilder und Videos sieht, hat keinen Augenblick lang den Eindruck, daß die Uniformierten eine neutrale Position zwischen den drei Gruppen einnehmen. Die Polizei steht fest auf der Seite der einen und tritt gegen die beiden anderen auf. Mit so viel Tränengas, als ob man den Grünstreifen in der Mitte des Gürtels damit bewässern wollte.

Wenn sich die Gesetzeshüter in Wien so energisch mit jenen solidarisieren, die gerade erst vor zwei Tagen in Klagenfurt den Rektor der Universität verprügelt haben, dann haben wir hier in der Stadt ein Problem.


Wahlanfechtung: Die FPÖ am Weg zum Modell Führerstaat

H.C. StracheAm 23.5. hab ichs vorhergesagt: Van der Bellens knapper Vorsprung von nur 31.000 Stimmen zwingt die FPÖ geradezu zur Anfechtung. Jetzt also ist es so weit. Und: Eigentlich ist das gut so.

Gut ist, daß die im Umfeld der Wahl bekannt gewordenen Unregelmäßigkeiten vom verfassungsmäßig zuständigen Organ behandelt werden. Sie sind ernst zu nehmen und nicht von unqualifizierten Schreihälsen auf Facebook, in den Gratiszeitungen oder auf rechten Websites für Propaganda und Opfermythen zu mißbrauchen.

Gut ist, daß in diesem Zusammenhang das Institut der Briefwahl endlich breit diskutiert wird. Es wurde 2007 auf Wunsch der ÖVP ins Wahlrechtsänderungsgesetz reklamiert, als Preis für die von der SPÖ gewollte Senkung des Wahlalters. Als einzige Partei gegen das gesamte Paket gestimmt hat damals die FPÖ, und das zumindest bezüglich der Briefwahl aus gutem Grund: Das Ausfüllen des Wahlzettels unter Papas Aufsicht am heimischen Küchentisch entspricht nun einmal nicht dem Grundsatz der geheimen Wahl. Aus. Basta. Da gibts nichts zu deuteln und zu argumentieren. Die Briefwahl ghört weg. (Öffentlich diskutiert wurde das Thema 2007 deshalb nicht, weil das Gesetz im Eilzugstempo durchgepeitscht wurde. Außerdem sind die Menschen - insbesondere die FPÖ-Wähler - von abstrakten Diskussionen über Dinge wie „Grundsätze der Verfassung“ schnell überfordert. Das ändert sich erst, wenn es um etwas Konkretes, für sie Greifbares geht; eben um Hofer oder Van der Bellen.)

Gut ist auch, daß ein so knappes Wahlergebnis kontrolliert wird. Wenn irgendwelche Vollhonks von der FPÖ als Wahlbeisitzer für die ordnungsgemäße Auszählung unterschreiben und sich die Partei dann nachher bemüßigt fühlt, gegen die Aussagen ihrer eigenen Leute Zweifel anzumelden, dann muß das Untersucht werden.

So gesehen also alles gut.

Alles gut? Mitnichten.

Was brandgefährlich (und leider nur zu durchschaubar) ist, ist die Inszenierung. Der FPÖ unter Strache geht es ganz offensichtlich kein bißchen um das Ergebnis der Bundespräsidentenwahl. Das Ziel ist, den Staat und seine Institutionen zu diskreditieren, das Vertrauen in die Republik und ihre Organe zu erschüttern. In einer ersten Schlacht hatte die extreme Rechte gezielt das Vertrauen der Unterschicht in jede Art von Medien zerstört. Mit gezielten Lügen, manipulierten Bildern oder aus dem Zusammenhang gerissenen, uralten Videos wurde eine parallele Facebook-Realität geschaffen. Diese steht in fast allen Lebens- und Politikbereichen in krassem Gegensatz zur tatsächlichen Wirklichkeit und den bei weitem nicht so aufregenden Berichten, die seriöse Medien über sie liefern müssen.

In der Folge vertrauen viele Menschen keiner einzigen Informationsquelle mehr sondern nur mehr dem, der sie das Mißtrauen gelehrt hat: Strache. „Die belügen euch“, sagt der. „Ich bin die Wahrheit und das Licht“, verspricht er. Damit hat er bei seinen Jüngern das Informationsmonopol.

Nun gehts in die nächste Runde: In die zweite Schlacht ziehen die Faschisten nicht mehr gegen Kronen Zeitung, ORF und Presse. Die zweite Schlacht richtet sich gegen die Organe der pluralistischen, demokratischen Republik. „Die da oben lügen euch an!“, „Die da oben fälschen Wahlen!“, „Die da oben richten sichs, wie sie es brauchen!“ - „Glaubt ihnen nicht!“, „Habt kein Vertrauen in Justiz und Verwaltung!“ … „Glaubt mir, ich bin die Wahrheit und das Licht!“

„Ich bin die Wahrheit und das Licht. Ich bin euer Führer.“ - Es gibt keinen Zweifel darüber, was die FPÖ bezweckt. Sie will nicht die Ungereimtheiten bei der Bundespräsidentenwahl geklärt wissen. Sie will den Führerstaat.


Oysters-Smartphone mit Sailfish OS

Oysters-Smartphone mit Sailfish OSVöllig unvorbereitet und ganz ohne entsprechendes Gerüchtebrodeln im Vorfeld hat der russische Smartphone- und Tablet-Hersteller Oysters LLC ein mit Jollas Sailfish OS betriebenes Smartphone angekündigt. Zwar ist noch kein Datum für die Markteinführung bekannt, allerdings hat das Telefon bereits seine eigene Seite mit ausführlichen technischen Details im Produktkatalog der Firma. Mehr noch: Das Unternehmen wirbt gleich auf der ersten Seite seines Internet-Auftritts mit dem neuen Sailfish-Gerät. Irgendwem dort dürfte es also ernst damit sein.

Von der äußeren Form her sieht das Smartphone aus wie ein sehr übereilt konzipiertes Android-Telefon. Sogar die altertümlichen, für Android typischen Tasten zur Navigation sind auf den ersten Bildern zu sehen, obwohl sie unter SailfishOS völlig überflüssig sind.

Auffällig ist, daß es von Jolla noch keine Presseaussendung oder sonstige Bestätigung gibt. Das könnte darauf hindeuten, daß Oysters das Betriebssystem nicht direkt von Jolla lizensiert hat, sondern vom erst kürzlich in Russland gegründeten Unternehmen Open Mobile Platform (OMP), das SailfishOS für den russischen Markt adaptieren möchte.

Aufregende Zeiten für ein Betriebssystem, das vor einem halben Jahr noch dem Untergang geweiht schien. Was mich nur ein kleines bißchen irritiert: Zwar kündigt seit dem Mobile World Congress ein Unternehmen nach dem anderen neue Modelle auf Sailfish-Basis an … tatsächlich gesehen hat man aber noch keines. Weder das Intex Aquafish noch das Turing Phone noch das Mi-Fone noch das Gerät von Oysters. Die Finnen müssen aufpassen, daß Sailfish nicht zum Synonym für Vaporware wird. :)


MyTaxi: Endlich wieder 50%

MyTaxi Rabattaktion Juni 2016Etwas länger als ein Jahr ist es jetzt her, daß MyTaxi in Wien die letzte größere Rabattaktion durchgeführt hat. Damals wurde ausnahmslos jede Taxifahrt um 50% verbilligt, solange sie nur direkt übers Telefon bezahlt wurde.

Prompt zog damals die eingesessene Konkurrenz (konkret ein zur Funktaxizentrale 40100 gehörendes Unternehmen) gegen die Daimler-Tochter MyTaxi vor Gericht und erwirkte eine Einstweilige Verfügung. Aus wars mit Rabatten. Erst seit Ende 2015 das OLG Wien im Sinne von MyTaxi entschied, tauchten die ersten Gutscheincodes wieder auf, vorerst allerdings nur unter der Hand gehandelt und nur für einen Tag gültig.

Heute erzählt mir Herr K. von der ersten länger dauernden Aktion, die an die „50%“ vom Mai 2016 herankommt:

Auf DealHeute.at (wo man normalerweise Gutscheine für Ganzkörper-Enthaarung und Zahnbleichung findet) verhökert MyTaxi endlich wieder die guten, alten 50%-Rabatte, die auch für eine Weile gültig bleiben. Im Gegensatz zu 2015 ist also jetzt nicht jede Fahrt im Aktionszeitraum billiger, nein: Man muß Gutscheine online bei DealHeute.at kaufen, in der „Äpp“ speichern und sie dann während des Bezahlvorgangs am Handy einlösen. Ist ein bißchen komplizierter, aber naja … Für den ★★★★★-Fahrer zum halben Preis klickt man sich schon mal durch.

Nicht uninteressant übrigens, wie das OLG Wien zugunsten der Fahrgäste argumentiert hat:

Der Standpunkt der Funktaxi-Zentrale war, daß die Rabattaktion gegen den im Rang einer Verordnung stehenden Wiener Taxitarif vertößt. Das OLG Wien differenziert hier: Der Fahrpreis wird ja entsprechend der gültigen Verordnung entrichtet. Wesentlich ist aber, daß diese Verordnung nur das Verhältnis zwischen dem Taxiunternehmer und seinem Fahrgast regelt. Die Leistung der Taxivermittlung (also der Funkzentrale oder eben eines Handy-Programms wie MyTaxi) ist davon nicht erfaßt. Also darf MyTaxi dem Kunden einen Teil des Fahrpreises zu Werbezwecken erstatten.


Ich, der Server-Admin

Server-Rack Der 26. Mai war ein Feiertag. Da kann man schon mal auf blöde Ideen kommen, wenn einem fad ist. Ich zum Beispiel habe beschlossen, mir einen Computer zu kaufen. Keinen „echten“ Computer zum Angreifen, nein, einen virtuellen Rechner. Der existiert nur als für mich reservierte Speicher- und Rechenkapazität in einem verteilten Rechenzentrum, hat Internet-Anschluß mit einer fixen IP-Adresse und läßt mich drauf rumspielen, wie ich will.

Brauch ichs? Nein. Ist es lustig? Ja! Ich hatte in den letzten Jahren immer mal wieder dumme Ideen, die man nur mit einem Server mit fixer IP-Adresse realisieren hätte können. Jetzt ist er da, der Server. Und jetzt wart ich auf die nächste dumme idee. :)

Erste Aufgabe war, den Rechner halbwegs vernünftig zu konfigurieren. Will heißen: so abzusichern, daß er nicht über Nacht die halbe Welt mit Spam zuschüttet oder andere böse Dinge treibt. Und das ist der Hauptgrund für diesen Artikel: Ich will ja später ungefähr wissen, was ich alles getan habe. (Ein weiterer Grund für diesen Artikel ist, daß ich einfach Werbung für den Provider World4you machen muß. Aber dazu später.)

Schritt für Schritt konfigurieren

Praktischerweise kann ich den Server mit einer ganzen Reihe von Betriebssystemen aufsetzen. Darunter befindet sich auch Ubuntu 14.04. Das ist eine LTS-Version, die ich auf zwei anderen Rechnern bereits installiert habe und daher gut kenne. Nichts liegt daher näher, als Ubuntu 14.04 als Betriebssystem zu installieren. (Wobei installieren fast das falsche Wort dafür ist: Man drückt auf der Webseite von World4you auf einen Knopf und schon ist der Rechner neu aufgesetzt. Wenn das nur bei meinem Laptop auch so schnell ginge. *gg*)

Gleich zu Beginn steht der Rechner mit einem relativ offen konfigurierten SSH-Server da (root-Zugang ist z.B. möglich). Eine Reihe von typischen Services (für Mail, Web, Datenbanken, …) läuft. Eine Firewall habe ich aber nicht gefunden.

Schritt Nummer eins daher: Zwei Tools installieren, die ich für alles Weitere benötige. Nano, meinen Lieblingseditor zum Anpassen der Konfigurationsdateien, sowie ufw zur einfachen Konfiguration der Firewall.

Gleich als nächstes wird ufw eingerichtet und aktiviert: SSH habe ich vorläufig als einziges Service zugelassen und gleichzeitig mit ufw limit ssh limitiert.

Der nächste Schritt ist eine Vorbereitung zum Abschalten des Root-Logins via SSH. Wenn root nicht mehr darf, muß jemand anderer dürfen. Also wird ein neuer User angelegt.

Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, den OpenSSH-Daemon einzuschränken: Zuerst erzeuge ich auf meinem Rechner ein Schlüsselpaar und übertrage den öffentlichen Schlüssel auf den Server. Danach sage ich dem SSH-Server: Login als nur mehr über das Schlüsselpaar, nicht mehr mit Passwort; und: root muß draußen bleiben, nur mehr der soeben angelegte „Arbeitsuser“ darf rein. (Falls das jemandem übertrieben erscheint: In den Logfiles hab ich Login-Versuche von fremden Rechnern im Sekundentakt. Es zahlt sich schon aus, diese Türe möglichst fest zu schließen.)

Zuletzt werden alle Services angehalten, die ich derzeit nicht aktiv nutze. Jede von außen erreichbare Funktion ist ein mögliches Ziel für Angreifer. Der Webserver, die Datenbank, der Mail-Server, der Domain-Server … alle werden sie heruntergefahren. Nur SSH bleibt - irgendwie muß ich den Rechner ja erreichen.

Der Anbieter World4you

Ich gebs ja zu: Einen sehr ausführlichen Marktvergleich hab ich nicht angestellt. Aber ich bin mir mittlerweile sicher, den passenden Anbieter für mein kleines Experiment gefunden zu haben. Bei World4You konnte ich mir mein Paket „vServer Small“ am Feiertag online zusammenklicken, in wenigen Augenblicken war der Rechner für mich aktiviert und zugänglich. € 6,90 pro Monat sind kein Vermögen. Mag sein, daß man es irgendwo auf der Welt um 2 Euro billiger findet. World4You sitzt aber nicht irgendwo auf der Welt, sondern in Linz. Und wenn ich mein Geld schon für sinnlosen Schnickschnack raushau, dann soll es doch lieber zuhause in der EU (und noch besser: in Linz) bleiben und nicht zu einem amerikanischen Unternehmen wandern. (Übrigens: Auch bei einem anderen großen österreichischen ITK-Unternehmen habe ich mich über vServer-Angebote informiert. Unter der entsprechenden Produktseite finden sich keine Preise, keine Leistungsbeschreibungen, einzig ein Link mit der Aufforderung Angebot einholen!. Wenn ich dort am Donnerstag geklickt hätte - ob ich dann ebenfalls schon wenige Minuten später „live“ gewesen wäre? *gg*)

Sehr fein auch der Support: Obwohl ich mit meiner soeben angemeldeten Small-Kiste sicher nicht zu den VIP-Kunden gehöre, wurde eine heute von mir gestellte Anfrage in exakt 5 Minuten schriftlich beantwortet. Sehr höflich und umfassend noch dazu. Doch, ich glaub das hab ich gut ausgesucht.


Das (neue?) Jolla C

Das Jolla C Eins muß man ihnen lassen: Kreativ sind sie, die Finnen. Offiziell haben sie sich ja aus dem Hardwaregeschäft zurückgezogen, um den Lizenznehmern ihres Betriebssystems keine Konkurrenz zu machen. Die wiederum denken im Moment nicht im Traum daran, Europa zu beliefern. Wie also kommen die Jolla-Käufer und Fans der ersten Stunde, unter denen sich tatsächlich auch jede Menge geschickter Entwickler befinden, zu einer halbwegs aktuellen Hardware mit SailfishOS?

Die Gschicht rennt jetzt so: Es gibt ein „Community Device Program“. In erster Linie ist das natürlich eine Sache für Programmierer und die Community. Man bekommt im Rahmen des Programms Zugang zu Supportmaterial, darf zu „Internationalen Community Events“ kommen … und ganz nebenbei erhält man auch ein funkelnagelneues Handy, das heute als „Jolla C“ vorgestellt wurde und natürlich nur in einer limitierten Stückzahl erhältlich ist, damit Programmierer Zugang zu Hardware mit SailfishOS bekommen. Mehr ist das nicht. ;)

Ich hab mich selbstverständlich sofort angemeldet. Immer schon wollte ich zu einem Sailfish Community Event nach Helsinki. Daß ich da jetzt so ein neues Handy oben drauf bekomm … Mein Gott! So ein Pech! Wichtig ist nur, daß es nicht frei in den Handel kommt. Denn den Lizenznehmern Konkurrenz machen, das wollen wir nicht. :)

Warum hab ich in der Überschrift das Wort „neue“ eingeklammert und befragezeichnet? Naja: Erstens ist es keine Neuentwicklung. Es ist das Intex Aqua Fish, das genau in dieser Konfiguration, aber eben unter einem anderen Markennamen, exklusiv in Indien verkauft wird. Die ganze Aktion von Jolla wird ja überhaupt nur deswegen notwendig, weil Intex nicht nach Europa exportiert. Die Sicht, daß Jolla Intex-Hardware unter eigenem Namen vertreibt, ist so aber auch nicht ganz richtig: Tatsächlich ist dieses Telefon eines von mehreren Referenzmodellen, die Jolla für SailfishOS zusammengestellt hat, damit Hersteller schneller auf den Zug aufspringen können. Jolla also hat das Telefon entworfen, hat es Intex angeboten, Intex verkauft es in Indien als „Aqua Fish“ - und Jolla macht in Europa ein „Community Device Program“ draus.

Es gibt noch einen zweiten Grund, warum man nicht wirklich von einem neuen Telefon sprechen kann: Intex wollte Hardware für das untere Preissegment. Das Aqua Fish ist genau das - und damit muß nun auch das Jolla C leben. Grob gesagt entspricht es leistungsmäßig dem Samsung Galaxy S5 aus dem Jahr 2014. Das mag enttäuschend klingen, man darf aber nicht vergessen: SailfishOS schiebt ganz anders an als Android. Vor allem aber leben Jolla-Benutzer heute mit einer noch älteren Hardware. Sehen wir uns die wichtigsten Eckdaten des ersten Jolla Phone, des neuen Jolla C und eines heute aktuellen Samsung Galaxy S7 im Vergleich an:

  Jolla Phone Jolla C Samsung Galaxy S7
Displaygröße4,5"5"5,1"
Auflösung540 x 960720 x 12801440 × 2560
RAM1GB2GB4GB
CPU2x1,4GHz4x1,3GHz4x1,6GHz plus 4x2,6GHz
Dual-SIMneinjaeigenes Modell
UKW Radioneinjakeine Info
interner Massenspeicher16GB16GB32GB
Einführungspreis€ 400,-€ 163,-€ 591,-

Es ist die letzte Zeile der Tabelle, die die interessanteste Information enthält. Ein Nachfolger für mein Jolla um weniger als die Hälfte der € 400,-, die das erste SailfishOS-Telefon gekostet hat - da darf man sich nicht den Tiger erwarten, der im Samsung-Flaggschiff steckt. Dafür verdoppelt das „Jolla C“ die Leistungsdaten, die sich beim Vorgängermodell als Bremse erwiesen haben: Die CPU-Kerne und vor allem den Arbeitsspeicher. Insofern haben die Finnen doch sehr treffsicher auf ihre Zielgruppe hin gearbeitet: Wer einfach das schickste und modernste Smartphone will, der knabbert die ohnehin limitierte Auflage nicht an. Wer aber sein altersschwaches Jolla-Phone gegen einen doppelt so schnellen Nachfolger austauschen möchte, der ist mit nur € 163,- wirklich mehr als gut bedient.

Im Juli solls kommen. Diesmal aber wirklich. ;)


Uffa - grad nochmal gut gegangen für Österreich

Danke, Sascha!Fast eine Stunde lang waren die Server der großen Nachrichtenportale des Landes überlastet. Angekündigte Live-Ticker oder gar Videostreams brachen unter der Last der Anfragen zusammen und mußten durch statische Seiten ersetzt werden.

Ausgerechnet Kronen Zeitung und BBC brachten dann als erste halbwegs glaubwürdige Quellen unters Volk, was Innenminister Werner Sobotka erst eine gute halbe Stunde später offiziell verkündete: Alexander Van der Bellen ist Bundespräsident. Mit nur 31.026 Stimmen Vorsprung hat er den gestern noch leicht in Führung gelegenen Rechtspopulisten Norbert Hofer überholt. 50,3% der Wähler haben für den neuen Präsidenten gestimmt. Breiter Rückhalt in der Bevölkerung sieht anders aus.

Gerade deshalb ist dieser Wahlsieg kein Anlaß zum Jubeln. Es ist dieses Gefühl, das man hat, wenn Einbrecher zwar die Wohnung verwürstet, aber weder die wertvollen Goldmünzen noch die Dokumente gefunden haben. Man feiert nicht, weil die aufgebrochene Türe und die zertrümmerten Möbel kein Grund zum Feiern sind. Man ist nur erleichtert, weil das Allerschlimmste verhindert werden konnte.

Ich bin immer noch fassungslos, wie die Hälfte der Österreicher einem Rattenfänger wie Hofer auf den Leim gehen konnte - siehe dazu „Der Intelligenztest für Österreich“. Was mich bei der Analyse der Detailergebnisse tröstet:

In meiner unmittelbaren Umgebung ist dieser Intelligenztest viel positiver ausgefallen, als das Bundesergebnis es vermuten ließe. Wien wählt zu 63% Van der Bellen, mein Heimatbezirk Hernals zu 69%. In einzelnen Wiener Bezirken fällt Norbert Hofer sogar unter die 20%-Marke. Genauso die Lage in Linz: Auch hier stimmen 63% für Van der Bellen, im Bezirk Froschberg überdurchschnittliche 70%.

Interessant wird nun, ob und wie intensiv die FPÖ (die als einzige Norbert Hofer noch unterstützt hat) die Wahl anfechten wird. Ihr Generalsekretär Norbert Kickl hat ja bereits am Tag vor der Wahl eine Verschwörung gewittert: In einer Presseaussendung hat er behauptet, daß Helfershelfer des gegenwärtigen Politsystems hier vielleicht die Gelegenheit nutzen könnten, dem Wählerwillen zugunsten des Systemrepräsentanten [sic!] Van der Bellen ‚nachzuhelfen‘. Am Wahlabend noch hat dann Parteichef Strache nachgelegt. Er zweifelte auf Facebook vorsorglich jede Mehrheit für Van der Bellen bei den Wahlkarten an: So ein diametrales [sic!] Ergebnis gegen den allgemeinen Wahltrend kann es bei den Wahlkarten nicht geben! Doch, kann es. Gibt es auch regelmäßig, weil die FPÖ-Wähler seit Jahren nicht checken, wie das mit den Wahlkarten funktioniert.

Wie auch immer: Formfehler gibt es bei jeder Wahl, und Van der Bellens knapper Vorsprung von nur 31.000 Stimmen zwingt die FPÖ geradezu zur Anfechtung. Irgendetwas wird sich schon finden. Mal sehen, wer dann im Juli vereidigt wird. Noch ist die Gefahr nicht ganz gebannt.


Schrödingers Bundespräsident

Mit dem Bundespräsidenten ist es so wie mit Schrödingers Katze, sagt M. heute. Solang wir den Deckel draufhalten, ist es sowohl Van der Bellen als auch Hofer.

M. weiß das aus der Big Bang Theory. Ich weiß: Egal wie Schrödingers Gedankenexperiment ausgeht, seine Katze ist in ihrer Kiste jedenfalls verdammt schlecht gelaunt.

Und das bin ich auch. Also nicht so sehr schlecht gelaunt als vielmehr entsetzt. Völlig unabhängig davon, welches Ergebnis uns die letzten Wahlkarten bringen werden: 50% der Österreicher sind beim Intelligenztest durchgefallen. (Die ausführliche Analyse des Bildungsniveaus der Hofer-Wähler verkneif ich mir jetzt.)

Nur ums nochmal klarzustellen: Eine Bundespräsidentenwahl ist eine Persönlichkeitswahl. Tages- oder sachpolitische Fragen (mit denen vor allem Hofer im Wahlkampf hausieren gegangen ist) sollten keine Rolle spielen. Stattdessen geht es in erster Linie darum, wer geeignet erscheint, die Republik zu vertreten. Insofern fällt bei mir eine Beißhemmung weg, die mir mein Glaube an Pluralismus und Meinungsfreiheit ansonsten auferlegt. Ja, man kann ideologisch aus verschiedenen Ecken kommen, politisch unterschiedlicher Meinung sein. Das hat manchmal etwas mit mangelnder Intelligenz zu tun (wenn man z.B. Ursachen gesellschaftlicher Entwicklungen nicht kennt oder die Folgen politischer Entwicklungen nicht einzuschätzen vermag). Meist ist es aber einfach nur eine andere Meinung aufgrund unterschiedlich gewichteter Werte. Auch ÖVP-Wähler sind Menschen, selbst wenn mans auf den ersten Blick nicht so erkennt.

Anders ist das bei dieser Bundespräsidentenwahl: Ein Kandidat aus dem Lager derer, die Österreich für eine geschichtswidrige Fiktion halten, ist als Repräsentant eben dieses Landes denkunmöglich. Ausgeschlossen. Ein Mann, der den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft mit Anfragen zu Chemtrails beschäftigt, kann nicht mit ausländischen Staatsgästen allein gelassen werden. Ausgeschlossen. Das ist alles keine Frage von politischen Standpunkten und Ideologie, von links oder rechts. Das ist das Abchecken der absoluten Grundvoraussetzungen. Ein Spediteur stellt ja auch keinen Fahrer ein, der keinen Führerschein hat. Ein intelligenter Spediteur tut das nicht.


Huuuuundsi!

Eisdessert mit Feenstaub Sooo lieb! Geburtstagsgrillerei war bei Herrn Wolfgang und Herrn Rainer. Und was gabs gleich zu Beginn? Hundekuscheln! Die beiden Mäuschens haben großen Wert darauf gelegt, daß ich mich wie in Linz fühle: Die eine mußte ununterbrochen am Bauch gekrault werden und hat sofort wieder meine Hand mit der Pfote zu sich geholt, sobald ich auch nur einen kurzen Moment damit aufgehört habe. Der andere ist gleich aufs Ganze gegangen, hat mich mit den Vorderpfoten auf der Bank fixiert und mir feuchte Küsse aufs Gesicht gedrückt. Das ist Liebe!

Weil Liebe dann halt doch auch durch dan Magen geht, gabs nach einiger Zeit Geschirr- und Terrassenwechsel. Die leichte Knoblauchbrot-/Caprese-Kombination wurde ersetzt durch frisch gegrillte Zuccini, Mais, Würschtl und vor allem beneidenswert perfekte, zartrosa Steaks. Mjamm. Dazu der berühmte Eapfüsolod und ein Hugo (Huuugo!) - damit kann man sich alles schönsaufen. Sogar die Wahlberichterstattung. (Natürlich konnten wir die Finger nicht von den Handys lassen.)

Seit langem wieder: Feenstaub zum Dessert! Mit Liebe und Schweineschmalz handgemachte Schokosauce (eigentlich wars ja gar keine Schokosauce), erfrischendes Eis und gesundes Obst. Perfektes Dessert! :)

Sehr bunt der Themenmix von schwedischen Kameraassistentinnen (großartig!) zu türkischer Grammatik und der gerechten Karma-Bitch mit ihrer Karotte. Sehr nett! (Bis auf den Taxler am Heimweg. Lahme Ente.) Vieles Dankeschön, teşekkür ederim!


Gott ist mir übel

Im Grunde essen wir ja sowieso immer das gleiche beim Plachutta. Ich bin der festen Überzeugung, daß die dort auch schon die Bestellung mit eingeben, wenn sie meine Reservierung in den Computer tippen. (Apropos Reservierung und Computer: Schon seit einiger Zeit bekommt man gleich nach dem Telefonat nicht nur eine Bestätigungs-SMS zugesandt, sondern auch einen Link zu einem Kalendereintrag. Mir war nie bewußt, daß man über diesen Kalendereintrag auch erfährt, wie lange der Tisch freigehalten wird: drei Stunden nämlich. Was glauben die, was wir dort so lang tun? Miteinand reden?)
Wo war ich? Was wollt ich schreiben? Ach ja: Wir haben im Prinzip heut Abend nichts anderes gegessen als sonst. Trotzdem war uns schon bei der Hauptspeis auf eine unheilvolle Weise schlecht. „Vergiftet sein“ nennen wir das, wenn man das Gefühl hat, daß die letzten Fleischstückchen absolut gar keinen Platz mehr haben im Magen und stattdessen in der Speiseröhre auf die Weiterverarbeitung warten. (Und noch ein „Apropos“-Klammereinschub anläßlich der Fleischstückchen: Die waren so fein, die hätt auch die Frau Kysira gegessen. Für dieses Fleisch mußte kein Tier sterben. Das hat am Teller noch gelebt. *gg*)

Trotz dieser Warnzeichen haben wir weitergemacht im Traditionsprogramm und noch das Dessert angehängt. So schnell geben wir nicht auf.

Tja. Und jetzt ist uns schlecht. Um viel Geld. Aber gschmeckt hats doch. Wie immer. :)


Tolino: Software-Update 1.8

Tolino Software-Update 1.8Wie fein! Selten ist ein Software-Update für ein elektronisches Spielzeug zeitlich so passend erschienen wie die neue Betriebssystem-Version 1.8 für meinen Tolino eBook-Reader.

Langsam füllt sich nämlich mein Speicher und ich habe gelegentlich Mühe, das eine oder andere Buch wiederzufinden. Hier setzt das Update an und bietet in der Bibliotheksansicht neue Registerkarten mit verschiedenen Sortierungen. Fertig gelesene Bücher kann ich auf Wunsch komplett ausblenden.

Noch einmal erweitert wurde die Möglichkeit, im eBook zu blättern. Eine neue Geste für schnelles Vor- und Zurückblättern ergänzt die vorhandenen Funktionen in diesem Bereich.

Als Zugabe gibts neue Schriftarten und angeblich auch die Möglichkeit, eigene Schriftarten nachzuinstallieren. (Mit war nicht klar, daß das bisher nicht gegangen ist; ich habs einfach nie versucht.) Endlich also Bücher komplett in Comic Sans MS lesen! :)

Ich bin sehr zufrieden!


Wahl 2016: Der Intelligenztest für Österreich

Beim Eurovision Song Contest hat Österreich Michał Szpak und seinen Song „Color Of Your Life“ gewählt. Morgen sind 6,3 Millionen Wahlberechtigte aufgeruften, eine weitere Entscheidung zu teffen. Eine Entscheidung, mit deren Konsequenzen wir alle mindestens sechs Jahre leben werden müssen:

Wer wird Bundespräsident? Wer erhält das Recht, im Alleingang die Bundesregierung auszuwechseln, gemeinsam mit einer ihm genehmen Pseudo-Regierung den Nationalrat aufzulösen und per Notverordnung zu regieren?

Zur Wahl stehen zwei Kandidaten:

Norbert Hofer Der eine, Norbert Hofer, ist einer Verbindung beigetreten, die in der Festschrift anläßlich ihrer Gründung verkündet, sie müsse sich dem gefährlichen Begriff Pluralismus entgegenstellen, es brauche Trutzburgen für diejenigen, die sich nicht der liberalen Gesellschaft […] ausliefern wollen. Besser noch: Obwohl dieser Kandidat seine Plakate mit dem Satz Aufstehen für Österreich schmückt, lehnt seine Verbindung die geschichtswidrige Fiktion einer österreichischen Nation ab, die seit 1945 […] in den Gehirnen der Österreicher festgepflanzt wurde.

Hofer bestreitet im Vorfeld der Bundespräsidentenwahl, diese Meinungen zu teilen. Eh klar. Man sucht typischerweise die Nähe von Organisationen, deren Ziele und Ideologien man so überhaupt nicht teilt. Vielleicht hilft zur Einordnung: Hofer ist Autor des „Handbuchs freiheitlicher Politik“. Jörg Haider hat aus diesem Handbuch das Bekenntnis zur deutschen Sprach- und Kulturgemeinschaft gestrichen - es war ihm ideologisch zu extrem. Unter Hofer wurde dieses Bekenntnis wieder eingeführt. Ebenso enthält das Machwerk die ausdrückliche Forderung nach der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften. Überhaupt, Diskriminierung: Ein Sozialsystem, das alle Bürger vor dem Absturz schützt, findet Hofer nicht so gut. Wer Sozialleistungen bekommt und wer nicht, darüber will er bestimmen.

Es kommt aber noch besser: Eine zweite Welle von Wahlplakaten für Norbert Hofer bezeichnet ihn als Stimme der Vernunft. Diese Stimme der Vernunft hat 2007, als sie sich noch unbeobachtet fühlte von der breiten Öffentlichkeit, im österreichischen Nationalrat allen Ernstes eine parlamentarische Anfrage zum Thema Chemtrails eingebracht. Darin heißt es, die angeblichen Kondensstreifen von Flugzeugen seien in Wahrheit Chemikalien, von den Flugzeugen würde ionisiertes Bariumsalz und Aluminiumpulver über Österreich verstreut. (Wie jedes Kind weiß, erzeugen diese (wörtlich) ein diffuses elektrisches Feld […] mit energiestarken niedrigen Frequenzen. Wozu hat das Gesundheitsministerium damals die Grippeschutzmasken gekauft? Aluhüte hätts gebraucht! Aluhüte! Es mag beruhigend sein, daß dieser Chemtrails-Verschwörungstheoretiker mit einer Pistole herumläuft. Ich schieße einfach gerne, sagt er.)

Seinen Wahlkampf bestreitet er großteils mit den Phrasen, die er auf NLP-Seminaren gelernt hat. Dazu kommen Drohungen für den Fall seines Sieges (Sie werden sich noch wundern, was alles gehen wird!) sowie Lügen, Lügen und Lügen über seinen Gegenkandidaten. Was für mich aber am allerschlimmsten ist: Hofer lebt, so wie die ihn unterstützende FPÖ, vom Haß. Hofer betreibt bewußt und aus Kalkül die Spaltung des Landes. Statt für Zusammenhalt, Vernunft und gemeinsame Stärke steht er für Konflikte und den unkontrollierten Egoismus einer Ellenbogengesellschaft. Je mehr sich die Menschen gegenseitigig bekämpfen, desto leichter ist es für den autokratischen Machthaber.

Alexander Van der BellenDer Gegenkandidat: Alexander Van der Bellen ist Professor für Volkswirtschaft. Das spürt man, wenn er redet: Er hat Ahnung von den Dingen. Er drischt keine leere Phrasen, muß sich nicht auf die rhetorischen Tricks der NLP verlassen.

Im Gegensatz zu Hofer verfügt er über Lebenserfahrung und hat längst erkannt, wie wichtig es ist, das Gemeinsame über das Trennende zu stellen. Das mag auch an seiner Familiengeschichte liegen: Die Eltern des kleinen Sascha mußten vor den Bolschewiki zuerst nach Estland, dann nach Deutschland und schließlich nach Wien fliehen. Als die Rote Armee vor der Stadt stand, ging die Flucht weiter nach Tirol. Mit Sicherheit liegt nichts Alexander Van der Bellen ferner als politischer Extremismus à la Hofer und vom Zaun gebrochene gesellschaftliche Konflikte.

Das trägt Früchte: So gut wie alle politischen Kräfte in Österreich haben ihm im Lauf der letzten Wochen ihre Unterstützung zugesichert, von der Katholischen Frauenbewegung bis hin zu den roten Gewerkschaften. Wichtiger noch: Die österreichische Intelligenz steht geschlossen hinter ihm. Wirtschaftstreibende, Künstler, Forscher, Journalisten … Alle erklären offen, Van der Bellen zu wählen - den Kandidaten, der Österreich nicht infrage stellt; der nicht an Chemtrails glaubt; der nicht jederzeit aus Spaß mit der Waffe um sich schießt; der Pluralismus nicht als Gefahr diskreditiert.

Leser aus dem Ausland (die hier mit 61% übrigens in der Mehrheit sind) mögen sich fragen, warum diese Wahl überhaupt stattfindet. Wenn die Aufgabe des Bundespräsidenten ist, die Republik nach außen zu vertreten - wie kann jemand Bundespräsident sein, der diese Republik für eine geschichtswidrige Fiktion hält? Wie kann man ernsthaft ausländische Staatsgäste von jemandem empfangen lassen, der sich dann mit ihnen über Chemtrails und andere Verschwörungstheorien unterhält? Ist die Wahl nicht längst entschieden, wenn alle relevanten gesellschaftlichen Kräfte Van der Bellen unterstützen, niemand aber Norbert Hofer?

Ganz im Gegenteil: Nichts spielt Hofer so sehr in die Hände wie die Unterstützung der (ohnehin nicht sehr dicht gesäten) österreichischen Eliten. Im Gemeindebau, am Arbeitsamt, an den auch tagsüber voll besetzten Stammtischen mit hohem Alkoholkonsum gilt es mittlerweile als Makel, gebildet oder gar intelligent zu sein. Wer sich informiert, wer nachdenkt, wer neugierig bleibt und sich weiterbildet … mit dem will man bei den Verlierern nichts mehr zu tun haben. „Obergscheit“ ist so einer. Norbert Hofer hat das perfekt auf den Punkt gebracht in einer TV-Diskussion. Sie haben die Hautevolee hinter sich und ich die Menschen!", sagte er dort. Sprich: Wer nach dem Arbeitsamt zum Wirtn geht und sich den Rest des Tages betrinkt, der ist ein Mensch. Wer hingegen ein erfolgreiches Unternehmen führt oder an Universitäten forscht und lehrt, der ist das nicht. (Welches Wort hat man im ideologischen Umfeld der FPÖ für solche Zweibeiner, die doch keine Menschen sind? Und was macht man mit ihnen?)

So funktioniert das in Österreich. Und deshalb hat Norbert Hofer trotz seiner Chemtails, seiner Waffe und seiner großdeutschen Phantasien die besseren Chancen. Er reiht Österreich ein in das neue Osteuropa zwischen Erdoğan, Orbán und Szydło.